IHK in Sorge um Verkehrsinfrastruktur

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Landesverkehrsminister Michael Groschek hat ein Jahrzehnt der Baustellen angekündigt. Viele Straßen, Schienen- und Wasserwege müssen dringend saniert, Lückenschlüsse endlich vollzogen werden. Nach dem Bund sind jetzt Land und Kommunen gefordert. Der Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve, Dr. Stefan Dietzfelbinger mahnte bei der IHK-Jahres-Pressekonferenz an, die Projekte schneller zu planen, zügiger zu realisieren und besser aufeinander abzustimmen.

Auf Bundesebene hat sich einiges getan: Die Mittel für die Infrastruktur wurden um 20 bis 30 Prozent erhöht und seit März liegt ein neuer Bundesverkehrswegeplan vor. Jetzt müssen das Land und die Kommunen nachziehen. „Schließlich nützt es nichts, wenn nur Autobahnen und Bundesstraßen saniert sind, der letzte Kilometer aber nicht funktioniert“, so Dietzfelbinger.

Die Planungen für den Neubau der Rheinbrücke Duisburg-Neuenkamp im Zuge der A 40 laufen auf Hochtouren. Die Projekte zur Erreichbarkeit des Ruhrorter Hafens aber sind nach Informationen der IHK ins Stocken geraten. Dabei gilt der Karl-Lehr-Brückenzug als die Schlagader der Logistikdrehscheibe. Über die insgesamt fünf Brücken erreichen täglich mehr als 3.500 Lkw Unternehmen, Verladestellen und Terminals im Hafengebiet.

Schon lange ist bekannt, dass der Brückenzug sanierungsbedürftig ist. So wurde vor mehr als fünf Jahren bereits mit dem Neubau der ersten Brücke begonnen. Ab dem Sommer muss die Befahrbarkeit des Brückenzugs voraussichtlich auf einen Fahrstreifen je Richtung eingeschränkt werden. Und dennoch, das Projekt, das mit einem Volumen von rund 100 Millionen Euro zu den teuersten kommunalen Verkehrsprojekten in Nordrhein-Westfalen zählt, kommt nicht richtig voran. Dabei hat die Stadt Duisburg trotz angespannter Haushaltslage ihren Eigenanteil finanziert. Allerdings verzögert sich die weitere Planung der Sanierung, weil zugesagte Fördermittel aus den Töpfen des öffentlichen Personennahverkehrs fehlen. Da der Brückenzug von einer Straßenbahn befahren wird, müssen auch Schienen und Signalanlagen erneuert werden. Hierbei ist die Stadt auf Zuschüsse aus ÖPNV-Mitteln des Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) angewiesen. Genau diese Zusagen – es geht um rund 35 Millionen Euro – liegen aber bis heute nicht vor. Dr. Stefan Dietzfelbinger forderte in diesem Zusammenhang: „Die Stadt Duisburg, die DVG und der VRR müssen zügig eine Lösung finden, damit es nicht zu weiteren Verzögerungen bei der dringend notwendigen Sanierung der Brücke kommt.“ Hierbei müsse die Bedeutung des Brückenzugs für die Erreichbarkeit des Ruhrorter Hafens im Vordergrund stehen.

Richtung Landesverkehrsminister Groschek mahnt die IHK ebenfalls eine Aufstockung der Planungskapazitäten an. NRW sei bei den Projekten des Bundesverkehrswegeplans insgesamt angemessen berücksichtigt worden. Jetzt müsse es darum gehen, konkrete Pläne in der Schublade zu haben. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Mittel, die der Bund avisiert hat, auch abgerufen werden können. Vom alten Bundesverkehrswegeplan hatte Nordrhein-Westfalen nur unterdurchschnittlich profitiert, da zum Teil Mittel an den Bund zurückgegeben werden mussten, weil wegen fehlender Planungskapazitäten bewilligte Vorhaben nicht umgesetzt werden konnten.

Um das Jahrzehnt der Baustellen beherrschbar zu machen und die Beeinträchtigungen für Bürger und Unternehmen durch Staus und stockenden Verkehr so gering wie möglich zu halten, haben die Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet vor Kurzem das Gutachten „Stresstest Straße“ vorgelegt. Anhand von sechs Beispielen wird gezeigt, wie die Verkehrsbehörden im Vorfeld von Baumaßnahmen die Auswirkungen besser abschätzen und Baumaßnahmen untereinander besser koordinieren können. „Es muss das Ziel sein“, so Dietzfelbinger, „dass der Ruhrorter Brückenzug deutlich vor dem Neubau der A59-Brücke über den Hafen saniert ist. 2020 halten wir angesichts der aktuellen Probleme für zu spät.“

Quelle und Foto: Niederrheinische Industrie- und Handelskammer. IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger und IHK-Präsident Burkhard Landers (re.)