DSLV formuliert Erwartungen an neue Regierung

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Die zukünftige Agenda der Logistik wird nicht allein von verkehrspolitischen Themen bestimmt, sondern wird verstärkt von gesellschaftlichen Veränderungen geprägt. Zur Lösung drängender Fragen der Verkehrs-, Umwelt- und Sozialpolitik muss deshalb ein Bündel aus anreizgebenden und ordnungspolitischen Maßnahmen für alle Akteure der Logistik und für sämtliche Verkehrsträger geschnürt werden, so die Forderung des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) für die laufenden Koalitionsverhandlungen.

Sowohl die Arbeit der neuen Bundesregierung und des Deutschen Bundestags wie auch der Zuschnitt zukünftiger Bundesressorts dürfen sich deshalb nicht monothematisch ausrichten.

DSLV-Präsident Mathias Krage erklärt: „Die Verkehrs- und Mobilitätspolitik Deutschlands und Europas wird noch stärker als bisher in einen umwelt- und sozialpolitischen sowie einen infrastruktur- und städteplanerischen Kontext eingebunden werden müssen. Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft wird diese interdisziplinäre Verknüpfung beschleunigen.“

Der DSLV hat mit einer fachübergreifenden „Agenda der Logistik“ auf die erforderliche interdisziplinäre Arbeit reagiert und fünf politische Handlungsfelder als „Erwartung des DSLV an die Bundesregierung der 19. Legislaturperiode“ identifiziert: Für die „Infrastruktur-Agenda“, die „Digitale Agenda“, die „Umwelt-Agenda“, die „Soziale Agenda“ sowie die „Sicherheits-Agenda der Logistik“ hat der Speditionsverband jeweils Kernforderungen formuliert. Dazu gehören
– die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Logistikstandorts Deutschland durch Ausbau einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur als Teil staatlicher Daseinsvorsorge,
– die Einrichtung von Umweltförderprogrammen zur Modernisierung von Fahrzeugflotten,
– die Wahrung der Tarifautonomie zwischen den etablierten Sozialpartnern in der Logistik,
– die Verstärkung polizeilicher Unterstützung im Kampf gegen Frachtraub und Ladungsdiebstahl sowie
– die Verstetigung des eingeleiteten Investitionshochlaufs für den Infrastrukturerhalt und -ausbau.

Für den politischen Beschluss und die Durchführung von Infrastrukturbauvorhaben besteht zu wenig gesellschaftliches Vertrauen in die repräsentative Demokratie. „Zu viele parlamentarisch bereits verabschiedete Projekte werden im Nachgang durch Öffentlichkeitsbeteiligungen nochmals legitimiert. Auch das Verbandsklagerecht hat sich inzwischen zu einem Instrument entwickelt, das die parlamentarische Auseinandersetzung abgelöst hat, um Forderungen gegen den volkswirtschaftlichen Bedarf ideologiestrategisch durchzusetzen. Sofern Industrie, Handel und Bevölkerung aber keine signifikanten Einbußen in ihrer Versorgungssicherheit und -qualität hinzunehmen bereit sind, kann für den Güterverkehr nur begrenztes Vermeidungspotenzial angenommen werden“, mahnt Krage. „Dem neuen Bundestag muss es deshalb gelingen, einen für alle Seiten vertretbaren Interessenausgleich herzustellen, der auch europäischen Anforderungen standhält. Dies wird eine besondere Herausforderung an eine durch vier Parteien zu bildende Bundesregierung sein.“

Der universelle Versorgungs- und Mobilitätsanspruch von Wirtschaft und Gesellschaft muss mit einem wachsenden Bedürfnis nach Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz in Einklang gebracht werden. Doch allein wettbewerbsfähige, finanzstarke und innovative Unternehmen können zum Erreichen dieses Zielbündels beitragen. Der DSLV fordert die Verhandlungsdelegationen einer potenziellen Jamaika-Koalition deshalb auf, ihre parteipolitischen Sollbruchstellen für die Regierungsbildung hieran auszurichten und weiter zügig und zielorientiert zu verhandeln.

Der DSLV vertritt als Spitzenorganisation die Speditions- und Logistikbranche sowie die Transportwirtschaft über alle Verkehrsträger hinweg (Straße, Schiene, See- und Binnenschifffahrt sowie Luftfracht), einschließlich der Organisation, Bereitstellung, Steuerung, Optimierung und Sicherung von Prozessen der Güterströme entlang der Lieferkette. Der DSLV repräsentiert über seine 16 Landesverbände etwa 3.000 Unternehmen mit mehr als 550.000 Beschäftigten.

Quelle: DSLV, Foto: HHM




Brille verwandelt Dummies in Experten

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Was haben Vopak und der Hafenbetrieb Rotterdam gemeinsam? Bestimmt gibt es so einige Aspekte, aber auffallend ist, dass beide das Potenzial von FEO AR entdeckt haben. Das aus dem „World Port Accelerator“-Programm PortXL entstandene Start-up steht offenbar vor dem Durchbruch, denn inzwischen haben auch Kotug, Vestas, das Port Health Center und Viking River Cruises ernsthaftes Interesse bekundet.

Als Mitgründer Raymon Lubbers noch Accountmanager war und Internet- und Satellitenkommunikationsgeräte für die Schifffahrt verkaufte, staunte er schon, welch gigantische Kosten eine Störung verursacht. „Bei einem Tagessatz von 1800 Dollar plus Business-Class-Flugticket für einen Monteur war die Beseitigung einer Störung an Bord eines Schiffs eine sehr kostspielige Angelegenheit. Dabei reichte manchmal sozusagen ein anständiger Tritt gegen das Gerät aus, und schon funktionierte alles wieder.“ Dafür musste es doch eine Lösung geben …

So entstand die Idee für FEO Augmented Reality. Die Schiffe werden mit Smart Glasses und Augmented-Reality-Software ausgestattet, wodurch die Störung in vielen Fällen von der Besatzung selbst behoben werden kann. Lubbers: „Der Prozess verläuft teilweise über den Computer, und wenn nötig kann auch per Videokommunikation in Echtzeit die Unterstützung von Experten an Land in Anspruch genommen werden. Eine geringe Bandbreite von 128 kbps reicht für die Verbindung aus. Sehr praktisch auf einem Seeschiff!“ Ein weiterer Vorteil der Smart Glasses besteht darin, dass der Träger beide Hände für die Arbeit frei hat.

Trotz des überzeugenden Business-Cases stieß die Idee in der nautischen Welt zunächst vor allem auf Skepsis. „Du hältst dich wohl für den Elon Musk der Seefahrt …“, so wurde mir lachend entgegnet. So kamen wir nicht weiter.“ Nach dem Durchlaufen des PortXL-Programms 2017 änderte sich die Stimmung jedoch. „In diesen drei Monaten haben wir alles Notwendige über Geschäftsgebaren und Professionalität gelernt. Das Programm war eine tolle Erfahrung. Dasselbe galt auch schon für die Selection Days. Auch wenn man dort nicht ausgezeichnet wird, sammelt man doch unglaublich viel Wissen, gute Tipps und neue Energie. Damit lohnt sich die Teilnahme auf jeden Fall! Ich kann nur jedem Start-up in der Schifffahrtsbranche empfehlen, unbedingt mitzumachen.“

Nach dem PortXL-Inkubatorprogramm, das von Mentoren von Boskalis und EY begleitet wurde, meldeten sich Vopak und der Hafenbetrieb Rotterdam sofort als erste Kunden an. „Auf unseren hydrographischen Vermessungsschiffen tritt auch hin und wieder eine Störung auf“, erklärt Herman Meijer, Datenmanager beim Hafenbetrieb Rotterdam. „Sowohl an Schiffssystemen als auch an den Messgeräten. In diesem Fall muss von einem Standort des Hafenbetriebs oder des Lieferanten aus jemand mit der nötigen technischen Kompetenz auf das Schiff kommen, was natürlich einige Zeit dauern kann. Mit FEO AR dagegen kann der Mitarbeiter an Bord Smart Glasses – eine „intelligente Brille“ – aufsetzen. Der Experte an Land kann dann per Fernzugriff mitschauen, die den Ernst der Lage einschätzen und Lösungsmöglichkeiten anbieten. Eventuell benötigte Ersatzteile können sofort bestellt werden. Dadurch verbessern wir nicht nur die Verfügbarkeit unserer Schiffe, sondern wir lernen auch ständig dazu. Störungen und die darüber gesammelten Erkenntnisse werden direkt über das System in eine Datenbank eingegeben, die für alle Mitarbeiter frei zugänglich ist. So können die Besatzungsmitglieder bei einer Störung sofort an Bord nachsehen, welche Möglichkeiten zur Behebung es gibt. Mit diesem System kann auch Foto- und Videomaterial genutzt werden, das bei der Lösung eines früheren Problems aufgenommen wurde.“

In der Kombination der Smart Glasses mit der speziellen Software und der Entwicklung einer Wissensdatenbank liegt Lubbers zufolge die Zukunft von FEO AR. „Die Brille allein bietet schon einen hohen Mehrwert, aber wenn daran auch noch die Wissensdatenbank gekoppelt wird, können wir unser Versprechen wirklich wahr machen: Dummies in Experten verwandeln.“

Quelle und Foto: Port of Rotterdam