Binnenschifffahrt auf dem Trockenen

Die monatelange Dürre in Deutschland hinterlässt in der Binnenschifffahrt deutliche Spuren. Die Flüsse führen stellenweise kaum noch Wasser.

Auf dem Rhein, der wichtigsten Binnenwasserstraße in ganz Europa, musste die Schifffahrt im Süden Deutschlands in Teilen eingestellt werden, nachdem zum Beispiel am Pegel Kaub historische Tiefstände gemessen wurden. Auf der Elbe wurde die gewerbliche Schifffahrt bereits vor Monaten eingestellt. Und an der Donau bereitet die seit Jahrzehnten vernachlässigte, 70 Kilometer lange Strecke zwischen Straubing und Vilshofen erhebliche Schwierigkeiten, da dort Flussausbaumaßnahmen nicht stattfinden. Die seit Juni anhaltende Trockenheit macht sich nicht nur in den frei fließenden Flüssen, sondern mittlerweile auch in den staugeregelten Flüssen und Kanälen bemerkbar. Auch hier ist die Befahrbarkeit wegen sinkender Wasserstände eingeschränkt.

Die Folgen für die gewerbliche Schifffahrt und ihre Kundschaft aus Wirtschaft und Industrie sind gravierend. Zwar musste die Schifffahrt in Deutschland bis dato nicht vollständig eingestellt werden. Das würde den Wirtschaftsstandort Deutschland bei einem jährlichen Transportvolumen auf dem Wasser von rund 223 Mio. Tonnen Gütern kollabieren lassen. Diese Mengen lassen sich nicht auf Schiene oder Straße verlagern. Große und dementsprechend schwere Schiffe, die tief im Wasser liegen und wie sie etwa im Containerverkehr oder in der Tankschifffahrt eingesetzt werden, müssen ihre Fahrten jedoch einstellen. Sie warten nun in den Häfen auf steigende Pegel. Verdienstausfälle von bis zu 4.000 Euro pro Tag und in Einzelfällen auch mehr, die von niemandem ausgeglichen werden, sind die Folge. Binnenschiffer mit kleineren bzw. leichteren Schiffen können ihre Schiffe nur noch mit deutlich geringeren Mengen beladen, da sonst Grundberührungen oder gar Festfahrungen im Fluss drohen. Mit erheblich mehr Fahrten und entsprechenden Mehrkosten bemüht die Branche sich darum, die Folgen für die Kundschaft so gering wie möglich zu halten. Trotzdem können Frachtverträge mitunter nicht mehr zeitgerecht erfüllt werden. Für die Industrie wichtige Rohstoffe wie etwa in der Chemiebranche müssen notfalls den Verkehrsträger wechseln und mit dem Lkw transportiert werden.

Schwere wirtschaftliche Konsequenzen hat die Wetterlage auch für die Fahrgastschifffahrt: Flusskreuzfahrten werden wegen des fehlenden Wassers nicht mehr plangemäß durchgeführt. Für die Touristen attraktive Fahrtziele in deutschen Großstädten können von der Tagesausflugsschifffahrt nicht mehr angesteuert werden. Das trifft die Branche hart, die auf das Saisongeschäft angewiesen ist.

Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) richtet deshalb den Appell an Politik und Verwaltung, aus dieser Situation nun die richtigen Schlüsse zu ziehen:

  1. Die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen auf die Wasserstraßen und die Schifffahrt wurden 2015 vom Bund im Rahmen des Forschungsprojekts KLIWAS untersucht (www.kliwas.de). Die an sich erfreulichen Ergebnisse, dass Flüsse wie etwa der Rhein eher marginal betroffen sein werden, bedürfen nach drei Jahren mit ausgedehntem Niedrigwasser offensichtlich der erneuten Prüfung. Der Bund muss Strategien entwickeln, diese Entwicklung abzufedern, z.B. durch flussbauliche Maßnahmen. Eine von der Politik, der Wirtschaft und der Bevölkerung gewollte Verlagerung des Güterverkehrs auf das Wasser kann sonst nicht stattfinden.
  2. Verladende Wirtschaft und Industrie benötigen attraktive Angebote, um ihre Waren und Güter über den Wasserweg zu transportieren. Planbarkeit und Verlässlichkeit des Transports sind ausschlaggebende Kriterien bei der Wahl des Verkehrsmittels. Wichtige Ausbaumaßnahmen an Flüssen und Kanälen müssen deshalb prioritär behandelt und so schnell wie möglich umgesetzt werden. Engpässe gehören beseitigt und die Befahrbarkeit optimiert. Die Wasserstraßen stehen im Eigentum des Bundes und werden von ihm unterhalten und ausgebaut. Es liegt somit allein in der Verantwortung der Regierung, dass zum Beispiel der Ausbau am Mittelrhein, wo rund 75 Millionen Tonnen Güter pro Jahr transportiert werden, endlich realisiert wird. Die hier vorgesehene Sohlstabilisierung hat eine Vertiefung der Fahrrinne zur Folge, so dass der Rhein auch bei Niedrigwasser deutlich länger genutzt werden kann. Von allen Infrastrukturmaßnahmen in Deutschland hat dieses Projekt nachgewiesenermaßen den höchsten volkswirtschaftlichen Nutzen.
  3. Der Bund wird aufgefordert, das Gesamtbild der dürrebedingten Schäden im Jahr 2018 aufzunehmen. Die wirtschaftliche Beeinträchtigung der vom Niedrigwasser unmittelbar betroffenen Güter- und Fahrgastschifffahrt, die an der Ausübung des Gewerbes gehindert ist, muss gemeinsam mit den Betroffenen, den Industrie- und Handelskammern und den Verbänden ermittelt werden. Bei existenzbedrohenden Situationen sollte der Bund nun ad hoc Hilfsmittel für die betroffenen Schifffahrtsbetriebe zur Verfügung stellen.
  4. Die Forst- und Landwirtschaft verfügt in Deutschland über einen Krisenmechanismus, der bei Naturereignissen dann anspringt, wenn z.B. ein „widriges Witterungsereignis nationalen Ausmaßes“ festgestellt wird. Bundesagrarministerin Julia Klöckner hat die Dürre 2018 so eingestuft. Der Bund wird den betroffenen Landwirten, deren Existenz nun bedroht ist, deshalb in diesem Jahr mit 150 bis 170 Millionen Euro beistehen. Zu prüfen ist, ob ein ähnlicher Krisenmechanismus auch für andere Branchen geschaffen wird, die unmittelbar von Naturereignissen betroffen sind. Die Schifffahrt operiert auf frei fließenden Flüssen, deren Pegelstände durch den Klimawandel zunehmende Extreme aufweisen, sei es in Form von mehrmonatigem Niedrigwasser, sei es durch Hochwasser, bei dem die Schifffahrt durch die Behörden reglementiert wird. Ein Krisenmechanismus analog zur Forst- und Landwirtschaft, der bei extremen Veränderungen der Wasserstände und existenzbedrohenden Auswirkungen Hilfszahlungen an die Binnenschifffahrt ermöglicht, erscheint angemessen.

Quelle: BDB




50.000 Tonnen Roheisen trafen in Rotterdam ein

Am Montag kam in einem Schüttgutschiff eine Rekordtonnage von 50.000 Roheisen im Hafen von Rotterdam an. Carbones Holding GmbH, ein großer österreichischer Händler von Metallprodukten, hat zum ersten Mal eine Ladung dieses Umfangs zusammengestellt und verschifft sie auf einmal.

Umschlagbetrieb ZHD Stevedores lagert das Roheisen und schlägt es um, wonach es weiter in Europa vertrieben wird.

Was ist Roheisen eigentlich? Bei Roheisen oder Englisch „pig iron“ handelt es sich um Eisen, das in die Form eines „Brötchens“ von ca. 10 cm Länge und 10 cm Breite gegossen ist. „An der Oberseite weist es eine Verformung auf, es sieht ein bisschen so aus, wie ein Kuchen, der aus der Backform kommt. Sie wiegen 10 bis 20 Kilo pro Stück, sind also recht schwer für einen Kuchen oder ein Brötchen“, sagt Dico Regoord, Vertriebsleiter bei ZHD Stevedores.

Carbones Holding GmbH, der österreichische Händler von Metallprodukten, hat die Rekordladung Roheisen zusammengestellt und verschifft sie an seine europäischen Kunden. Sebastian Brunner, Kaufmann bei Carbones: „Normalerweise werden 30.000 bis 35.000 Tonnen Roheisen transportiert. Jetzt jedoch 50.000 Tonnen. Dies ist eine Premiere für Roheisen! Wir sind sehr froh, dass es jetzt geklappt hat. Das Organisieren, Koordinieren und Planen des Verschiffens ist ein komplizierter Prozess, bei dem alle beteiligten Partner eng miteinander zusammenarbeiten müssen. Die Produktionsstandorte von Roheisen befinden sich nicht direkt am Hafen, sondern weiter landeinwärts. Vor dort aus muss die Fracht per Zug, LKW oder kleinerem Schiff zum großen Schiff im Hafen transportiert werden. Es ist eine ganz schön knifflige Angelegenheit, 50.000 Tonnen Roheisen von den verschiedensten Standorten aus rechtzeitig zum Schiff zu schaffen.“

Carbones vertreibt jährlich in einem Umfang von ca. 2,2 Millionen Metallprodukte (größtenteils Roheisen) an ca. 400 Kunden in Europa. Roheisen wird in der Stahlindustrie verwendet, unter anderem für den Maschinenbau. In der Automobilbranche werden beispielsweise Motorblöcke für Maschinen, Lastwagen, Autos und Busse daraus hergestellt. Aber auch Auspuffe, Bremsscheiben und Achsen. Und in der Windindustrie wird Roheisen in den Türmen verwendet, an die die Flügel montiert werden. Roheisen kommt hauptsächlich aus Russland und Brasilien. Diese Ladung stammt aus Brasilien, und wurde hauptsächlich von zwei bekannten Roheisenfabrikanten (Grupo AVG und Grupo PLANTAR) hergestellt. Der Wert der Ladung liegt bei ca. 25 Millionen Dollar. Für die Finanzierung der Verschiffung arbeitet Carbones mit einer Schweizer Bank zusammen. Sebastian Brunner: „Das Verschiffen einer großen Schüttgutladung wie dieser bedeutet Kosteneinsparung. Und davon profitieren unsere Kunden.“

Die Ladung wird ab Rio de Janeiro mit dem Seeschiff MV Yuanping Sea transportiert. Die MV Yuanping Sea ist 200 Meter lang und 32 Meter breit und hat einen Tiefgang von 12 Metern. Das Schiff hat seine Ladung im Hafen von Rio de Janeiro aufgenommen. Von dort ist es am 3. Oktober 2018 aufgebrochen.

Wenn das Schiff vor der Küste von Hoek van Holland eintrifft, geht es vor Anker und wartet auf die richtige Tide. Unter dem Geleit des Hafen-Koordinationszentrums und der Lotsen wird das Schiff zu den reservierten Bojen im Botlek gelotst und von den Festmachern festgemacht. Und dann ist ZHD Stevedores an der Reihe, das Umschlagunternehmen mit Niederlassungen in Dordrecht und Moerdijk. Das Unternehmen ist mit selbstfahrenden Hafenkränen auch in Rotterdam tätig.

Dico Regoord: „Wir löschen das Schiff mit unserem selbstfahrenden Hafenkran. Das haben wir schon vor Wochen vorbereitet. Das Schiff hat 5 Lagerräume, und transportiert mehrere Chargen unterschiedlicher Roheisensorten. Die Chargenladungen werden an Bord von sogenannten Abscheidern, die aus Brettern oder Segeln bestehen, getrennt. Das Löschen haben wir schon vor Wochen vorbereitet. Im Vorhinein arbeiten wir eng mit Carbones zusammen. Mit dem Schiffskapitän bestimmen wir gemeinsam, welche Charge für welchen Kunden wir als erste und welche als letzte löschen.

Sebastian Brunner ergänzt: „Auch einzigartig an dieser Ladung ist, dass es sich um unterschiedliche Sorten Roheisen handelt, allesamt von hoher Qualität. Den Unterschied kann man von außen nicht erkennen, aber die chemische Zusammensetzung der Chargen ist unterschiedlich. Es handelt sich schon um eine Herausforderung, dafür zu sorgen, dass die unterschiedlichen Sorten im Schiff nicht durcheinander geraten. Bei einer derart großen Operation wie dieser gibt es immer kleinere Probleme. So ist beispielsweise momentan der Rheinpegel für einen direkten Weitertransport per Schiff zu niedrig. Deshalb lagern wir 18.000 Tonnen bei ZHD Stevedores in Dordrecht. Vor dort aus transportieren wir die Ladung per Lastwagen oder Binnenschiff an unsere Kunden weiter wie Gießereien und Stahlfabrikanten in Dänemark, Schweden, der Schweiz, Frankreich und Belgien.“

Dico Regoord über die Zusammenarbeit: „Carbones ist schon seit 7 Jahren unser Kunde. Wir verfügen über den erforderlich Kranpark für derartige Arbeiten. Rotterdam ist für ein Projekt wie dieses der perfekte Hafen zum Löschen, aufgrund des Tiefgangs der Wasserstraße, der Umladung an den Bojen oder Pfählen und der weiteren Vertriebsmöglichkeiten. Bei einem Projekt wie diesem sind wir 24 Stunden am Tag bereit. Es ist sowohl für Carbones als auch für uns eine sehr spannende und spektakuläre Aufgabe!“

Quelle und Foto: Port of Rotterdam