Warum Rheinblick so nicht kommen kann

„Über die aktuelle Berichterstattung zum Rheinblick-Bauprojekt sind wir irritiert“, sagt Chempark-Leiter Lars Friedrich. Der Chemiepark und die Stadt sind seit vielen Jahren in Gesprächen zum Bauprojekt Rheinblick. Ziel ist es, die Fläche am Rhein so aufzuwerten, dass die Bebauung mit dem anliegenden Chemie-Areal vereinbar ist.

In den vergangenen Tagen war in Medienberichten zu lesen, dass Rheinblick kurz vor der Umsetzung stünde. „Wir sehen die Lösung noch nicht zum Greifen nah“, so der Chempark-Leiter. „Wir haben unsere Kritikpunkte eingebracht, jedoch keine offizielle Bestätigung der Stadt bekommen, dass diese alle berücksichtig werden“, sagt Friedrich.

Ein wichtiges Thema für die Planungssicherheit des Chempark sind die der Stadt bekannten rechtlichen Auflagen der Seveso-III-Richtlinie. Nur mit Berücksichtigung dieser kann Rheinblick rechtssicher gebaut werden. Fachrechtliche Entwicklungen fordern, dass die gutachterliche Betrachtung angemessener Abstände von dem geplanten Rheinblick-Projekt zum Chemiepark aktualisiert wird. Bevor das Bauprojekt zur Abstimmung in den Stadtrat gehen kann, sieht der Chempark hier noch Handlungsbedarf. „Unsere Erfahrung an anderen Standorten hat gezeigt, dass sich ein Gutachten zu den angemessenen Abständen nach Seveso nicht in wenigen Monaten erstellen lässt“, sagt der Chempark-Leiter. „Hier haben wir alle noch Hausaufgaben zu erledigen“, so Friedrich.

Der Chemiepark ist seit mehr als 140 Jahren wesentlicher Wirtschaftsmotor in Krefeld und gibt über 7.000 Beschäftigten einen Arbeitsplatz. „Diese Jobs dürfen auch im Interesse der Stadtgemeinschaft nicht gefährdet werden“, sagt der Chempark-Leiter. Abgesehen von den Abständen, die durch die Seveso-III-Richtlinie gefordert werden, hat der Chemiepark weitere K.o.-Kriterien angebracht, die bei dem Bauvorhaben gelöst sein müssen. „Unter der Voraussetzung, dass alle Konflikte gelöst werden, unterstützen wir das Bauprojekt“, sagt Friedrich.

Zusammenfassung der geäußerten Kritikpunkte am Bebauungsplan aus 2018

  • Beim Rheinblick-Projekt soll ein Wohngebiet entstehen, wo vorher keins war. Dadurch fürchtet der Chempark Konflikte mit den zukünftigen Bewohnern (z.B. beim Thema Schallschutz), die im Bebauungsplan nicht gelöst werden, sondern auf jedes künftige Genehmigungsverfahren weitergeschoben werden. Durch diese Verlagerung auf Genehmigungsebene wird die notwendige Genehmigungsfähigkeit neuer oder veränderter Anlagen der Chemiebetriebe eingeschränkt. Dadurch wird die Entwicklung des Standortes behindert und der Chempark nicht mehr zukunftsfähig sein. Das könnte bedeuten, dass die Unternehmen sich am Standort Krefeld nicht mehr halten könnten und gezwungen würden, Alternativen zu suchen.
  • Der aktualisierte Bebauungsplan weist zwar ein Mischgebiet aus, der Chemiepark sieht jedoch die Gefahr, dass faktisch ein Wohngebiet entsteht. Die gutachterlich ermittelten Lärm-Vorbelastungen der genehmigten Gewerbe- und Chempark-Betriebe überschreiten bereits heute die Richtwerte für Mischgebiete und wären mit einem Wohngebiet unvereinbar.
  • Europäische wasser- und schifffahrtsrechtliche Sicherheitsvorschriften verlangen einen definierten Abstand von mindestens 300 Metern zwischen dem Tankschiffanleger am Chempark und dem nächsten Wohngebiet. Dieser Abstand würde mit dem Rheinblick-Projekt unterschritten werden.
  • Der Chempark kann den genehmigten südlichen Tankschiffanleger R141 nicht aufgeben oder verlegen, da er für den Standort unerlässlich ist. Er ist stark ausgelastet und kann nicht an eine andere Stelle verlegt werden, da diese für Erweiterungen genutzt werden soll. Angesichts der Umschlagsmengen ist der Tankschiffanleger nicht durch andere Verkehrsträger (Schiene, Straße) ersetzbar.
  • Zusätzlich betreibt der Chempark einen Schiff-Liegeplatz in Rheinblick-Nähe, der bereits jetzt zu einer Lärm-Vorbelastung führt, die mit einer Umsetzung des Rheinblick-Projekts nicht vereinbar ist.
  • Die mit dem Bebauungsplan Rheinblick ermöglichte Wohnbebauung rückt an die Hafen- und Industriegebiete heran. Das widerspricht den aktuell gültigen Grundsätzen der Landes- und Regionalplanung, die einen Umgebungsschutz sowie eine Entwicklungsfähigkeit der Industrie- und landesbedeutsamen Hafengebiete vorsehen.
  • Zwischenzeitliche fachrechtliche Entwicklungen machen es zudem erforderlich, dass die gutachterliche Betrachtung angemessener Abstände von dem geplanten Rheinblick-Projekt zum Chempark aktualisiert werden (Seveso III-Richtlinie).

Der Chemiepark hat die Entwicklung des Gebiets seit 2002 kritisch begleitet. Der erste Bebauungsplan (Nr. 677) wurde bis zuletzt durch Bayer/Chempark deutlich kritisiert und schließlich in 2011 durch Klage eines Dritten gerichtlich für unwirksam erklärt. Entwürfe für einen zweiten Bebauungsplan (Nr. 772) wurden ab 2012 aufgelegt, zuletzt aktualisiert 2015. Erhebliche Defizite wurden durch den Chempark aufgezeigt. Eine neue Konzeptidee wurde dem Chemiepark 2016 vorgestellt. Im Kern zeigte diese aber keine Veränderungen im Vergleich zum Entwurf aus 2015. In Gesprächen wurden vom Chempark Alternativen vorgeschlagen: Nicht nur alternative Möglichkeiten, um das Gelände aufzuwerten (Hotel, Veranstaltungshalle, Grünanlage), sondern ebenfalls eine urbane Entwicklung (Kombination aus Wohnen und Gewerbe), die mit dem Chemiepark vereinbar wäre. Auch der 2018 vorgelegte Entwurf sucht keine Lösung für die thematisierten Konfliktfelder und verlagert ebenso wie die Konzeptidee aus 2016 eine mögliche Lösung auf die einzelnen Baugenehmigungen unverändert weiter.

Quelle und Foto: Currenta

 




INEOS plant Mega-Investition im Hafen Antwerpen

INEOS, eines der größten Chemieunternehmen der Welt, hat den Hafen Antwerpen als Standort für eine Mega-Investition in Höhe von drei Milliarden Euro ausgewählt, die 400 Arbeitsplätze schaffen wird.

Die Investitionssumme ist die größte in die europäische Chemieindustrie seit 20 Jahren. Damit bestätigt Flandern seine Position als eine der führenden Chemieregionen. Zugleich unterstreicht und stärkt der Hafen Antwerpen seine Rolle als größter Chemiecluster in Europa.

Anfang des Jahres hatte INEOS im Rahmen des weiteren Ausbaus seiner Chemieanlagen eine Großinvestition angekündigt. Mehrere europäische Standorte standen zur Wahl, aber am Ende entschied sich der britische Chemiekonzern für Antwerpen.

INEOS plant den Bau einer brandneuen Propan-Dehydrierungsanlage (PDH) und einen Ethan-Cracker in Antwerpen. Diese werden benötigt, um Propan beziehungsweise Ethan in Propylen und Ethylen umzuwandeln. Das sind Rohstoffe für chemische Produkte, die in einer Vielzahl von Branchen wie Automobil, Bau, Bekleidung, Kosmetik und Körperpflege, Pharmazie, Elektronik und Verpackungsmaterialien eingesetzt werden.

Die Investition wird am bestehenden Standort in Lillo im Antwerpener Hafengebiet sowie angrenzenden Arealen getätigt. Zu diesem Zweck übernimmt INEOS ungenutzte Teil-Konzessionen von benachbarten Unternehmen, was eine optimale Integration in die bestehende Chemieindustrie gewährleistet. So werden die neuen Anlagen per Pipeline an verschiedene INEOS-Ethylen- und Propylenderivat-Anlagen im europäischen Ausland angebunden.

Die Fertigstellung eines Projekts dieser Größenordnung dauert in der Regel vier bis fünf Jahre. Entsprechend sollen die neuen Produktionsanlagen bis 2024 in Betrieb gehen. Nach der Inbetriebnahme schaffen sie 400 direkte Vollzeitarbeitsplätze sowie das Fünffache an indirekten Arbeitsplätzen. Während der Bauphase werden rund 3.000 Menschen beschäftigt sein.

Jim Ratcliffe, CEO und Chairman von INEOS, erklärte: „Unsere Investition in eine erstklassige Ethan-Cracker- und PDH-Anlage ist die größte ihrer Art in Europa seit mehr als einer Generation. Als solche ist es eine wichtige Entwicklung für die europäische petrochemische Industrie. Wir sind davon überzeugt, dass diese Investition den rückläufigen Trend der vergangenen Jahre in der europäischen Chemieindustrie umkehren kann.“

Hans Casier, CEO von INEOS Phenol und Vorsitzender von essenscia (Verband der Chemie- und Life-Science-Industrie): „Dass Antwerpen als Standort für diese Investition gewählt wurde, ist ein bedeutender neuer Impuls für die internationale Wettbewerbsposition des bestehenden Chemieclusters. Dies ist ein großer Erfolg nicht nur für die Chemische Industrie im Hafen, sondern auch für die Wirtschaft Flanderns, Belgiens und nicht zuletzt für ganz Europa.“

Frank Beckx, Geschäftsführer des belgischen Chemieverbands essenscia vlaanderen, sagt: „Die Tatsache, dass nach Borealis im vergangenen Monat nun auch INEOS den Standort Antwerpen gewählt hat, bringt die Chemiebranche in Flandern mehr denn je auf die Weltkarte. Insbesondere der Bau eines hochmodernen Crackers auf dem neuesten Stand der Technik ist von großer strategischer Bedeutung, denn zuletzt wurde in den 1990er-Jahren eine derartige Anlage in Westeuropa gebaut. Ein Cracker produziert essenzielle Basismoleküle, die die Grundlage der gesamten Chemischen Industrie bilden. Mit nicht weniger als 400 neuen Arbeitsplätzen ist das ein zusätzlicher Impuls für das Beschäftigungswachstum in diesem Sektor. Dies sind zweifellos die wichtigsten Wirtschaftsnachrichten seit Langem. Eine solche Investition – die sehr wahrscheinlich andere ihrer Art anziehen wird – stärkt die Position der Chemischen Industrie als Schlüsselsektor der flämischen Wirtschaft weiter. Dies ist ein massiver Vertrauensbeweis, der uns darin bestärkt, unsere Zusammenarbeit mit der Regierung fortzusetzen, um gemeinsam an der starken internationalen Wettbewerbsposition dieses führenden Chemiecluster von Weltrang zu arbeiten.“

Jacques Vandermeiren, CEO der Antwerp Port Authority, hebt hervor: „Dass sich INEOS mit dieser Investition für unseren Hafen entschieden hat, ist natürlich eine außerordentlich erfreuliche Nachricht. Einmal mehr zeigt sich, dass wir als größter integrierter Chemiecluster Europas eine starke Anziehungskraft auf internationale Investoren haben. Darüber hinaus ist die Produktion von Propylen und Ethylen die Grundlage für viele andere Prozesse, so dass die Herstellung dieser Basiskomponenten unsere Rohstoff-Positionierung in der Chemischen Industrie und vielen anderen Industrien unseres Landes weiter stärken wird. Diese Mega-Investition erhöht die Gesamtsumme der Neu-Investitionen, die wir im vergangenen Jahr nach Antwerpen holen konnten, auf mehr als fünf Milliarden Euro. Dies wird zweifellos dazu beitragen, die Präsenz der Industrie hier in Antwerpen zu sichern und einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Zukunft für unseren Hafen und die belgische Wirtschaft zu leisten.“

Bart De Wever, Bürgermeister der Stadt Antwerpen: „Heute können wir die größte Investition in der europäischen Chemieindustrie seit 20 Jahren bekannt geben. Dies macht mich stolz und demütig zugleich. Dies sind die Momente, für die ich lebe und arbeite. Antwerpen floriert. Diese Aussage werde ich ein ums andere Mal wiederholen, denn wir müssen endlich mit diesen Untergangsszenarien aufhören. Wir können vollstes Vertrauen in die Zukunft haben. Das Wirtschaftsklima ist gut. Antwerpen ist offen für Geschäfte. Diese Investition von INEOS ist eine Investition für eine ganze Generation. Sie zeigt auch, dass Investoren selbst in Zeiten der Brexit-Unsicherheit immer noch an Wirtschaftswachstum, Internationalisierung und nachhaltige Technologie glauben. Das Vertrauen in den Fortschritt bleibt bestehen.“

Anfang dieses Jahres wurde das „Welcome Team for the Chemical Sector“ von Flanders Investment & Trade (FIT) und dem Branchenverband essenscia vlaanderen gegründet. Diese Initiative versammelt ein Expertenteam, um ausländische Unternehmen des Chemiesektors bei ihren Investitionsvorhaben intensiv zu unterstützen und die Vorteile des Chemiesektors in Flandern hervorzuheben – so etwa in den Bereichen Innovation, Steuerwesen und Investitionsförderung. Mit rund 300 Investitionsprojekten macht der Chemie- und Life-Science-Sektor seit 2010 etwa die Hälfte aller ausländischen Investitionen in Flandern aus.

Ministerpräsident Geert Bourgeois: „Das sind besonders gute Nachrichten, ein außergewöhnliches Ereignis: die größte Investition in Flandern seit 20 Jahren. Das Projekt ist auch ein gutes Beispiel für die langfristige Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ministerien und Regierungsstellen, den Industrieverbänden, dem Hafen und weiteren – alle mit einem gemeinsamen Ziel und koordiniert von meiner Agentur Flanders Investment & Trade.“

Claire Tillekaerts, Geschäftsführerin von Flanders Investment & Trade (FIT): „Eine Investition von drei Milliarden Euro im Hafen Antwerpen durch INEOS ist nicht nur eine überaus gute Nachricht für die flämische Wirtschaft. Sie betont auch die effiziente Zusammenarbeit zwischen Regierung, Wirtschaft, Wissenszentren und der Antwerp Port Authority, die es unserer Region ermöglicht, derart große Investitionen anzuziehen. Das von FIT koordinierte ‚Welcome Team for the Chemical Sector‘ steht mit der notwendigen Expertise zur Verfügung, um den idealen Standort zu finden, die richtigen lokalen Partner auszuwählen und vieles mehr. Um dieser Investition in Flandern einen Kickstart zu geben, arbeiteten auch die zuständigen Regierungsstellen intensiv zusammen. Jeder Beteiligte in diesem Projekt beantwortete die Fragen von INEOS sehr schnell, umfassend und professionell. Das eigens zusammengestellte Paket maßgeschneiderter Dienstleistungen überzeugte das britische Chemieunternehmen und gewann trotz des intensiven Wettbewerbs letztlich die Investition.“

Quelle: Antwerp Port Authority, essencia Vlaanderen, Flanders Investment & Trade, INEOS, Foto: Antwerp Port Authority, feierliche Unterzeichnung der Mega-Investition im Antwerpener Port House