Binnenhäfen fordern Schutz für Standorte

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Die Rolle der Binnenhäfen in der Stadt der Zukunft war das tragende Thema der Jahrestagung des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) in Karlsruhe. Binnenhäfen sind in ihrer bedeutenden Funktion als Umschlagspunkte des Güterverkehrs und als Zentren für Industrie, Gewerbe und Handel unverzichtbar.

Gleichzeitig suchen Städte nach Räumen für Wohnen und Dienstleistungen und nehmen dabei auch Häfen und ihr Umfeld ins Visier. Nicht immer sind alle gegenseitigen Interessen und Ansprüche einfach auszugleichen.

Rainer Schäfer, Präsident des BÖB, machte in seiner Eingangsrede deutlich: „Wir werden uns immer wieder auf allen Ebenen der Politik für faire Rahmenbedingungen in den Binnenhäfen einsetzen. Die Balance muss wieder hergestellt werden und wo nötig die Häfen den Schutz und Vorrang bekommen, den sie für ihre Funktion benötigen. Dazu gehören auch Perspektiven für eine nachhaltige Entwicklung der alternativen Verkehrsträger und damit Fairplay im Gütertransport.“

Aus der Erfahrung der letzten Zeit formulierte Schäfer die Forderung an Bund, Länder und Kommunen: „Die Bundesregierung sollte in der kommenden Legislaturperiode einen ‚Entwicklungsplan Alternative‘ Verkehrsträger“ verabschieden. Es macht keinen Sinn, Masterpläne für Schienengüterverkehr und Binnenschifffahrt nebeneinander zu fahren und am Ende realisieren zu müssen, dass sich beide Verkehrsträger im Güterverkehr gegenseitig die Gütermengen wegnehmen. Wir wünschen uns einen ernsten, gut überlegten und integrierten Ansatz für die alternativen Verkehrsträger im Güterverkehr inklusive ihrer Knotenpunkte.“

Besondere Sorgen machen den Binnenhäfen die zunehmenden Nutzungskonflikte in den Städten zwischen Häfen und herannahender Wohn- und Bürobebauung. Beispielhaft wurde die Neuregelung zu den urbanen Gebieten genannt, die als Bedrohung, insbesondere für innerstädtische Hafengebiete, verstanden wird. Rainer Schäfer betonte in diesem Zusammenhang: „Wir brauchen eine planerische Absicherung für die Häfen auf Länderebene durch homogene und abgestimmte Landeshafengesetze, die die vielfältigen Herausforderungen abdeckt. Wir streben durch einen Grundkonsens mit unseren Kommunen einen entscheidenden Schritt an. Der BÖB kann sich daher ein mit dem Deutschen Städtetag gemeinsam erarbeitetes „Leitbild für Hafen und Stadt“ als Lösungsansatz vorstellen.

BÖB Präsident Rainer Schäfer würdigte auch das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in Auftrag gegebene und veröffentlichte Gutachten zur Verlagerung von Gütertransporten auf das Binnenschiff im Rheinkorridor. Die vorgeschlagenen Maßnahmen stimmen mit der Erfahrung der Binnenhäfen überein. So sehen auch die Binnenhäfen in der Sicherung und Weiterentwicklung bestehender Hafenareale und deren hafenaffinen Nutzungen sowie der Verkehrsanbindungen von und zu den Häfen entscheidende Ansatzpunkte. Die Häfen unterstützen die Forderung, keine weiteren Eingriffe in die vorhandene Infra- und Suprastruktur aufgrund städtebaulicher Entwicklungskonzepte im Rheinkorridor zuzulassen.

Genauso werten die Binnenhäfen die Digitalisierung der Binnenschifffahrt und strategische Allianzen als Chance, die Stärkung des Verkehrsträgers „Wasserstraße“ mit all seinen Akteuren im Rheinkorridor zu erreichen.

In einer spannenden Podiumsdiskussion mit Experten aus Logistik und Häfen, der Wissenschaft und Industrie wurde neben der Frage, wie sich Häfen an ihren Standorten weiterentwickeln können, auch über grundsätzliche Fragen der Verkehrs- und Wirtschaftspolitik gesprochen.

Jürgen Vogel, stellv. Hauptgeschäftsführer der IHK Pfalz, betonte, dass es eines grundsätzlich neuen und klareren Ansatzes zur Ausweisung und Sicherung von Flächen für Industrie, Logistik und Häfen bedarf. Für das Land Rheinland-Pfalz mahnte Vogel daher ein Logistikflächensicherungskonzept an.

Andreas Kempf, Managing Director bei Contargo Network Service, hob auf die altbekannten Ziele der Verkehrspolitik ab. Das Ziel, den Anteil der Binnenschifffahrt am Modal Split zu erhöhen, wird schon seit vielen Jahren immer wieder verfehlt. Die Politik ist gefordert, endlich tätig zu werden. Kempf sieht allerdings auch die Binnenschifffahrt in der Verantwortung, mehr zu tun.

Prof. Jan Ninnemann, Präsident der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG), betonte, in den kommenden Jahren der Verkehrspolitik die Wirtschaftlichkeit der Binnenschifffahrt nicht aus dem Auge zu verlieren. Ninnemann mahnte  hierzu die Digitalisierung der Schifffahrt und die Unterstützung für kleinere modulare Schiffe ähnlich wie in Belgien an.

Abschließend zog Joachim Zimmermann, Geschäftsführer der bayernhafen Gruppe und Mitglied des BÖB Präsidiums, Bilanz: „Das verkehrspolitische Ziel der Verlagerung von Gütern von der Straße auf die alternativen Verkehrsträger muss wieder in den Vordergrund rücken. Dafür braucht es einen integrierten Ansatz über alle Verkehrsträger. Die Binnenhäfen stehen bereit, diesen Ansatz als Organisatoren des Güterverkehrs und als Standortarchitekten mitzugestalten.“

Quelle: BÖB