Elektrolyseanlage im Gigawatt-Maßstab

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Zur Versorgung der niederländischen Industrie mit nachhaltigem Wasserstoff ist noch viel Aufwand erforderlich. Nachhaltiger Wasserstoff lässt sich durch die Elektrolyse von Wasser erzeugen, mit Strom aus Wind- und Solarenergie. Zur Herstellung in industriellem Umfang ist eine Maßstabsvergrößerung um den Faktor 1000 erforderlich. Genau darauf zielt das Projekt „Gigawatt Elektrolysefabriek“ ab, das kürzlich beim Institute for Sustainable Process Technology ins Leben gerufen wurde.

Bei dem Projekt ebnet ein Konsortium aus Unternehmen, Universitäten und Wissenseinrichtungen den Weg zum Entwurf einer Elektrolyseanlage industriellen Umfangs. Dort wird in Gigawatt (GW) vorgegangen. Um 2030 werden Windparks in den Niederlanden und in der Nordsee einige Dutzend Gigawatt an nachhaltigem Strom erzeugen. Anderseits haben derzeitige Industrieanlagen zur Erzeugung von Wasserstoff aus Erdgas eine Kapazität, die mit einer Elektrolyseanlage in GW-Größe vergleichbar ist.

Die derzeitige Wasserstoffproduktion beträgt ca. 800.000 t jährlich, wobei der Wasserstoff hauptsächlich bei der Herstellung von Ammoniak und Kunstdünger, im Raffinationssektor und in der Chemie Anwendung findet. Um die Niederlande künftig mit CO2-freiem Wasserstoff zu versorgen, wären mehrere Elektrolyseanlagen in GW-Größe erforderlich. Ihre Bedeutung reicht dabei über die Erzeugung nachhaltigen Wasserstoffs für die Industrie hinaus. Sie können auch zu einer künftigen flexiblen Energieinfrastruktur beitragen, in der Wasserstoff als Energieträger fungiert.

Die Herausforderung ist enorm! Derzeit bieten die Industrieanlagen zur Elektrolyse von Wasser – die sog. „Elektrolysers“ – lediglich eine Kapazität von einigen Megawatt. In einer Anlage mit einer Leistung eines Gigawatts sollten somit 100 bis 1000 solcher Elektrolysers stehen. Die Partner im Gigawatt-Elektrolyser-Projekt werden gemeinsam die Anforderungen für den Bau einer solchen Elektrolyseanlage um 2025 – 2030 ermitteln.

Die Koordination liegt in Händen des Institute for Sustainable Process Technology (ISPT), der in Amersfoort ansässigen Intermediärorganisation zwischen Industrie, Klein- und Mittelunternehmen, Wissenseinrichtungen und Behörden zur Entwicklung innovativer Verfahrenstechnologie. Das Projekt wird von TKI Energie & Industrie unterstützt; Partner sind u. a. Nouryon, Shell, Yara, OCI Nitrogen, Gasunie, DOW Chemical, Ørsted, Frames, ECN part of TNO, die Universität Utrecht und das Imperial College London. Das Projekt gehört zum ISPT Hydrohub-Progamm, das auf eine Maßstabsvergrößerung in der umweltfreundlichen Herstellung von Wasserstoff ausgerichtet ist. Es umfasst zudem das Hydrohub MW Test Centre für neue Elektrolysetechnologie im Megawattbereich sowie eine Analyse der künftigen Wertkette in der Wasserstofferzeugung (HyChain).

Beim Projekt Gigawatt Elektrolyser werden die technologischen Probleme bei der Maßstabserweiterung einer großen Zahl von Elektrolysezellen (sog. “Stacks“) in einer integrierten Anlage erfasst. Bei diesem “Numbering up“ kommt es darauf an, dass die Anlage dynamisch operationell sein kann. Die Anlage wird schließlich in umfangreichem Maße Strom von Wind- oder Solarparks beziehen und damit von Schwankungen in der Bereitstellung von Elektrizität abhängig sein. Bei abnehmendem oder zunehmendem Wind muss eine entsprechende Abstimmung des Anlagenbetriebs möglich sein.
Ein weiterer bedeutender Aspekt der Gigawattanlage ist die Erzeugung von Wärme und Sauerstoff als möglicherweise wertvoller „Nebenerzeugnisse“ der Elektrolyse von Wasser. Bei der technischen Konzeption der Anlage kommt es darauf an, dass diese Nebenerzeugnisse gut abführbar und lieferbar sind, und zwar auf eine Art und Weise, die mit der operationellen Strategie Hand in Hand geht, die bei dieser Maßstabserweiterung bedeutsam ist.

Beim heutigen Stand der Technologie und den heutigen Marktpreisen würde die Investition für eine GW-Elektrolyseanlage etwa eine Milliarde Euro betragen. Die Partner im Gigawatt Elektrolyser-Projekt streben mit ihrem Entwurf an, den Betrag um einen Faktor 3 bis 4 zu verringern. Wenn eine Gesamtanlage ca. 350 Mio. kosten würde, gäbe es eine wettbewerbsfähige Alternative zur konventionellen „fossilen“ Wasserstofftechnologie.

Ein bedeutender Teil des Projekts besteht darin herauszufinden, wie die Kosten für Anlagen und Komponenten durch die Maßstabsvergrößerung der Elektrolysetechnologie gesenkt werden können. Dabei werden auch Lerneffekte in der Fertigungsindustrie aufgegriffen, die auch bei Wind- und Solarenergie zur Kostensenkung geführt haben. Es wird erwartet, dass sich das Projekt förderlich auf Innovationen im Bereich der Elektrolysetechnologie auswirkt und Chancen für die niederländische Fertigungsindustrie bei der Herstellung von Elektrolyser-Modulen und -Komponenten bietet.

Die Zielsetzung des Gigawatt Elektrolyser-Projekts reicht weiter als bis zur Erstellung eines Konzeptentwurfs. Der nächste Schritt besteht in der Prüfung, wie sich eine industrielle GW-Elektrolyseanlage in die industrielle Umgebung einfügen lässt und wie die Wahl des Standorts den Gestehungspreis der Anlage beeinflusst. In der nächsten Projektphase, die inzwischen in Entwicklung ist, werden daher Fallstudien in Zusammenarbeit mit der Industrie durchgeführt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Industrieregionen um Vlissingen-Terneuzen-Gent, Rotterdam, Amsterdam, Delfzijl und Geleen. Das Projekt ist auf die Bestrebungen und Zielsetzungen abgestimmt, die im Entwurf des Klimaübereinkommens dieser Regionen festgehalten sind. Wichtige Partner in dieser nächsten Phase des Projekts sind u. a. Deltalinqs, der Port of Rotterdam, Groningen Seaports, North Sea Port, Port of Amsterdam, die Provinzen Groningen sowie Nord- und Südholland, Stedin, Smart Delta Resources, USG/Chemelot und Tata Steel.

Quelle und Grafik: Port of Rotterdam

 

 

 

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