Zügige Umsetzung des „Masterplans Binnenschifffahrt“

Die Parlamentarische Gruppe Binnenschifffahrt (PG BiSchi), ein Zusammenschluss von Abgeordneten des Bundestages mit besonderem Bezug zum System Wasserstraße, veranstaltete einen Parlamentarischen Abend zum Thema „Verkehrsverlagerung und Flottenerneuerung: Beiträge für mehr Klimaschutz“ in Berlin. Über 100 Besucher, unter anderem aus Politik, Verwaltung sowie dem Schifffahrts- und Hafengewerbe, folgten der Einladung zu der Veranstaltung, die aus guter Tradition wieder vom Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) und dem Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen e.V. (BÖB) organisiert wurde.

BDB-Präsident Martin Staats (MSG) skizzierte in seinem Grußwort die aktuellen Herausforderungen, mit denen sich das Binnenschifffahrtsgewerbe konfrontiert sieht: „Analog zur aktuellen Konjunkturlage schwächelt auch die Branche derzeit ein bisschen. Insbesondere die abnehmenden Kohlemengen sind für das Gewerbe eine große Herausforderung. Daher benötigen wir dringend eine rasche Umsetzung der wichtigsten Maßnahmen aus dem ‚Masterplan Binnenschifffahrt‘. Die Diskussion um Klimaschutz und Dieselantrieb wird gerade sehr intensiv geführt. Hier kann die Binnenschifffahrt mit ihrer vorbildlichen CO2-Bilanz einen großen Beitrag leisten“, so Staats, der auch betonte, dass man in einigen Bereichen durchaus vielversprechende Entwicklungen zur Stärkung des „nassen Verkehrsträgers“ registriere: „Die Tatsache, dass – zusammen mit den überjährig verfügbaren nicht verbauten Mitteln aus den vergangenen Jahren – für 2020 rund 1,4 Mrd. Euro für Investitionen in die Bundeswasserstraßen zur Verfügung stehen, ist ein positives Signal. Ebenso begrüßen wir es, dass der Haushaltsausschuss mehr Stellen für die Bundeswasserstraßenverwaltung in Aussicht stellt. Beachten sollte die WSV dabei, dass nicht nur Ingenieure fehlen, sondern auch z.B. Personal für den Unterhalt der Wasserstraßen und die Bedienung der Schleusen“.

Die Klimaziele können laut BÖB-Präsident Joachim Zimmermann (bayernhafen) nur durch eine konsequente Verlagerung von Langstreckenverkehren weg von der Straße auf Bahn und Binnenschiff erreicht werden. Gebraucht werde eine ganzheitliche, faire Arbeitsteilung der Verkehrsträger und mehr Kombination und Kooperation. Weil den Binnenhäfen dabei eine entscheidende Rolle zukommt, müssten Hafenstandorte gesichert und weiterentwickelt werden.

In der Podiumsdiskussion zum Thema Verlagerungspotenziale auf die Wasserstraße stellte BÖB-Präsidiumsmitglied Roland Hörner (Staatliche Rhein-Neckar-Hafengesellschaft Mannheim mbH) heraus, dass es gerade beim Transport von schweren und großvolumigen Gütern per Binnenschiff, besonders angesichts des maroden Straßennetzes und der überlasteten Brücken, keine sinnvolle Alternative gibt. Dr. Norbert Salomon, Abteilungsleiter Wasserstraßen und Schifffahrt im BMVI, sagte zu, dass das BMVI zum Thema Negativbescheinigung, die sicherstellen soll, dass – wenn möglich – die Wasserstraße für Schwerguttransporte vorrangig berücksichtigt wird, eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die bis Mitte nächsten Jahres belastbare Ergebnisse liefern soll. Roland Hörner (BÖB) erläuterte, dass die strengen Genehmigungsverfahren und Auflagen schon im Bereich Massengut die Verkehrsverlagerung hemmen: „Oftmals werden keine ermessensfehlerfreien Entscheidungen getroffen. Es ist nötig, den handelnden Beamten vor Ort Rechtssicherheit zu geben“.

Der Abteilungsleiter WS Dr. Norbert Salomon betonte, dass das im „Masterplan Binnenschifffahrt“ ausgewiesene Ziel, die Binnenschifffahrt im Modal Split der Güterverkehrsträger bis 2030 von derzeit rund 8 auf 12 % anzuheben, angesichts des nachlassenden Massengutgeschäftes ein sehr ambitioniertes Ziel sei. „Es ist wichtig, dass wir künftig auch andere Güter auf die Wasserstraße bekommen. Da müssen wir künftig kreativer und innovativer herangehen und werden dies im Rahmen der Umsetzung des Masterplans auch tun“, so Salomon. MdB Eckhard Pols (CDU) verdeutlichte, dass man durch die Schaffung einer verlässlichen Infrastruktur dafür sorgen müsse, dass die Wirtschaft mehr Anreize erhält, das Binnenschiff beim Transport ihrer Güter zu nutzen. Roland Hörner stellte klar, dass man im Rahmen der geplanten Hebung des Modal Split der Binnenschifffahrt auch die Häfen berücksichtigen müsse: „In der Diskussion um Wohnbebauung am Wasser müssen wir darauf achten, dass der Bestand der Binnenhäfen gesichert ist, damit auch tatsächlich mehr Güter auf das Wasser verlagert werden können“. Derzeit würden sich viele Kommunen für die Schaffung von Wohnraum zu Lasten von Häfen und Industriegebieten entscheiden: „Dies ist angesichts des wachsenden Güteraufkommens und der vereinbarten Klimaziele sehr kurzsichtig“, so das BÖB-Präsidiumsmitglied. MdB Bernd Reuther (FDP) sagte, dass angesichts eines wünschenswerten gesteigerten Transports über das Wasser auch die Hafenkapazitäten mitwachsen müssten und kritisierte in diesem Zusammenhang das Verhalten von Teilen der Politik als nicht konsequent: „Man kann nicht für klimaneutralen Güterverkehr sein und gleichzeitig wichtige Hafenausbauprojekte blockieren“.

BDB-Präsident Staats monierte, dass die Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Realisierung wichtiger und volkswirtschaftlich sinnvoller Bauprojekte derzeit viel zu lange dauern. Dies sei mittlerweile auch den Bürgern nur schwer vermittelbar. Daher sei der Ansatz der Regierung, wichtige Projekte – darunter auch fünf Wasserstraßenprojekte – mit Maßnahmengesetzen zu beschleunigen, richtig. Auch Roland Hörner lobte das Vorhaben: „Es ist gut, diesen Weg auszuprobieren und zu schauen, ob Beschleunigungen erzielt werden können“, so das BÖB-Präsidiumsmitglied.

Im zweiten Panel stand der Themenkomplex „Flottenmodernisierung und Greening“ im Fokus. Partikulier Tobias Zöller (MSG) machte deutlich, dass sich das Gewerbe in dieser Frage gerade mit der großen Unsicherheit bezüglich der Verfügbarkeit von NRMM-konformen Motoren konfrontiert sieht. Es sei nicht nachvollziehbar, dass man bei einer Nachrüstung des bestehenden Motors, durch die die Abgasnorm eingehalten werden kann, keine Zertifizierung entsprechend der NRMM-Verordnung erhält. „Wenn ich etwas Neues einbaue und investiere, möchte ich dies verständlicherweise auch zertifiziert haben“, so Zöller. Martin Staats betonte schon in seinem Grußwort, dass die Binnenschifffahrt den von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer versprochenen ambitionierten „großen Förderwurf“ benötigt, der deutlich über den aktuellen Förderansatz hinausgeht, um die Umstellung auf NRMM-konforme Motoren bewältigen zu können.

MdB Claudia Müller (Grüne) kritisierte, dass die Binnenschifffahrt im Klimaschutzpaket der Bundesregierung nicht mehr Beachtung findet. In der Frage, welche alternativen Antriebskonzepte sich künftig in der Binnenschifffahrt etablieren können, dürfe die Politik das Gewerbe außerdem nicht allein lassen: „Man kann schließlich nicht beliebig viele kompatible Infrastrukturen an Land aufbauen. Irgendwann muss die Politik eine gut begründete und mit einer fundierten Datengrundlage unterlegte Richtung vorgeben“, so Müller. MdB Mathias Stein (SPD) zeigte sich überzeugt davon, dass das Gewerbe über einen gewissen Zeitraum selbst herausfinden könnte, welche technologischen Ansätze geeignet sind: „Die Binnenschifffahrt ist ja eine verhältnismäßig kleine Branche, in der man mit staatlicher Unterstützung Technologien ausprobieren kann, um herauszufinden, was funktioniert“, so der Koordinator der PG BiSchi.

„Die Binnenschifffahrt tut schon heute viel für klimafreundlichen Gütertransport. Wenn man sich vor Augen führt, wie viele Lkw-Transporte durch die Umsetzung der wichtigen Wasserstraßenprojekte wie dem Donau-Ausbau oder der Abladeoptimierung Mittelrhein zusätzlich eingespart werden könnten, ist noch deutlich mehr möglich – insbesondere dann, wenn es auch noch ein deutlich attraktiveres Förderprogramm für die Modernisierung der Flotte gibt“, so Tobias Zöller (MSG).

Quelle: BDB und BÖB, Foto: BDB