Binnenschifffahrt könnte sich steigern

Eine Zukunftsvision für die Binnenschifffahrt in der Ostseeregion sowie Mittel zur Stärkung der Binnenschifffahrt standen im Mittelpunkt der Diskussion auf der Abschlusskonferenz des EMMA-Projekts in Brüssel.

Etwa 90 Teilnehmer aus der Ostseeregion trafen sich dort, um über die Zukunft der Binnenschifffahrt zu diskutieren. Das dreijährige Projekt zielte darauf, der Binnenschifffahrt und Wasserstraßen wie der Elbe, der Oder und der Weichsel einen größeren politischen Stellenwert zu geben.

EMMA, ein Projekt des EU-Programmes Interreg Baltic Sea Region zur Stärkung der Binnenschifffahrt in der Ostseeregion, hat gemeinsam mit der Kammerunion Elbe/Oder die Abschlusskonferenz „Visionen und Chancen für das Transportnetzwerk – Binnen- und Fluss-See-Schifffahrt in der Ostseeregion“ in Brüssel veranstaltet.

Auf der Konferenz wurde ein Zukunftsszenario für die Binnenschifffahrt im Ostseeraum vorgestellt. Demnach sei die Binnenschifffahrt ein umweltfreundliches und intelligentes Transportmittel, das in multimodalen Logistikketten gut integriert sei und einen bemerkenswerten Modalanteil besitze. Aktuell ist die Binnenschifffahrt für sechs Prozent des gesamten Transportvolumens in der EU verantwortlich, vor allem durch die Schifffahrt auf dem Rhein und auf der Donau. Während der dreijährigen Laufzeit des Projekts förderte EMMA Binnenschifffahrts-Pilotbetriebe in der Ostseeregion, um Potentiale und Möglichkeiten der Transportverlagerung aufzuzeigen. Vor allem wurden die potenziellen Beiträge vieler Ostsee-Anrainer zu einem nachhaltigeren Transportsystem hervorgehoben, die die Binnenschifffahrt weiterentwickeln und deren Anteil am Gesamttransportaufkommen steigern könnten. Das EMMA-Projekt wurde als Leuchtturmprojekt („Flagship“) im Bereich Transportpolitik innerhalb der EU-Strategie für die Ostseeregion anerkannt, was die Bedeutung der Entwicklung der Binnenschifffahrt für dieses Gebiet unterstreicht.

„Viele Länder, die dieses Transportmittel fördern wollen, nehmen diesen Impetus auf. Das Projekt EMMA lenkt die Aufmerksamkeit auf diese Länder, weil es dort Potenzial gibt, das durch engere Zusammenarbeit aller Beteiligten ausgeschöpft werden sollte“, sagte Stefan Breitenbach, Leiter Projektentwicklung bei Hafen Hamburg Marketing.

Die Zukunftsvision sieht die Binnenschifffahrt in der strategischen Planung und Gesetzgebung für Transportnetze gut und als gleichwertiges Verkehrsmittel verankert. Expertengruppen haben darüber gesprochen, wie wichtig es sei, das TEN-T-Wasserstraßennetz auszubauen und weitere Wasserwege in den Korridoren einzubinden. Eine Integration ins TEN-T-Netz fördere die Investition in den Wasserstraßen, denn große Teile der Finanzierung fließen in Richtung der Kernnetzkorridore. Die nationale Rahmengesetzgebung sei sicherlich eine Herausforderung und eine Angleichung nationaler Regeln und Regulierungen notwendig. Beispielsweise ist die Binnenschifffahrt in Schweden stark von Fahrwasser- und Lotsengebühren betroffen, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Johan Lantz, CEO bei Avatar Logistics, fordert ausgeglichene Wettbewerbsbedingungen in ganz Europa und betonte, dass die Lotsengebühren zurzeit ein K.-o.-Kriterium für die Binnenschifffahrt in Schweden seien.

Die Zukunftsvision stellte zudem heraus, dass eine klare Strategie für die Entwicklung intelligenter Transportsysteme auch effiziente Transportlösungen ermögliche. Arne Gehlhaar vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik wies darauf hin, dass Digitalisierung unerlässlich sei, um die Binnenschifffahrt wettbewerbsfähig zu machen. River Information Services (RIS) sind IT-Dienste, die die Sicherheit und Effektivität der Binnenwasserwege erhöhen, indem sie den Verkehrsfluss und die Transportprozesse optimieren. Das EMMA-Pilotprojekt in Deutschland konzentrierte sich auf die Verbesserung des Verkehrsmanagements durch ein digitales Kartensystem, das vorhandene digitalisierte RIS-Daten mit relevanten Informationen über den Verkehrsfluss bündelt, um die Transparenz der Binnenschifffahrt in der Ostseeregion zu erhöhen. Ein weiteres Ziel ist die Steigerung der Leistungsfähigkeit durch die Nutzung vorhandener Echtzeitinformationen wie Wasserstände, Wartezeiten vor Schleusen etc.

Auf langen Strecken erweist sich die Schifffahrt als die umweltfreundlichste Art des Gütertransports, wenn man den CO2-Ausstoß verschiedener Transportmittel vergleicht. Laut dem Zukunftsbild sollte ein Netzwerk zur Verfügung stehen, um eine moderne, intelligente und grüne Flotte mit alternativen Energien zu versorgen. Mehrere Redner betonten, dass der Ausbau alternativer Energien ein Schritt in Richtung emissionsfreier Transporte sei.
Schließlich betont das Papier, dass die Branche eine stärkere Stimme brauche. Auch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten werde benötigt.

„Ohne eine starke Stimme und eine aktive Branche, die auf weitere gesetzliche und regulatorische Verbesserungen hinwirkt, kann die Binnenschifffahrt nicht zu einer Alternative für Langstreckentransporte werden. Die Verbände in dieser Branche müssen sich stärker einbringen. Das heißt, die Netzwerke zur Interessenvertretung sollen durch aktive Teilnahme in nationalen und europäischen Verbänden und Organisationen verstärkt werden. Die dominanten Transportmodi, also Bahn und Straße, werden natürlich weiterhin gebraucht – Straßentransporte insbesondere für die letzte Meile“, sagte Stefan Breitenbach. Er fuhr fort: „Aber die Binnenschifffahrt spielt noch nicht die angemessene Rolle im Transportsystem, die ihrem Potenzial entspricht. Die Binnenschifffahrt unterstützt nachhaltige Ziele als Transportmittel, und daher sollte sie besser gefördert werden!“

Ein Höhepunkt der Konferenz war die Überreichung des EMMA-Strategiepapiers „Strengthening Inland Waterway Transport in Europe and the Baltic Sea Region“ durch den Konsortialführer des EMMA-Projekts, Hafen Hamburg Marketing zusammen mit den europäischen Binnenwasserwege-Verbänden, die das Papier mitverfasst und unterstützt haben. Das Positionspapier betont die Wichtigkeit einer klaren Strategie, um die Leistungsfähigkeit der Binnenwasserwege im Ostseeraum zu erhöhen und stellt Mittel vor, um die Binnenschifffahrt und die Fluss-See-Schifffahrt in Europa und insbesondere in der Ostseeregion zu stärken. So soll es auch dazu beitragen, künftige Diskussionen anzuregen. Das Strategiepapier und die Dokumentation der Veranstaltung sind online verfügbar unter: www.project-emma.eu.

Die Abschlusskonferenz hat HHM gemeinsam mit der Kammerunion Elbe/Oder organisiert, in der sich 34 regionale Handelskammern entlang des zentralen europäischen Binnenwasserwegenetzes der Elbe und der Oder in Deutschland, Polen und Tschechien zusammengeschlossen haben.

Quelle und Foto: HHM, (von links) Stefan Breitenbach von Hafen Hamburg Marketing, Boris Kluge vom Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB), Monika Niemiec-Butryn vom polnischen Ministerium für Maritime Wirtschaft und Binnenschifffahrt, Björn Garberg von der schwedischen Verkehrsbehörde Trafikverket, Olli Holm von der Finnish Transport Agency und Robert Schumann vom brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung sprachen über die Zukunftsvision für Binnenschifffahrt im Ostseeraum. Die Entwicklung der Binnenschifffahrt in Deutschland ist durch starke Traditionen geprägt und Robert Schumann erörterte, wie die Elbe als Testgebiet für River Information Services (RIS) in der Ostseeregion dienen kann.




Hamburger Initiative erfolgreich

Die Amtschefkonferenz der Wirtschaftsministerkonferenz hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, das Verfahren zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zu verschlanken und zu entbürokratisieren. Damit sollen Liquiditätsbelastungen und hoher Verwaltungsaufwand für importierende Unternehmen vermieden werden.

Gleichzeitig wird so die Attraktivität sowohl der deutschen Flug- und Seehäfen als auch anderer großer Logistikstandorte in Deutschland erhöht. Der Antrag war auf Initiative Hamburgs gemeinsam mit Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein eingebracht worden.

Senator Michael Westhagemann: „Dieser Beschluss ist ein wichtiger Schritt um die Importwirtschaft deutlich zu entlasten. Für alle Importeure ist es eine nicht zumutbare Belastung, wenn sie hohe Beträge von Einfuhrumsatzsteuer über Wochen vorstrecken und erst über komplizierte Verfahren zurückfordern müssen. Wir brauchen ein einfaches Verfahren, dann hätten wir auch endlich ein level-playing-field für den Hamburger Hafen. Sonst werden Arbeitsplätze weiter ins Ausland verlagert.“

Das derzeitige Erhebungsverfahren der Einfuhrumsatzsteuer stellt eine erhebliche Belastung der deutschen Wirtschaft und insbesondere der importierenden Unternehmen dar. In Deutschland werden jährlich über 50 Mrd. Euro Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Vor diesem Hintergrund wurde in den Koalitionsvereinbarungen verschiedener Bundesländer wie auch auf Bundesebene vereinbart, das Erhebungsverfahren der Einfuhrumsatzsteuer zu reformieren. Im Kern entsteht das Problem weil in Deutschland die Einfuhrumsatzsteuer beim Import von Waren in die EU durch den Zoll erhoben wird, die Erstattungen hingegen Länderaufgabe sind. Daher muss die Einfuhrumsatzsteuer in jedem Fall zunächst gezahlt werden. Bei der Abwicklung der Einfuhrumsatzsteuer entstehen so ein sehr hoher administrativer Aufwand und hohe Kosten für Zwischenfinanzierung sowie Bürgschaften. Ziel ist es, dies zu vermeiden und die Verrechnung unbürokratisch im Rahmen der Umsatzsteuererklärung zu ermöglichen.

Volkswirtschaftlich führt das System dazu, dass Standortentscheidungen zugunsten des Auslands getroffen werden. Ebenso werden Transporte umgeleitet, die Autobahnen und die Umwelt werden stärker belastet. Es entfallen in erheblichem Maß Zoll- und Steuereinnahmen. Neben Deutschland ist nur in Zypern, Irland und Großbritannien eine Verrechnung nicht möglich. Alle anderen EU-Länder haben das Problem in den letzten Jahren gelöst.

Quelle: BMVI, Foto: HHM/Michael Lindner