Häfen sichern über 521.000 Arbeitsplätze

Anlässlich seiner Jahrespressekonferenz in Hamburg hat der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V. (ZDS) ein energischeres Handeln bei der Beseitigung von Standortnachteilen in Europa angemahnt. „Eine kürzlich erschienene Studie des Bundesverkehrsministeriums hat die Systemrelevanz der deutschen Häfen für die Wirtschaft bestätigt. Unsere Häfen sichern über 521.000 Arbeitsplätze, und die Seehafenbetriebe investieren jährlich hunderte Millionen Euro, um sich für die Zukunft aufzustellen. Gemeinsam mit der öffentlichen Hand werden wir den Logistik- und Wirtschaftsstandort Deutschland im harten internationalen Wettbewerb weiter stärken“, sagte Frank Dreeke, Präsident des ZDS. Zudem müssten für die weitere Verbesserung der Nachhaltigkeit der Seehäfen die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Vor allem gegenüber den Hafenstandorten in Belgien und den Niederlanden besteht eine Reihe von Standortnachteilen, die die Erfolgschancen der deutschen Seehäfen mindern. Eines der wichtigsten Beispiele hierfür ist das Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer, das in Deutschland anders umgesetzt wird, als in anderen Staaten der EU. Hierzulande müssen Importeure die Einfuhrumsatzsteuer direkt bei der Wareneinfuhr entrichten, was unnötige Kosten verursacht und die Liquidität auf Seiten der Importeure einschränkt. Dies hat zur Folge, dass Waren über Nachbarstaaten eingeführt werden. „Bund und Länder sind sich einig: Die in Deutschland angewandte und von allen Seiten als revisionsbedürftig angesehene Vorgehensweise muss durch ein besseres Verfahren ersetzt werden. Auch die Lösungskonzepte zur Einführung des im EU-Recht längst verankerten Verrechnungsmodells liegen jetzt auf dem Tisch – wir müssen dies nur umsetzen“, so Frank Dreeke.

Ein weiterer Nachteil für Terminalbetreiber, der allerdings auf europäischer Ebene adressiert werden muss, entsteht bei der Anwendung der Tonnagesteuer in bestimmten EU-Staaten. Mit der Tonnagesteuer können Reedereien, die ebenfalls in einem harten internationalen Wettbewerb stehen, ihre Steuerlast deutlich absenken, da die Ermittlung der Körperschaftsteuer auf Basis der Schiffstonnage und nicht auf Basis von tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen oder Verlusten erfolgt. Die Tonnagesteuer ist ein von der Europäischen Kommission gebilligtes, wichtiges Instrument zur Stärkung der europäischen Schifffahrt. In einigen europäischen Nachbarstaaten jedoch beeinflusst ihre Anwendung den Wettbewerb zwischen Terminalbetrieben, wie ein aktueller Bericht des International Transport Forums bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aufzeigt. Die Europäische Kommission sollte daher die Anwendung der Tonnagesteuer im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen im Hafengeschäft untersuchen und gegebenenfalls korrigieren.

Darüber hinaus sind die in Deutschland vergleichsweise hohen Wegekosten, lückenhafte digitale Infrastruktur und langwierige Planungsverfahren weitere Bereiche, bei denen nachgesteuert werden muss. Bezüglich der Wegekosten sollten aus Sicht des ZDS eine Entfristung der Trassenpreisförderung im Schienengüterverkehr und die Reduzierung der Stromsteuer auf Eisenbahnfahrstrom in Betracht gezogen werden.

Die Existenz einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur an Hafenstandorten, aber auch im relevanten Hafenhinterland, spielt im Standortwettbewerb eine wichtige Rolle. Auch hier gilt es, Boden gegenüber den Nachbarstaaten gut zu machen.

Eine Beschleunigung von Planungsverfahren könnte durch eine Novellierung des deutschen Wasserrechts erreicht werden. Frank Dreeke: „Neben einer Anpassung des deutschen Wasserrechts ist auch die Konkretisierung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die zurzeit überprüft wird, notwendig, um Verfahren zu verkürzen und mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Der Zeitrahmen für die Vorgaben in der Richtlinie läuft aktuell bis 2027, sodass nicht klar ist, wie es danach weitergeht. Diese Tatsache könnte nach Ablauf dieses Zeitraums für zusätzliche, erhebliche Rechtsunsicherheit sorgen.“

Neben Standortnachteilen in Europa beschäftigen auch aktuelle Ereignisse im internationalen Handel die deutsche Hafenwirtschaft. „Spannungen zwischen wichtigen Handelspartnern wie den USA und China oder auch die Ungewissheit rund um den Brexit wirken sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Stabilität im globalen Handelssystem ist unabdingbar für die Seehäfen, die etwa zwei Drittel des seewärtigen deutschen Außenhandels abwickeln“, so Dreeke.

Hoch auf der Agenda der Seehafenbetriebe steht auch das Thema Nachhaltigkeit. „Förderprojekte des Bundes wie die Richtlinie Innovative Hafentechnologien sind eine gute Unterstützung für die Innovations- und Nachhaltigkeitsbestrebungen der Seehäfen. An Themen wie etwa emissionsarmen Terminals durch Elektrifizierung mit Strom aus erneuerbaren Quellen arbeiten die Seehäfen schon seit vielen Jahren. Investitionen der Hafenwirtschaft in umweltfreundliche Technologien wie LNG oder Wasserstoff müssen von Bund und Ländern durch die Schaffung der richtigen Voraussetzungen auch weiterhin unterstützt werden. Die vor Kurzem gezeichnete Absichtserklärung von Bund und Ländern zur Förderung der Nutzung von Landstrom durch die Schifffahrt ist dafür ein gutes Beispiel“, so Dreeke.

Quelle: Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e. V. (ZDS), Foto: © HHM / Dietmar Hasenpusch, Feeder im Hamburger Hafen

 

 




Energiewende im Rotterdamer Hafen beispielhaft

Vertreter der Deutschen Industrie lobten die Projekte des Rotterdamer Hafen mit denen der Hafen in drei Schritten CO₂-neutral werden soll. Dies geschah am Mittwoch, den 20. November 2019, bei einem Besuch einer Delegation des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) im Rotterdamer Hafen.

Die Delegation hatte rund 15 Teilnehmer, darunter Vertreter des BDI und angeschlossenen Unternehmen wie ThyssenKrupp, BASF, ExxonMobil und Schott AG. Der Empfang in Rotterdam war Teil eines zweitägigen Besuchs in den Niederlanden, der in Zusammenarbeit mit VNO-NCW organisiert wurde.

“Der Hafen von Rotterdam nimmt die Forderung des Klimaschutzes sehr konsequent und pragmatisch an. Die Defossilisierung eines globalen Logistikknotens wie Rotterdam, der zentral für die deutsche Industrie ist, hat einen wichtigen Vorbildcharakter.”, sagte Delegationsleiter und Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der BDI Holger Lösch.

Stijn van Els, Delegationsleiter des Hafenbetriebes Rotterdam, fügte hinzu: „Wir können stolz darauf sein, dass die führende Rolle, die Rotterdam bei der Energiewende einnimmt, von unseren Partnern in Deutschland anerkannt wird. Die langfristige und sehr wichtige Verbindung zwischen Rotterdam und dem deutschen Hinterland wird dadurch weiter gestärkt.“

Die deutschen Arbeitgeber und der Hafenbetrieb Rotterdam drängen beide auf Zügigkeit bei der Umsetzung eines soliden und nachhaltigen internationalen Güterverkehrssystems. Sie unterstreichen ihr gemeinsames Interesse an der Erhöhung der Infrastrukturkapazität beim Güterverkehr und der Binnenschifffahrt.

Ein Viertel des Güterumschlags im Rotterdamer Hafen ist für Deutschland bestimmt. Die größte Volkswirtschaft Europas importiert Erz, Kohle, Öl und Mineralstoffe, jedoch ebenfalls Komponenten für die Industrie, über den größten Hafen Europas. Die Flüsse Rhein, Neckar und Main stellen eine nachhaltige und effiziente Verbindung zwischen wichtigen Wirtschaftszentren in Deutschland und dem Rotterdamer Hafen dar.

Rotterdam ist zudem Teil eines ausgedehnten, aus direkten Schienenverbindungen für den Güterverkehr bestehenden Netzes. Deepsea-Reedereien entscheiden sich für den Rotterdamer Hafen als ersten Anlaufhafen in Nordwesteuropa. Diese Entscheidung führt zu einem Zeitgewinn für die Verlader, da die Container bereits per Zug, Binnenschiff oder LKW zum Endkunden unterwegs sind, bevor das Containerschiff zum nächsten europäischen Zielhafen ausläuft.

Quelle und Foto: Port of Rotterdam