Die Bedeutung der Binnenschifffahrt

Der Binnenschiffsverkehr ist Teil eines effizienten und ressourcenschonenden Verkehrssystems – so stellt es auch die Europäische Kommission in ihrem Weißbuch zum Verkehr dar. Doch wie gelingt es, den Binnenschiffsverkehr weiter zu modernisieren, dauerhaft leistungsfähig aufzustellen und stärker ins Bewusstsein der Verlader und Entscheidungsträger*innen zu rücken? Fragestellungen, die auf Einladung des Maritimes Cluster Norddeutschland e. V. (MCN) gemeinsam mit der Fachhochschule Oberösterreich/Logistikum (FHOÖ), bremenports, dem Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V. (DST) und PIANC Deutschland, ausgewiesenen Expert*innen und über 80 Teilnehmenden aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft am 16. März angeregt in der Veranstaltung „Die Bedeutung der Binnenschifffahrt für Europa“ diskutiert wurden.

Nach einleitenden Worten des Vorsitzenden des MCN, Knut Gerdes, der noch einmal die Notwendigkeit der zielgerichteten Zusammenarbeit der maritimen Branche betonte, um sich fit für die Zukunft zu machen, startete Herfried Leitner, Geschäftsführer der TTS (Transport Trade Services) SA, mit einem Impulsvortrag zum Thema „Die Bedeutung der Binnenschifffahrt für Europa“. In dessen Mittelpunkt stand die zentrale Fragestellung welche Punkte erfüllt sein müssen, um die Binnenschifffahrt attraktiv zu gestalten. Mit den folgenden Antworten lieferte Herr Leitner Anknüpfungspunkte für die anschließenden Diskussionen an den Thementischen:

Von staatlicher Seite müsse eine intakte Infrastruktur gewährleistet werden, denn ohne diese können auch die besten Schiffe ihre Leistung nicht erbringen. Des Weiteren müsse die Binnenschifffahrt einen Ausweg zur Reduzierung und Abhängigkeit von Massengütern finden. Binnenschiff und Eisenbahn sind komplementär zueinander und sichern ganze Industriestandorte im Landesinneren. Daher sollten sich diese im fairen Wettbewerb zueinander befinden, um Entwicklungen voranzutreiben und Konkurrenz zu gewährleisten. Die Industrie muss für Terminals, Häfen und Umschlagsplätze sorgen, die on demand oder 24/7 verfügbar sind, um Kosten zu senken und Effizienz zu steigern. Und nicht zuletzt müsse die Attraktivität des Berufs des Binnenschiffers erhöht werden. Ohne eine intakte Binnenschifffahrt, wird der Green Deal und die Klimaneutralität bis 2050 – im Verkehrssektor – nicht zu erreichen sein.

Um den Teilnehmenden, die Vertiefung einzelner Themen zu ermöglichen, wurden an sechs virtuellen Tischen die folgenden Schwerpunkte gesetzt:

Innovationen
Dr. Lisa-Maria Putz von der FHOÖ, Herfried Leitner von TTS, Jonas zum Felde und Cyril Alias, beide vom DST, stellten Innovationen wie alternative Antriebe, niedrigwassertaugliche Schiffe, Automatisierung sowie neue Anwendungsfelder wie City-Logistik und intermodale Transportkonzepte auf der Wasserstraße vor. Mit den Besuchern des Thementischs wurden diese Innovationen diskutiert und hinsichtlich ihres Reifegrads bewertet, wobei alternative Antriebe als zukunftsträchtig gesehen werden, wenn auch – je nach Kraftstoff – in (derzeit) unterschiedlichem Reifegrad. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass vor allem die neuesten Entwicklungen rund um den Elektroantrieb bekannter werden müssten, da sie enormes Potenzial für die Binnenschifffahrt bieten. Flachgehende Schiffe werden eher als räumlich und zeitlich eingrenzbares Phänomen wahrgenommen, während große Erwartungen an innerstädtische Transportkonzepte mit dem Binnenschiff, wie sie etwa im Forschungsprojekt DeConTrans entwickelt werden, geknüpft werden.

Bewusstsein & Ausbildung
Dr. Lars Stemmler (bremenports) und Gerlinde Leblhuber (FHOÖ) berichteten, dass die Binnenschifffahrt von Ausbildungsinitiativen, wie beispielsweise freiwilligen Wahlmodulen einer Duisburger Berufsschule oder der online Lernangebote der Fachhochschule Oberösterreich und im Rahmen des INTERREG-geförderten Projektes #IWTS 2.0 profitiert. Diese sind unter http://www.rewway.at bzw. project-iwts20.eu erreichbar. Insgesamt wurde von den Teilnehmenden des Thementisches gewünscht, die Öffentlichkeit vermehrt über den Verkehrsträger zu informieren. Es gilt, ein transparentes Bild über die derzeitige Nutzung und die Möglichkeiten der Binnenschifffahrt zu transportieren: Wieviel Binnenschiff steckt z. B. in unseren Lebensmitteln?

Infrastruktur
Nach einem Initialvortrag von Herrn Thomas Gross (Vorsitzender der Bundesfachabteilung Wasserbau beim Hauptverband der deutschen Bauindustrie) zum Vorschlag der zukünftigen Finanzierung der Wasserstraßeninfrastruktur durch die Initiative System Wasserstraße (ISW) kam eine rege Diskussion über die konkrete Umsetzung der bevorstehenden Aufgabe der deutschen Verwaltung auf. Leider gibt es keine gesetzliche Verankerung einer langfristigen Leistungs- und Finanzierungsperspektive, wie sie die „Initiative System Wasserstraße“ fordert. Darüber hinaus wurde der, aus Sicht von Planern, Juristen und der Bauindustrie, beschwerliche Weg der Ausschreibung und Vergabe thematisiert. Hier besteht das Bestreben eine Bewertung weicher Faktoren, wie zum Beispiel der technischen Leistungsfähigkeit einzubeziehen, um nicht die günstigste, sondern die wirtschaftlichste Lösung für ein Projekt zu finden. Die jüngsten Erfahrungen zeigen, dass es einige Bewegungen gibt, um den zum Teil verhärteten Umgang zwischen Bauherrn und Auftragnehmern durch eine frühzeitige Einbindung in den Planungsprozess z.B. in Form einer Reaktivierung von partnerschaftlichem Bauen aufzubrechen. Ein Prozess, der noch am Anfang steht, jedoch kontinuierlich weiterverfolgt werden sollte.

Leistungsfähigkeit
Wie auch am Tisch „Bewusstsein und Ausbildung“ waren sich die Tischmoderatoren Tobias Engels (Deutsche Transport Genossenschaft eG) und Dr. Susanne Neumann (Maritimes Cluster Norddeutschland e. V.) sowie die Teilnehmenden darüber einig, dass die Öffentlichkeitsarbeit dringend ausgeweitet werden müsse, um die Allgemeinheit darüber aufzuklären, wieviel „Binnenschifffahrt“ in den alltäglichen Dingen des Lebens steckt. Auch das Thema „Infrastruktur der Wasserstraßen“ wurde noch einmal aufgegriffen und die Notwendigkeit der Instandhaltung und des Ausbaus dieser herausgestellt.

Binnenschiff 4.0
Dr. Rainer Henking und Marvin Natz von der EurA AG berichteten über das Innovations-Netzwerk „Binnenschifffahrt 4.0“, das sich zum Ziel gesetzt hat, gemeinsam Innovationstechnologien im maritimen Umfeld umzusetzen. Beobachtet wurde, dass das Interesse an LNG aufgrund der fehlenden Infrastruktur und hoher Sicherheitsstandards abnimmt. Elektrische Antriebe gewinnen zunehmend an Bedeutung, da die Strombereitstellung auf unterschiedliche Weise, zum Beispiel durch Dieselgeneratoren, Brennstoffzellen oder Batterien, erfolgen kann. Für die Anwender steht eine einfache Handhabung des Treibstoffs sowie eine überschaubare Infrastruktur, auch an Bord, im Mittelpunkt. Für die Etablierung alternativer Antriebe sei eine Umstrukturierung notwendig, die auch Schulung von Personal, die CO2-Bilanz der gesamten Prozesskette und die Herstellung der Treibstoffe berücksichtige.

Digitalisierung
Am Thementisch mit Martin Pieper (Elmar Hertzog und Partner Management Consultants GmbH) und Eva von Soosten (GreenShipping Niedersachsen/Maritimes Cluster Norddeutschland e. V.) wurde deutlich, dass mit der Entwicklung des Verkehrsträgers Binnenschiff hinsichtlich der Erreichung der Klimaziele und einer wachsenden Bedeutung innerhalb der Verkehrswirtschaft große Potenziale verknüpft werden. Allerdings bleibt der Verkehrsträger trotz großer Anstrengungen von Politik, Wissenschaft, Hafeninfrastrukturanbieter und Reeder hinsichtlich der Digitalisierung hinter anderen Verkehrsträgern zurück. Die möglichen Hintergründe hierfür sind unzureichende Rahmenbedingungen, dezentrale Organisation von Verantwortung und die Größenstruktur der Unternehmen, deren Finanzkraft sowie das Mindset im Bereich der Partikuliere.

Dr. Susanne Neumann, Geschäftsstellenleiterin Niedersachsen des MCN e. V.: „Diese Veranstaltung hat gezeigt, dass ein großes Interesse an dem Thema Binnenschifffahrt besteht. In den Diskussionsrunden wurden viele Fragen bearbeitet, an denen wir mit unseren Kooperationspartnern anknüpfen und weitere spannende Veranstaltungen in diesem Bereich ableiten können. Die vielfältigen Herausforderungen für die Binnenschifffahrt zu adressieren – das erreichen wir am besten gemeinsam.“

Zu den Vorträgen

Quelle: Maritimes Cluster Norddeutschland, Foto: EurA AG




LNG-Bunkerung im Port of Antwerp

Der Port of Antwerp, Fluxys und Titan LNG haben die Taufe eines neuen LNG-Bunkerleichters gefeiert; die FlexFueler 002. Die FlexFueler 002 gehört dem Gasinfrastrukturkonzern Fluxys und dem führenden physischen LNG-Lieferanten Titan LNG und macht LNG als Kraftstoff für Schiffe, die im Hafen bunkern, leicht zugänglich.

Die FlexFueler 002 arbeitet von ihrer Basis am Kai 526/528 aus und liefert LNG im gesamten Hafen und der Westerschelde. Es ist das dritte Schiff, das zur wachsenden Infrastruktur von Titan LNG in der Region Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen (ARA) beiträgt und neben der FlexFueler 001 und der Green Zeebrugge betrieben wird.

Die Nachfrage nach LNG wächst, da seine Rolle bei der Energiewende in der Schifffahrt zunehmend anerkannt wird. LNG reduziert SOx- und Partikelemissionen auf vernachlässigbare Mengen, NOx um ca. 85% und führt zu erheblichen Senkungen der Treibhausgasemissionen. Es schafft auch einen Weg zur Dekarbonisierung durch die Einführung von Bio- und synthetischem LNG, die beide die gleiche Infrastruktur und Motorentechnologie nutzen. Flüssiges Biogas – aus organischen Abfällen – und flüssiges synthetisches Methan – aus grünem Wasserstoff und abgeschiedenem CO2 – sind skalierbare Lösungen für den Schifffahrtssektor, und die wachsende LNG-Infrastruktur im Port of Antwerp ist uneingeschränkt zukunftssicher und in der Lage, kohlenstoffneutrale Varianten von LNG zu liefern.

acques Vandermeiren, CEO des Port of Antwerp, kommentierte: „Als fünftgrößter Bunkerhafen der Welt sind wir entschlossen, eine Vorreiterrolle bei der Integration von emissionsarmen und -freien Kraftstoffen in den Bunkermarkt zu spielen. Die Ankunft der FlexFueler 002 stellt einen wichtigen Meilenstein beim Übergang zu einem Multi-Kraftstoff-Hafen dar. LNG als Schiffskraftstoff ist nun im gesamten Hafen verfügbar und ermöglicht es uns, die Energiewende der Schifffahrt im Hafen sowie in der Region Antwerpen weiter zu unterstützen.“

Hafenrätin Annick De Ridder: „Wir freuen uns, dass sich das Bunkerunternehmen entschieden hat, die FlexFueler von Antwerpen aus zu betreiben. Das beweist, dass wir Schritte in die richtige Richtung unternehmen, um unseren Hafen bis 2025 weiter in einen Multi-Kraftstoff-Hafen zu verwandeln: Ein Hafen, in dem neben den traditionellen Kraftstoffen auch nachhaltigere alternative Kraftstoffe wie LNG angeboten werden. Auf diese Weise werden wir nicht nur ein erfolgreicher Hafen sein, sondern auch ein nachhaltiger Hafen und eine Inspiration für die gesamte Branche.“

Pascal de Buck, CEO von Fluxys: „In Zusammenarbeit mit dem Port of Antwerp und Titan LNG sind wir stolz darauf, eine wichtige logistische Verbindung zu schaffen, die es mehr Reedern ermöglicht, LNG als alternativen Schiffskraftstoff zu wählen. Der neue Leichter und unsere sonstigen LNG-Bunkeranlagen im Hafen haben außerdem den Vorteil, dass sie klimaneutrale LNG-Optionen anbieten können, ohne dass zusätzliche Investitionen für die Schiffseigner erforderlich sind.“

Ronald van Selm, CTO von Titan LNG: „Die FlexFueler 002 ist das dritte Bunkerschiff in der Flotte von Titan, das LNG als Schiffskraftstoff in der gesamten ARA-Region anbietet. Wir werden voraussichtlich bis 2025 das größte Netzwerk von LNG-Bunkerschiffen in Europa haben und werden weiterhin mit unseren Partnern in Europa und auf der ganzen Welt zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Schiffseigner schon heute die Reise in eine klimaneutrale Zukunft antreten können.“

Die FlexFueler 002 ermöglicht flexibles LNG-Bunkern, so dass mit LNG betriebene Schiffe die Möglichkeit haben, während des Ladens oder Entladens zu bunkern. Dies unterstützt die Bemühungen des Port of Antwerp um die Entwicklung eines Multi-Kraftstoff-Hafens sowie die Verbesserung der örtlichen Luftqualität.

Als führender unabhängiger Anbieter von LNG ist Titan LNG der Vorreiter bei der wirtschaftlichen und sauberen (Bio-)LNG-Versorgung des Marine- und Industriesektors in Europa.

Titan LNG ist davon überzeugt, dass LNG der beste Transportkraftstoff ist und für die Energiewende in den kommenden Jahrzehnten unverzichtbar. Durch die Schaffung der Infrastruktur für eine weitere Dekarbonisierung über (Bio-)LNG und synthetisches LNG können klimaneutrale Lösungen erarbeitet werden.

Mit Hauptsitz im Raum Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen sind Titan LNG und seine Partner der Meinung, dass LNG für alle leicht zugänglich sein sollte. Durch den Aufbau eines globalen Versorgungsnetzes bietet Titan LNG komplette Erdgaslösungen an: LNG-Bunkerung, LNG-Transport und -Lieferung, Vermietung von LNG-Lagertanks und Verdampfern, einschließlich Wartung und Instandhaltung.

LNG unterscheidet sich von ölbasierten Kraftstoffen als sauberer, wirtschaftlicher und sicherer Kraftstoff. Er ist reichlich vorhanden und wird seit über 50 Jahren verwendet. Während LNG der Treibstoff der Wahl für Reisen zum Mars wird, glaubt Titan LNG, dass der Treibstoff auch einen sauberen Transport auf der Erde ermöglichen wird.

Fluxys mit Hauptsitz in Belgien ist eine vollständig unabhängige Gasinfrastrukturgruppe mit 1.200 Mitarbeitern, die in den Bereichen Gastransport und -lagerung sowie der Versorgung mit Flüssigerdgas tätig ist. Über seine Beteiligungsgesellschaften in ganz Europa betreibt Fluxys 9.000 Kilometer Pipeline und Flüssigerdgas-Terminals mit einer jährlichen Regasifizierungskapazität von insgesamt 29 Milliarden Kubikmetern.  Zu den Tochterunternehmungen von Fluxys gehört die an der Euronext notierte Fluxys Belgium, Eigentümerin und Betreiberin der Infrastruktur für Gastransport und -lagerung sowie der Versorgung mit Flüssigerdgas in Belgien.

Als zweckorientiertes Unternehmen trägt Fluxys gemeinsam mit seinen Anteilseignern zu einer besseren Gesellschaft bei, indem es eine strahlende Energiezukunft gestaltet. Auf der Basis der einzigartigen Vorzüge der Gasinfrastruktur und seines kommerziellen und technischen Know-hows engagiert sich Fluxys für den Transport von Wasserstoff, Biomethan oder jedem anderen kohlenstoffneutralen Energieträger sowie für die Aufnahme von Kohlenstoffabscheidungs- und Nutzungs-/Speicherketten.

Quelle und Video: Port of Antwerp