Erste Kandidaten für NextGen District

Der NextGen District im Hafen von Antwerpen, das ehemalige 88 Hektar große General Motors-Gelände, wird in einen Hotspot für Kreislaufwirtschaft umgewandelt. Hier werden ausgediente Produkte ein zweites oder drittes Leben erhalten, kreislauffähige Kohlenstofflösungen erforscht und Experimente mit erneuerbaren Energien durchgeführt.

Der Hafen von Antwerpen hat sich bewusst dafür entschieden, dieses große Areal in der Nähe von Europas größtem Chemie-Cluster für die Kreislaufwirtschaft zur Verfügung zu stellen und damit einen Beitrag zum Übergang zu einer klimaneutralen Gesellschaft zu leisten. Um nationale und internationale Investoren anzuziehen, wurde im Oktober 2020 eine Marktbefragung gestartet, deren erste Runde nun abgeschlossen ist. Infolgedessen wurden Gespräche mit einer Reihe von Kandidaten, die die vordefinierten Kriterien erfüllen, im Hinblick auf die Erteilung einer Konzession aufgenommen.

Die Kandidaten sind allesamt Vorreiter auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft. Einige können schon vorgestellt werden:

Biondoil ist ein Pionier in der Entwicklung von Biokraftstoffen und Biochemikalien der zweiten Generation. Das Unternehmen möchte auf dem NextGen-Gelände eine Raffinerie errichten.

Laupat Industries wandelt Altreifen in neue Rohstoffe um, wie zum Beispiel grünes Öl, Stahl und Wasserstoff. Das CO2-freie und energieneutrale Projekt erreicht damit eine Materialverwertung von mindestens 95 Prozent.

Auch Novali gehört zu den Anwärtern auf einen Platz auf dem Gelände. Das Unternehmen entwickelt und produziert die nächste Generation von Lithium-Batterien für die Automobilindustrie und die stationäre Energiespeicherung.

Ein weiterer Kandidat ist Triple Helix‘ Molecules as a Service (THX MaaS). Ihr Projekt, SurePUre, ist eine Pilotanlage für das Recycling von Polyurethanschaum und PET-Schalen, die in Polyole umgewandelt werden.

In den kommenden Wochen werden mit allen Kandidaten Gespräche geführt, in denen die beteiligten Betriebe ihre Argumente vertiefen müssen. Bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird, werden die Projekte nicht nur auf Machbarkeit, sondern auch auf Zukunftsorientierung, Innovationswert, Klimawirkung und Agilität geprüft.

Nachdem nun die erste Runde der Marktbefragung abgeschlossen ist, wird der Hafen von Antwerpen am 10. Juni die zweite Runde dieser Befragung auf seiner Webseite starten. Durch die Arbeit mit verschiedenen Umfragen erhalten möglichst viele Unternehmen, die in der „New Economy“ tätig sind und mit den neuesten und sich weiterentwickelnden Technologien arbeiten, die Möglichkeit, sich zu verschiedenen Zeitpunkten zu bewerben. Weitere Interessenten werden gebeten, ihre Projektvorschläge bis zum 20. Oktober 2021 einzureichen. Es gelten weiterhin die gleichen Bedingungen wie bei der ersten Befragungsrunde: innovative Akteure, die der Kreislaufwirtschaft Impulse geben wollen. Das Programm richtet sich speziell an Kandidaten mit Kernaktivitäten in der Kreislaufwirtschaft und in der Fertigungsindustrie mit dem Schwerpunkt auf der Energiewende. Nach dem Sommer wird es außerdem eine Befragung für NextGen Demo geben, die sich an Parteien richtet, die Platz für eine innovative Pilotanlage suchen.

Jacques Vandermeiren, CEO Hafen von Antwerpen: „Der Hafen von Antwerpen will und muss eine führende Rolle bei der Energiewende übernehmen. Der Hafen von Antwerpen ist Heimat des größten Chemie-Clusters in Europa. Wir möchten dieses Cluster beim Übergang zu einer kohlenstoffneutralen und zirkulären Wirtschaft stärken, verankern und unterstützen. Ziel ist es, dass NextGen District zu einem Zentrum für Innovation und Austausch in der Kreislaufwirtschaft heranwächst und die nächste Generation mit Sauerstoff versorgt. Die Projekte der ausgewählten Kandidaten spiegeln unsere Ambition perfekt wider: Innovation, Mut und Kreislaufwirtschaft.“

Hafenschöffin Annick De Ridder: „Mit dem NextGen District möchten wir viele neue Arbeitsplätze schaffen, die weiter zum nachhaltigen Wachstum unseres Hafens beitragen werden. Dieses Testfeld für technologische und nachhaltige Innovationen, in dem Pionieren Raum zum Wachsen gegeben wird, wird zur Stärkung, Synergie und Diversifizierung der Hafenplattform beitragen. Außerdem ist dies der ideale Standort, um den Wandel im Antwerpener Chemie-Cluster zu beschleunigen. Auf diese Weise konzentrieren wir uns weiterhin auf den Mehrwert der Zukunft und damit auch auf unseren Wohlstand.“

Quelle und Grafik: Port of Antwerp




NOK bringt 570 Mio. Wohlfahrtsgewinn

Die Befahrung des Nord-Ostsee-Kanals durch die kommerzielle Schifffahrt hat für ganz Deutschland einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen von rund 570 Millionen Euro im Jahr. Dies zeigt eine Studie des IfW Kiel im Auftrag der Initiative Kiel-Canal e.V.

Der Kanal sorgt nicht nur für direkte Einnahmen, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit deutlich, dass ein deutscher Seehafen zum Löschen der Ladung angelaufen wird, anstelle eines niederländischen oder belgischen. „Die deutsche Politik sollte investieren, damit der Kanal laufend instandgehalten und modernisiert wird. Die Nutzungsentgelte sollten zudem flexibel auf veränderte Treibstoffkosten reagieren, damit Schiffe den Kanal nicht umfahren“, Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel).

Der positive, gesamtdeutsche Wohlfahrtseffekt durch den Nord-Ostsee-Kanal (NOK) beruht vor allem auf seiner Funktion als Verkehrsachse. Durch kürzere Wege zu den Anrainerstaaten der Ostsee reduziert er die Handelskosten für Exporteure und Importeure deutlich. Deutschland profitiert durch den NOK mit rund 570 Millionen Euro pro Jahr, davon sind gut 140 Millionen Euro Einnahmen von Beschäftigten und Firmen mit direktem NOK-Bezug. Es folgen Dänemark mit 87 und Schweden mit 88 Mio. Euro. Relativ zum Bruttoinlandsprodukt profitiert Dänemark am stärksten. Die Berechnungen sind Teil einer Studie des IfW Kiel im Auftrag der Initiative Kiel-Canal e.V. (Stamer, Felbermayr, Schrader, Stehn: „Volkswirtschaftlicher Nutzen des Nord-Ostsee-Kanals“).

„Der NOK kann nur dann für die deutsche Volkswirtschaft von Nutzen sein, wenn Reedereien ihn auch befahren und nicht den Umweg der Skagen-Route um Dänemark wählen“, sagt Vincent Stamer, Projektverantwortlicher der Studie am IfW Kiel. „Der Bau einer fünften Schleusenkammer in Brunsbüttel und der Neubau der alten Schleusenkammern in Holtenau sowie eine zuverlässige Instandhaltung und zeitnahe Reparatur im Schadensfall sichern daher nicht nur direkte Einnahmen der Kanalnutzung, sondern auch indirekte Wohlfahrtseffekte für das ganze Land.“

Laut der Studie entscheiden Reedereien über eine Nutzung des NOK vor allem auf Basis der Durchfahrtsgebühren und der aktuellen Treibstoffkosten. Die Wahrscheinlichkeit einer Umfahrung über die Skagen-Route nimmt signifikant zu, wenn die Durchfahrtsgebühren steigen und/oder die Treibstoffkosten sinken. Die Autoren empfehlen daher eine Kopplung der Befahrungsabgabe an die Treibstoffkosten mit dem Faktor 1:4 für Massengutfrachter bzw. 1:5 für Tanker und Containerschiffe: Steigen oder sinken Treibstoffkosten um 4 bzw. 5 Prozent, sollte auch das Nutzungsentgelt um 1 Prozent steigen bzw. sinken.

„Gegenwärtig ist die offizielle Befahrungsabgabe für den NOK ausgesetzt, eine Wiedereinführung in Höhe des Vor-Corona-Niveaus wäre bei den gegenwärtig immer noch relativ niedrigen Treibstoffkosten aber zu hoch und würde zu einer vermehrten Umfahrung um Dänemark führen“, so Stamer. „Wenn die Einnahmen nicht kostendeckend sind, sollte der Staat zuschießen. Ein zu hoher Preis ist kontraproduktiv, er mag kurzfristig für schwarze Zahlen sorgen, drängt die Nachfrage aber zurück, was den gesamtwirtschaftlichen Nutzen des Kanals durch indirekte Effekte überproportional senkt.“

Insbesondere auch die deutschen Seehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven profitieren vom Kanal. Der NOK erhöht die Wahrscheinlichkeit deutlich, dass Ladung dort gelöscht wird. Zusätzlich jedes vierte bis fünfte Schiff entscheidet sich nach Durchfahrt des NOK für das Anlaufen eines deutschen Seehafens anstelle der Häfen in Amsterdam, Rotterdam oder Antwerpen – auch kurzfristig. „Das heißt auch, dass technische Störungen im NOK einen negativen Einfluss auf deutsche Häfen haben. Längerfristige Sperrungen oder Schließungen des NOK dürften die deutschen Seehäfen sogar noch härter treffen“, so Stamer.

Für Ihre Studie werteten die Autoren etwa 930.000 Hafenbesuche von etwa 20.000 Frachtschiffen über 50 Meter Länge im Zeitraum von Januar 2014 bis August 2020 aus. Zu den beobachteten Häfen gehören die sechs Nordseehäfen Antwerpen, Amsterdam, Rotterdam, Wilhelmshaven, Bremerhaven und Hamburg sowie zwanzig große Ostseehäfen, darunter Sankt Petersburg, Danzig und Göteborg. Pro Jahr transportieren rund 30.000 Schiffe etwa 87 Millionen Tonnen Güter durch den Kanal.

„Der NOK ist wichtig für Deutschland und besser als sein Ruf. Nicht zuletzt handelt es sich beim Schiffsverkehr um eine CO2-arme Transportform und der verkürzte Seeweg gegenüber der längeren Skagen-Route spart nochmals CO2-Emissionen. Doch das Umfeld, in dem sich der NOK behaupten muss, wird härter. Er ist für die größten Containerschiffe nicht mehr ausgelegt, hinzu kommen Verwerfungen im Welthandel und niedrige Treibstoffkosten, die dem Kanal zusetzen. Umso wichtiger ist, dass die Politik jetzt beherzt den Investitionsstau beseitigt und mit einem flexiblen Preismodell Umfahrungen verhindert”, sagt Felbermayr.

Hier gibt es die Studie.

Quelle und Foto: Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel)