Geld für Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) hat anlässlich seiner Jahrespressekonferenz neben der aktuellen angespannten Lage in den deutschen Seehäfen auch die aus Sicht der Hafenwirtschaft wichtigsten Aufgaben für die neue Bundesregierung diskutiert.

Offizielle Zahlen zum Umschlag in deutschen Seehäfen vom Statistischen Bundesamt zeigen, dass der Gesamtumschlag im ersten Halbjahr 2021 um +5,1 Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2020 anstieg. Von Januar bis Juni 2021 wurden 142,6 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen.

„Im laufenden Jahr haben wir eine Aufholbewegung im Welthandel und im Seegüterumschlag gesehen. Dank der Leistungsfähigkeit der Seehafenunternehmen und deren Mitarbeitenden konnten wir Boden gut machen. Für das Jahr 2022 rechnen wir mit einer weiteren Erholung“, sagte Frank Dreeke, Präsident des ZDS.

Die Seehäfen sichern die Rolle Deutschlands als Logistikweltmeister und Exportland. In der hafenabhängigen Wirtschaft sichern sie bundesweit über 521.000 Arbeitsplätze. Die Abläufe in den deutschen Seehäfen funktionieren weiterhin gut – trotz der Probleme bei den Lieferketten. Angesichts dieser Probleme und vor dem Hintergrund des scharfen internationalen Wettbewerbs sowie den einschneidenden Umbrüchen in den Häfen müssen Unternehmen und Politik nun die richtigen Weichen für die Zukunft stellen.

Frank Dreeke: „Wir schauen zwar optimistisch nach vorne, haben aber die vor uns liegenden Herausforderungen fest im Blick. Energiewende, Digitalisierung, schärferer Wettbewerb und Verwerfungen im globalen Handel sind für die Seehafenbetriebe direkt spürbar. Transformationsprozesse wie die Energiewende und die Digitalisierung gehen wir aktiv und in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit unserem Sozialpartner an. Wir kommen am besten voran, wenn wir die Chancen, die sich aus der Transformation ergeben, erkennen und nutzen. Hierbei kann die Politik uns unterstützen.“

Der ZDS erwartet von der Politik weiterhin hohe Investitionen in die Verkehrs- und die Kommunikationsinfrastruktur, die Sicherstellung von fairen Wettbewerbsbedingungen und eine adäquate Förderkulisse zur Unterstützung der Energiewende in den Häfen.

Ein Kernthema sind hohe Investitionen in die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. Der Bund muss mehr als die bisherigen knapp 19 Milliarden Euro in zukunftsgerechte Schienen, Straßen und Wasserstraßen investieren. Zudem muss die digitale Infrastruktur weiter ertüchtigt werden, auch in den Häfen und auf dem Wasser. Digitale Lösungen können die Effizienz und Nachhaltigkeit der Häfen steigern.

Um die Investitionen in Verkehrswege und digitale Infrastruktur umzusetzen, sollten Planungskapazitäten erhöht und Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden.

Die gute Anbindung der Seehäfen an das Schienennetz ist ein Wettbewerbsvorteil der deutschen Häfen. Bei den Planungen zum „Deutschlandtakt“ sollte der Schienengüterverkehr daher stärker berücksichtigt werden. Die Wettbewerbsfähigkeit des Logistikstandortes Deutschland sollte außerdem durch dauerhaft niedrige Trassenpreise erhöht werden.

Die Hafenwirtschaft braucht faire Wettbewerbsbedingungen. Sowohl im Wettbewerb zwischen schiffsbasierten und landbasierten Logistikunternehmen als auch im Wettbewerb zwischen Hafenstandorten muss es einen für alle Marktteilnehmer fairen Rahmen geben, der von der Politik abgesteckt wird.

So muss die deutsche Vorgehensweise beim Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer weiter optimiert und das Verrechnungsmodell, wie es in fast allen anderen EU-Staaten eingesetzt wird, eingeführt werden. Zudem müssen die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die Schifffahrt (insbesondere im Kartell-, Steuer- und Beihilferecht) dringend überprüft werden.

Die weitere Reduktion von CO2-Emissionen ist festes Ziel der Hafenunternehmen. Bei der Umstellung auf umweltfreundlichere Energieträger werden die Häfen eine wichtige Rolle spielen, denn über sie werden Energieträger importiert, sie bedienen Schiffe, die Energie nutzen, und sie verwenden selbst Energie. Um die Energiewende im Hafen voranzutreiben, muss die Schaffung von Infrastruktur für Umschlag, Lagerung und Verteilung von alternativen Energieträgern wie Wasserstoff und seinen Derivaten gefördert werden. Bei Förderprogrammen für klimafreundlichere Nutzfahrzeuge müssen auch die Spezialgerätschaften, die im Hafen zum Einsatz kommen, berücksichtigt werden. Als Vorbilder für eine solche Förderung könnten die erfolgreichen Programme „Innovative Hafentechnologien (IHATEC)“ oder „Digitale Testfelder in Häfen“ dienen.

Auf europäischer Ebene müssen im Kontext des Fit for 55-Programms die Einzelheiten einer gemeinsamen Herangehensweise beim Klimaschutz geklärt werden. Durch notwendige Klimaschutzmaßnahmen dürfen keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Daher muss sichergestellt sein, dass größtmögliches Einvernehmen mit Handelspartnern rund um den Globus besteht, um Verzerrungen im globalen Handel zu vermeiden.

Quelle: ZDS Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V., Foto: HHM/ Lindner




Chancen einer Token-Ökonomie für Deutschland

Im Rahmen des »Fachdialogs Blockchain« des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) haben Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML gemeinsam mit einem interdisziplinären Forschungskonsortium unter Leitung der WIK Consult eine Studie erstellt, die die Umsetzung einer Token-Ökonomie untersucht. Weitere Untersuchungen zur Blockchain-Technologie im Hinblick auf Nachhaltigkeit und den Mittelstand laufen bereits.

Sogenannte Token haben das Potenzial, wirtschaftliche Prozesse effizienter und transparenter zu gestalten: Anstelle von papierbasierten Verträgen, Rechnungen oder Urkunden können Token im digitalen Raum Werte und Rechte jeglicher Art abbilden. Die Grundlage bildet dabei die Blockchain-Technologie, die es ermöglicht, Informationen dezentral und fälschungssicher zu speichern, zu verarbeiten und zu übertragen. So entsteht eine neue Form des Wirtschaftens: die Token-Ökonomie.

2019 hat sich die Bundesregierung mit der »Blockchain-Strategie« das Ziel gesetzt, die Token-Ökonomie zu fördern. Um zu untersuchen, welche Chancen und Herausforderungen sich für die Technologie in der Praxis ergeben, haben die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr als 35 Vertreter aus Wissenschaft, Verbänden, Unternehmen und Start-ups im Rahmen des »Fachdialogs Blockchain« befragt.

Als Chance identifizierten die Experten vor allem, dass Deutschland als Vorreiter seine Digitalwirtschaft zu einer proaktiven, (teil-)autonomen Wirtschaft transformieren kann. Industrie und Verwaltung könnten von digitalisierten Prozessen profitieren. So entstehen neue Formen der Wertschöpfung, die entsprechendes Wirtschaftswachstum in Deutschland und Europa stärken können. Außerdem ergeben sich in einer Token-Ökonomie neue Geschäftsmodelle: »Projekte wie die Silicon Economy zeigen bereits, dass Unternehmen von einer Plattformökonomie auf Basis von Blockchain und Token profitieren können. Mithilfe der entwickelten Open-Source-Komponenten ist es möglich, Prozess- und Lieferketten vollständig zu digitalisieren. Im Zuge des Aufbaus des Europäischen Blockchain-Instituts in NRW entwickeln wir am Fraunhofer IML die Bausteine, um sichere, transparente und automatisierte Lieferketten mithilfe von Blockchain zu ermöglichen«, betont Prof. Michael Henke, Institutsleiter am Fraunhofer IML.

Projekte wie die Silicon Economy und zum Aufbau des Europäischen Blockchain-Instituts, in denen das Fraunhofer IML und seine Projektpartner für alle frei zugängliche Open-Source-Komponenten entwickeln, sind in Deutschland allerdings noch unterrepräsentiert, da digitale Plattformen häufig nicht mit kollaborativen Ökosystemen gleichgesetzt werden. Das Verständnis für Netzwerkökonomien ist allerdings notwendig, da die Teilnahme aller Supply-Chain-Partner an einem Blockchain-basierten Netzwerk entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung ist. Als Handlungsempfehlung empfehlen die Expertinnen und Experten deshalb, das Verständnis zu stärken und Best-Practice-Beispiele zu fördern.

Ein weiteres Hemmnis ist den Befragten zufolge das fehlende Wissen über die Token-Ökonomie. Oft müssen sich die Unternehmen ihr Know-how selbst aufbauen. Das ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen eine Herausforderung. Auch rechtliche Unklarheiten stellen eine Herausforderung dar. Dadurch gibt es nur wenige Unternehmen, die die Blockchain-Technologie bereits in ihre Prozesse integriert haben. Die Handlungsempfehlung der Expertinnen und Experten lautet, existierende Blockchain-Start-ups in Deutschland zu fördern, Anreize für weitere Gründungen zu schaffen und Wissenslücken durch Bildungsangebote an Hochschulen und Universitäten zu schließen. Mithilfe von Open-Source-Software ließe sich die Integration kleiner und mittlerer Supply-Chain-Partner unterstützen. Außerdem seien die rechtlichen Rahmenbedingungen anwendungsbezogen auszubauen, um etwa Fragen zur Haftung oder zum Datenschutz zu klären.

An die Erkenntnisse der Studie schließen die weiteren Module des »Fachdialogs Blockchain« an, die in den kommenden Monaten veröffentlicht werden: Im zweiten Modul »Nachhaltigkeit« stellen die Forscherinnen und Forscher dar, wie die Blockchain-Technologie zu einer nachhaltigeren Ökonomie und einem ressourcenbewussten Wirtschaften beitragen kann. Das dritte Modul »Mittelstand« zeigt anschließend, welche Potenziale sich für den Mittelstand ergeben und wie sich diese nutzen lassen.

Die komplette Studie zur Token-Ökonomie steht hier zum Download zur Verfügung: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/blockchain-kurzstudie.html

Quelle und Foto: Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML