Reeder setzen auf weitreichenden Aufschwung

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hat neue Zahlen zur Situation der deutschen Handelsschifffahrt vorgelegt. Präsidentin Dr. Gaby Bornheim und Geschäftsführer Dr. Martin Kröger erläuterten entlang der ökonomischen Entwicklung des Sektors auch die aktuell wichtigsten Themen auf der Agenda der Seeschifffahrt: Klimaschutz, Schifffahrtsstandort Deutschland und die seegestützten Lieferketten. Auch auf mögliche Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Schifffahrt nahmen sie Bezug.

In den mittlerweile zwei Jahren nach Ausbruch der Corona-Pandemie hätten viele deutsche Schifffahrtsunternehmen durch unruhige See navigieren müssen, sagte die Präsidentin: „Die deutsche Schifffahrt besteht im Wesentlichen aus mittelständischen Unternehmen. Wir sollten uns nicht von den positiven wirtschaftlichen Ergebnissen einiger großer Reedereien blenden lassen.“ 80 Prozent der Reedereien hätten weniger als zehn Schiffe, bei längst noch nicht allen sei der Aufschwung angekommen. „Hinter der Schifffahrt insbesondere in Deutschland liegt eine ganze Dekade der Krise. Nach mehr als zehn Jahren sind vor allem die kleinen und mittelgroßen Reedereien wirtschaftlich ausgezehrt und brauchen mehr als ein Jahr guter Zahlen, um die Herausforderungen der Zukunft, insbesondere die nötigen Investitionen etwa für den Klimaschutz, finanziell schultern zu können“, sagte Bornheim: „Mit den erfreulich positiven Entwicklungen an den Containermärkten sehen wir nun zunächst nur die Ruhe nach dem Sturm.“

Die Lage sei zudem differenziert zu betrachten: Container und auch Bulker würden von hoher Nachfrage profitieren, im Tankermarkt und bei Fähr- und Kreuzfahrtreedereien sei die Situation aber weiter sehr volatil. Niemand wisse darüber hinaus, wie nachhaltig der aktuelle enorme Nachfrage-Zuwachs sei, wenn die momentanen Pandemie-Effekte und die vielen staatlichen Konjunkturprogramme in den Ländern der Welt ausliefen.

Deutschland ist den Zahlen nach aktuell die sechstgrößte Schifffahrtsnation der Welt mit einem Anteil von 3,8 Prozent an der Welthandelsflotte (-0,7 Prozentpunkte ggü. Vorjahr). Nach wie vor stellt Deutschland nach China die zweitgrößte Containerschiffsflotte der Welt. Ende 2021 waren in deutschen Schiffsregistern insgesamt 1.917 Schiffe mit 46,1 Millionen BRZ registriert, 84 weniger als ein Jahr zuvor. Zu einem großen Teil (mehr als 45%) führen die Schiffe der deutschen Flotte heute die Flagge eines EU-Landes am Heck, insbesondere von Portugal, Zypern und Malta. Die Anzahl der unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe liegt bei 275. Die Zahl der in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigen Seeleute hat sich, bedingt durch den Rückgang in der deutschen Handelsflotte, zuletzt ebenfalls leicht verringert auf 6.927, die Zahl der Neueinsteiger an Bord 2021 ist infolge der Pandemie mit 355 leicht zurückgegangen.

 

Lieferketten-Probleme: Schifffahrt nicht Verursacher, sondern Betroffene wie andere

VDR-Geschäftsführer Dr. Martin Kröger wies Vorwürfe zurück, die Schifffahrt verschärfe die derzeitige angespannte Situation in den Lieferketten weltweit: „Man muss es deutlich sagen: wir sind wie viele andere Betroffene der Situation – und nicht Verursacher.“

Weltweit wären so gut wie alle Containerschiffe im Einsatz. „Die angespannten Lieferketten sind ganz klar Folge der Corona-Pandemie, eine einmalige Situation, in der viel zusammenkommt“, so Kröger. Dass die Reeder an der Lage keine Schuld träfe, hätten unabhängige Untersuchungen der Wettbewerbsbehörden von China, den USA und wiederholt auch der EU gezeigt. „Die Linienreedereien tun alles in ihrer Macht stehende, um die enorm gestiegenen Ladungsmengen zu transportieren“, sagte der Geschäftsführer: „Doch wenn Häfen verstopft und Container bei Kunden viel länger unterwegs sind, dann sind sie letztlich auch machtlos.“

Präsidentin Bornheim rief alle Beteiligten dazu auf, zusammen zu arbeiten: „Wir sollten aufhören, uns gegenseitig zu beschuldigen. Wir leiden alle darunter, dass wir nicht den Service bieten können, den wir eigentlich gerne offerieren wollen. Es ist Sand im Getriebe, den wir nur gemeinsam wieder aus den Lieferketten rausbekommen werden.“

 

Breites Bündnis für Klimaneutralität der Seeschifffahrt schon im Jahr 2050 nötig

Der Weltschifffahrtsverband ICS hat, unterstützt vom VDR, im vergangenen Herbst das klare Signal gesendet, dass die Branche schon im Jahr 2050 global klimaneutral fahren will. „Wir als Industrie sind damit bislang weit ambitionierter als die Staatengemeinschaft in der IMO“, sagte Gaby Bornheim. „Der Vorstoß ist so klug wie mutig. Wir setzen damit ein Signal, jetzt sind alle angesprochen: Politik, Mineralölbranche, Motorenhersteller, Forschung, Häfen. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung.“

Geschäftsführer Kröger verwies ergänzend auf die erforderliche „Revolution bei den Treibstoffen“: „Es ist offen, welcher klimafreundliche Brennstoff Seeschiffe bald antreiben wird“, so der Geschäftsführer und ergänzte: „Die Motoren, die die Schifffahrt CO2-frei machen würden, gibt es schon heute – allein, es fehlt der entsprechende Treibstoff dafür. Deswegen braucht es vorerst noch LNG. Diese Motoren können später aber ohne hohen Aufwand auf grünes Gas umgestellt werden.“

Zur aktuellen Krisensituation in der Ukraine sagte Präsidentin Bornheim: „Die Lage in den Häfen und Seegebieten der Ukraine ist unübersichtlich und bleibt angespannt und gefährlich. Unsere Sorge gilt den Menschen in der Ukraine, den vielen betroffenen Kollegen und Mitarbeitern vor Ort und den Seeleuten auf den Schiffen, die noch in der Region verblieben sind.“ Der Verband rate zu größter Vorsicht, sollten Schiffe in die betroffenen Regionen einfahren müssen.

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) vertritt die gemeinsamen wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen der deutschen Reedereien auf der Ebene des Bundes und der Länder sowie gegenüber europäischen und internationalen Instanzen. Der VDR wurde 1907 gegründet und hat sich 1994 mit dem Verband der Deut-schen Küstenschiffseigner zusammengeschlossen. Mit rund 200 Mitgliedern vertritt der VDR den größten Teil der deutschen Handelsflotte. Mehr Informationen unter www.reederverband.de.

Quelle: VDR, Foto: VDR-Gesche_Jaeger




Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges

Der Konflikt in der Ukraine hat zu einer Reihe von Sanktionen gegen Russland geführt, unter anderem von der Europäischen Union. Der umfangreiche Import von Energie (Rohöl, Erdölprodukte, Flüssiggas, Kohle) im Hafen Rotterdam ist (noch) nicht von den Sanktionen betroffen, aber der Export und Umschlag von Containern leidet besonders unter der durch den Konflikt und die Sanktionen verursachten Unsicherheit.

Von den fast 470 Millionen Tonnen Umschlag im Rotterdamer Hafen entfallen 62 Millionen Tonnen auf Russland (13 %). Viele Energieträger werden aus Russland über den Rotterdamer Hafen importiert. Grob gesagt kommen derzeit 30 % des Rohöls aus Russland, 25 % des Flüssiggases und 20 % der Ölprodukte und Kohle. Russland exportiert Produkte wie Stahl, Kupfer, Aluminium und Nickel über Rotterdam. Dies fällt vorerst nicht unter die von der Europäischen Union angekündigten Handelsbeschränkungen.

Es ist derzeit nicht bekannt, was die Entwicklungen in der Ukraine für diese Ströme in der kommenden Zeit bedeuten werden.

Fast 10 % des Containerverkehrs in Rotterdam ist mit Russland verbunden. Die Europäische Union hat die Ausfuhr einer Reihe von Gütern verboten, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können („dual use“). Containerfracht mit Ziel Russland wird diesbezüglich vom Zoll extra kontrolliert.

Die Ungewissheit (was genau fällt unter die Sanktionen, wie schnell wird der Zoll die Container zur Ausfuhr freigeben, wie entwickelt sich der Konflikt, wie groß sind die Zahlungsrisiken usw.) hat dazu geführt, dass verschiedene Containerterminals und Reedereien beschlossen haben, derzeit keine Container mit Ziel Russland anzunehmen oder abzufertigen.

Die verhängten Sanktionen in Verbindung mit der Ungewissheit, wie diese sich in der Praxis auswirken und wie sich die Situation in den nächsten Tagen entwickeln wird, verunsichern die Unternehmen. Infolgedessen werden die Unternehmen auch individuelle Entscheidungen über den Umgang mit russischer Fracht treffen, wie es bereits mehrere Containerterminals und Reedereien getan haben.

Die NATO bzw. die US-Armee hat bereits seit Jahrzehnten Vereinbarungen mit einem Unternehmen im Rotterdamer Hafen über den Transport von Verteidigungsgütern getroffen. Die Verbringung dieser Ausrüstung erfolgt regelmäßig über den Hafen. Es ist möglich, dass es in naher Zukunft mehr Transporte von Verteidigungsgütern geben wird.

Was die „Cybersicherheit“ der Unternehmen im Hafen angeht, so verfügt Rotterdam über FERM. Ziel von FERM ist es, die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen im Rotterdamer Hafen zu fördern und das Bewusstsein für Cyberrisiken zu schärfen. FERM berichtet, dass das NCSC (Nationaal Cyber Security Centrum) bisher keine konkreten Hinweise darauf hat, dass digitale Angriffe im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine derzeit Auswirkungen auf die Niederlande haben.

Der Hafenbetrieb Rotterdam verfolgt aufgrund des Konflikts in der Ukraine keine eigenständige Politik. Auch ist der Hafenbetrieb nicht befugt, beispielsweise Unternehmen Beschränkungen aufzuerlegen. Diese Verantwortung liegt bei der niederländischen Regierung. Der Hafenbetrieb unterstützt die Politik der niederländischen und europäischen Behörden. Die internationale Rechtsordnung und das Selbstbestimmungsrecht von Ländern sind wesentliche Werte, an denen nicht gerüttelt werden darf.

Quelle und Foto: Port of Rotterdam




Kühne+Nagel mit ausserordentlich starkem 2021

Kühne+Nagel erzielte im Geschäftsjahr 2021 ein ausserordentlich starkes Ergebnis. Die Gruppe konnte sämtliche Kennzahlen gegenüber dem Vorjahr deutlich steigern: Der Nettoumsatz stieg um 61% auf CHF 32,8 Mrd., der EBIT um 175% auf CHF 2,9 Mrd. und der Reingewinn um 173% auf CHF 2,2 Mrd. Die Konversionsrate, die das Verhältnis von EBIT zu Rohertrag der Gruppe beschreibt, lag mit 30% weit über dem langfristig gesetzten Durchschnittsziel von 16%. Sämtliche Geschäftsbereiche trugen zum Unternehmenserfolg bei.

Dr. Detlef Trefzger, CEO der Kühne + Nagel International AG, Foto, sagt: „Kühne+Nagel erwies sich in 2021 als relevanter und verlässlicher Logistikpartner in einem herausfordernden Marktumfeld. Unsere 78.000 Kolleginnen und Kollegen haben mit Hochdruck daran gearbeitet, unsere Kunden mit einem überzeugenden Dienstleistungsangebot zu unterstützen. Einmal mehr haben wir den Fokus auf Kunden, Systeme und Mitarbeitende gesetzt, die strategischen Initiativen beschleunigt sowie unsere ambitionierten Finanzziele weit übertroffen. Für das laufende Jahr waren die Geschäftsaussichten bisher günstig; die Kriegshandlungen Russlands haben die Unwägbarkeiten weltpolitischer Entwicklungen aufgezeigt, deren Auswirkungen auf das Wirtschaftsgeschehen noch nicht zu überblicken sind.“

Beim Geschäftsbereich Seefracht führte das angespannte Marktumfeld – mit Engpässen in den Häfen sowie aus dem Takt geratenen Lieferketten – zu einem ausgesprochen hohen Bearbeitungsaufwand in 2021.

Das Containervolumen lag im Gesamtjahr 2021 mit 4,6 Mio. TEU ca. 2% über dem Vorjahr. Der Nettoumsatz des Geschäftsbereichs lag bei CHF 13,7 Mrd. und der EBIT bei CHF 1,5 Mrd. Die Conversion Rate erreichte 55,5%.

Die bewährte Onlineplattform Seaexplorer wurde in 2021 deutlich erweitert. Die Plattform schafft Transparenz und warnt vor möglichen Beeinträchtigungen der Lieferketten durch Ineffizienz in der Abwicklung oder schlechte Wetterbedingungen als Beispiele. Ergänzend dazu hat Kühne+Nagel den „Disruption Indicator“ entwickelt, um die Effizienz der weltweiten Seefrachtnetze zu messen.

Global begrenzte Frachtkapazitäten in 2021 erforderten massgeschneiderte Dienstleistungen im Geschäftsbereich Luftfracht. Unverändert stark nachgefragt waren Kühne+Nagel-Angebote für Pharma- und systemrelevante Güter sowie E-Commerce. Dadurch konnte der Geschäftsbereich deutlich Marktanteile gewinnen.

Das Luftfrachtvolumen lag im Gesamtjahr 2021 mit 2,2 Mio. Tonnen um 55% über dem Vorjahr. Ungefähr die Hälfte des Wachstums trug der im Mai 2021 erstmals konsolidierte Luftfrachtdienstleister Apex Logistics bei. Der gesamte Nettoumsatz der Luftfracht betrug CHF 10,8 Mrd. und der EBIT CHF 1,2 Mrd. Die Conversion Rate erreichte 45,7%.

Die Luftfracht spielte eine massgebliche Rolle bei der weltweiten Verteilung von Covid-19-Impfstoffen. Insgesamt wurden 1,2 Mrd. Dosen in rund 90 Ländern um den Globus befördert. Das globale Healthcare-Netzwerk von Kühne+Nagel mit über 240 Standorten bildete das robuste Fundament der Impfstofflogistik.

Der Geschäftsbereich Landverkehre steigerte in 2021 das Volumen um mehr als 13% auf insgesamt 24,4 Mio. Bestellungen. Neben der starken Auslastung in Europa waren zudem die Netze in Nordamerika gut gebucht. Die ursprünglich auf Asien ausgerichtete digitale Buchungsplattform eTrucknow wurde in rund 20 Ländern in Europa, dem Nahen Osten und Südamerika eingeführt.

Der Nettoumsatz des Geschäftsbereichs lag im Gesamtjahr 2021 bei CHF 3,7 Mrd. und der EBIT stieg um 52% gegenüber dem Vorjahr auf CHF 94 Mio. Mit 7,5% erreichte die Conversion Rate ein Rekordniveau.

Die ursprünglich für den Brexit entwickelte, digitale Verzollungsplattform bietet den Kunden nun auch eine weltweite Abdeckung an. Das System reduziert den Verwaltungsaufwand bei der Zollabfertigung erheblich und beschleunigt die Abwicklung zwischen allen Beteiligten.

Der Geschäftsbereich Kontraktlogistik war in 2021 von einer hohen Auslastung gekennzeichnet. Der Bereich baute insbesondere das Angebot für Pharma und E-Commerce-Fulfilment rasch aus. Mittlerweile sind 100 Distributionszentren auf den Pharma- und Gesundheitssektor sowie 175 auf E-Commerce-Fulfilment spezialisiert.

Nach Veräusserung eines grossen Teils spezialisierter Lager- und Distributionsaktivitäten in Grossbritannien lag der Nettoumsatz des Geschäftsbereichs mit CHF 4,6 Mrd. in Gesamtjahr 2021 zwar leicht unter dem Vorjahr; der EBIT hingegen verdoppelte sich nahezu auf CHF 156 Mio.

Integrierte Logistikdienstleistungen (4PL) waren erneut sehr gefragt. An acht globalen Standorten mit KN Control Towers entwickeln und betreiben Spezialisten Angebote für flexible und effiziente Lieferketten. Auf diese Weise können Kosten, Durchlaufzeiten und Lagerbestände auch in einem herausfordernden, operativen Umfeld optimiert werden.

Der Verwaltungsrat schlägt der am 3. Mai 2022 stattfindenden Generalversammlung eine Dividende von CHF 10,00 pro Aktie vor.

Dr. Jörg Wolle, Präsident des Verwaltungsrats der Kühne + Nagel International AG: „Kühne+Nagel hat im Geschäftsjahr 2021 vor allem die Chancen genutzt, die sich aus dem strategischen Aufbruch der letzten Jahre ergeben haben. Das Unternehmen ist ebenso gut wie nachhaltig aufgestellt, es ist agil, innovationsstark und rund um den Erdball einer der Treiber für die Entwicklung der Logistik zu einer Schlüsselsparte der Weltwirtschaft. Daraus ergeben sich auch für die Zukunft überzeugende Potenziale. Kühne+Nagel ist strategisch bestens positioniert, um von diesen weitreichenden Entwicklungen im besonderen Mass zu profitieren. Wir freuen uns sehr, dass wir der Generalversammlung eine Dividende in Höhe von 10 Franken je Aktie vorschlagen können und damit unsere Aktionärinnen und Aktionäre am Unternehmenserfolg teilhaben werden.“

Quelle und Foto: Kühne+Nagel