Horber Kombi-Terminal nimmt Fahrt auf

Das Kombi-Terminal im Horber Industriegebiet nimmt Fahrt auf. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hat gemeinsam mit den Investoren sowie Vertretern aus Wirtschaft und Politik am Mittwoch den ersten Spatenstich für das Infrastrukturprojekt, das der Verlagerung des Gütertransports von der Straße auf die Schiene dient, vorgenommen.

Mit dem neuen Logistikweg, den es in dieser Form im südlichen Baden-Württemberg bisher noch nicht gibt, kann eine seeseitige Umfahrung von halb Europa und damit Tonnen von CO2 eingespart werden. Pro Containerschiff werden rund 4000 Kilometer Wegstrecke vermieden, was eine Lieferzeitverkürzung von bis zu acht Tagen bedeutet. Rechnerisch werden dadurch pro Schiffstransport auf dem Weg von Port Said am Suez-Kanal bis nach Hamburg knapp 8000 Tonnen CO2 eingespart. Die Horber Verladestation liegt in der Mitte der Schienenverbindung zwischen den deutschen Nordhäfen und dem Seehafen an der italienischen Adriaküste.

Der Bau des Terminals soll zum Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Dazu wird die Gleisanlage zu großen Teilen erneuert und reaktiviert. Die moderne Infrastrukturanlage für das Einzugsgebiet zwischen Stuttgart und Bodensee wird bisher unerschlossene Logistikströme über die Schiene ermöglichen. Logistikketten sollen dadurch nachhaltiger und effizienter gestaltet werden können.

Später wird das KTH durch das Intermodale Servicezentrum Horb ergänzt. Auf dieser Depotfläche, auf der es auch Reparatur- und Serviceeinrichtungen geben wird, können dann Container zwischengelagert werden.

Die Baugenehmigung in Form des Planfeststellungsbeschlusses für das Kombi-Terminal Horb wurde seitens des Regierungspräsidiums Karlsruhe in der „Rekordzeit“ von gerade einmal neun Monaten erteilt, wie Investor Kurt Plathe, Eigentümer der Plathe Grundbesitz mit Sitz in Neubulach, lobend erwähnte, als er Regierungspräsidentin Sylvia Felder auf der Baustelle begrüßte. Auch der Kreis Freudenstadt und die Stadt hätten die Idee von Anfang an unterstützt. Der Horber Oberbürgermeister Peter Rosenberger betonte, dass das Kombi-Terminal „auf dem Weg zur Klimaneutralen Kommune“ als Katalysator in manchen Debatten herhalten könne.

Thorsten Krenz, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Baden–Württemberg, bescheinigte Kurt Plathe „Hartnäckigkeit, mit der er manches Hindernis aus dem Weg räumte“. Die Verantwortlichen auf kommunaler Seite hätten verinnerlicht, dass man nur gemeinsam in die „Zugkunft“ starten könne. „Heute ist ein richtig guter Tag für Horb, die Menschen und das Klima“, brachte Krenz seine Eindrücke auf den Punkt.

Die entscheidenden Schritte zur Finanzierung der digitalen Zufahrtsweiche als Grundvoraussetzung für die Einschleusung der bis zu 500 Meter langen Containerzüge in den Bahnverkehr zu allen Tageszeiten habe zweifellos der frühere Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Fuchtel unternommen, so Plathe. Fuchtel habe dafür gesorgt, dass der Bund über die DB Netze AG die Kosten übernimmt.

Der Impuls für das KTH sei von den Industrie- und Handelskammern gekommen, die vor über zehn Jahren nach einem Standort suchten, sagte Plathe. Auf die Fläche im Industriegebiet Heiligenfeld habe ihn dann der Haiterbacher Logistik-Unternehmer Horst Schuon aufmerksam gemacht, nachdem zuvor ähnliche Pläne in der Nachbargemeinde Eutingen gescheitert seien.

„Wenn wir unsere Betriebe in eine nachhaltige Zukunft führen wollen, müssen wir uns der gesamten Wertschöpfung widmen“, machte Claudia Gläser, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Nordschwarzwald, deutlich. Mit der Reaktivierung bestehender Gleisanlagen in Horb sei den Investoren und der Stadt ein „cleverer Schachzug“ in ihrem Streben nach mehr Nachhaltigkeit gelungen. Das Kombi-Terminal verbessere die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, die dadurch ihre wertschöpfungsintensiven Arbeitsplätze erhalten könnten.

Das Terminal Horb komme genau zur richtigen Zeit, stellte Sebastian Doderer aus Bremen fest. Der Geschäftsführer von Necoss, Pionier unter den privaten Anbietern von Schienengüter-Verkehrsleistungen, betonte, der Anteil der Schiene an den landseitigen Verkehren sei in den letzten Jahren auf über 50 Prozent gewachsen. „Diese Entwicklung ist bei weitem noch nicht abgeschlossen“, so Doderer, zumal der Welthandel massiv unter Störungen der globalen Lieferketten und dem Fehlen wichtiger Rohstoffe durch Konflikte leide. Angesichts geschlossener Häfen sowie übervoller Terminals in Stuttgart und Kornwestheim werde dringend weitere Kapazität gebraucht. Necoss plane zum Start des Terminal-Betriebs zwei feste Zugumläufe pro Woche in die deutschen Nordseehäfen, und zwei weitere wöchentliche Zugumläufe in den Hafen von Triest seien geplant. Je nach Bedarf seien weitere Abfahrten und die Einbindung zusätzlicher Hafenstandorte möglich.

Quelle: KTH, Grafik: Gfrörer Ingenieure, die Umschlagsfläche in der ersten Baustufe linkerhand direkt an der Gleisanlage (Kombi-Terminal Horb) und anschließend daneben die Depotfläche zur Zwischenlagerung der Container (Intermodales Servicezentrum Horb) sowie Reparatur- und Serviceeinrichtungen. Die erste Baustufe, also das Kombi-Terminal Horb, soll bis Ende 2022 abgeschlossen sein, damit das KTH noch in diesem Jahr seinen Betrieb aufnehmen kann. 




Geschäftsklima und die Erwartungen trübe

In der deutschen Logistikwirtschaft kippte die Stimmung ins Negative, der Geschäftsklimaindex erhielt einen erneuten Dämpfer und notierte nur noch bei einem Wert von 90,9. Dies geht aus den monatlichen Erhebungen zum Logistik-Indikator hervor, die das ifo Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) im Rahmen seiner Konjunkturumfragen durchführt. Zurückzuführen war dieser Rückgang auf die erheblich pessimistischeren Geschäftserwartungen. Auch die Geschäftslage wurde weniger häufig als noch zuvor als günstig beurteilt.

Bei den Logistikdienstleistern breiteten sich Zukunftssorgen erheblich aus, wodurch der Geschäftsklimaindikator nun in den negativen Bereich rutschte. Die laufenden Geschäfte bewerteten die Unternehmen indes noch häufig positiv, denn die dynamische Nachfrage ließ den Auftragsbestand weiter ansteigen. Preispolitisch fassten die Unternehmen flächendeckend Anhebungen ins Auge.

Auch die Betriebe aus Handel und Industrie zeigten sich nun häufig besorgt mit Blick auf die Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr. Die Zufriedenheit mit den laufenden Geschäften nahm etwas ab, so dass auch der Klimaindikator erhebliche Einbußen zu verzeichnet hatte – die Kennzahl fiel in den negativen Bereich. Die bereits stark erhöhten Preise sollen im kommenden Quartal abermals angehoben werden.

Die jüngste Coronawelle hinterließ im zurückliegenden Winterhalbjahr nur geringfügige Spuren in der deutschen Konjunktur. Nachdem die Wirtschaftsleistung am Jahresende 2021 um 0,3 Prozent zurückgegangen ist, wurde zu Jahresbeginn 2022 bereits wieder ein Plus verzeichnet. Im ersten Quartal 2022 stieg das Bruttoinlandsprodukt – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 0,2% gegenüber dem vierten Quartal 2021. Die wirtschaftliche Entwicklung wurde vor allem vom Dienstleistungssektor getragen, welcher vom Abflauen der Coronawelle profitieren konnte. Auch die Bauwirtschaft startete, nicht zuletzt als Folge der günstigen Witterung, kräftig ins neue Jahr.

Seit Ende Februar wird die konjunkturelle Entwicklung allerdings zunehmend durch den Krieg in der Ukraine und den mehrwöchigen Lockdown in China belastet. Zwar hat sich in den vergangenen Monaten an der positiven Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch die deutschen Unternehmen nichts geändert. Allerdings ließen eine Verschärfung der Lieferengpässe, neue Sanktionen gegen Russland sowie sprunghafte Anstiege der Energie- und Nahrungsmittelpreise die Erwartungen der Unternehmen einbrechen und sowohl Produzenten- als auch Verbraucherpreise kräftig steigen. Während Lieferengpässe und Sanktionen die Produktion und den Absatz im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe hemmen, dämpfen die hohen Preise vor allem die Nachfrageseite. Bereits seit einigen Monaten schwächen sich die Auftragseingänge in der Industrie ab, und im Baugewerbe nehmen die Auftragsstornierungen zu. Auch die Umsätze im Einzelhandel gaben zuletzt kräftig nach, nachdem die Inflationsrate im April erstmals seit dem Jahr 1981 auf über 7% stieg. Zusätzlich dürften die hohen Kosten die Gewinne und damit die Investitionstätigkeit der Unternehmen belasten. So gaben in der Aprilbefragung des ifo Instituts die Industrieunternehmen an, nur gut 50 Prozent der gestiegenen Kosten an ihre Kunden weitergeben zu können. Bei den Bauunternehmen und den Dienstleistern liegt die Weitergabe bei gerade einmal 25 Prozent. Schließlich dürfte der pessimistische Ausblick der Unternehmen auch auf einen kräftigen Anstieg der allgemeinen Unsicherheit zurückzuführen sein. Da der weitere Verlauf des Krieges und die damit verbundenen wirtschafts- und geopolitischen Entscheidungen schwer abzuschätzen sind, fällt den Unternehmen ein Ausblick auf den weiteren Geschäftsverlauf schwer.

Insgesamt haben sich damit die konjunkturellen Aussichten eingetrübt. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum fällt in diesem Jahr zwar niedriger aus als noch zu Jahresbeginn erwartet. Allerdings dürften die Auftriebskräfte, die im Zusammenhang mit dem Abflauen der Coronawelle stehen, ein Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession verhindern. Dafür sprechen auch die bis zuletzt rückläufige Kurzarbeit und nur geringfügige Existenzängste der Unternehmen. Die Inflationsraten dürften im weiteren Jahresverlauf hoch bleiben. Eine überwiegende Mehrheit der vom ifo Institut befragten Unternehmen plant auch in den kommenden Monaten die Preise weiter anzuheben.

Ausführliche Ergebnisse des Logistik-Indikators gibt es  hier

Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstands der BVL kommentiert: „Im Netz kursiert eine Montage aus vier Fotos des genialen Mimen Jack Nicholson: von irritiert über zähnefletschend und rasend bis resigniert. Untertitel: „Supply Chain Manager 2019 bis 2022“. Wie wahr: Wirtschaftliche Folgen einer Pandemie, des Ukraine-Kriegs oder gar beider Ereignisse zusammen lassen die Geschäftserwartungen der Logistiker für die nächsten sechs Monate deutlich sinken. Doch der Blick auf die aktuelle Geschäftslage lohnt sich: sie notiert noch immer oberhalb des Normalwertes – wenn auch nur knapp.

Wie düster ist die Zukunft wirklich? Geopolitische Verschiebungen verändern die Grundlagen der Europäischen Wirtschaft. Wir erleben eine Zeitenwende, hin zu einer neuen Weltordnung und Werteordnung. Eine mögliche Blockbildung (USA, Europa, China) birgt Risiken im weltweiten Austausch von Gütern und Dienstleistungen. Eine scharfkantige Abgrenzung politischer Systeme hat ernsthafte Konsequenzen, insbesondere bei kritischen Abhängigkeiten in globalen Wertschöpfungsketten. Anhaltende Lieferengpässe werden eine Rezession herbeiführen und verstärken.

In den Wirtschaftsbereichen Einkauf, Produktion und Logistik hört man neue Leitsätze: „Flexibilität geht vor Kosten“ und „Verfügbarkeit ist die neue Währung“. Was gestern noch unökonomisch war, gilt heute als wirtschaftlich sinnvoll. In manchen Branchen muss jedes Produkt mindestens im Dual Sourcing verfügbar sein – und zwar an jedem Ort. Das ist ein starker Kostentreiber. Die Störungen in den Lieferketten scheinen zudem nicht nur vorübergehender Natur zu sein. So besteht die bestmögliche Vorbereitung auf künftige Unwägbarkeiten in den Wertschöpfungsprozessen darin, global vernetzte Lieferketten widerstandsfähiger gegenüber negativen Zukunftsszenarien zu machen.

Kurzfristig ist keine Entspannung in Sicht. Die Staus und Verzögerungen in der Containerschifffahrt haben inzwischen auch die Nordsee und die Häfen in Deutschland, Holland und Belgien erreicht. „Hier stecken gegenwärtig knapp zwei Prozent der globalen Frachtkapazität fest und können weder be- noch entladen werden“, konstatiert das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Allein in der deutschen Bucht warten demnach etwa ein Dutzend große Containerschiffe mit einer Kapazität von rund 150.000 Standardcontainern auf das Anlaufen in Hamburg oder Bremerhaven. Vor den Häfen Rotterdam und Antwerpen sei die Lage noch dramatischer.

Dies führt nicht nur zu Verspätungen, sondern auch zu einem Mangel an Containern, die derzeit ebenso rar sind wie Paletten und Kartonagen. Während Industrie und Handel auf Rohstoffe und Vorprodukte warten oder ihre fertige Ware nur schwer versenden können, können Logistik-Dienstleister ihre Kapazitäten nicht aufstocken, was auch am massiven Personalmangel liegt. Diese Missverhältnisse werden noch einige Monate anhalten – bis weit ins Jahr 2023 hinein. Hinzu kommen die Preissteigerungen in allen Bereichen, die zumeist nur teilweise an die Kunden weitergegeben werden können. Spannend wird die Antwort auf die Frage sein, ob Europa infolge hoher Energiepreise und Lohnkosten an Wettbewerbsfähigkeit verlieren wird.

Schlechte Aussichten also allerorten? Nicht unbedingt. Viele Unternehmen stellen sich jetzt für die Zukunft auf, werden resilienter und nachhaltiger. Wie so oft gibt es in der Krise Verlierer, aber auch schnellere Innovationszyklen. Hier sind die Europäer traditionell gut aufgestellt – gut möglich, dass wir daraus am Ende gestärkt hervorgehen.“

Quelle und Foto: BVL