Deutsche Hafenwirtschaft trotzt weltweiten Krisen

Anlässlich seiner jährlichen Pressekonferenz hat der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe ein optimistisches Fazit der laufenden Geschäfte gezogen. So haben die Mitgliedsunternehmen gut auf die verschiedenen globalen Krisen und Herausforderungen reagiert und sich einmal mehr als zuverlässiger Partner in den Lieferketten erwiesen. Gleichwohl steht die deutsche Hafenwirtschaft vor großen Hausforderungen und fordert politische Priorität ein.

Die Seehafenbetriebe arbeiten unter dem Eindruck eines scharfen internationalen Wettbewerbs und globaler Krisen. So sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie insbesondere bei verspäteten Containerschiffen und sich in den Häfen sammelnden Containern weiterhin deutlich spürbar. Die Terminals reagierten flexibel auf die Situation und mieteten u. a. zusätzliche Lagerflächen an. In vielfältiger Weise wirkte sich auch der russische Krieg in der Ukraine auf die deutsche Hafenwirtschaft aus.

Frank Dreeke, Präsident des ZDS: „Die beschlossenen Sanktionen, die wir ausdrücklich unterstützen, wurden von den Unternehmen schnell und pragmatisch umgesetzt. Sowohl für den steigenden Bedarf nach Kohleimporten als auch bei der Errichtung von LNG-Terminals standen die deutschen Seehäfen bereit. Besonders stolz sind wir auf unsere Beteiligung an der Getreidebrücke, als es darum ging, pragmatisch neue Exportwege für ukrainisches Getreide zu organisieren.“ In der Ostsee führte der Konflikt zu veränderten Routenführungen bei Waren. Vor diesem Hintergrund intensivierte sich der ohnehin bereits starke Wettbewerb zwischen den europäischen Seehäfen. Eine zusätzliche Herausforderung war dabei der ungewöhnlich intensive und lang andauernde Tarifkonflikt. „Wir hoffen sehr, die Jahrzehnte lang gelebte faire Sozialpartnerschaft in den kommenden Jahren wieder ausbauen zu können“, so Frank Dreeke weiter.

Die wichtige Rolle bei den Energieimporten unterstreicht einmal mehr die nationale Bedeutung, die die deutschen Seehäfen haben. Der ZDS forderte erneut, dass sich dies auch in der Politik widerspiegeln muss.

ZDS-Präsident Frank Dreeke: „Die Seehäfen sind von enormer Bedeutung für das ganze Land. Wir sichern Import und Export im Industrieland Deutschland. Wir sind unverzichtbar, wenn es um die Energieversorgung geht, sowohl bei Gas als auch bei der Windenergie, als auch bei Energieträgern der Zukunft wie Wasserstoff oder Ammoniak. Wenn wir auf die deutsche Hafenpolitik schauen, ist davon aber wenig zu spüren. Wir brauchen das, was unsere Nachbarn uns vormachen: eine ehrgeizige und strategische nationale Hafenpolitik, die der zentralen Rolle der Seehäfen gerecht wird. Dabei ist es wichtig, die Debatte sachlich zu führen. Das war bei der Diskussion um die Terminalbeteiligung im Hamburger Hafen zuletzt nicht der Fall.“

Großer Handlungsbedarf besteht nach Ansicht des ZDS auch bei der Infrastruktur: Vor allem bei der Bahn, aber auch bei den Wasserstraßen gibt es deutliche Defizite, was den Erhalt und Ausbau angeht. Zuletzt hatten der ZDS und die IHK Nord in einem gemeinsamen Gutachten aufgezeigt, dass die bisherigen Planungen zum Deutschlandtakt nicht ausreichen, um die Wachstumsziele der Bundesregierung im Schienengüterverkehr zu erreichen.

ZDS-Präsident Frank Dreeke. „Wir als deutsche Hafenwirtschaft stehen bereit, um unseren Beitrag für die großen Herausforderungen zu leisten. Wir erwarten aber auch, dass politisch vereinbarte Ziele konsequent umgesetzt werden. Ob Digitalisierung, Energie- oder Verkehrswende: Wir haben als Gesellschaft in vielen Bereichen wichtige und richtige Zielsetzungen. Wer A sagt, muss auch B sagen: Wenn zum Beispiel bis 2040 ein Viertel aller Güter über die Bahn transportiert werden soll, dann muss das im Deutschlandtakt hinterlegt sein. Die deutschen Häfen sind Eisenbahnhäfen. Wir stehen zum Deutschlandtakt und den politischen Zielen. Es ist dann aber auch unsere Erwartung, dass die Planungen zu den Zielen passen, dass diese Pläne ausreichend finanziert werden und dass die Pläne schließlich auch umgesetzt werden. Gerade bei den Strecken des Hinterlandverkehrs der Seehäfen, wie zum Beispiel im Dreieck Hamburg-Bremen-Hannover, brauchen wir dringend mehr Ehrgeiz und Entscheidungsfreude.“

Quelle: ZDS Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e.V., Foto: HHM




Lippenbekenntnisse lösen keine Verkehrs- und Umweltprobleme

Es bleibt bei dem finanziellen Drama, das sich bereits im Haushaltsentwurf der rot-gelb-grünen Ampel-Regierung abzeichnete: Der Etat für die Bundeswasserstraßen reicht im kommenden Jahr bei Weitem nicht aus, die notwendigen Erhaltungs- und Ausbauinvestitionen an den Flüssen und Kanälen vorzunehmen. In beispielloser Weise wurde von den Regierungsfraktionen im Haushaltsausschuss des Bundestages die Chance vertan, die klimapolitische Wende für mehr Güterverkehr auf dem Wasser einzuleiten.

Der Haushaltsausschuss hat am 10. November die von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (beide FDP) vorgesehene Kürzung des Etats für Erhalt und Ausbau der Wasserstraßen um 350 Mio. Euro für das Jahr 2023 abgenickt. Es stehen damit nur noch rund 594 Mio. Euro zur Verfügung – den aktuellen Niedrigwasserereignissen, den dramatisch gestiegenen Baukosten und der zunehmend baufälligen Wasserstraßeninfrastruktur zum Trotz. In Luft aufgelöst haben sich die Ankündigungen aus dem Bundesverkehrsministerium, dass die für klimaschonende Verkehrsträger bereitgestellten Mittel im sog. 3. Entlastungspaket der Bundesregierung zumindest teilweise den Wasserstraßen zu Gute kommen: Die kompletten 1,5 Mrd. Euro werden in den kommenden drei Jahren ausschließlich in die Schiene investiert.

Die Binnenschifffahrtsbranche und deren Kunden aus Wirtschaft und Industrie hatten erwartet, dass der Ausschuss die durch nichts zu begründende Etatkürzung korrigiert, und dass die Ausbaumittel mindestens auf dem gegenwärtigen Niveau von 909 Mio. Euro gehalten werden. Als bestenfalls „pflaumenweich“ ist der zusätzlich getroffene Beschluss der Haushälter zu bezeichnen, dass das Bundesverkehrsministerium bei Straße und Schiene im Laufe des nächsten Jahres ggf. Einsparungen vornehmen darf, um die so gewonnenen Mittel – allerdings gedeckelt bis maximal 250 Mio. Euro – zusätzlich in die Wasserstraßeninfrastruktur investieren zu dürfen.

BDB-Präsident Martin Staats (MSG, Würzburg) erklärt hierzu: „Mit diesen Beschlüssen stehen für flussbauliche Maßnahmen nur zwei Drittel der aktuell verfügbaren Mittel gesichert zur Verfügung. Ob, wann und wie viel zusätzliche Mittel sich durch die vorgeschlagenen Einsparungen in den Nachbarressorts generieren lassen, steht in den Sternen. Sicher ist nur, dass die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung auf dieser Basis bis auf Weiteres keine größeren Ausschreibungen für Planungs- und Baumaßnahmen vornehmen kann. Die von der Regierung versprochene Wende hin zu schnellerem Planen und Bauen – sei es am Mittel- und Niederrhein, an der Donau, am Elbe-Seitenkanal oder an der Küste – findet so nicht statt. Der 2023er-Haushalt der ‚neuen‘ rot-gelb-grünen Bundesregierung ist infrastrukturpolitisch ein Desaster und enttäuscht über alle Maßen. Die große Chance, durch reichlich zur Verfügung stehende zusätzliche Finanztöpfe – Stichwort Klimaschutz Sofortprogramm, 3. Entlastungspaket – die klimapolitisch notwendige Wende einzuleiten, wurde in beispielloser Weise vertan. Wissings Etat fällt nun sogar noch um 62 Mio. Euro hinter den 2021er-Etat seines Amtsvorgängers Andreas Scheuer zurück“.

Scheinbar wurde in Berliner Regierungskreisen die Versorgungskrise aufgrund der verheerenden Niedrigwasserphasen verdrängt, und es wurde immer noch nicht verstanden: Was die Schifffahrt und deren Kunden brauchen, ist ausreichendes Geld für den planungssicheren und schnellen Ausbau der Flüsse und Kanäle in einer insgesamt überalterten Infrastruktur, die in Teilen so marode ist, dass tagtäglich mit dem Zusammenbruch von Anlagen gerechnet werden muss. Was keiner braucht, sind Lippenbekenntnisse: Wer Verkehre auf das Wasser verlagern und damit einen wichtigen Beitrag für mehr Klimaschutz in Deutschland und Europa leisten will, darf nicht nur die Vorzüge dieses Verkehrsträgers in Pressemitteilungen und Bundestagsdebatten loben. Er bzw. sie muss auch dafür sorgen, dass die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Ein Beschluss des Inhalts, dass man bei Dritten im Verkehrsetat Einsparungen vornehmen möge, um so die erforderlichen Mittel für die Wasserstraßen zu gewinnen, straft die klimapolitischen Absichtsbekundungen Lügen.

Quelle und Foto: BDB