System Wasserstraße hat Nachbesserungsbedarf

Mit dem Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung hat die Regierungskoalition wichtige und sinnvolle Impulse für die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur gesendet. Aus Sicht der Binnenhäfen, der Bauindustrie und des VBW gibt es mit Blick auf das System Wasserstraße aber auch großen Nachbesserungsbedarf.

Joachim Zimmermann (bayernhafen), Präsident der Binnenhäfen: „In den Binnenhäfen wird rund ein Drittel des in Deutschland jährlich anfallenden Schienengüterverkehrs abgewickelt. Die Binnenhäfen sind gewillt und in der Lage, einen deutlich größeren Beitrag zur Verkehrsverlagerung und zur Erreichung der Modal-Split-Ziele für Schiene und Wasserstraße zu leisten. Wir sehen allerdings seit Längerem, dass das vorgelagerte Eisenbahnnetz derzeit nicht in der Lage ist, die zusätzlich benötigten Kapazitäten aufzunehmen. Daher begrüßen wir die im Koalitionspapier festgelegten Schritte für den Ausbau und die Modernisierung des Schienennetzes sehr. Multimodalität ist ohne den LKW im Vor- und Nachlauf nicht denkbar. Deshalb brauchen wir auch weiterhin gut ausgebaute Straßen und Autobahnen und funktionierende Brücken. Dass die Koalitionäre sich dazu durchgerungen haben, Straße und Schiene nicht mehr gegeneinander auszuspielen und nun auch die Engpassbeseitigung im Straßensektor beschleunigt werden soll, ist ein positives Signal. Erheblichen Nachbesserungsbedarf sehen wir mit Blick auf Planungsbeschleunigung und Finanzierung bei der Wasserstraße. Diese scheint in den 30-stündigen Beratungen völlig aus dem Fokus der Ampel geraten zu sein.“

Thomas Gross (Hülskens Wasserbau), Vorsitzender der Bundesfachabteilung „Wasserbau“ im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und Vizepräsident des VBW: „Wir erwarten, dass die Regierungsparteien sich an ihre Zusagen aus dem Koalitionsvertrag halten, die Sanierung und den Ausbau der Schleusen zu beschleunigen und den Modal-Split-Anteil der Binnenschifffahrt zu steigern. Wasserstraßenprojekte müssen wie Schienen- und Straßeninfrastruktur ebenfalls als „überragendes öffentliches Interesse“ eingestuft werden und in das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz einfließen. Das Fiasko, dass die Wasserstraße bei der Aufstellung des Haushaltes 2023 erlebt hat, darf sich nicht wiederholen. Die aktuelle Unterdeckung muss geschlossen und der Mittelansatz ab 2024 auf mindestens 2 Mrd. Euro jährlich angehoben werden. Ansonsten droht weiterer Substanzverlust an Schleusen, Wehren und Kanälen, der die Verlässlichkeit unserer Lieferketten weiter schwächen und dem Industriestandort Deutschland mittelfristig schaden wird.“

Quelle und Foto: Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen e. V.




Zufriedene Freude zum einjährigen Geburtstag

Der Port of Antwerp-Bruges feiert am 22. April sein einjähriges Bestehen. Die Häfen von Antwerpen und Zeebrugge haben sich im vergangenen Jahr zusammengetan, um ihre Synergien zu nutzen. Der Zusammenschluss der Häfen von Antwerpen und Zeebrugge im vergangenen Jahr hat die westeuropäische Seeverkehrslandschaft verändert hinsichtlich Themen wie der Energiewende und Kapazitätenverteilung. Das erklärte Ziel des fusionierten Hafens: „Wir wollen ein Welthafen werden, der Wirtschaft, Menschen und Klima in Einklang bringt“.

Neue Investitionen und Projekte bestätigen die Attraktivität des vereinigten Hafens – trotz der aktuell schwierigen geopolitischen Bedingungen. Bereits heute werden 15 % (Vorjahr: 8 %) der gesamten LNG- und Erdgaslieferungen nach Europa über die Hafenplattform Zeebrugge abgewickelt. Dies macht den Port of Antwerp-Bruges zu einer der wichtigsten Gaszufahrtsrouten zum europäischen Hinterland.

Die Vereinigung beschleunigte die bestehenden Innovations- und Energiewendevorhaben der beiden Hafenunternehmen erheblich. Als Welthafen spielt der Port of Antwerp-Bruges eine Schlüsselrolle für den Import, die lokale Herstellung, die Verarbeitung und den Transport von grünem Wasserstoff und Wasserstoffträgern (z. B. Ammoniak und Methanol) ins Hinterland, darunter auch Deutschland. Einige konkrete Wasserstoffprojekte sind nun bereit für die Umsetzung.

Auch der Integrationsprozess, verschiedene digitale Anwendungen in ein einziges System umzuwandeln, ist in vollem Gange. Geografische Daten von der Zeebrugge-Plattform wurden inzwischen in den Digital Twin, eine virtuelle Kopie des Hafens, integriert und auch Echtzeitdaten (z. B. Luftqualitätssensoren) damit verknüpft.

Dass sich die Häfen bei Bedarf ergänzen können, zeigt sich unter anderem an der Verlagerung des Containeraufkommens von Antwerpen nach Zeebrugge. Da die Containerkapazität in Antwerpen im vergangenen Jahr an ihre Grenzen stieß, konnten Unternehmen für ihren Containerumschlag auf die Plattform in Zeebrugge ausweichen.

Beide Hafenplattformen teilen sich Herausforderungen, die sie nun gemeinsam angehen. Um etwa dem derzeitig angespannten Arbeitsmarkt zu begegnen, hat der Port of Antwerp-Bruges vor kurzem die gemeinsame Jobbörse havenjobs.com eingerichtet. Die erweiterte Reichweite steigert die Wettbewerbsfähigkeit der Hafenunternehmen auf dem Arbeitsmarkt.

Nach einem Jahr befindet sich der Port of Antwerp-Bruges weiter in der Übergangsphase und evaluiert laufend seine Prozesse und Systeme – technisch, operativ und menschlich.

Dirk De Fauw, Bürgermeister der Stadt Brügge und stellvertretender Vorsitzender von Port of Antwerp-Bruges: „Die Fusion ist eine Win-Win-Situation und ein Mehrwert sowohl für Zeebrugge als auch für Antwerpen. Jetzt, ein Jahr nach der effektiven Fusion der beiden Häfen, können wir dies sehr deutlich an den Zahlen ablesen. Dieser Mehrwert zeigte sich übrigens auch bei den gemeinsamen Auftritten im Ausland, die von der Hafenkundschaft sehr geschätzt wurden, wie die fürstlichen Missionen im Vereinigten Königreich, den USA, in Japan und der Besuch des Königspaares im Hafen von Duqm im Oman. Ich bin überzeugt, dass sich dieses Gefühl in Zukunft nur noch verstärken wird. Wir haben hier einen Hafen, auf den wir stolz sein können, denn wir sind der erste Hafen der Welt, der den Ehrgeiz hat, Wirtschaft, Menschen und Klima in Einklang zu bringen.“

Annick De Ridder, Hafenrätin der Stadt Antwerpen und Vorsitzende des Verwaltungsrats des Port of Antwerp-Bruges: „Unser Fusionshafen ist ein Welthafen, der für nachhaltiges Wachstum und wirtschaftlichen Wohlstand sorgt. Er hegt große Ambitionen und steht gleichzeitig vor großen Herausforderungen. Wir haben diese Herausforderungen im ‚Geburtsjahr‘ gemeinsam erfolgreich gemeistert und sind widerstandsfähig und belastbar. In der Zwischenzeit erweist sich die Fusion der sich hervorragend ergänzenden Hafenplattformen in der Praxis als Mehrwert. Unser Fusionshafen ist der Wirtschaftsmotor Flanderns schlechthin. Und dieser Motor läuft weiter, dank der harten Arbeit aller Mitarbeiter:innen, sowohl in Antwerpen als auch in Zeebrugge.“

Jacques Vandermeiren, CEO Port of Antwerp-Bruges: „Nach einem Jahr sind wir nicht nur ein Hafen. Heute, ein Jahr später, erlebe ich auch am Arbeitsplatz täglich, wie wir zu einem eng verbundenen Management und einem eng verbundenen Team zusammengewachsen sind. Dass wir damit einen gemeinsamen Hafen bilden, der auch in geopolitisch und wirtschaftlich herausfordernden Zeiten und in der Energiekrise Bestand hat, hat auch international große Resonanz.“

Quelle und Foto: Port of Antwerp-Bruges