Leistungsfähige Wasserstraßen für Klimaschutz unverzichtbar

Baden-Württemberg und drei andere Länder haben im Rahmen der Länderkonferenz Rhein 2023 mehr Tempo im Interesse einer besseren Binnenschifffahrt gefordert und die fortgeschriebene „Düsseldorfer Liste“unterzeichnet. Die Liste enthält 30 erforderliche Infrastrukturprojekte zur Stärkung der Binnenschifffahrt.

Schulterschluss für den zeitnahen Ausbau von Europas wichtigster Wasserstraße: Drei für Verkehr zuständige Landesminister und eine Landesministerin haben bei der Länderkonferenz Rhein 2023 mehr Tempo im Interesse einer besseren Binnenschifffahrt gefordert.

Welche Auswirkung große Trockenheit auf die Schiffbarkeit des Rheins hat, ist im Sommer 2022 einmal mehr drastisch zu Tage getreten. Durch den Klimawandel, aber auch durch den mangelhaften Zustand der Bundeswasserstraßen werden solche Ereignisse zunehmend die Lieferketten entlang Deutschlands wichtigster Wasserstraße gefährden, wenn nicht zeitnah mit einem maßvollen Ausbau gegengesteuert wird.

Mit Unterzeichnung der fortgeschriebenen „Düsseldorfer Liste“ (PDF)  machten die Verkehrsminister Winfried Hermann (Baden-Württemberg), Tarek Al-Wazir (Hessen), Oliver Krischer (Nordrhein-Westfalen) und Daniela Schmitt (Rheinland-Pfalz) am 4. Mai 2023 in Mannheim deutlich: Für die Stärkung der klimaschonenden Binnenschifffahrt ist höchste Eile geboten. Die ebenfalls von Minister Christian Bernreiter (Bayern) mitunterzeichnete Liste enthält 30 dringend erforderliche Infrastrukturprojekte zur Stärkung des wichtigen Transportwegs zu Wasser, der Binnenhäfen und der begleitenden Infrastruktur. Im Vergleich zur ersten Liste, die vor rund zehn Jahren unterzeichnet wurde, konnten acht Projekte gestrichen werden. 27 wichtige Projekte sind hingegen unverändert enthalten, darunter alle Wasserstraßenprojekte.

„Die Binnenschifffahrt braucht eine Entwicklungsperspektive 2030: Hierzu gehört eine an zunehmende Niedrigwasser angepasste Flotte, einen umsetzungsorientierten Plan gegen den Wassermangel am Rhein und eine funktionierende Infrastruktur“, erklärte Krischer. „Die Aktualisierung der Düsseldorfer Liste macht vor allem eines deutlich: Beinahe eine Dekade nach Verabschiedung der ursprünglichen Liste ist viel zu wenig passiert. Wir sagen: Der Rhein ist die Lebensader der deutschen Wirtschaft. Die Schiffbarkeit des Rheins ist Wohlstandserhalt und Klimaschutz zugleich. Ohne Wasser kein Schiff, ohne Schiff keine Wirtschaft, ohne Wirtschaft keine Verkehrswende.“

Hermann bekräftigte: „Nur wenn es gelingt, die Bundeswasserstraßen und die umgebende Verkehrsinfrastruktur zu stärken, werden wir die Verkehrsanteile der Binnenschifffahrt systematisch steigern können. Wie wichtig es ist, dieses Ziel zu erreichen, zeigen uns die wahrnehmbaren Folgen der Klimakrise immer deutlicher. Es muss endlich auf Bundesebene gehandelt werden, damit für den Industriestandort Deutschland auch künftig leistungsfähige und klimagerechte Bundeswasserstraßen und Binnenhäfen zur Verfügung stehen.“

„Der Rhein sichert uns eine wichtige Anbindung an den internationalen Seehandel, und die Wasserwege haben noch – anders als Schiene und Straße – offene Transportkapazitäten. Zudem verursacht das Binnenschiff pro Tonnenkilometer nur einen Bruchteil des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes eines Lastkraftwagen. Doch der Bund vernachlässigt diesen klima- und umweltfreundlichen Transportweg, obwohl Investitionen hier enormen volkswirtschaftlichen Nutzen entfalten. Das muss sich ändern“, so Al-Wazir.

 Schmitt schließlich ist überzeugt: „Es ist gut, dass der Bundesverkehrsminister die Binnenhäfen und Binnenländer fest im Blick hat und bereits im vergangenen Jahr neue Stellen für prioritäre Vorhaben an der Bundeswasserstraße Rhein bereitgestellt hat. Davon profitiert auch das für den Industriestandort Rheinland-Pfalz so wichtige Projekt der Abladeoptimierung am Mittelrhein.“ Mit der nun vorgesehenen Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung des Bundes könnten zudem zahlreiche Infrastrukturprojekte weiter Fahrt aufnehmen. „Auch für den Transport von Wasserstoff können der Rhein und die Binnenhäfen zukünftig von enormer Bedeutung sein. Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland sind beschleunigte Verfahren, auch im Bereich der Wasserstraßen, also enorm wichtig.“ Daniela Schmitt wies darauf hin, dass auch das Bundesland Rheinland-Pfalz in die Stärkung der Binnenschifffahrt investiere, beispielsweise durch den Ausbau der Landeshäfen oder die Ausstattung der Schiffsanleger mit Landstromanlagen.

Zur Länderkonferenz Rhein 2023 sind am 4. Mai 2023 rund 120 Expertinnen, Experten und ihre Gäste im Barockschloss Mannheim zusammengekommen, um sich über künftige Herausforderungen der Binnenwasserstraßen sowie mögliche Lösungsansätze auszutauschen. Dabei schauten sie in internationalen Fachvorträgen auch auf Erfahrungen in der Schweiz und den Niederlanden.

Die Länderkonferenz Rhein wurde 2013 von den Rheinanrainer-Bundesländern ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Bedeutung und die Belange der Schifffahrt im Rheinstromgebiet als klimafreundliche und sozialverträgliche Transportalternative auf Bundesebene stärker hervorzuheben. Zudem soll die Ausrichtung der Güterverkehrsströme auf die belgischen und niederländischen Seehäfen in der Verkehrspolitik mehr Gewicht bekommen. Als Binnenländer sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für den Im- und Export von Waren und Rohstoffen auf den Zugang zum Meer über krisenfeste Wasserstraßen dringend angewiesen.

Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg, Foto: WSV




Kran im Rampenlicht

Auf dem Gelände von PSA Breakbulk in Antwerpen gibt es seit kurzem Verstärkung. Schon von weitem ist der neue hoch in den Himmel aufragende blaue Schwergut-Raupenkran Liebherr LR 1750 erkennbar. Zur Einweihung erhielt er sogar einen eigenen Namen.

Normalerweise ist die Namensgebung den Schiffen vorbehalten. Doch der von Felbermayr bereitgestellte Schwergutkran am Terminal PSA Breakbulk ist für den Standort so besonders, dass dieser auf der Einweihungsfeier einen eigenen Namen erhalten hat. Die Wahl fiel per Los aus den vorab eingereichten Vorschlägen auf Big Felb.

„Der Schwergutkran ist an diesem Standort ein Unikat und schließt eine Lücke beim Umschlag von Schwerlasten und überdimensionalen Ladungen zwischen 200 und 750 t“, präzisiert Steven Degrauw von PSA Breakbulk. Der Raupenkran ist mobil auf dem Terminal einsetzbar. Die maximale Ausladung beträgt 84 m, die maximale Hakenhöhe liegt bei 105 m. Um die Voraussetzungen für diesen Giganten zu schaffen, wurden zunächst über 1,5 Mio. EUR in eine verstärkte Bodenplatte (Bodendruckkapazität 95 t/m²) investiert. Umgesetzt wurde das Projekt gemeinsam mit dem HSL-Anteilseigner, der Felbermayr Gruppe, die auf Installationen und den Betrieb von schweren Kränen spezialisiert ist.

Big Felb ist gefragt am Terminal, oftmals ist er noch bis 23 Uhr im Einsatz. Einer der ersten Aufträge besteht aus dem Umschlag von 90 Bauteilen mit Gewichten zwischen 20 und 380 t von verschiedenen Sonderfahrzeugen auf das Schwergutschiff GPO Grace. Bestimmt sind diese für den ersten aufzubauenden Windpark in den USA.

Der neue Kran ist Bestandteil des Konzepts, das Terminal zu einer ganzheitlichen Logistikdrehscheibe für Großprojekte auszubauen. Unter dem Namen Project Cargo Ecosystem wird das Terminal zum One-Stop-Shop für Industriepartner. Diese können alle Dienstleistungen für die Unterstützung ihrer Großprojekte aus einer Hand erhalten. Dazu gehören Umschlag, Lagerung, Konsolidierung, Vormontieren und weitere Mehrwertdienstleistungen. „Das Eco in dem Produktnamen Project Cargo Ecosystem steht zum einen für die bevorzugten Branchen aus den Bereichen erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit, die wir mit unserer Dienstleistung erreichen wollen, als auch für den Anspruch, unsere Aktivitäten auf dem Terminal umweltbewusst zu gestalten“, erklärt Degrauw.

Heiko Brückner, CEO von Haeger & Schmidt Logistics, ergänzt: „Wir freuen uns, dass wir seit der Gründung unseres Joint Ventures vor zwei Jahren die Projekt- und Schwergutkompetenz bei PSA Breakbulk stärken konnten. Durch die Investitionen in speziell ausgerüstete Hallen und den Felbermayr-Schwergutkran können wir unseren Kunden am PSA Breakbulk Terminal einen One-Stop-Shop anbieten, der in Antwerpen einzigartig ist. Die sich ergänzenden Dienstleistungen unserer Joint-Venture-Partner ermöglichen es uns, neue integrierte Transportlösungen unter dem Label Project Cargo Ecosystem zu entwickeln.“

Ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt zeigt beeindruckend, dass das neue Konzept und die Investitionen in die Spezialisierung am Standort in Antwerpen greifen. Kürzlich wurde eine gigantische Plattform für die Windenergie auf dem Gelände von PSA Breakbulk montiert und für den Seetransport vorbereitet. Das Aggregat hat sogar einen eigenen Namen: Baltic Eagle. Künftig soll die Giga-Steckdose die Energie von Windkraftanlagen in der deutschen Ostsee bündeln und 475.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen.

PSA Breakbulk sorgte für den Terminalumschlag, die Durchführung der notwendigen technischen Arbeiten und die Materialversorgung von etwa 100 Auftragnehmern. Nach etwa zwei Wochen war die 4.550 t schwere, fünfstöckige Giga-Steckdose versandbereit.

Angesichts des enormen Gewichts konnte die Windenergie-Plattform nur bei Flut auslaufen, die Fahrrinne auf der Schelde war kurzzeitig für den übrigen Schiffsverkehr gesperrt. Etwa eine Woche dauerte es dann noch bis die Baltic Eagle an ihrem Bestimmungsort etwa 30 km vor der deutschen Ostseeküste verankert wurde.

Quelle: Haeger & Schmidt Logistics GmbH, Foto: PSA