Binnenschifffahrt kann im Vergleich punkten

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Dies ist das Fazit einer Podiumsdiskussion auf der Informationsveranstaltung „Hamburg – Braunschweig: Ihre beste Verbindung zu den Weltmärkten“, zu der Hafen Hamburg Marketing e.V. (HHM) Verlader und Spediteure aus der Region Braunschweig eingeladen hatte.

Der Einladung waren am 10. August 2017 65 interessierte Teilnehmer gefolgt, um sich unter anderem über die Entwicklungspotenziale der Binnenschifffahrt, über aktuelle Entwicklungen beim größten Hamburger Umschlagbetrieb, der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), und über das Volkswagen Werk in Braunschweig zu informieren.

In der Diskussionsrunde drehte sich alles um die „Alternative Binnenschiff“. Stefan Kunze, Leiter der HHM-Repräsentanz in Dresden und des Arbeitskreises Binnenschifffahrt, hob hervor, dass dieser Verkehrsträger für den Hamburger Hafen von großer Bedeutung ist. Denn Hamburg ist nicht nur Deutschlands größter Seehafen, sondern auch gleichzeitig der zweitgrößte Binnenhafen der Bundesrepublik. „Die Binnenschifffahrt ist beim Transport von Massengut und Projektladung gut ausgelastet und oftmals die einzige Option. In den See- und Binnenhäfen gibt es für diese Güter gute Umschlagsmöglichkeiten. Aber auch der Containerverkehr bietet trotz teilweise schwieriger Rahmenbedingungen noch viel Entwicklungspotenzial“, leitete Kunze die Podiumsdiskussion ein und lenkte damit den Schwerpunkt auf den Container. Jens Hohls, Geschäftsführer der Hafenbetriebsgesellschaft Braunschweig mbH, ist vom Binnenschiff als zuverlässiger Verkehrsträger im Containerhinterlandtransport überzeugt. Der Hafen Braunschweig bietet durch täglich sechs Binnenschiffsabfahrten in Richtung Hamburg, das starke Güteraufkommen aus der Region und die relativ geringe Entfernung zum Hamburger Hafen gute Voraussetzungen für die Binnenschifffahrt im Wettbewerb mit dem Lkw. Auch das Preis-Leistungsverhältnis stimmt. Wichtig ist für Hohls, dass man mit allen Beteiligten im Dialog bleibt, um über Lösungen für die vorhandene Liegeplatz- und Abfertigungsproblematik an den Seeterminals oder den Stau beim Ausbau der Infrastruktur, zum Beispiel die Erneuerung des Hebewerks in Scharnebeck am Elbe-Seiten-Kanal, konstruktiv zu diskutieren.
Auch Volker Werner, Leiter Containervertrieb der HHLA, setzt auf Kommunikation zwischen Terminalbetreiber und Binnenschiffsunternehmen, um die Potenziale zu heben. Die Terminals der HHLA können an allen Liegeplätzen Binnenschiffe abfertigen. Allerdings hat sich durch die Schiffsgrößenentwicklung die Abfertigung an den Terminals, vor allem durch die Notwendigkeit der kurzfristigen Zu- und Abfuhr großer Containermengen, deutlich verändert. Dabei sind neben dem Binnenschiff auch Bahn und Lkw gefordert. Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss auch das Binnenschiff moderne Datenkommunikation anbieten. „Mit dem Hamburg Vessel Coordination Center bieten wir Binnenschiffsunternehmen die Möglichkeit, die Abfertigung in Hamburg deutlich zu verbessern“, betonte Werner. Wichtig für den Erfolg der Binnenschifffahrt im Containerbereich sei der Dialog mit allen Beteiligten.
Laut Prof. Dr. Jan Ninnemann, Geschäftsführer Hanseatic Transport Consultancy, darf im Rahmen der Kommunikation die Digitalisierung der Abläufe im Binnenschiffsverkehr nicht fehlen, wenn die Branche zukünftig wettbewerbsfähiger sein möchte. Um Abfertigungspeaks bei den Schleusen in Uelzen, Scharnebeck und Geesthacht besser bewältigen zu können, wäre zum Beispiel eine digitale Schleusenrangsteuerung eine Möglichkeit Wartezeiten zu vermeiden.
Adalbert Wandt, Präsident vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. und erfahrener Transportunternehmer, sieht das Binnenschiff als Verbündeten des Lkw an. Obwohl der Lkw für die flächendeckende Bedienung beim Containerverkehr unabdingbar ist, bietet das Binnenschiff mit seinem guten Preis-Leistungsverhältnis viel Potenzial, sodass sich beide in diesem Bereich ergänzen können. Für den Massenguttransport seien das Binnenschiff und die Bahn sowieso die wichtigsten Verkehrsträger, so Wandt.
Das Fazit der angeregten Diskussionsrunde war für Wandt abschließend dann auch, dass das Binnenschiff im Containerverkehr eine sehr gute Alternative zum Lkw-Transport sei. Es gelte allerdings, verbesserte Rahmenbedingungen für die Zukunft zu schaffen, wie zum Beispiel eine ausreichend ertüchtigte Infrastruktur und die Integration von digitalen Strukturen in der Abfertigung. In Konkurrenz mit dem Lkw seien zurzeit im Wesentlichen die niedrigen Frachtraten beim Straßentransport für die Binnenschifffahrt problematisch. Viele Speditionen greifen auf Fahrer aus Osteuropa zurück, um Kosten zu senken und im Wettbewerb bestehen zu können. Dementsprechend günstig ist der Lkw im Vergleich zum Binnenschiff. So fordert Wandt: „Der Lkw muss teurer werden.“ Denn nur so wird das Binnenschiff attraktiver für die Verlader.

Zuvor hatte Volker Werner bereits über die Herausforderungen, der sich Terminalbetreiber im Rahmen von Konsolidierungsprozessen der Reedereien und der aktuellen Schiffsgrößenentwicklung zu stellen haben, referiert. Durch kontinuierliche Investitionen in die Suprastruktur der drei HHLA Containerterminals in Hamburg, ist das Unternehmen bestens auf die Abfertigung von Containerschiffen mit über 20.000 TEU (20-Fuß-Standard-Container) Ladekapazität und 400 Metern Länge vorbereitet. Durch die Fusionen und die Bildung neuer Allianzen hat sich die Reederstruktur an den HHLA-Terminals verändert. Aktuell laufen zwölf Liniendienste die Umschlaganlagen der HHLA regelmäßig mit einer zunehmenden Anzahl von Großschiffseinheiten an.

Ein weiterer Redner war Christoph Brunken, Leitung Transportplanung und Versandsteuerung bei der Volkswagen AG. Er stellte das Volkswagenwerk in Braunschweig vor. Dies beliefert die Marken des VW-Konzerns nicht nur mit Komponenten aus eigener Produktion, sondern organisiert auch die Logistikketten mit den Lieferanten im In- und Ausland. In Europa verbinden sechs Gebietsspediteure per Bahn und Lkw 30 Konzernstandorte und 6.600 Lieferanten miteinander. Und auch in der Überseelogistik werden Arbeitsabläufe gebündelt, um Prozesse effizient zu gestalten, sodass das Volkswagen-Werk in Braunschweig seiner Aufgabe als Komponentenlieferant für die sechs Marken des Konzerns optimal gerecht werden kann, stellte Brunken heraus.

Nach den Vorträgen und der Podiumsdiskussion hatten die Teilnehmer dann in angenehmer Atmosphäre bei einem Grillbuffet die Möglichkeit, sich über die Entwicklungen in Hamburg und in der Binnenschifffahrt auszutauschen. Die von Hafen Hamburg Marketing zum zweiten Mal organisierte Informationsveranstaltung wurde auch in diesem Jahr wieder positiv von den Teilnehmern aufgenommen. Verantwortlich für die Organisation der Veranstaltung war die für diese Region zuständige HHM-Repräsentanz Dortmund unter der Leitung von Volker Hahn.

Quelle und Foto: HHM