Duisburg erhält das erste H2-Bildungszentrum

Nur einen Steinwurf entfernt vom Technologie- und Innovationszentrum Wasserstoff, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr und dem NRW-Wirtschaftsministerium gefördert werden soll, soll ein Bildungszentrum für die Wasserstofftechnologie auf einem Grundstück des Duisburger Hafens entstehen. Gemeinsam mit dem Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) und der Kraftwerksschule Essen (KWS) wollen Stadt und Hafen das Vorhaben umsetzen.

„Wir sehen den Bedarf von Unternehmen und Beschäftigten hier in Duisburg und der Region“, erklärt Oberbürgermeister Sören Link. „Viele Unternehmen planen den Einsatz von Wasserstoff in ihren Prozessen. Aber die Beschäftigten müssen auch die Möglichkeit haben, zu erlernen, wie die neue Technologie angewandt wird.“ Deshalb möchten die Beteiligten das Vorhaben so schnell wie möglich mit der Anschubfinanzierung aus dem 5-Standorte-Programm für den Kohleausstieg angehen und den Bau des H2-Bildungszentrums bis Ende 2024 schaffen.

Markus Bangen, CEO von duisport, sagt: „duisport setzt sich seit Jahren für die Etablierung klimaneutraler Verkehrsstrukturen und die aktive Gestaltung der Energiewende im Transport- und Logistiksektor der Region ein. Wasserstoff nimmt in der Zukunft eine zentrale Rolle ein. Umso wichtiger ist es hier am Standort Fachpersonal zu schulen. Wir freuen uns daher sehr, das Grundstück für das neue H2-Bildungszentrum zur Verfügung stellen und so einen Beitrag zur Entwicklung des Standortes als zentralen Wasserstoffstandort in Deutschland und NRW leisten zu können“.

„Schon jetzt fragen uns Unternehmen aus unterschiedlichsten Industriezweigen, wie sie ihre jetzigen Beschäftigten und die Fachkräfte von morgen auf die vielen Transformationsprozesse vorbereiten können. Wir erwarten in allen Sektoren eine stark wachsende Nachfrage zu Ausbildungs- und Qualifizierungsangeboten entlang der gesamten H2-Wertschöpfungskette“, führt Monika Bartels, Vorstand der KWS, aus. Deshalb solle im H2-Bildungszentrum das gesamte Spektrum angeboten werden – von den klassischen und neuen Ausbildungsberufen bis hin zur Weiterbildung auf Ingenieursniveau.

„Wir möchten die Ausbildungsprogramme für die neuen Technologien wie Wasserstoff- und Brennstoffzelle weiterentwickeln, Fortbildungen für unterschiedliche Interessensgruppen anbieten und an den Universitäten und Hochschulen die Studiengänge in Richtung Wasserstofftechnik und elektrochemische Wandler weiter ausbauen“, ergänzt Peter Beckhaus, Geschäftsführer des ZBT.

Quelle und Foto: Stadt Duisburg, des Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT), der Kraftwerksschule Essen (KWS) und duisport, von links: Dr. Peter Beckhaus (Geschäftsführer ZBT), Markus Bangen (duisport-CEO) Monika Bartels (Vorstand der KWS) sowie Oberbürgermeister Sören Link © Uwe Köppen / Stadt Duisburg




Frischer Wind für die Schifffahrt aus Leer

Alternativen zu den steigenden Energiepreisen sind auch in der Schifffahrt dringend gefragt. Was liegt da näher, als sich auf die Wurzeln der Seefahrt zu besinnen und den Wind zu nutzen? Im Rahmen einer Veranstaltung des Kompetenzzentrums GreenShipping Niedersachsen, gemeinsam mit der Fraunhofer Arbeitsgruppe „Nachhaltige Maritime Mobilität“ und der MARIKO GmbH, gingen 70 Teilnehmer im Maritimen Technikum der Hochschule Emden Leer den Voraussetzungen, Chancen und möglicher Geschäftsmodelle von Segeltechnologien auf den Grund.

Die Beweise für Kraftstoffeinsparungen von Windzusatzantrieben bis zu 20% liegen auf der Hand: insbesondere Flettnerrotoren sind schon auf einigen Schiffen vertreten und sorgen auch bei den anwendenden Reedereien für Begeisterung. „Was nun folgen muss, ist das Scaling-up wie bei den Windkraftanlagen“ zieht Jann Strybny den Vergleich zur Windkraftbranche. Diese habe in den 80er Jahren am gleichen Punkt gestanden wie nun die Windzusatzantriebe: die Machbarkeit und Vorteile sind bewiesen, eine Skalierung zu größeren Anlagen muss folgen. „Wir haben hier am Standort Leer die idealen Voraussetzungen geschaffen, um das Thema Windzusatzantriebe für die weltweite Schifffahrt zu pushen“ so Michael Vahs weiter. Beide Professoren der Hochschule Emden Leer begeistern mit den technischen Finessen des Maritimen Technikums, das im vergangenen Jahr eingeweiht wurde. Sie leiten über zur regionalen Start-up-Szene und Erstanwendern der Technologien, die über ihre Erfahrungen berichten.

So sind Flettnerrotoren aber auch Venti-Foil-Systeme bereits im Einsatz und überzeugen die Reedereien mit den erzielbaren Kraftstoffeinsparungen aber auch mit der einfachen Handhabbarkeit im Betrieb. Es wurde bestätigt, dass es jetzt vor allem darum geht, die erprobten und praxistauglichen Systeme für eine breite Anwendung in größeren Maßstäben in den Markt zu bringen, um noch größere Einspareffekte zu erzielen.

Die Yachttechnologie-Branche kann Erkenntnisse der Weiterentwicklungen der Segeltechnologie der vergangenen Jahre und Jahrzehnte in die Berufsschifffahrt transferieren. Sie hat hier einen immensen Wissens- und Erfahrungsvorsprung, über dessen Crossover-Potenzial Torsten Conradi von Judel/Vrolijk berichtet. Als Vorbild für Windantriebssysteme in der Seeschifffahrt solle das sogenannte „Push-Button-Sailing“ dienen, mit dem moderne Segelyachten im Luxussegment per Knopfdruck von kleinsten Besatzungen gefahren werden können.

Praxisbeispiele von Werften und Zulieferern für Segeltechnologie zeigten, dass die Technik zur Handhabung von großen Segelflächen bereits vorhanden ist und auch in der Seeschifffahrt eingesetzt werden kann. Eine Vergrößerung der Segelsysteme hat im Yachtmarkt in den vergangenen Jahrzehnten bereits stattgefunden und die technischen Lösungen dafür sind mitgewachsen und auch für die Seeschifffahrt verfügbar.

In einem sind sich alle Teilnehmer auch in den Pausen einig: es muss etwas passieren, um den Energieverbrauch und damit die Emissionen sofort zu senken. Windzusatzantriebe sind hier aktuell das Mittel der Wahl, so scheint es unter den Teilnehmern. Doch wie verändert das die Transportwelt? Im dritten Block der Veranstaltung wurde darüber diskutiert, wie sich bestehende Geschäftsmodelle an die andere Ausgangslage bei der Nutzung von Wind als Zusatzantrieb anpassen müssen. In diesem Kontext wurde betont, dass sich Windzusatzantriebe vor allem für Neubauten lohnen, bei denen die Systeme bereits im Entwurfsprozess mitgedacht werden können und so optimale Anpassungen und Einbausituationen vorherrschen. Nichtsdestotrotz seien auch Nachrüstungen von Windzusatzantrieben notwendig und durchführbar, um die Klimaziele schnell zu erreichen.

Als Herausforderung wird nach wie vor gesehen, dass die Projektlaufzeiten für nachträgliche Installationen von Windzusatzantrieben derezit relativ lang sind und damit deutlich mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. Darüber hinaus wurde kritisch bewertet, dass die Zeiträume für den return on invest für viele Reeder zu lang seien und die politischen Rahmenbedingungen nicht zielgerichtet genug seien. Reedereien sehen sich zunehmend damit konfrontiert, dass sie immer mehr finanzielle Aufwände haben, die strenger werdenden Emissionsvorschriften einzuhalten, diese Kosten aber nicht in der Lieferkette entsprechend weitergeben können. Hier müsse ein generelles Umdenken in der Bepreisung von transportierten Produkten stattfinden, um eine nachhaltige Finanzierung zu erreichen.

In Anerkennung ihrer Verantwortung für Wirtschaft und Umwelt hat die Landesregierung das Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen an den Standorten Leer und Elsfleth auf den Weg gebracht, das gezielt und bedarfsgerecht die aktuellen und wichtigen Fragestellungen aufgreift, bewertet und mögliche Lösungen im Themenfeld GreenShipping entwickelt. Dabei wurden umfangreiche Vorarbeiten des Maritimen Strategierates Weser-Ems berücksichtigt. Es geht darum, die verfügbaren fachlichen Kompetenzen mit den relevanten Problemen in Deckung zu bringen und im Rahmen von Projekten bedarfsgerecht auf höchstem technischem Niveau einer Lösung zuzuführen. Mit dem Kompetenzzentrum für GreenShipping stellt sich Niedersachsen den konkreten Herausforderungen, Bedingungen und Wünschen der maritimen Wirtschaft mit dem Ziel, Schifffahrt zu wirtschaftlichen Bedingungen ressourcenschonender und umweltfreundlicher zu gestalten. Dabei soll das Kompetenzzentrum für GreenShipping Niedersachsen bei Umweltproblemen branchenübergreifend den Dialog mit den Beteiligten suchen und Lösungsoptionen koordinieren. Auf der Grundlage einer leistungsfähigen Infrastruktur kann das Kompetenzzentrum zudem eine Plattform für anwendungsorientierte Forschung bieten. Das vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderte Projekt wird von der MARIKO GmbH, dem Maritimen Cluster Norddeutschland e. V. (MCN e. V.), der Hochschule Emden/Leer, der Jade Hochschule, der Fraunhofer Arbeitsgruppe Nachhaltige Maritime Mobilität (Kooperation des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme IWES und der Hochschule Emden / Leer) und dem DLR-Institut Systems Engineering für zukünftige Mobilität gemeinsam realisiert.

Mit der Gründung der „Fraunhofer Arbeitsgruppe Nachhaltige Maritime Mobilität“ in Leer und Bremerhaven wird unter gemeinsamer Leitung eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer Institut für Windenergiesysteme IWES und der Hochschule Emden/Leer aufgebaut. Im Focus steht die wissenschaftliche Erschließung der Segeltechnologie und hybrider Antriebe. Die Gesamtheit der Schiff-Wasserstraßen-Meeresumwelt-Interaktion wird in die Betrachtungen einbezogen. Das Spektrum des wissenschaftlichen Angebots reicht von der Bereitstellung interdisziplinärer Großlaboratorien und dem Bau von Prototypen im Labor- und Realmaßstab bis zu Leistungsprognosen und -validierung sowie einem Test- und Prüfwesen mit internationalem Service.

Die Teams in Leer und Bremerhaven konzentrieren sich in enger Abstimmung auf Designkonzepte und wissenschaftliche Studien für eine emissionsfreie Schifffahrt. Im experimentellen Bereich bildet das Maritime Technikum in Leer das Herzstück der Fraunhofer-Arbeitsgruppe. Die gemeinsamen methodischen Schwerpunkte liegen im Bereich der maritimen Hydro- und Aerodynamik, der Automatisierungs- und Systemtechnik und der Werkstofftechnologie. Hybride Modellkonzepte ergeben sich aus der Verschneidung leistungsfähiger Modellierung und Simulation mit Messtechnologie im Labor und auf See. Eine besondere gemeinsame Expertise liegt in der Nutzung sogenannter Crossover- und Upscaling-Effekte zwischen Segeltechnologie und klassischen Windenergiesystemen.

Quelle und Kontakt: MARIKO GmbH




European Green Corridors Network

Die ersten Häfen in Nordeuropa und in der Ostsee beginnen derzeit mit einer ehrgeizigen Klimaschutz-Partnerschaft mit dem Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping. Gemeinsam werden sie die Grundlage für das neue europäische Netz grüner Korridore bilden, das in seiner Anfangsphase grüne Korridore in Nordeuropa und der Ostsee schaffen soll.

Das Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping startet diese ehrgeizige Initiative mit den Hafenbehörden von Gdynia, Hamburg, Roenne, Rotterdam und Tallinn. Das Projekt wird die frühe Kommerzialisierung von Lieferketten für alternative Kraftstoffe aufzeigen und einen Fahrplan für die Skalierung der Lieferketten sowie eine Blaupause für die Einführung grüner Korridore an anderen Standorten liefern. Um dies zu erreichen, ist ein stufenweiser Ansatz geplant:

  • Vor der Durchführung: Ermittlung der potenziellen Routen, Schiffstypen und Kraftstoffe für die Einrichtung von grünen Korridoren mit großer Wirkung in der Region.
  • Durchführbarkeit: Bewertung der technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Machbarkeit der in die engere Wahl gezogenen Strecken.
  • Umsetzung: Umsetzung der Vision und Einrichtung grüner Korridore in Nordeuropa und an der Ostsee.

Auf dem Weg dorthin werden weitere öffentliche und private Akteure einbezogen, um die gesamte Wertschöpfungskette zu aktivieren, die zur Verwirklichung der Vision erforderlich ist. Grüne Korridore sind als Schlüssel für den Wandel in der Schifffahrt anerkannt, und die Partner des Konsortiums sind stolz darauf, diese Initiative anzukündigen, die die verkündete Clydebank-Erklärung der COP-26 in Glasgow direkt unterstützt.

Bo Cerup-Simonsen, CEO des Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping: „Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Dekarbonisierung der Schifffahrtsindustrie zu beschleunigen und die Klimaziele der EU für 2030 zu erreichen. Die Entwicklung grüner Korridore ist für die Aktivierung von Branchenvorreitern in der gesamten Wertschöpfungskette von entscheidender Bedeutung, und dieses Projekt kann als Referenz für die Branche dienen, um Entwürfe für neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und die gegenseitigen Abhängigkeiten in der maritimen Wirtschaft zu ermitteln. Es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie sich eine ganze Region und verschiedene Interessengruppen dafür einsetzen. Außerdem hoffen wir, dass dieses Projekt dazu beitragen wird, die wichtige Arbeit an den maritimen Standards bei der EU und der IMO zu erleichtern.“

Valdo Kalm, CEO des Hafens von Tallinn: „Bis vor kurzem war der Seeverkehrssektor der einzige Verkehrssektor in der EU, für den keine Ziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen festgelegt wurden. Diese Zeit ist vorbei, und die neue Realität ist da: Wir müssen alle zusammenarbeiten, um die CO2-Emissionen zu reduzieren; es gibt keinen anderen Ausweg. Um die Dekarbonisierung des maritimen Sektors zu erreichen, müssen in den nächsten zehn Jahren emissionsfreie Kraftstoffe und Schiffe in großem Umfang eingesetzt werden. Dies ist zweifellos eine schwierige Aufgabe, aber sie kann durch die Bildung grüner Korridore unterstützt werden, in denen die großen Häfen die erforderlichen kohlenstofffreien Kraftstoffe in dem für das Bunkern erforderlichen Umfang bereitstellen. Der Hafen von Tallinn ist bereit, die Führung bei der Bereitstellung von Lösungen der nächsten Generation für einen emissionsfreien Schiffsverkehr zu übernehmen und gleichzeitig die Ziele des europäischen Green Deal sowie die im EU-Klimagesetz verankerten Ziele für 2030 und 2050 zu unterstützen.“

Thomas Bendtsen, CEO des Hafens von Roenne: „Der Hafen von Roenne möchte eine Schlüsselrolle bei der grünen Transformation spielen, und wir freuen uns über diese ehrgeizige Partnerschaft zur Entwicklung grüner Korridore mit anderen mitteleuropäischen Häfen. Wir freuen uns sehr auf diese Zusammenarbeit.“

Jens Meier, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Port Authority: „Unser Ziel ist es, Maßnahmen zur Dekarbonisierung voranzutreiben – nicht nur innerhalb Hamburgs, sondern auch darüber hinaus. Deshalb setzen wir uns für den Einsatz alternativer Kraftstoffe im Hafengebiet und auf See ein.“

Allard Castelein, CEO des Rotterdamer Hafens: „Der Rotterdamer Hafen steht dieser Initiative sehr positiv gegenüber, da Projekte wie diese dringend benötigte, konkrete Schritte in Richtung einer emissionsfreien Schifffahrt darstellen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Reedereien die Initiative zur Dekarbonisierung ihrer Geschäfte ergreifen und dass die Häfen sie dabei unterstützen, indem sie beispielsweise dafür sorgen, dass die richtige Bunkerinfrastruktur und die entsprechenden Regulierungen rechtzeitig zur Verfügung stehen. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um das Europäische Netz Grüner Korridore zu einem Erfolg zu machen.“

Jacek Sadaj, Vorstandsvorsitzender des Hafens von Gdynia: „Der Hafen von Gdynia beteiligt sich an Initiativen zur Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft in Pommern, die Teil der Strategie ‚Grüner Hafen‘ sind. Grüner Wasserstoff wird mit Energie aus erneuerbaren Quellen hergestellt und kann eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der maritimen Industrie spielen.“

Mit 100.000 Schiffen, die jährlich etwa 300 Tonnen Treibstoff verbrauchen, ist die weltweite Schifffahrt für etwa 3 % der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich, ein Anteil, der wahrscheinlich noch steigen wird, wenn andere Industrien in den kommenden Jahrzehnten gegen die Klimaemissionen vorgehen.

Um das langfristige Ziel der Dekarbonisierung zu erreichen, sind neue Brennstofftypen und ein Systemwechsel innerhalb der Branche erforderlich. Die Schifffahrt ist ein weltweit regulierter Wirtschaftszweig, der die Möglichkeit bietet, die Einführung neuer Technologien und Kraftstoffe auf breiter Basis zu gewährleisten.

Um die Entwicklung tragfähiger Technologien zu beschleunigen, sind koordinierte Anstrengungen in der angewandten Forschung über die gesamte Lieferkette hinweg erforderlich. Führende Vertreter der Industrie spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Laborforschung erfolgreich zu skalierbaren Lösungen weiterzuentwickeln, die den Anforderungen der Industrie entsprechen. Gleichzeitig werden neue Rechtsvorschriften erforderlich sein, um den Übergang zur Dekarbonisierung zu ermöglichen.

Das Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping ist ein gemeinnütziges, unabhängiges Forschungs- und Entwicklungszentrum, das in den Bereichen Energie und Schifffahrt mit Industrie, Hochschulen und Behörden zusammenarbeitet. Gemeinsam mit seinen Partnern erforscht das Zentrum mögliche Wege zur Dekarbonisierung, erleichtert die Entwicklung und Umsetzung neuer Energietechnologien, schafft Vertrauen in neue Konzepte und ihre Lieferketten und beschleunigt den Übergang durch die Definition und Ausreifung gangbarer strategischer Wege zum erforderlichen Systemwandel. Das Zentrum hat seinen Sitz in Kopenhagen, arbeitet aber mit Partnern auf der ganzen Welt zusammen.

Das Zentrum wurde 2020 mit einer Startspende von 400 Mio. DKK der A.P. Moller Foundation gegründet. Zu den Unternehmenspartnern des Zentrums gehören: Alfa Laval, American Bureau of Shipping, A.P. Moller – Maersk, bp, Cargill, Haldor Topsoe, MAN Energy Solutions, Mitsubishi Heavy Industries, Mitsui, NORDEN, NYK Line, Seaspan Corporation, Siemens Energy, Stolt Tankers, Sumitomo Corporation, Swire Group, TotalEnergies, DP World und V.Group. Weitere Informationen finden Sie unter www.zerocarbonshipping.com.

Quelle und Foto: Port of Rotterdam




Erster Luftraum für den Einsatz von Dronen

Um die zunehmende Anzahl von Dronen-Flugbewegungen über dem Rotterdamer Hafengebiet in geregelte Bahnen zu lenken, führt der Hafenbetrieb ein Pilotprojekt für Verkehrsregeln und -management im „unteren Luftraum“ durch. Eine Premiere in den Niederlanden. Demnächst begann das Ausschreibungsverfahren für Parteien, die den Hafen bei diesem Vorhaben unterstützen können.

Der bemannte Flugverkehr wird von den erfahrenen Kräften der Flugverkehrsleitung der Niederlande abgewickelt, während die Abteilung Hafenmeister den Schiffsverkehr in Rotterdam und Umgebung begleitet. Für den professionellen Dronenverkehr im „Very Low Level Airspace“, beziehungsweise im unteren Luftraum, besteht bisher keine vergleichbare Kontrollinstanz. Die Tests des Hafenbetriebs Rotterdam sollen Aufschluss darüber verschaffen, wer am besten für diese Tätigkeit geeignet ist und welche effektiven Regeln für die Nutzung des Luftraums erforderlich sind.

Die Zahl der Dronenflüge nimmt stetig zu. Bisher werden sie für Inspektionen, zur Gefahrenabwehr und für die Verbrechensaufklärung eingesetzt, aber schon bald sollen auf diesem Wege auch Pakete zugestellt werden. Eine positive Entwicklung, die zu den Bestrebungen des Hafenbetriebs Rotterdam passt, ein sauberer und intelligenter Hafen zu sein. Dronen sind schnell, nicht umweltbelastend, wartungsarm, relativ kostengünstig und sicher. Im hybriden Hafen der Zukunft sollen außer Schiffen, Zügen und Lkw auch Dronen für den Transport von Frachtgütern und Passagieren eingesetzt werden. Die ersten Vertiports (Flughäfen für Maschinen, die vertikal landen und starten) in Rotterdam können möglicherweise schon im Jahr 2024 getestet werden. Für 2026 werden die ersten kommerziellen Flüge in fliegenden Taxis erwartet, die zunächst allerdings noch von einem Piloten gesteuert werden. Hersteller entwickeln zurzeit Dronen für die Beförderung von zwei bis sechs Fluggästen.

Zum Hafengebiet haben nur Dronenbetreiber Zugang, die über eine Genehmigung der niederländischen Aufsichtsbehörde für menschliche Umwelt und Verkehr („Inspectie Leefomgeving en Transport“) verfügen. In Zukunft soll es kein Ausnahmefall mehr sein, dass im Luftraum mehrere Dronenflüge gleichzeitig stattfinden. Da die Sicherheit im Rotterdamer Hafen höchste Priorität hat und Rettungsdienste (wie Rettungs- und Polizeihubschrauber) nicht bei ihrer Arbeit behindert werden dürfen, hat der Hafenbetrieb eine Ausschreibung für Unternehmen organisiert, die Systeme für die Kontrolle von unbemanntem Flugverkehr („Unmanned Traffic Management“) anbieten. Diese „UTM“ oder „U-Space“ überwachen, welche Dronen sich in der Luft befinden und ob die Flüge genehmigt wurden, um den Dronenverkehr in geregelte Bahnen zu lenken.

Außer den Unternehmen und Behörden, die sich mit dem Dronenflug befassen, sind auch die niederländischen Ministerien für Verteidigung und Infrastruktur („Ministerie van Defensie en Infrastructuur“) & Wasserwirtschaft („Waterstaat“) an dem Projekt „Rotterdam prototype U-Space Airspace“ beteiligt, ebenso wie die oben genannte Aufsichtsbehörde für menschliche Umwelt und Verkehr („Inspectie Leefomgeving en Transport“). Mithilfe des Prototyps will man sich einen fundierten Eindruck davon verschaffen, welche Tätigkeiten und wie viel Arbeit für die Dronen-Luftraumkontrolle eingeplant werden müssen, welche Kosten anfallen und wer die Arbeiten an besten ausführen kann. All das, um langfristig die Sicherheit im Luftraum garantieren zu können. Der Testdurchlauf beginnt Mitte 2022 und wird zwei Jahre lang dauern. Nach Abschluss können endgültigere Entscheidungen über die Einrichtung der Dronen-Luftraumkontrolle gefällt werden.

Quelle und Foto: Port of Rotterdam




Digitale Frachtdokumente

Mit den Ergebnissen des SINLOG-Forschungsvorhabens zur Digitalisierung der Binnenschifffahrt wird ein weiterer, wichtiger Schritt zur Mobilität und Logistik 4.0 in Deutschland und in Europa geleistet. Frachtinformationen werden nicht mehr als Papier, sondern medienbruchfrei, digital zwischen allen Akteuren über die gesamte Logistikkette ausgetauscht. Die Praxistauglichkeit der entwickelten SINLOG Applikation wurde in einem umfangreichen Feldtest erfolgreich nachgewiesen.

Zudem wurde eine mögliche Absicherung des Datenaustauschs durch die Blockchain Technologie identifiziert und bewertet. Das Forschungsvorhaben wurde unter Leitung der Management- und Technologieberatung BearingPoint mit den Kooperationspartnern Fraunhofer Institut FIT, Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen, der Mainschifffahrts-Genossenschaft MSG, dem Hafen Trier und der Beratungsagentur PMMG durchgeführt.

Die Binnenschifffahrt stellt mit ihren Transportkapazitäten ein wichtiges Glied der multimodalen Logistikkette dar. Allerdings ist im Vergleich zu Straße und Schiene der Digitalisierungsgrad beim frachtbezogenen Datenaustausch noch wesentlich geringer. Medienbrüche und die damit verbundenen Integrationsschwierigkeiten in digitale Transportinformationssysteme bremsen das Wachstumspotenzial der Branche.

Um die Binnenschifffahrt mittels Digitalisierung besser in multimodale Transportketten zu integrieren, startete im August 2019 das Forschungsprojekt SINLOG (Laufzeit bis 10/2021) – mit einem Fördervolumen von 1.852.584 € gefördert durch die Initiative mFUND des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Der Feldtest wurde vom November 2020 bis Mai 2021 mit Partnern der Logistik unter Realbedingungen erfolgreich durchgeführt.

Eine Befragung unter den 85 Teilnehmenden des Feldtests ergab eine hohe Zufriedenheit mit der digitalen Anwendung. Die Teilnehmenden konnten durch Digitalisierung die Bearbeitung und Weitergabe von Frachtinformationen mit SINLOG schneller abwickeln, Doppelarbeit vermeiden sowie Kommunikations- und Übertragungsfehler reduzieren. Ein digitales Monitoring entlastete die Akteure in der Dokumentation und Kommunikation zum Warentransport zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern.

Für die Binnenschifffahrt bietet der Datenaustausch über SINLOG den Nutzen eines gemeinsamen Standards in den Frachtinformationen mit einer einfachen Datenübernahme in die eigenen IT-Systeme, um die Transportaufträge zu verwalten und zu steuern. Der digitale Austausch beruht auf einem Rollen- und Rechtekonzept und wahrt die individuellen wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Unternehmen. Das in SINLOG definierte Datenaustauschformat zu Frachtinformationen hat damit zudem bereits im Vorgriff auf eFTI und die EU-Vorgaben zu zukünftigen digitalen Meldungen im Transportwesen seinen Praxisbezug demonstriert.

In Summe wird mit den Ergebnissen des Forschungsvorhabens auch ein übergeordnetes Ziel der Mobilität unterstützt. Die Binnenschifffahrt wird als – auf den transportierten Tonnenkilometer bezogen – ökologischstes Transportmittel im Vergleich zu LKW und Güterzug digital im Wettbewerb gestärkt.

Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND fördert das BMDV seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um digitale datenbasierte Anwendungen für die Mobilität 4.0. Neben der finanziellen Förderung unterstützt der mFUND mit verschiedenen Veranstaltungsformaten die Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Forschung sowie den Zugang zum Datenportal mCLOUD. Weitere Information finden Sie hier.

BearingPoint ist eine unabhängige Management- und Technologieberatung mit europäischen Wurzeln und globaler Reichweite. Das Unternehmen agiert in drei Geschäftsbereichen: Der erste Bereich umfasst das klassische Beratungsgeschäft, dessen Dienstleistungsportfolio People & Strategy, Customer & Growth, Finance & Risk, Operations sowie Technology umfasst. Im Bereich Business Services bietet BearingPoint Kunden IP-basierte Managed Services über SaaS hinaus. Im dritten Bereich entwickelt BearingPoint gemeinsam mit Kunden und Partnern neue, innovative Geschäftsmodelle.

Zu BearingPoints Kunden gehören viele der weltweit führenden Unternehmen und Organisationen. Das globale Netzwerk von BearingPoint mit mehr als 10.000 Mitarbeitern unterstützt Kunden in über 70 Ländern und engagiert sich gemeinsam mit ihnen für einen messbaren und langfristigen Geschäftserfolg.

Quelle: BearingPoint




Universität, Hochschule und Bundesanstalt kooperieren

Die Universität Koblenz-Landau, die Hochschule Koblenz und die Bundesanstalt für Gewässerkunde wollen noch enger im Bereich Wasser zusammenarbeiten. Dazu schlossen die drei Einrichtungen nun ein Kooperationsabkommen.

In dem Kooperationsabkommen vereinbaren die drei Institutionen eine engere Zusammenarbeit auf verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten. Mit dem Abkommen sollen unter anderem der freie Austausch von Erkenntnissen sowie Daten gefördert und gemeinsame wissenschaftliche Projekte unterstützt werden. Studierende und Mitarbeitende der drei Einrichtungen profitieren unmittelbar: So wollen die drei Einrichtungen zukünftig vermehrt gemeinsame Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten ermöglichen und den Zugang zu den jeweiligen Bibliotheken vereinfachen. Die Kooperationsvereinbarung beinhaltet zudem die gegenseitige Nutzung von Groß- und Laborgeräten.

Herzstück der Kooperation sind Vereinbarungen, die Lehrangebote für gemeinsame Studiengänge ermöglichen. Die Planungen für einen von der Universität in Koblenz, Hochschule Koblenz und der Bundesanstalt für Gewässerkunde getragenen Bachelor- sowie Master-Studiengang sind bereits weit fortgeschritten. Der Studiengang „Gewässerkunde und Wasserwirtschaft“ soll voraussichtlich im Wintersemester 2023/2024 starten.

Der Studiengang beinhaltet aktuelle Themen: Der Klimawandel, der Eintrag von Spurenstoffen in Gewässer, eine alternde Wasserverkehrs-Infrastruktur und veränderte gesellschaftliche Ansprüche stellen die Gewässer-Ökosysteme überall und die Wasserstraßen vor große Herausforderungen. Zur Bewältigung und Lösung der drängenden Aufgaben wird eine neue Generation interdisziplinär ausgebildeter Wasser-Expert/-innen benötigt. Der Koblenzer Wasserstudiengang ist durch die Beteiligung der Bundesanstalt für Gewässerkunde, einer Ressortforschungseinrichtung des Bundes, etwas Besonderes und kombiniert die Wasser-Expertise der drei beteiligten Einrichtungen.

„Der neue Studiengang erweitert das attraktive Studien-Angebot der Universität in Koblenz um ein innovatives, zukunftsweisendes Fach mit exzellenten beruflichen Perspektiven. Unsere Kooperation stellt eine Bereicherung für die im Bereich Wasser Forschenden, die Studierenden sowie Absolventen der Gewässerkunde und Wasserwirtschaft dar. Darüber hinaus bilden wir Fachkräfte aus, die dem Klimawandel entgegenwirken können“, betont Prof. Dr. Stefan Wehner, Vizepräsident für Koblenz der Universität Koblenz-Landau.

„Die Kooperation ist eine großartige Möglichkeit, den Wissenschaftsstandort Koblenz im Bereich der Hydrologie, der Gewässerkunde und Wasserwirtschaft zu positionieren und die fachliche Expertise der drei Einrichtungen zu bündeln“, erklärt der scheidende Präsident der Hochschule Koblenz, Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran.

„Wir engagieren uns seit Jahren mit zwei Professuren in der Lehre der Universität Koblenz-Landau und haben ausgezeichnete Erfahrungen mit in unserem Haus betreuten Absolventen gesammelt. Durch die Kooperation bauen wir zudem unsere Beratungskompetenz rund um die Bundeswasserstraßen weiter aus. Der geplante Studiengang ist eine große Chance für uns, hervorragend ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen“, sagt die Leiterin der BfG, Direktorin und Professorin Dr. Birgit Esser.

Quelle: BfG, Foto: Michael Hils/ BfG, v.l.r.: Prof. Dr. Kristian BosselmannCyran, Professorin Dr. Birgit Esser und Prof. Dr. Stefan Wehner nach der Unterzeichnung des Kooperationsabkommens.




Rumpf von AVATAR in Gent angekommen

Eines der Ziele von AVATAR ist der Bau eines neuen, hochautomatisierten Schiffes (Ladekapazität 25 Tonnen, emissionsfrei), das für die Güterverteilung in der Stadt eingesetzt werden soll. Der Rumpf des neuen AVATAR-Schiffs ist jetzt in Gent angekommen.

Seit 2020 arbeitet die Logistik-Initiative Hamburg gemeinsam mit 9 Partnern aus Deutschland, Belgien, Niederlande und Schweden an Konzepten für die Zukunft der letzten Meile durch die Nutzung von Kanälen und Wasserwegen. Beim Bau des „AVATAR-Schiffs wurde nun ein wichtiger Meilenstein erreicht. Der Rumpf des Schiffs wurde in einem niederländischen Werftbetrieb fertiggestellt und zur weiteren Entwicklung Mitte Januar 2022 nach Belgien transportiert, wo es in Gent bald zum Einsatz kommen soll.

In Absprache mit den Schiffbauarchitekten, den technischen Ingenieuren und der Werft wurden dabei im Laufe des letzten Jahres zahlreiche Anpassungen am ursprünglichen Entwurf des Schiffes vorgenommen. So wurden beispielsweise Ballasttanks für 10.000 Liter Ballast eingebaut, die es uns ermöglichen, das Schiff zum Be- und Entladen auf verschiedene Kaihöhen anzuheben. Dies trägt auch zur Stabilität des Schiffes bei und ermöglicht es uns, unter den vielen historischen Brücken Gents hindurchzufahren, die nicht mehr geöffnet werden können.

Die Schiffskonstruktion ist an die Binnenwasserstraßen der Stadt Gent angepasst. Es handelt sich um ein Flachschiffmodell mit einem Fassungsvermögen von 25 Tonnen, das aus Aluminium gefertigt ist. Mit einer Größe von ca. 15 m x 4 m und einem Tiefgang von 0,4 m ist es perfekt für die flachen Gewässer der mittelalterlichen Stadt geeignet. Der Antrieb erfolgt über einen vollelektrischen Motor mit einem Batteriepaket, wodurch das Schiff emissionsfrei unterwegs ist. Die mögliche Fahrzeit einer Batterieladung wird mindestens acht Stunden bei einer Geschwindigkeit von 9 km/h betragen. Das Schiff wird von einem Skipper gesegelt, ist aber bereits für automatisiertes Segeln auf hohem Niveau vorbereitet.

Im nächsten Schritt wird das Projektteam das neue AVATAR-Schiff mit dem entsprechenden Motor und der entsprechenden Ausrüstung ausstatten. Die Projektpartner E. Van WingenKU Leuven und SEAFAR werden federführend an dieser Entwicklung beteiligt sein. Ziel ist es, mit dem neuen AVATAR-Schiff am Sommer 2022 in der Stadt Gent mit Tests unter realitätsnahen Bedingungen zu beginnen. Zusammen mit den federführenden Projektpartnern wird hierfür aktuell ein Koordinierungsplan erstellt.

Quelle: Logistik-Initiative Hamburg Management GmbH, Foto: Opleidingscentrum voor Hout en Bouw vzw – Peter Geirnaert




ZKR und viadonau rücken Landstrom in den Fokus

160 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 14 europäischen Ländern trafen sich jetzt im virtuellen Konferenzraum der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) und viadonau, um sich über das Thema Landstrom an Liegestellen auszutauschen.

Hans-Peter Hasenbichler, Geschäftsführer von viadonau, und Yann Quiquandon, als Vertreter der französischen ZKR-Präsidentschaft, eröffneten den Workshop und umrissen in ihren Grußworten die Herausforderungen, vor denen die Binnenschifffahrt in den kommenden Jahren stehen wird. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Emissionsreduzierung und die damit zusammenhängende Anpassung der Infrastruktur. Das Ziel, eine emissionsfreie Binnenschifffahrt bis 2050 zu erreichen, betrifft nicht nur die Antriebsanlagen der Binnenschiffe, sondern auch die Energieversorgung zum Betrieb der Anlagen an Bord während des Liegens an Liegestellen. Es müssen gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, um sowohl Treibhausgas-, Schadstoff- als auch Lärmemissionen zu reduzieren bzw. größtenteils zu eliminieren. Nicht zuletzt stellt dies einen wichtigen Beitrag dar zur Akzeptanz und damit zum Erhalt von Liegestellen insbesondere im innerstädtischen Bereich.

Als Einstieg in den Workshop wurde der Stand der Entwicklung der land- und schiffsseitigen europäischen Normen sowie der Stand des Aufbaus von Landstromanschlüssen in den Niederlanden und den dort eingesetzten Standards präsentiert. Es wurde betont, dass nicht nur eine länderübergreifende Standardisierung des Landstromanschlusses, sondern auch eine Vereinheitlichung des Bedien- und Bezahlsystems sowie eine Schließung der aus Sicht der Teilnehmer:innen noch bestehenden Normungslücken, zum Beispiel für Anschlüsse zwischen 125 und 250 Ampere, erforderlich ist.

Aus der Perspektive der Benutzer:innen wurde über praktische Erfahrungen mit der Nutzung von Landstromanschlüssen berichtet. Insbesondere wurde die Frage nach der Bedienfreundlichkeit der Landstromanlagen aufgeworfen, beispielsweise hinsichtlich der technischen Verfügbarkeit, der Vereinheitlichung der Anschlüsse, aber auch hinsichtlich erforderlicher Ansprechpartner bei technischen Problemen. Es bestand Konsens bei den Vertreter:innen des Binnenschifffahrtsgewerbes darüber, dass die Liegestellen als ein Teil des Gesamtsystems Binnenschifffahrt gedacht werden müssen. Liegestellen haben eine bedeutende Rolle für die Schifffahrt, insbesondere für die Besatzung. Dabei sollten auch die Bedürfnisse des Menschen in das Zentrum des Systems Binnenschifffahrt gerückt werden. Dies bedeutet, dass nicht zuletzt auch die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz der Binnenschiffer:innen im Vordergrund stehen muss.

Erste Erfahrungen aus Pilotprojekten zur Ausstattung von Liegestellen mit Landstrom liegen vor und weitere Pilotvorhaben sind in Planung. Vertreter:innen von Behörden und Betreibern wiesen auf den Handlungs- und Klärungsbedarf zu betrieblichen, technischen und praktischen Aspekten hin, zum Beispiel zu ausreichenden Stromstärken oder auch zur Kabelverlegung beim Liegen in doppelter Breite. Es zeigte sich, dass noch nicht auf alle Fragen Antworten vorliegen und weiterhin Bedarf für gegenseitigen Informationsaustausch über den Binnenschifffahrtsektor hinaus besteht. Die schiffsseitigen Anforderungen und Randbedingungen müssen mit denen der Infrastruktur landseitig wechselseitig betrachtet und gemeinsam entwickelt werden. Nicht zuletzt muss im Blick behalten werden, wie sich die schiffsseitige Ausstattung mit Akkumulatoren zur autarken Stromversorgung während des Liegens entwickeln wird.

Der Workshop lenkte den Blick auch in die Zukunft. Es wurde die Frage gestellt, wie die zukünftigen Antriebsformen aussehen werden. Die Roadmap der ZKR gibt hierzu erste Hinweise. Es wird erwartet, dass in den kommenden Jahren der Bedarf nach Strom für den Antrieb steigen und dies die landseitigen Stromnetze vor neue Herausforderungen stellen wird. Eine weitere Herausforderung wird darin bestehen, nachhaltig produzierten Strom der Binnenschifffahrt in ausreichender Menge verfügbar machen zu können. Die zukünftigen Entwicklungen müssen auf jeden Fall weiter aufmerksam verfolgt werden.

In der anschließenden Diskussion waren sich die Teilnehmer:innen einig, dass die Versorgung der Schiffe an den Liegestellen mit Landstrom einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Emissionsziele und zur Zukunftsfähigkeit der Binnenschifffahrt liefert, nicht zuletzt im Kontext der Roadmap der ZKR und des Europäischen „Green Deals“. Die Teilnehmer:innen appellierten, dass Unterstützung durch die Staaten und die Europäische Kommission für eine erfolgreiche Umsetzung unerlässlich ist. Es müssen Partnerschaften gebildet und es muss außerhalb gewohnter Muster gedacht werden. Bei den Liegestellen – wie auch bei anderen Aspekten die Binnenschifffahrt betreffend – sollte ein Korridoransatz verfolgt werden, um zum Beispiel die Verteilung der Landstromanschlüsse mit dem Bedarf in Einklang zu bringen.

Der Workshop war ein Element in einer Reihe von Aktivitäten, die mit dem durch die ZKR und viadonau 2018 in Wien organisierten Workshop zum Thema Liegestellen begannen und die gemeinsam im Interesse der Rheinschifffahrt und europäischen Binnenschifffahrt vorangebracht werden müssen. Mit diesen Aktivitäten unterstützen beide Organisationen die zentrale Forderung seitens der Vertreter der Binnenschifffahrt nach einer international abgestimmten Umsetzung und nach einem offenen Dialog mit den Beteiligten.

Der Workshop lieferte zu den verschiedenen Fragestellungen wichtige Impulse und bot eine Plattform für eine offene Diskussion aller am Wasserstraßentransport Beteiligten. Es liegt noch viel Arbeit vor den Entscheidungsträger:innen und Planer:innen. Die Herausforderungen sollten gemeinsam angegangen und die Lösungen international und interdisziplinär abgestimmt werden. Die Binnenschifffahrt spielt bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels eine wichtige Rolle und muss daher intensiv unterstützt werden.

Informationen zum Workshop sowie die Präsentationen gibt es auf der Webseite der ZKR.

Quelle und Foto: via donau – Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH




Projekt Antwerp@C halbiert CO2 Fußabdruck

Antwerp@C, eine Initiative von Air Liquide, BASF, Borealis, ExxonMobil, INEOS7, TotalEnergies, Fluxys und dem Hafen von Antwerpen hat zum Ziel, die Bemühungen der Industrie zur Halbierung der CO2-Emissionen im Hafen von Antwerpen bis 2030 durch die Errichtung einer gemeinsamen CO2-Infrastruktur zu unterstützen. Mit dem Beginn der technischen Studien hat das Projekt nun einen neuen Meilenstein erreicht, um einen nachhaltigeren, kohlenstoffärmeren Betrieb rund um den Hafen von Antwerpen zu ermöglichen.

Es wäre eine der ersten und weltweit größten multimodalen CO2-Exportanlagen mit öffentlichem Zugang. Die sieben führenden Chemie- und Energieunternehmen wollen damit einen wesentlichen Beitrag zu den Klimazielen Belgiens und der EU leisten.

Nach Abschluss einer Machbarkeitsstudie in 2021 tritt Antwerp@C nun mit dem Beginn technischer Studien in die nächste Phase ein. Dabei wird der Bau eines zentralen „Backbone“ im gesamten Hafen von Antwerpen entlang der Industriegebiete am rechten und linken Scheldeufer weiter untersucht. Teil der technischen Studien ist auch eine gemeinsame CO2-Verflüssigungsanlage mit Zwischenlagerung und Schiffsladeeinrichtungen für den grenzüberschreitenden Transport. Diese Studien werden teilweise durch Zuschüsse der Connecting Europe Facility (CEF) und der flämischen Regierung zur Machbarkeitsstudie und durch Beiträge aller Teilnehmenden des Konsortiums finanziert. Nach Abschluss der technischen Studien wird eine endgültige Investitionsentscheidung für die erste Phase Ende 2022 erwartet.

In der Zwischenzeit haben Fluxys, Air Liquide und Pipelink (eine Tochtergesellschaft des Hafens von Antwerpen) eine „Open Season“ organisiert, um die anfängliche Nachfrage nach der geplanten CO2-Infrastruktur zu ermitteln. Die Open Season war eine Einladung an alle Unternehmen im weiteren Umkreis des Hafens von Antwerpen, ihr Interesse an einer CO2-Transport- und/oder CO2-Terminierungsinfrastruktur in Antwerpen zu bekunden. Die vom Markt gesammelte Reaktion wird berücksichtigt, um eine endgültige Investitionsentscheidung zu treffen.

Der Hafen von Antwerpen beherbergt den größten integrierten Energie- und Chemiecluster Europas. Damit ist er der ideale Standort für neue, grenzüberschreitende Kooperationsprojekte zur innovativen CO2-Reduzierung. Zu diesem Zweck haben sich die genannten Unternehmen Ende 2019 unter dem Namen Antwerp@C zusammengeschlossen, um die technische und wirtschaftliche Machbarkeit des Aufbaus einer CO2-Infrastruktur zur Unterstützung künftiger CCUS-Anwendungen (Carbon Capture Utilization & Storage) zu untersuchen. Das bedeutet, dass Abscheidung, (Wieder-)Verwendung und Speicherung von CO2 als wichtige Wege für den Übergang des Antwerpener Hafens zu einem kohlenstoffneutralen Hafen angesehen werden.

Jacques Vandermeiren, CEO des Hafens von Antwerpen: „Es ist an der Zeit, den Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft zu vollziehen. Europa nimmt auf globaler Ebene eine Vorreiterrolle ein. Mit Antwerp@C verfügt der Hafen von Antwerpen über den Schlüssel zur Realisierung eines innovativen grenzüberschreitenden CCUS-Projekts, das hinsichtlich seines Konzepts und Umfangs einzigartig ist. Wir möchten gerne in die nächste Phase der technischen Studien eintreten, da dieses Projekt einen Beitrag zu den flämischen, belgischen und europäischen Klimazielen und zu den erhöhten EU-Zielen für 2030 zur Emissionsreduzierung auf mindestens 55 Prozent leisten wird.“

Wouter de Geest, Vorstandsvorsitzender von Antwerp@C: „Die wichtige Entscheidung, mit der Planung eines so komplexen Projekts zu beginnen, bestätigt das Engagement aller Partner für ihre Klimaziele. Die Unterstützung dieses Engagements durch verschiedene Behörden war unerlässlich, um diese Entscheidung zu treffen, und wird auch während der weiteren Entwicklung des Projekts unerlässlich bleiben. Gemeinsam sind wir viel stärker und können das Industriecluster im Hafen von Antwerpen umgestalten.“

Pascal De Buck, CEO von Fluxys: „Das Antwerp@C-Projekt ist Teil des allgemeinen Projektansatzes von Fluxys, um den Aufbau der erforderlichen Dekarbonisierungsinfrastruktur in ganz Belgien und in Richtung der Nachbarländer zu unterstützen. Sowohl für CO2 als auch für Wasserstoff arbeiten wir mit spezifischen Infrastrukturvorschlägen, derzeit in fünf und in Kürze in sechs wichtigen Industrieclustern. Gemeinsam mit dem Markt bereiten wir die Infrastruktur Schritt für Schritt vor. Innerhalb der Industriecluster, zwischen den Clustern und auch mit Verbindungen zu den Nachbarländern wie in Antwerpen. Auf diese Weise wird unser Land zu einer Drehscheibe für die Moleküle für eine kohlenstoffneutrale Zukunft.“

Quelle und Foto: Port of Antwerp




Wieviel Güterverkehr kann die Schiene?

Der Vizepräsident der gemeinnützigen Verkehrsinitiative Pro Mobilität e.V., BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Foto), hat jetzt die Studie „Faktencheck Güterverkehr in Deutschland – Von der fehlenden Infrastruktur zum Verlagerungspotenzial“ in einer Online-Pressekonferenz vorgestellt. Die Studie wurde vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) e.V. unter Federführung von IW-Senior Economist Thomas Puls im Auftrag von Pro Mobilität erarbeitet.

Ziel des Faktenchecks war es, das Verlagerungspotenzial der Schiene im Güterverkehr zu untersuchen. Nachdem jede Bundesregierung aufs Neue mehr Verlagerung auf die Schiene gefordert hat, galt es einmal festzustellen: Wieviel Güterverkehr kann die Schiene wirklich?

Ø  Der Gütertransport ist unverzichtbares und unvermeidbares Fundament unseres Wohlstandes. Konsument/-innen nutzen immer stärker den Onlinehandel, was steigenden Güterverkehr nach sich zieht.

Ø  Der bauliche Zustand und die Kapazität der Verkehrsinfrastruktur (Straße und Schiene) sind bereits den heutigen Anforderungen nicht gewachsen, und den zukünftigen noch viel weniger: Hier muss nicht nur massiv investiert werden – es gilt ebenso, die Planungsdauer signifikant zu verkürzen und die Organisation der Baudurchführung zu optimieren!

Ø  Unterschiedliche Verkehrsträger bedienen unterschiedliche Märkte: Eisenbahn und Binnenschiff dominieren den Massenguttransport über lange Strecken, der Lkw ist im Baubereich, bei Lebensmitteln und beim Verteilerverkehr in der Fläche führend.

Ø  Fazit: Das Verlagerungspotential ist stark begrenzt. Traditionelle Transportgüter der Schiene, wie Kohle und Mineralölerzeugnisse werden an Bedeutung verlieren. Aufgrund der Struktur der beförderten Güter ist eine Verlagerung vom Lkw auf die Schiene mengenmäßig schlicht limitiert. Gerade der boomende Onlinehandel bedarf aufgrund der Kleinteiligkeit der Sendungen der Feinverteilung mit dem Lkw.

Ø  Wo geht noch was? Der Kombinierte Verkehr Straße/Schiene ist seit Jahren das wichtigste Wachstumssegment im Schienengüterverkehr, und hier liegt auch das größte Verlagerungspotenzial für die Zukunft, das es zu heben gilt!

Pro Mobilität-Vizepräsident Prof. Dr. Dirk Engelhardt: „Ein solcher Faktencheck war lange überfällig. Jahrzehntelang betreibt die deutsche Politik Verkehrsverlagerung – mit stark überschaubarem Erfolg. Das hat Gründe, wie die Studie jetzt zeigt. Zum einen sind enorme finanzielle, juristische und organisatorische Anstrengungen erforderlich, um die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zukunftsfit zu machen – dies gilt sowohl für die Straße als auch für die Schiene! Zum anderen dürfen die beiden Verkehrsträger nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern müssen miteinander verzahnt werden! Das gelingt am besten im Kombinierten Verkehr Straße/Schiene.

Unabhängig davon ist zu konstatieren, dass alle Prognosen den Lkw auch im Jahre 2050 als den mengenmäßig wichtigsten Verkehrsträger erachten. Das zeigt mit Blick auf den Klimaschutz: Der Schlüssel zum klimaneutralen Güterverkehr liegt in der Dekarbonisierung der Energieversorgung des Lkw-Verkehrs.“

Und Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln erläutert: „Eine qualitativ hochwertige und umfassende Abdeckung mit Güterverkehrsleistungen wird nur möglich sein, wenn die Stärken der einzelnen Verkehrsträger in einem Gesamtsystem kombiniert werden. Ein Gegeneinander von Straße, Schiene und Wasserstraße ist der sichere Weg zum Scheitern, denn keiner der Verkehrsträger ist auf absehbare Zeit in der Lage die Transportaufgaben eines anderen zu übernehmen.

Alle Verkehrsträger stehen derzeit vor großen Problemen. Lkw und Bahn haben einen spürbaren Mangel an Fahrpersonal. Hinzu kommt eine überlastete Infrastruktur. Insbesondere auf den Hauptkorridoren des Güterverkehrs in Deutschland sind die Kapazitäten voll ausgelastet und überfällige Sanierungen sorgen für deutliche Störungen im Warenfluss.

Deutschland ist das logistische Herz des europäischen Wirtschaftsraums. Die aus dem Langstreckentransport resultierenden Probleme werden sich nicht ohne enge Koordination mit den Nachbarn lösen lassen.

Der Güterverkehr in Deutschland wird weiterwachsen. So sieht der Koalitionsvertrag beispielsweise eine starke Ausweitung der Bautätigkeit in Deutschland vor. Wohnungsbau, Infrastruktursanierung aber auch der Ausbau der Windenergie erfordern den Transport großer Materialmengen – und der wird primär über den Lkw abgewickelt werden.“

Quelle und Foto: BGL