„Katalist“ bietet verifizierte Emissionsreduzierung

Bis vor Kurzem hatten Frachteigentümer oder Spediteur kaum direkten Einfluss auf den CO2-Fußabdruck Ihrer Seetransportdienste. Doch die Zeiten haben sich geändert: Seit dem 14. November steht der Schifffahrtsbranche ein neues Book-and-Claim-System namens Katalist zur Verfügung.

„Das Grundprinzip des Carbon Insetting, insbesondere durch ein Book-and-Claim-System, besteht darin, dass es die Dekarbonisierung des Schiffsverkehrs ermöglicht, ohne dass eine direkte physische Verbindung zwischen dem Schiff, das Ihre Fracht transportiert, und dem Schiff, das nachhaltigen Kraftstoff verwendet, erforderlich ist. Stattdessen werden die umweltbezogenen Vorteile der Verwendung von nachhaltigem Kraftstoff Ihrer Fracht auch dann zugerechnet, wenn das betreffende Schiff nicht nachhaltig angetrieben wird. So wird ein breiterer Übergang zu einer kohlenstoffarmen Schifffahrt unterstützt“, sagt Frederik Jacobsen vom Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping (MMMCZCS).

Der Unterschied zwischen Carbon Insetting und Carbon Offsetting lässt sich am einfachsten anhand der Luftfahrtindustrie erklären. Bei der Buchung eines Fluges können Sie einen Aufpreis bezahlen, um Ihre CO₂-Emissionen auszugleichen, indem Sie Projekte unterstützen, die eine entsprechende Menge an Treibhausgasen (THG) aus der Atmosphäre entfernen, wie z. B. das Pflanzen von Bäumen. Dies wird als Offsetting bezeichnet.

Alternativ können Sie eine zusätzliche Gebühr zahlen, um sicherzustellen, dass die Menge an nachhaltigem Flugkraftstoff (SAF) verwendet wird, die den Emissionen Ihres Fluges entspricht, auch wenn es sich um ein anderes Flugzeug handelt. Dies wird als Insetting bezeichnet. Der Hauptunterschied besteht darin, dass Insetting direkt eine nachhaltige Umstellung innerhalb des Sektors selbst unterstützt, während dies beim Offsetting nicht der Fall ist.

In der Containerlogistik funktioniert Carbon Insetting ähnlich: Die THG-Emissionen, die beim Transport Ihrer Fracht von A nach B entstehen, werden durch die Verwendung der erforderlichen Menge an nachhaltigem Kraftstoff ausgeglichen, selbst wenn dies auf einem anderen Schiff geschieht. Dieser Ansatz trägt direkt zur Dekarbonisierung in der Schifffahrtsbranche selbst bei.

  • Frachteigentümern, Spediteuren, Schiffseignern und -betreibern wird die Möglichkeit gegeben, ihre Aktivitäten nachhaltiger zu gestalten. Selbst wenn sie nicht in derselben (physischen) Lieferkette tätig sind, können sie den CO2-Fußabdruck ihrer eigenen Aktivitäten und des Sektors im Allgemeinen reduzieren.
  • Frachteigentümer und Spediteure können sehr schnell beginnen, langfristige Verpflichtungen sind keine Voraussetzung.
  • Frachteigentümer und Spediteure können mit dem Insetting beginnen, ohne dass ihre Reedereien oder Dienstleister daran teilnehmen müssen oder dass in dem Gebiet, in dem ihre Transporte stattfinden, kohlenstoffarme Kraftstoffe verfügbar sein müssen. Dadurch wird die Schifffahrt nachhaltiger, da es Angebot und Nachfrage nach alternativen Kraftstoffen und umweltfreundlichem Transport miteinander verbindet.
  • „Book and Claim“ ist ein effektiverer Ansatz als Offsetting, um schwer zu reduzierende Sektoren wie die Schifffahrt zu dekarbonisieren, da es die Zahlungsbereitschaft von Kunden innerhalb der Wertschöpfungskette bündelt und die Hebel in Bewegung setzt, die die Einführung emissionsarmer und emissionsfreier Kraftstoffe beschleunigen.
  • Schiffseigner und -betreiber sind nicht darauf angewiesen, dass ihre direkten Kunden die Kosten für die Dekarbonisierung ihres Betriebs mittragen.
  • Eine unabhängige dritte Partei kann die Daten prüfen, sodass „Book and Claim“ verifizierbar und zuverlässig ist.

MMMCZCS und RMI haben kürzlich ein Register eingeführt, um das weltweit erste Book-and-Claim-System für die maritime Industrie zu schaffen. „Das Register und die festgelegten Regeln und Standards, wie Unternehmen dieses Register nutzen können, machen Katalist einzigartig“, erklärt Frederik Jacobsen. „Reedereien werden verifizierte Daten für Fahrten, bei denen ein nachhaltiger Kraftstoff verwendet wurde, in das Register hochladen. Die Verifizierung wird von einem unabhängigen Dritten durchgeführt, um die Glaubwürdigkeit der Informationen sicherzustellen, da dies ein entscheidender Aspekt von Book and Claim ist.“ Auf diese Weise können Frachteigner verifizierte Emissionsreduzierungsansprüche für ihre Seetransporte melden.

„Das Book-and-Claim-System soll eine transparente und zuverlässige Plattform werden, die es ermöglicht, verifizierte Emissionsreduzierungen von Seetransportdiensten geltend zu machen. Darüber hinaus wird es der globalen und vielfältigen Beschaffenheit der internationalen Schifffahrt gerecht, indem es für fast alle Schiffstypen verfügbar ist. Unsere Methode ist kraftstoffunabhängig: Jeder nachhaltige Schiffskraftstoff kann gebucht werden“, fügt Frederik Jacobsen hinzu. „Wir haben von den Unternehmen, die uns bei der Entwicklung dieses Systems unterstützt haben, viel Zuspruch erhalten und freuen uns, den Unternehmen eine neue Möglichkeit zu bieten, die Schifffahrtsindustrie mit unmittelbarer Wirkung proaktiv zu dekarbonisieren.“

Katalist wurde vom Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping (MMMCZCS) und dem RMI (früher bekannt als Rocky Mountain Institute) gegründet. MMMCZCS ist eine gemeinnützige Organisation, die unabhängig vom Logistikriesen Mærsk arbeitet. Sie haben sich mit wichtigen Interessenvertretern der Branche zusammengetan, darunter die Port of Rotterdam Authority, um Katalist zu etablieren und sicherzustellen, dass das System für die Branche funktioniert.

Quelle und Grafik: Port of Rotterdam




Wie KI hilft, den Hafen aufzuräumen

Das Forschungsprojekt RaDaR4.0 verspricht mehr Zuverlässigkeit und Planungssicherheit bei der Hafenbahn-Disposition. Kameras und eine Software erfassen und übermitteln wichtige Daten.

Die Niedersachsen Ports GmbH und Co. KG (NPorts) hat in Kooperation mit dem JadeWeserPort zweieinhalb Jahre lang im Forschungsprojekt RaDaR4.0 untersucht, wie sich die Erfassung der Ein- und Ausfahrten der Hafenbahnen optimieren lässt. RaDaR steht für „Rail Data Reconnaissance“. 4.0 verweist auf die digitale Transformation im Sinne von Logistik 4.0, bei der moderne Technologien zur Optimierung von Prozessen eingesetzt werden.

Das erfolgreich abgeschlossene Projekt mit seinen Ergebnissen hat Romina Hanisch, Eisenbahnbetriebsleiterin für die Gleisinfrastruktur in Wilhelmshaven und Projektverantwortliche, an diesem Mittwoch in einer Abschlussveranstaltung im Stellwerk der Hafenbahn in Wilhelmshaven vorgestellt: ein System aus Kameras und spezialisierter Software, die ein- und ausfahrende Züge automatisiert erfasst und Daten zur Verfügung stellt, die für den reibungslosen und effizienten Hafenbahnbetrieb von hoher Wichtigkeit sind.

Hafenbahn-Disponenten brauchen verlässliches Datenmaterial, um die Hafeninfrastruktur von NPorts optimal nutzen zu können. Waggonanzahl und Waggonnummern werden von den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) übermittelt. Sind diese Daten nicht vollständig oder nicht korrekt, könnte ein langer Zug möglicherweise einem zu kleinen Gleis zugewiesen werden. Dadurch wird das Gleisnetz nicht effizient ausgelastet und die Logistikkette könnte gestört werden. „RaDaR4.0 gibt uns Planungssicherheit, weil wir umfangreiche Daten durch ein einzigartiges System aus handelsüblichen Standardkameras und spezialisierter Software nutzen“, so Holger Banik, Geschäftsführer der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG sowie der JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG.

Das Gleisnetz der NPorts-Häfen Brake, Cuxhaven, Emden und Wilhelmshaven erstreckt sich auf insgesamt rund 100 Kilometer – ein Netzwerk, das eine präzise und durchdachte Steuerung erfordert. NPorts-Mitarbeitende in der Hafenbahn-Disposition übernehmen hier eine zentrale Rolle, indem sie das Ein- und Ausfahren der Züge koordinieren. Eine wichtige Aufgabe, denn dadurch garantiert NPorts, dass Waren und Güter zuverlässig da ankommen können, wo sie zu einem bestimmten Zeitpunkt sein sollen.

„Wer schon einmal Tetris gespielt hat, weiß womöglich erst nach einem verlorenen Spiel, wie essenziell vorausschauendes Denken und gute Planung ist“, beschreibt Romina Hanisch beschreibt die Arbeit ihrer Kollegen. Und gibt zu bedenken: „Tetris ist nicht immer einfach. Und wenn man sich noch vorstellt, die Tetris-Blöcke wären meterlange Züge, dann hat man eine Vorstellung davon, was unsere Hafenbahn-Disponenten täglich leisten.“ Hanisch unterstreicht: „Mit dem Projekt RaDaR4.0 wollen wir die Arbeit unserer Hafenbahn-Disponenten langfristig erleichtern, unsere Hafeninfrastruktur effizienter nutzen und unsere Häfen miteinander vernetzen. Das Projekt zielt darauf ab, diese komplexen Prozesse durch digitale Lösungen zu optimieren und so die Leistungsfähigkeit der Hafenbahnen zu sichern.“

Ähnlich, wie eine Handykamera die Bildpixel eines QR-Codes erfasst und die Software im Handy, die optische Daten interpretiert, arbeitet auch RaDaR4.0 mit „optical character recognition“ (OCR), was „optische Zeichenerkennung“ bedeutet. Die frei im Handel verfügbaren genutzten Kamerasysteme befinden sich an den Gleisen und nehmen automatisiert das Ein- und Ausfahren des Zuges auf. Es werden beim Vorbeifahren des Zuges etwa Waggonanzahl, Waggonnummern, Gefahrgutsiegel, Containernummern, Fahrtrichtung und Durchfahrtzeit erfasst. Diese Daten werden von einer Software gelesen, verarbeitet und anschließend der Disposition für die Planung und Abrechnung zur Verfügung gestellt. Diese Informationen können die Disponenten dann mit den Daten abgleichen, die vom EVU übermittelt wurden. Potentielle Informationslücken werden dadurch geschlossen und die NPorts-Disponenten verfügen über umfassende Daten über ein- und ausfahrende Züge. Mit diesen Informationen können sie die Hafeninfrastruktur optimal auslasten und den Betrieb noch effizienter gestalten.

Das Funktionieren des RaDaR4.0 setzt voraus, dass die eingesetzte Software weiß, wie beispielsweise ein Gefahrgutsiegel aussieht oder wie sich die Waggonnummer von einer Containernummer unterscheidet. „Die Software wurde gezielt mit Daten trainiert und ist nun in der Lage, bestimmte Informationen präzise zu erfassen und mit hoher Genauigkeit zu interpretieren. Dank des Einsatzes von Deep Learning – einer KI-basierten Methode, bei der das System Daten eigenständig verknüpft und aus diesen Verknüpfungen lernt – wird RaDaR4.0 mit der Zeit immer präziser und leistungsfähiger.“, erklärt Romina Hanisch.

„Es gibt bereits gängige Erfassungssysteme, aber die sind meistens mit hohen Kosten verbunden und nicht immer auf die Gegebenheiten eines Hafens übertragbar“, ergänzt Holger Banik. „Mit RaDaR4.0 hat NPorts eine innovative Alternative geschaffen, die wirtschaftlich sowie zukunftsweisend ist und in vielen anderen Standorten eingesetzt werden kann.“

Hanisch wirft einen Blick in die Zukunft: „Die Meldepflicht der Eisenbahnverkehrsunternehmen könnte irgendwann entfallen, wenn die durch RaDaR4.0 übermittelten Informationen auch langfristig so präzise und zuverlässig sind.“

Das Projekt hatte eine Laufzeit von rund zweieinhalb Jahren und ist im Rahmen des Programms „Digitale Textfelder in Häfen“ vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert worden. Das Projektvolumen beträgt insgesamt 3,2 Millionen Euro, wovon der Förderanteil des BMDV 80 % beträgt.

Quelle: NPorts, Foto: NPorts/ Ziegler, Romina Hanisch und Holger Banik stehen vor dem Standart-Kamerasystem des RaDaR4.0. 




CAPTN X-Ferry soll Akzeptanz für autonome Verkehre steigern

Verstehen schafft Akzeptanz. Unter dieser Prämisse startet das neue CAPTN-Projekt X-Ferry. Es soll eine grundlegende Technologie erforschen, mit der ein autonomes Schiff seine Manöver selbstständig analysiert und erklärt. An dem interdisziplinären Projekt sind schleswig-holsteinische Hochschulen und Unternehmen aus den Bereichen nautische Systementwicklung, Künstliche Intelligenz (KI) und Mixed Reality beteiligt. Das Projektvolumen beträgt 4,5 Mio. Euro; X-Ferry wird durch das Maritime Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.

Mit dem kürzlich gestarteten Forschungsvorhaben X-Ferry geht die CAPTN Initiative einen weiteren Schritt in der Verwirklichung ihrer Idee eine Mobilitätskette aus selbstfahrenden, sicheren und sauberen Verkehrsmitteln zu entwickeln. Nach den Projekten Förde Areal, Förde 5G und Flex, die die Basis für die autonome Schifffahrt in Kiel entwickeln, liegt das Augenmerk jetzt auf der Erklärung der technischen Vorgänge und der Kommunikation mit den Nutzerinnen und Nutzern. Zunächst steht weiterhin die Schifffahrt im Fokus. Hier sollen Systeme erforscht werden, die die Akzeptanz von autonomen Verkehrsmitteln steigern.

„Mit CAPTN X-Ferry gehen wir einen großen Schritt in Richtung hochautomatisiertes bzw. autonomes Fahren in der Schifffahrt. Wir versuchen herauszufinden, welche Situationen von Passagieren und Besatzung als erklärungsbedürftig empfunden werden und wie das Schiff diese selbstständig erkennen und erklären kann“, erklärt Prof. Dr. Sven Tomforde von der Arbeitsgruppe Intelligente Systeme der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). „Das soll im ersten Schritt das Verständnis und in einem zweiten Schritt die Bereitschaft erhöhen, das Verkehrsmittel zu nutzen.“ Tomforde leitet das Forschungskonsortium, das aus insgesamt sechs Partnern besteht. Neben den drei Informatik-Arbeitsgruppen Intelligente Systeme, Verteilte Systeme und Zuverlässige Systeme der CAU gehören die Forschungs- und Entwicklungszentrum der Fachhochschule Kiel GmbH (FuE-Zentrum FH Kiel), die Anschütz GmbH, die Vater GmbH, HHVision GmbH & Co KG und die Hochschule Flensburg mit zum Team. Letztere wird sich vor allem mit Bedienkonzepten und Fahrgastakzeptanz beschäftigen.

Auf Basis der an Bord befindlichen Sensorik wie Kameras, Lidar, Radar und Sonar sowie des bisher erlernten Wissens erkennt und bewertet die autonome Fähre selbstständig die aktuelle Situation. Ausgangsbasis sind die vorhandenen Daten und Konzepte aus den CAPTN-Projekten Förde Areal und 5G.  Der elektrisch angetriebene Katamaran MS „Wavelab“ der CAPTN Initiative soll dabei zunächst als Forschungsplattform dienen. Die entwickelten Methoden und Systeme sollen anschließend auf konventionellen, im Einsatz befindlichen Schiffen des assoziierten Partners, der Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel (SFK), demonstriert werden.

Die erfassten Umgebungsdaten werden für die Visualisierung aufbereitet. Die Passagiere können somit die selbsttätig ausgeführten Manöver und die dazugehörigen automatisch generierten Erklärungen über zentrale Monitore auf der Fähre verfolgen. Kapitäne und die Steuerleute im Kontrollraum sollen künftig durch Smart Devices das Navigations- und Fahrverhalten des Schiffs verfolgen können und somit einen sicheren Betrieb gewährleisten.

„Für die CAU leistet dieses Projekt einen wichtigen Beitrag zur Ausweitung unserer Forschungskompetenz im Bereich autonomer, intelligenter Systeme“, betont Prof. Dr.-Ing. Eckhard Quandt, Vizepräsident für Forschung, wissenschaftliche Infrastruktur und Transfer. „Der wichtigste Punkt aus Sicht der CAU ist der zu erwartende Multiplikatoreffekt: Die gewonnenen Erkenntnisse sollen die Grundlage für die Einwerbung weiterer Fördermittel und Kompetenzen nicht nur im Bereich der autonomen Schifffahrt, sondern auch im Bereich des anwendungsorientierten maschinellen Lernens, der Verhaltensvorhersage und der Absicherung von autonomen Verkehrsträgern bilden.“

Weltweit gibt es mehrere vergleichbare Initiativen, die sich mit der autonomen Schifffahrt beschäftigen – teilweise auch mit hochautomatisierten Passagierfähren. Die Akzeptanz der Passagiere und des verantwortlichen Personals wurde bisher jedoch nicht berücksichtigt. „CAPTN X-Ferry stellt den Menschen in den Mittelpunkt – ein zentraler Punkt bei der Nutzung autonomer öffentlicher Verkehrsmittel. Damit haben die Erkenntnisse des Projekts eine Wirkung, die über Kiel und die Region hinausgeht“, betont Daniel Sommerstedt. Die Ergebnisse ließen sich auf andere Schiffstypen und Szenarien übertragen. In einem ersten Schritt werde im Projekt eine beispielhafte Übertragung anhand der Daten eines Containerschiffes konzipiert, erläutert der System Engineer Autonomous Navigation bei Anschütz. Weitere mögliche Produktentwicklungen zielen auf neuartige Visualisierungs- und Immersionsumgebungen sowie auf Module für zukünftige interaktive Kontrollzentren für (teil-)autonome Schiffe.

Das autonome Fahren wird auch in der Schifffahrt als Chance gesehen. Zum einen können die Fährgesellschaften und Reeder damit der schwindenden Anzahl an nautischem Personal entgegenwirken. Zum anderen ließen sich so Unfälle reduziert. Eine Untersuchung, die 2021 im Journals of Shipping und Trade veröffentlicht wurde, ergab, dass 85 Prozent der Schiffsunglücke auf menschliches Versagen zurückzuführen sind.

Zudem, so die Hoffnung der Forschenden, könnten sich die Ergebnisse auf weitere hochautomatisierte Mobilitätskonzepte übertragen lassen. Damit ließen sich auch für autonome Züge und Bahnen, Autos und Busse ähnliche Ansätze zur nutzerzentrierten Selbsterklärung verwirklichen, um die Basis für den von der CAPTN Initiative angestrebten vernetzten Ansatz der Mobilitätskette zu bilden.

Die CAU erhält für das Projekt X-Ferry eine Förderung von 1,28 Mio. Euro vom Maritimen Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Insgesamt hat das Vorhaben ein Volumen von 4,5 Mio. Euro.

Quelle und Grafik: CAPTN Initiative




Niehler Hafen wird zum digitalen Testfeld

Digitaloffensive am Rhein: Die HGK AG rüstet die Terminals für den Kombinierten Verkehr im Niehler Hafen in Köln mit digitaler Infrastruktur aus, um innovative Logistiklösungen zu erproben. Mit diesem digitalen Testfeld sollen künftig Warenströme aller Art mithilfe künstlicher Intelligenz autonom erfasst, verarbeitet und damit effizienter abgewickelt werden.

 

Mit Hilfe intelligenter Technologie werden Ladeeinheiten künftig automatisch erfasst und deren relevante Informationen ausgelesen – unabhängig davon, ob sie per Schiff, Bahn oder Lkw im Hafen ankommen. Das KI-gestützte System und die damit generierten Informationen werden für Effizienzsteigerungen beim Umschlag sorgen, das Personal entlasten und standardisierte Daten über Transporte leichter zugänglich machen. Das Projekt soll zudem als Blaupause für andere Standorte dienen. „Die Installation des digitalen Testfeldes ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der HGK AG in die digitale Zukunft, in der Logistikprozesse kontinuierlich optimiert und beschleunigt werden“, begründet HGK-COO Dr. Jens-Albert Oppel die Maßnahme. 

Die autonome KI-basierte Technologie kann selbstständig Informationen von Fahrzeugen und Ladeeinheiten erfassen und verarbeiten. Über eine zentrale Datenplattform und entsprechende Schnittstellen lassen sich so die Informationen der Ladeeinheiten im Ein- und Ausgang der Terminals über alle drei Verkehrsträger direkt und in Echtzeit synchronisieren. Dadurch können vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels die Arbeitsbedingungen verbessert und Kosten gesenkt werden. 

Durch die einheitliche Erfassung, Konsolidierung und Kombination der Informationen wird es beispielsweise möglich, Liegezeiten von Binnenschiffen und Standzeiten von Zügen im Terminal zu verkürzen. Dadurch werden die nachhaltigeren Verkehrsträger Wasserstraße und Schiene im so genannten Modal Split gegenüber der Straße attraktiver, was wiederum zu einer Reduzierung der CO2-Emissionen führt. Über entsprechende Schnittstellen wird die HGK die Anbindung externer Partner, wie zum Beispiel Forschungseinrichtungen und Logistikdienstleister, an das System ermöglichen. So können vor- und nachgelagerte Logistikprozesse direkt integriert werden. 

Die HGK erhält dafür eine Förderung im Rahmen des Programms „Digitale Testfelder in Häfen“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Das Projekt startet Mitte Oktober und läuft über einen Zeitraum von 15 Monaten. 

Quelle und Grafik: HGK AG




Bewegbare Landstrombatterien für Seeschiffe

Am Steinweg Beatrix Terminal wurde während der letzten Monate ein Landstrom-Pilotprojekt mit bewegbaren Batteriecontainern durchgeführt. Die Schiffe der Reederei Cargow wurden erfolgreich angeschlossen.

Das Pilotprojekt ist die Fortsetzung des Tests, der Ende 2019 und Anfang 2020 an der Parkkade durchgeführt wurde. Dieses Mal wurden die Schiffe der Reederei Cargow angeschlossen. Diese Schiffe haben einen höheren Strombedarf als die Schiffe im ersten Durchgang.

Außerdem fand das Pilotprojekt an einem betriebsbereiten Terminal und nicht an einem allgemeinen Warteplatz statt. Die Batteriecontainer stammen von Zero Emission Services, die für ihre batteriebetriebenen Binnenschiffe bekannt sind. Dieses Pilotprojekt mit der Landstromversorgung könnte für Zero Emission Services möglicherweise zu einem neuen Ertragsmodell führen.

Die Unternehmen der Branche testeten und demonstrierten ihre Technologien in den beiden Pilotprojekten. Besonders die Integration der verschiedenen technischen Komponenten an Land und auf dem Schiff sowie die Optimierung der Logistik, die hinter dem mobilen Konzept steht, erwiesen sich als äußerst wichtig.

Der Einsatz von Landstrom aus bewegbaren Batterien ist technisch möglich und könnte als technische Alternative zu einem regulären Landstromanschluss dienen. Die Kosten für ein solches Projekt sind jedoch höher als für einen regulären Landstromanschluss. Daher werden die Batterien voraussichtlich nur an Orten eingesetzt, an denen kein Netzstrom verfügbar ist .

Das Pilotprojekt wurde teilweise durch Zuschüsse des Staates aus dem nationalen Kooperationsprogramm zur Verbesserung der Luftqualität finanziert. Angestrebt wird eine Verbesserung der Luftqualität, vor allem in städtischen Gebieten.

Die Port of Rotterdam Authority hat das Pilotprojekt koordiniert und untersucht nun gemeinsam mit der Stadt Rotterdam die Möglichkeiten für eine breitere Anwendung von mobilen Landstromkonzepten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Standorten, an denen flexible Konzepte besser funktionieren als feste Anschlüsse, oder an denen aufgrund von Netzengpässen im Stromnetz ein fester Anschluss derzeit nicht möglich ist.

Quelle und Video: Port of Rotterdam




Dekarbonisierung und Energiewende

2023 startete bremenports im Auftrag der Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation ein besonderes Projekt gemeinsam mit der lokalen Hafenwirtschaft: „CO2–neutraler Überseehafen“ Das Ergebnis dabei: Um tatsächlich auf „Null“ CO2-Emissionen bis 2035 zu kommen bedarf es einer deutlichen Veränderung der heute noch stark durch fossile Energieträger geprägten Versorgung des Hafens.

Um die „Null“ tatsächlich zu erreichen muss stattdessen ein in erster Linie elektrisches Energiesystem auf Basis einer nachhaltigen Energiegewinnung möglichst direkt im Hafen etabliert werden. Ein echtes Gemeinschaftsprojekt – möchte man meinen. Deutlich wurde im Rahmen des Projekts aber auch: Aufgrund des geltenden Rechtsrahmens ist vor allem für die individuelle, nicht aber die gemeinschaftliche Eigenversorgung der Hafenanrainer mit erneuerbarer Energie wirtschaftlich vorteilhaft.

Um dennoch unternehmensübergreifend Synergien zu heben, haben die Projektteilnehmer jetzt eine gemeinsame Erklärung verfasst, um die Zusammenarbeit aus dem Projekt „CO2-neutraler Überseehafen“ dennoch gemeinsam weiterzuführen und den begonnen Dialog und Austausch fortzusetzen. Vorgestellt wurde diese gemeinsame Verabredung – inhaltlich passend – heute im Rahmen des Nachhaltigkeitskongresses „Envoconnect“.

„Ich freue mich sehr, das damit Einigkeit an und rund um die Kajen besteht: Auch wenn eine gemeinschaftliche Entwicklung des zukünftigen Energienetzes angesichts der rechtlichen Hürden auf Schwierigkeiten stößt, wollen die Hafenunternehmen in Zukunft den Prozess und ihre Interessen an der Energiewende im Hafen mit einer einheitlichen Stimme vertreten – aus meiner Sicht, ist das eine sehr gute Botschaft und macht deutlich, dass die Unternehmen hier vor Ort es mit der Energiewende mehr als Ernst meinen“, erklärt bremenports Geschäftsführer Robert Howe.

Konkret sieht die Vereinbarung, der neben allen großen Unternehmen des Überseehafens auch bremenports beigetreten ist, unter anderem vor Dekarbonisierungsmaßnahmen und deren wirtschaftliche Optimierung im Überseehafen zu fördern, Erfahrungen auf diesem Feld transparent auszutauschen und gemeinsam Fördermöglichkeiten für entsprechende Maßnahmen zu identifizieren. Gemeinsam sollen darüber hinaus Vorschläge für die Veränderung von Regularien, die dem gemeinsamen Ziel der Energiewende in Teilen im Wege stehen, entwickelt – und auch im politischen Raum diskutiert werden.

Robert Howe: „bremenports unterstützt diesen von den Hafenanrainern selbst angestoßenen Prozess der weiteren Kooperation bei diesem Thema gern – und wir freuen uns, dass aus dem Projekt eine echte und gelebte Standortzusammenarbeit entstanden ist, die auch in Zukunft über das eigentliche Ende des Projekts fortgesetzt wird.“

Quelle und Foto: bremenports GmbH & Co. KG




Drittes Coding Weekend in Leverkusen bringt frische Impulse

Ein spätsommerliches Wochenende hinter dem Rechner: Auch die dritte Auflage des Currenta Coding Weekends in Leverkusen hat Teilnehmende und Ausrichter gleichermaßen überzeugt.

Die Transformation bleibt auch im dritten Jahr das alles überragende Thema – und damit auch die Digitalisierung, die ein wichtiger Hebel bei den kommenden Umwälzungen darstellt. „Deshalb war es trotz der unverändert schwierigen konjunkturellen Lage keine Frage, dass wir auch in diesem Jahr wieder einen Hackathon ausrichten“, betont Currenta-COO Hans Gennen. Der Leverkusener Chemieparkbetreiber durfte sich auch 2024 wieder über frische Impulse und Ideen jenseits der ausgetretenen Pfade freuen. Der Höhepunkt: Die siebenminütigen Pitches der Teams am Sonntagmittag – und die Prämierung der besten Ideen durch die Jury im Anschluss.

Mit 34 Wettbewerber*innen markierte die dritte Auflage des Currenta Coding Weekends einen neuen Teilnehmerrekord. Während die Coding-Arbeit von Freitagnachmittag bis Sonntagvormittag im Probierwerk geleistet wurde, fanden Eröffnung und Abschlussveranstaltung in den Räumlichkeiten der TH Köln statt. Zerstreuung boten Tischkicker, Basketball-Korb und ein Pacman-Automat – und auch für das leibliche Wohl war rund um die Uhr gesorgt. Für diejenigen, die sich zumindest ein paar Stunden Schlaf gönnen wollten, stand ein Shuttle zum Hotel bereit. „Wir haben auch dieses Jahr wieder viel Zuspruch für dieses Format bekommen“, berichtet Currenta-Geschäftsführer Hans Gennen. „Und ich kann das nur zurück geben. So kurzweilig und spaßig das Wochenende für die Teams war, so erkenntnisreich und gewinnbringend war es für uns“, so Gennen weiter: „Danke an alle, die an der Organisation und Umsetzung dieses Wochenendes beteiligt waren!“ Auch das Currenta-Recruiting war im Probierwerk vor Ort, um mit potenziellen Kolleg*innen ins Gespräch zu kommen.

Der mit 5.000 Euro dotierte erste Preis ging an das Team „Busy Lizzie“ für die – laut Jury – praktisch umsetzungsfähige Lösung der Challenge 3 zum Thema Predictive Maintenance. Die Jury lobte hier insbesondere die Schnörkellosigkeit der Lösung sowie den hohen Reifegrad und die Passgenauigkeit hervor. Platz zwei und 4.000 Euro heimste das Duo „Kurzhaar-Hacker“ für seine pragmatische Lösung der Sensorik-Challenge 2 ein. Die Qualität der vorgestellten Lösungen hat die Jury abermals vor schwierige Entscheidungen gestellt. Der dritte Rang wurde daher kurzerhand geteilt. Mit 3.000 Euro fuhr das Team „Chevolution“ nach Hause – die Jury zeigte sich von der Bildungs-Lösung der von der TH gesponserten Challenge 4 begeistert. Weitere 3.000 Euro für die zweite Hälfte des dritten Platzes gingen an das fünfköpfige Team „X“, das sich ebenfalls mit Challenge 3 beschäftigt hatte.

Dario Siegert, der für das Team „Coolrennta-Gruppe“ gepitcht hat und ohne Preis ausgegangen ist, war am Final-Sonntag dennoch begeistert von den Eindrücken und Kontakten des Wochenendes: „Das ganze Wochenende über ist viel passiert – viel Gutes.“ Da sei es schwer, den einen Höhepunkt zu benennen. „Was ich aber definitiv sagen kann: Dieser Hackathon war schon was Besonderes – von der Organisation über die Location und Unterbringung bis hin zur Verpflegung. Und ich habe wirklich viele tolle neue Kontakte geknüpft!“ Beim Abbau im Probierwerk war übrigens der neue Pacman-Highscore von weit über 27.000 Punkten zu bestaunen – einen Sonderpreis dafür gab es indes nicht.

Quelle und Foto: Currenta, Alle Teilnehmer*innen, Jury und Supporter gemeinsam auf der Bühne in der Technischen Hochschule in Opladen

 

 




Stärkung der Kreislaufwirtschaft

Port of Antwerp-Bruges und das Flämische Institut für Technologische Forschung (VITO) haben das Potenzial des Chemieclusters Antwerpen untersucht, recycelte Materialien als Ersatz für fossile Rohstoffe zu integrieren. Sie analysierten, wie die Nutzung von recycelten und erneuerbaren Rohstoffen gesteigert werden kann, mit dem Ziel, den Industriecluster Antwerpen auf nachhaltige, widerstandsfähige und zukunftsfähige Weise als wesentlichen Bestandteil der europäischen Industrie zu verankern.

Im Auftrag Port of Antwerp-Bruges hat VITO die konkreten Möglichkeiten untersucht, die fossilen Rohstoffe, die das Ausgangsmaterial für den Chemiecluster in Antwerpen bilden, so weit wie möglich durch bio-basierte oder recycelte Kohlenstoffquellen zu ersetzen. Um dieses Potenzial besser zu verstehen, hat VITO das bestehende industrielle System zur Produktion und zum Recycling von Kunststoffen in Belgien sowie in den Nachbarländern untersucht.

Die Analyse zeigt, dass das Kunststoffrecycling in Belgien derzeit fast ausschließlich durch mechanisches Recycling erfolgt. Obwohl Belgien laut einer aktuellen Studie von Plastics Europe europäischer Spitzenreiter im Kunststoffrecycling ist, mit einer Recyclingquote von 39 %, wird ein erheblicher Teil des Kunststoffabfalls noch verbrannt. Mechanisches Recycling kann jedoch nur einen begrenzten Teil der Kunststoffabfälle in recycelte Produkte umwandeln. Angesichts dieser Einschränkungen des mechanischen Recyclings bietet die chemische Industrie Lösungen, sowohl für die Verarbeitung dieser Abfälle zu neuen Rohstoffen als auch für deren Nutzung als Ausgangsmaterial in ihren Produktionsprozessen.

In seiner Studie schlägt VITO das Antwerpener Modell vor, das auf Defossilisierung abzielt, indem fossile Kohlenstoffquellen durch erneuerbare Quellen ersetzt werden. Als Heimat des größten integrierten Chemieclusters Europas und wichtigster Knotenpunkt für die Produktion, Behandlung und den Vertrieb von Kunststoffgranulaten – in Antwerpen werden jährlich 4 Millionen Tonnen Polymere produziert – ist der Hafen der ideale Standort, um ein Kreislaufzentrum zu entwickeln und eine führende Rolle zu übernehmen.

Die ersten Schritte zum Aufbau dieses Kreislaufzentrums und zur Zusammenführung der gesamten Wertschöpfungskette wurden am 18. September während eines interaktiven Workshops im Hafenhaus von Antwerpen unternommen. VITO stellte dort die Studienergebnisse vor, einschließlich des Antwerpener Modells. Es folgte eine Podiumsdiskussion mit den Branchenverbänden essenscia PolyMatters und Cefic, in der die Herausforderungen im Bereich der Politik einerseits und die Stärken wie die Präsenz des Chemieclusters andererseits erörtert wurden. Alle Parteien betonten den Aufruf an die Unternehmen, bei der Bildung eines kohärenten Kreislaufclusters zusammenzuarbeiten.

Alle Partner sind fest davon überzeugt, dass das chemische Recycling in Belgien trotz der bestehenden Herausforderungen vielversprechend ist, dank der bedeutenden Polymerproduktion, des hohen Fachwissens im Abfallmanagement und der ausgezeichneten Verbindungen zu anderen Clustern und dem Rest der Welt, wobei der Hafen Antwerpen als idealer Standort für ein Kreislaufzentrum fungiert.

„Port of Antwerp-Bruges spielt eine entscheidende Rolle im Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft“, sagte Jacques Vandermeiren, CEO des Hafens.„Durch die Zusammenarbeit mit VITO und anderen Partnern können wir unseren Hafen als Zentrum für Innovation und Nachhaltigkeit stärken, was nicht nur der Umwelt, sondern auch der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen in unserer Region zugutekommt.“

„Für die Zukunft des Chemieclusters in Antwerpen ist die Zusammenarbeit zwischen Industrie, Regierung und Forschungseinrichtungen von entscheidender Bedeutung, um den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft und Defossilisierung zu beschleunigen“, erklärt Inge Neven, CEO von VITO. „VITO beabsichtigt, die Unterstützung der chemischen Industrie weiter zu verstärken, indem gezielte technologische Innovationen vorangetrieben und Testeinrichtungen sowie Pilotanlagen bereitgestellt werden. Heute bleibt die Nachfrage nach chemisch recycelten Rohstoffen jedoch aufgrund der höheren Kosten im Vergleich zu Primärrohstoffen zurück. Um dieses Problem zu lösen und eine wettbewerbsfähige Größenordnung zu erreichen, sind regulatorische und unterstützende Maßnahmen unverzichtbar.“

Quelle, Foto und Grafik: Port of Antwerp-Bruges




Wiederverwendung von Abwasser

Diesen Monat beginnt das Projekt CHERISH2O (CHEmical industry water Reuse In a Sustainable Harbour) im Hafen von Antwerpen. Darin untersuchen Port of Antwerp-Bruges, VITO, essenscia, VMM und Antea Group die Möglichkeit, Industrieabwasser von Chemiebetrieben im Hafen in großem Maßstab für die Wiederverwendung aufzubereiten.

Dabei sind sie nicht allein: 12 Unternehmen beteiligen sich an dem Forschungsprojekt. Indem sie ihr eigenes Prozesswasser aus Abwasserströmen herstellen, reduzieren die Betriebe ihren Wasserverbrauch, und die Industrie kann das Risiko von Wasserknappheit im Falle von Dürren verringern und zur Sicherung der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung beitragen.

Die Chemiebetriebe Ashland, BASF, Bayer, Borealis, Envalior, Evonik, ExxonMobil, Ineos, Lanxess, 3M, Monument Chemical und TotalEnergies haben mindestens eines gemeinsam: Wasser ist für sie lebenswichtig. Aufgrund des Klimawandels ist eine ausreichende Wasserversorgung nicht immer gewährleistet. Daher wird im Rahmen des Projekts CHERISH2O nach langfristigen Lösungen gesucht, um die Kontinuität der Wasserversorgung sowohl für den eigenen Produktionsprozess als auch für die Trinkwasserversorgung durch die Umstellung auf eine zirkuläre Wassernutzung zu garantieren.

CHERISH2O ermittelt in einem ersten Schritt, wie viel Wasser die Betriebe benötigen und wie viel Abwasser sie derzeit einleiten. Anschließend wird untersucht, in welchem beziehungsweise welchen Wirtschaftszweig(en) die gemeinsame Wiederverwendung von Abwasser (den größten) Mehrwert bringt. Die Studie soll auch die Kosten, den Nutzen und die Umweltauswirkungen der Wiederverwendung von Abwasser ermitteln und die zur Aufbereitung des Wassers erforderlichen Technologien vergleichen. Ausgehend von diesem Grundkonzept wird eine Pilotanlage errichtet, um die Aufbereitung von Abfallströmen aus verschiedenen Unternehmen in der Praxis zu testen. Die Studie untersucht auch, wie bestimmte Stoffe im Abwasser als Ausgangsmaterial für andere Prozesse dienen können. Abschließend wird der rechtliche Rahmen geprüft und untersucht, welche Geschäftsmodelle eingesetzt werden können, um dies in großem Maßstab umzusetzen.

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf rund 730.000 Euro, die zwischen den Projektpartnern und den teilnehmenden Betrieben aufgeteilt und mit Mitteln aus dem Blue Deal der flämischen Regierung unterstützt werden. Durch CHERISH2O werden Schritte unternommen, um das Ziel des flämischen Klimaanpassungsplans zu erreichen, Flandern weiter auf die Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten. Dieser Plan strebt unter anderem an, dass Betriebe ihr Wasser bis 2040 vollständig recyceln und so wenig Trink- und Grundwasser wie möglich verbrauchen.

Dies ist das erste Mal, dass die Machbarkeit dezentraler Kreislaufwassernetze aus Industrieabwässern in einer Hafenumgebung in diesem Umfang untersucht wird.

Flämischer Umweltminister: „Wasser ist unser größter Verbündeter und eine unserer wertvollsten Ressourcen. Es ist daher ein absolutes Muss, dass wir es bewusst und sparsam einsetzen. Das erreichen wir in Flandern mit unserem Blue Deal: Zum ersten Mal steht die Wissenschaft im Mittelpunkt unserer Wasserpolitik. ​ Dass sich mit dem Chemiesektor im Hafen von Antwerpen einer der Hauptpfeiler unserer Wirtschaft engagiert, kann ich nur begrüßen. Denn Umweltprobleme, wie zum Beispiel Wasserknappheit, sind auch wirtschaftliche Probleme.“

Jacques Vandermeiren, CEO Port of Antwerp-Bruges: „Die beeindruckende Liste der Chemiebetriebe in unserem Hafen, die an diesem Projekt teilnehmen, beweist einmal mehr, dass unsere Hafengemeinschaft eine Vorreiterrolle für mehr Nachhaltigkeit spielen möchte. Wenn diese Betriebe das Trinkwasser in ihrer Produktion durch aufbereitetes Abwasser ersetzen könnten, wäre das ein weiterer großer Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig würde es sie widerstandsfähiger gegen Wasserstress machen.“

Bernard De Potter, Generaldirektor VMM: „VMM ist begeistert von der Vorreiterrolle, die die chemische Industrie im Hafen von Antwerpen-Brügge bei der Erforschung von Möglichkeiten zur Wiederverwendung von Abwasser spielt. Als lösungsorientierter Partner sind wir fest entschlossen, diese wichtige Initiative in einem Umfeld des Klimawandels voll zu unterstützen.“

Ann Wurman, Direktorin von essenscia Flandern: „H20 ist die chemische Formel, die wahrscheinlich jeder kennt. Wasser ist auch für chemische Produktionsprozesse unerlässlich: als Kühlmittel, zur Dampferzeugung oder als Rohstoff. Demzufolge hat der sparsame Umgang mit Wasser für den Chemiesektor höchste Priorität. In den letzten zehn Jahren konnte der Trinkwasserverbrauch in diesem Sektor um ein Viertel gesenkt werden, aber wir sind weiterhin bestrebt, noch besser zu werden. Zusammenarbeit ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Regierung, die Wissenspartner und die Industrie ihre Kräfte bündeln, um Fortschritte zu erzielen und den richtigen Rahmen zu schaffen, um die Betriebe bei ihrem Wandel zu unterstützen.“

Leen Govaerts, VITO, Direktorin für Wasser und Energiewende: „Innovation zusammen mit der Industrie und der Regierung ist ein wichtiges Bindeglied, um Flanderns Wasserproblemen zu begegnen. Als Forschungspartner hilft VITO, über Einzelinteressen hinauszublicken und Technologie mit einem regionalen Ansatz geschickt zu verbinden. Auf diese Weise tragen wir zur nachhaltigen Wasserversorgung und zur Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie in Flandern bei.“

Jan Parys, CEO der Antea Group Belgium: „Das Projekt CHERISH20 ist ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen Wassernutzung in der chemischen Industrie im Hafen von Antwerpen. Wir von der Antea Group nutzen unser Wissen und unsere Erfahrung, um die Methode zur Bewertung der Auswirkungen kombinierter Einleitungen auf Wasserläufe zu entwickeln. Darüber hinaus beteiligen wir uns an der Machbarkeitsstudie für die zirkuläre Wiederverwendung von Abwasser. Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir mit diesem Projekt dazu beitragen, die Wasserqualität zu verbessern und die Selbstversorgung des Sektors zu erhöhen.“

Quelle, Foto und Grafik: Port of Antwerp-Bruges




Duisburg Gateway Terminal startet

Es ist einer der bedeutendsten Meilensteine in der über 300-jährigen Geschichte des Duisburger Hafens: Am Montag ist das Duisburg Gateway Terminal (DGT) auf der ehemaligen Kohleninsel feierlich eröffnet worden. Um 12 Uhr drückten Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link, Vertreter der vier DGT-Gesellschafter duisport, HTS, Hupac und PSA sowie des Forschungsinstituts Fraunhofer UMSICHT im Beisein von rund 250 geladenen Gästen den symbolischen Startknopf. Der erste Bauabschnitt ist fertiggestellt und das DGT nimmt nun offiziell den Betrieb auf.

Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen: „Wo mehr als 100 Jahre lang Kohle umgeschlagen wurde, steht jetzt ein klimaneutrales Containerterminal. Das Duisport Gateway Terminal ist ein herausragendes Beispiel für den gelungenen Strukturwandel im Ruhrgebiet: Die Umsetzung von der Idee bis zu Fertigstellung in nur wenigen Jahren zeigt, dass wir in Nordrhein-Westfalen Tempo machen. Es braucht Wille und Mut, um die notwendigen Veränderungen schnell umzusetzen – das ist in Duisburg gelungen. Durch die Umstellung auf klimaneutralen Güterverkehr ist das Terminal auch ein Meilenstein auf unserem Weg zum klimaneutralen Industrieland. Mit der Eröffnung des Duisport Gateway Terminals zeigen wir, wie Industrie und Klimaneutralität erfolgreich zusammenwirken.“

Oberbürgermeister Sören Link: „Duisburg wird künftig eine immer zentralere Rolle in der deutschen Energiewende spielen. Schon jetzt ist das hier am Hafen zu sehen: Wo früher Millionen Tonnen Kohle umgeschlagen wurden, wird mit dem Duisburg Gateway Terminal ein wegweisender Beitrag zur CO2-Reduktion geleistet. Mit Hilfe von Wasserstoff-Technologie entsteht Logistik der Zukunft. Darauf können alle beteiligten Partner zurecht stolz sein.“

Das DGT ist nicht nur das zehnte Containerterminal im Duisburger Hafen, es wird im Endausbau zugleich das größte im gesamten europäischen Binnenland sein.

„Wenn alle Seiten – Unternehmen, Planer, Behörden, Politik und Bürgervereine – zusammenarbeiten und nach Lösungen suchen, dann sind wir erfolgreich. Das Ergebnis eines solchen gemeinschaftlichen Erfolgsprojekts können wir hier heute sehen“, betonen die Geschäftsführer der Duisburg Gateway Terminal GmbH, Christoph Kahlert und Sven Zölle.

„Mit dem Duisburg Gateway Terminal erhöhen wir die Umschlagskapazitäten im Duisburger Hafen um rund 850.000 TEU pro Jahr. Damit bauen wir die Position als eines der wichtigsten Logistik-Drehkreuze in Europa weiter aus und stärken unsere Funktion als Rückgrat der Industrie in Nordrhein-Westfalen“, sagt duisport-CEO Markus Bangen.

„Das Duisburg Gateway Terminal setzt Maßstäbe in Sachen Produktivität und Marktnähe: Mit 730 Meter langen Umschlaggleisen, voll digitalisierten Prozessen und der zentralen Lage im Herzen Europas bietet die Anlage wesentliche Voraussetzungen für den Erfolg des kombinierten Verkehrs“, sagt Michail Stahlhut, CEO der Hupac Gruppe. „Ob ARA-Häfen, Rhein-Alpen-Korridor oder Osteuropa – die Logistik in ganz Europa profitiert vom neuen Terminal.”

Marc Heuvelmann, Direktor HTS Intermodaal B.V.: „Durch die gute Lage, die Größe und die Klimaneutralität ergeben sich sehr gute Möglichkeiten für die Logistik- und Transportbranche. Das Terminal ist eine Bereicherung für die Logistik in und um Duisburg.“

Vincent Ng, Regional CEO von PSA Europe & Mediterranean und PSA Middle East South Asia: „Die Eröffnung des Duisburg Gateway Terminal ist ein Meilenstein für den Duisburger Hafen, und PSA fühlt sich geehrt, diesen Erfolg gemeinsam mit unseren geschätzten Partnern duisport, Hupac und HTS zu feiern. Durch die Integration von Innovation, Technologie und Nachhaltigkeitsinitiativen wird dieses Binnenterminal zu einer Anlage von Weltklasse werden und den Weg für ein effizienteres und umweltfreundlicheres Hafen- und Lieferkettennetzwerk für das Hinterland ebnen.“

Das Duisburg Gateway Terminal ist in vielfacher Hinsicht ein Modellprojekt für die Zukunft der Logistik: Auf dem insgesamt 33 Fußballfelder großen Areal werden alle Güterbewegungen digital gesteuert. Das Projekt „enerPort II“ spielt hierbei eine ganz entscheidende Rolle. Im Rahmen des Vorhabens, in das Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen eingebunden sind, wird im Duisburger Hafen ein Konzept zur vollständigen energetischen Transformation des Terminals realisiert.

Mit „enerPort II“ soll erstmals aufgezeigt werden, dass auch ein Terminal dieser Größenordnung mit lokaler Erzeugung von Wärme und Strom vollkommen klimaneutral betrieben werden kann. Auf dem DGT wird dazu ein nachhaltiges Energiesystem installiert, das erneuerbare Energien, Energiespeicher, Verbraucher und verschiedene Wasserstofftechnologien miteinander koppelt. Schlüsselkomponenten dafür sind neben einer Photovoltaik-Anlage, Brennstoffzellen-Systeme und Wasserstoffmotoren zur Stromerzeugung sowie Batteriespeicher. Ein intelligentes lokales Energienetz koppelte dabei die verschiedenen Energieanlagen und -speicher zur Versorgung der Verbraucher auf dem Terminal – dazu gehören Landstrom, Ladesäulen und Krananlagen. Darüber hinaus wird auch eine zukünftige Versorgung angrenzender Quartiere theoretisch betrachtet.

„Das Herausragende an enerPort II ist sowohl die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft als auch der mutige Schritt in die Umsetzung. Wir sammeln schon heute wertvolle Erfahrungen zu Planung und Betrieb zukünftiger Energiesysteme“, sagt Prof. Dr.-Ing. Anna Grevé, Abteilungsleiterin Elektrochemische Energiespeicher bei Fraunhofer UMSICHT. Das Oberhausener Institut leitet gemeinsam mit duisport das Forschungsprojekt.

Weitere Partner sind die Westenergie Netzservice GmbH, die Rolls-Royce Power Systems AG, die Netze Duisburg GmbH, die Stadtwerke Duisburg AG sowie die Stadtwerke Duisburg Energiehandel GmbH. Das Projekt enerPort II wird im Rahmen der „Technologieoffensive Wasserstoff“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.

Quelle: duisport, Fotos: duisport/Marco Stepniak, gaben gemeinsam das Signal zum Start des Duisburg Gateway Terminals (v. links): Lars Nennhaus (duisport), Vincent Ng (PSA), Oberbürgermeister Sören Link, Prof. Dr. Anna Grevé (Fraunhofer UMSICHT), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Markus Bangen, Prof. Dr. Manfred Renner (Fraunhofer UMSICHT), Henk Heuvelman (HTS), Michail Stahlhut (Hupac), Christoph Kahlert (DGT), Marcel Heuvelman (HTS) und Sven Zölle (DGT)