250. Geburtstag von Johann Gottfried Tulla

Ein badischer Ingenieur und europäischer Wasserbaupionier: Johann Gottfried Tulla – dessen Geburtstag sich am 20. März zum 250. Male jährt – hat als Mastermind der Begradigung des Rheins Geschichte geschrieben. In den Geo- und Umweltwissenschaften sowie im Bauingenieurwesen knüpfen Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) an Tullas Erbe noch heute an.

„Selbst aus heutiger Sicht war Tullas Rheinbegradigung ein wasserbauliches Mammutprojekt. Zurückgreifen konnte er dabei nur auf seine Erfahrungen bei der Begradigung kleinerer Fließgewässer im süddeutschen Raum – eine durchaus spärliche Datenbasis. Die Folgen der Begradigung für den Hochwasserschutz und die Ökologie konnte Tulla hingegen noch nicht belastbar absehen. Hier setzt die heutige Forschung zur Gewässerentwicklung an“, sagen Professor Franz Nestmann und Dr. Frank Seidel vom Institut für Wasser und Gewässerentwicklung des KIT. „Aufbauend auf einer umfassenden Basis an Umweltdaten, erforschen wir zunächst die Prozesse und Interaktionen eines Gewässers, um in einem zweiten Schritt neue ingenieurtechnische Ansätze zu entwickeln. Nur so kann – unter Beachtung einer Vielzahl von Zieldefinitionen – die bestmögliche Prognose zur Wirkung von Eingriffen in ein Gewässersystem garantiert werden.“

„In bester Absicht hat Tullas Rheinbegradigung aus einer grandiosen Naturlandschaft einen gestreckten Kanal in einer degenerierten Auenlandschaft gemacht. Der Preis der damit angestoßenen positiven wirtschaftlichen Entwicklung ist ein dramatischer naturräumlicher Verlust. Erst seit wenigen Jahrzehnten lernen wir Funktionen und Wert der Ressource ‚Flussauenlandschaft‘ verstehen und schätzen. In Anwendung dieser Erkenntnisse erforscht das Aueninstitut des KIT aktuell, wie wir dem Rhein seine dynamischen Prozesse möglichst weitgehend zurückgeben und gleichzeitig die vielen Nutzungsansprüche einer Industriegesellschaft zufriedenstellen können. Wir sind überzeugt, dass eine Versöhnung von Tullas Rheinbegradigung mit den Ansprüchen einer dynamischen Naturlandschaft in definierten Grenzen möglich ist“, so Dr. Christian Damm vom Institut für Geographie und Geoökologie – Abteilung Aueninstitut des KIT.

„Das Wirken Johann Gottfried Tullas war vielschichtig. Eine seiner Rollen, die er als leitender Beamter des Großherzogtums Baden innehatte, war die des Vermessers“, erläutert Dr. Norbert Rösch vom Geodätischen Institut des KIT. „Auf seine Initiative hin wurde in Baden ein modernes Grundlagennetz angelegt. Ziel war die Erfassung der Topografie sowie sämtlicher Grundstücke, um eine gerechte Besteuerung von Grund und Boden sicherzustellen. Im Rahmen dieser Arbeiten hat Tulla ein Verfahren zur Verteilung von Messfehlern entwickelt. Dieses kann als Vorläufer des heutigen Verfahrens – welches auf Carl Friedrich Gauß zurückgeht – betrachtet werden. Ferner hat Tulla in Baden für Vermessungszwecke das Dezimalsystem sowie, durch Verknüpfung mit der badischen Rute, das aus Frankreich kommende neue Längenmaß ‚Meter‘ eingeführt.“

Im Jahr 1807 gründete Johann Gottfried Tulla die Ingenieurschule Karlsruhe. Nach seinem Tod wurde sie der 1825 gegründeten Polytechnischen angegliedert, aus der später die Universität Karlsruhe und schließlich das KIT wurde. „Johann Gottfried Tulla gehört weit über den Wasserbau hinaus zu den Pionieren, die von Karlsruhe aus die Ingenieurwissenschaften auf den Weg brachten, entscheidend gestalteten und prägten. Darauf sind wir sehr stolz“, sagt der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka. „Heute hat – auch und vor allem in den Ingenieurwissenschaften – der Blick auf die möglichen Auswirkungen neuer Technologien einen enorm hohen Stellenwert. Am KIT ist es unser erklärtes Ziel, Wissen für Gesellschaft und Umwelt zu schaffen. Heute stehen deshalb ganz besonders auch die Auen-Ökosysteme am Rhein, die Renaturierung und der Hochwasserschutz im Fokus unsere Forschung.“

Pünktlich zum 250. Geburtstag Tullas ist das Dokudrama „Tullas Traum – Wie der Rhein seinen Fluch verlor“ entstanden: Zu der 2019 am Oberrhein, in den Rastatter Schlössern und im Écomusée d’Alsace für SWR/ARTE gedrehten Filmbiografie haben Dr. Frank Seidel, Dr. Christian Damm und Dr. Norbert Rösch vom KIT als Fachberater und Mitwirkende maßgeblich beigetragen.

Für weitere Informationen stellt der Presseservice des KIT gern den Kontakt zu den Experten her. Bitte wenden Sie sich an Justus Hartlieb, E-Mail: justus.hartlieb@kit.edu, Tel.: 0721 608-21155, oder an unser Sekretariat (E-Mail: presse@kit.edu, Tel.: 0721 608-21105).

Weitere Informationen zu den Arbeiten im KIT-Zentrum Klima und Umwelt: https://www.klima-umwelt.kit.edu.

Weitere Ansprechpersonen zu Highlights aus der Forschung des KIT sowie zu tagesaktuellen Themen finden Sie im Portal „KIT-Expertinnen und -Experten“: https://www.sek.kit.edu/kit_experten.php.

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie, Foto: WSA ORh, Kopfweiden und Pappeln im Uferbereich des Altrheins 

 

 

 




Seehafenbetrieb beobachten Situation sorgfältig

Die deutschen Seehafenbetriebe und ihre Mitarbeiter erbringen systemrelevante Dienstleistungen für die Mobilität von Menschen und Gütern. Seit Beginn des Ausbruchs der Infektionskrankheit verfolgt die Hafenwirtschaft aufmerksam die Entwicklungen im Hinblick auf den Schutz ihres Personals und auf die Auswirkungen auf den Umschlagbetrieb und die Lieferketten.

Für Hafenarbeiter*innen bestehen keine Gefahren, die über die Gefahren für die Bevölkerung insgesamt hinausgehen. Die wirtschaftlichen Folgen für die maritime Logistik werden sich erst in den kommenden Wochen voll entfalten und abschätzen lassen. Zur Gewährleistung möglichst flüssiger Güterverkehre auch über Staatsgrenzen hinweg müssen Länder, Bund und Hafenwirtschaft weiter eng zusammenarbeiten.

Die Seehafenbetriebe stimmen ihr Vorgehen auf die Vorgaben des Robert-Koch-Institutes, der hafenärztlichen Dienste und der örtlichen Gesundheitsbehörden ab. Die Unternehmen informieren ihre Mitarbeiter und ergreifen die jeweils notwendigen Maßnahmen, von der Bereitstellung von Desinfektionsmitteln bis hin zur Einschränkung von beruflicher Mobilität.

Seehafenbetriebe informieren entsprechend der Bitte des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur Reisende und Besatzungen von Schiffen, die in Gefahrengebieten ausgelaufen sind, über Hygiene-, Gesundheits- und Meldeverfahren.

Alle Seehafenbetriebe wie Umschlagbetriebe, Stauereien und Lagerhalter vermelden bereits jetzt erhebliche Volumeneinbußen.

Besonders betroffen sind der Umschlag von Containern, Stückgütern, Fahrzeugen (derzeit Importe aus Fernost) sowie der Fährverkehr und die Abfertigung von Kreuzfahrtschiffen. Aktuelle Schätzungen von Rückgängen liegen im zweistelligen Prozentbereich, je nach Ladungsart und Standort. Zahlreiche Schiffsanläufe wurden abgesagt und noch ankommende Schiffe bringen weniger Ladung.

Die genaueren Effekte werden sich standortübergreifend erst feststellen lassen, wenn die Auswertungen des Statistischen Bundesamtes vorliegen. Vor allem jedoch werden die vollen Auswirkungen erst im April und Mai spürbar sein, wenn die normalerweise im ersten Quartal 2020 produzierten und verladenen Importe aus Fernost in deutschen Häfen eingetroffen wären. Im weiteren Verlauf wird sich die zurückgegangene Güternachfrage in Deutschland und den Nachbarstaaten im Umschlag in deutschen Seehäfen bemerkbar machen. In den Häfen ist mit einer starken Unterauslastung zu rechnen. Zugleich kann es zu Flächenengpässen kommen, wenn etwa Leercontainer nicht nachgefragt werden beziehungsweise beladene Container, Fahrzeuge oder Stückgüter nicht abgeführt werden können. Der Hafenwirtschaft stehen noch große logistische und finanzielle Herausforderungen bevor.

Seehafenbetriebe sind für funktionierende Lieferketten für die gesamte Wirtschaft unabkömmlich. Die Hafenwirtschaft muss als strategischer Bestandteil von Lieferketten mit im Fokus von operativen und finanziellen Unterstützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand stehen.

Die Hafenwirtschaft begrüßt die bereits beschlossenen Maßnahmen des Bundes zum Zugang zur Kurzarbeit, zu Krediten und Bürgschaften und zu konjunkturfördernden Investitionen. Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sollten auch in Betracht gezogen werden, gerade für kleinere Unternehmen.

Im weiteren Verlauf müssen Bund und Länder kurzfristig die zur Gewährleistung der Versorgung von Konsumenten und Wirtschaftsunternehmen erforderlichen Verkehrsanbindungen zwischen Seehäfen und den Wirtschaftszentren in Europa sicherstellen, gerade auch im grenzüberschreitenden Güterverkehr. Dies gilt auch für Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören (z. B. Weißrussland).

Etwaige Einschränkungen sollten klar und so frühzeitig wie möglich kommuniziert, also möglichst planbar umgesetzt werden. Zur Aufgabe zählt auch, kleine und mittelständische Fuhr- und Speditionsunternehmen zu stützen, da ihnen eine wichtige Rolle bei der Durchführung von Hinterlandverkehren und bei der Bewältigung der Nachfrage nach Abflauen der Epidemie zukommt.

Die deutsche Hafenwirtschaft arbeitet mit Hochdruck daran, die Gesundheit ihrer Belegschaften zu schützen und gewohnt effiziente Lieferketten zu gewährleisten. Die Unterstützung der öffentlichen Hand wird bei der Sicherstellung strategischer Versorgungswege sowie bei der Abfederung der wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 erforderlich sein.

Quelle: Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe, Foto: BLG

 

 

 




Das spc Aktuell 1 | 2020 ist erschienen

Die neueste Ausgabe des Mitgliedermagazins des ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC)ist ab sofort erhältlich.

Digital finden Sie das Heft hier. Sie hätten gerne die Printversion? Dann fragen Sie diese und weitere Ausgaben ganz unkompliziert bei info@shortseashipping.de an.

Quelle und Foto: spc




Ohne das Engagement keine Verbesserungen

Nachhaltige urbane Mobilität stellt eine der größten Herausforderungen für Städte in der EU dar und ist ein Thema, das vielen Bürgern am Herzen liegt. Der Straßenverkehr ist eine der Hauptursachen von Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen in städtischen Gebieten, und die Kosten, die der Gesellschaft durch die Verkehrsüberlastung entstehen, belaufen sich auf rund 270 Milliarden Euro pro Jahr.

Im Jahr 2013 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Paket zur Mobilität in der Stadt und stellte mehr Mittel – rund 13 Milliarden Euro für den Zeitraum 2014-2020 – für umweltfreundlichen Stadtverkehr zur Verfügung, um ihn nachhaltiger zu gestalten.

Auf der Grundlage seiner Prüfungsarbeit bei der Kommission und in acht verschiedenen Städten in Deutschland, Italien, Polen und Spanien fand der Europäische Rechnunghof keine Anhaltspunkte dafür, dass die Städte in der EU dabei sind, ihre Ansätze grundlegend zu ändern, und stellte keinen eindeutigen Trend zu nachhaltigeren Verkehrsträgern fest.

Der Europäische Rechnungshof empfiehlt der Kommission, von den Mitgliedstaaten mehr Daten zur urbanen Mobilität zu erheben und zu veröffentlichen sowie den Zugang zu Finanzmitteln an das Vorhandensein solider urbaner Mobilitätspläne zu knüpfen.

Den Sonderbericht 06/2020: Nachhaltige urbane Mobilität in der EU gibt es hier: https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_06/SR_Sustainable_Urban_Mobility_DE.pdf

Quelle und Foto: Europäischer Rechnungshof

 

 




Die Zukunft der Logistik

Traditionelle Logistikunternehmen reagieren nur zögernd auf die FreightTech-Revolution. Neue, disruptive Marktteilnehmer können so den Takt vorgeben. In der Studie „Freighttech: Die Zukunft der Logistik“ gehen das Beratungsunternehmen Roland Berger GmbH und die Frachtenbörse Timocom der Frage nach, welche Hindernisse die traditionellen Anbieter zurückhalten, und zeigen auf, wie sie das Heft des Handelns wieder in die Hand nehmen und ihre dominierende Marktstellung zurückerlangen können.

Die Wertschöpfungskette in der Logistik ist über Jahrzehnte gleich geblieben. Ein Auftrag geht beim Spediteur ein, das zu versendende Paket wird abgeholt, gelagert, transportiert, erneut gelagert und schließlich an den Empfänger ausgeliefert. Erst seit wenigen Jahren wird dieser immer gleiche Ablauf durch innovative Technologien und Ideen herausgefordert, die kollektiv als FreightTech bezeichnet werden. Mehr noch: In den kommenden zwei bis fünf Jahren werden FreightTech-Anwendungen vermutlich jeden Abschnitt der traditionellen Wertschöpfungskette von Grund auf verändern.

Für traditionelle Player, die sich lange auf den Status quo verlassen haben, entsteht daraus ein Problem. Sie müssen sich anpassen, wenn sie sich gegenüber Disruptoren behaupten wollen, die nicht durch den Ballast etablierter Prozesse beschwert werden und enorme Mittel in neue Technologien investieren können – man denke nur an Amazon.

Natürlich ist es noch nicht zu spät für entschlossenes Handeln. In der vorliegenden Studie beleuchten wir die zentralen Entwicklungen im FreightTech-Segment und die Position der Traditionsunternehmen in diesem Umfeld, betrachten die Hindernisse, die ihnen bei der Umsetzung neuer Anwendungen im Weg stehen, und zeigen auf, wie sie diese mit einem Ökosystem-orientierten Ansatz überwinden können.

FreightTech-Anwendungen lassen sich drei Bereichen zuordnen: Intelligence, Automatisierung und Integration.

  1. Intelligence: Komplexität und inhärente Vernetztheit der Logistik bieten zahlreiche Chancen für datengestützte Entscheidungen und Optimierungen. Intelligence-Anwendungen beinhalten Tools für die Erzeugung, Übertragung und bessere Analyse von Daten.
  2. Automatisierung: Steigende Produktivität bei fallenden Preisen und längerer Lebensdauer der Roboter fördern den zunehmenden Einsatz entsprechender Systeme in der Logistik. Automatisierungsanwendungen sollen somit in erster Linie manuelle Arbeiten reduzieren.
  3. Integration: Plattform-Modelle werden in der Logistik immer beliebter, müssen jedoch zahlreiche Stakeholder einbinden. Durch die Digitalisierung von Prozessen sollen FreightTech-Anwendungen mehr Transparenz und Kommunikation zwischen Marktteilnehmern erreichen.

Bei der Einführung von FreightTech-Lösungen konzentrieren sich traditionelle Player primär auf Plattform-Modelle. Anbieter von ergänzenden Dienstleistungen wie z.B. TIMOCOM unterstützen die Digitalisierung mit einem eigenen Lösungsportfolio. Am meisten Geld fließt in Intelligence-Anwendungen wie beispielsweise KI-Tools.

Er ist fragmentierter, weniger standardisiert und internationaler als Logistikmärkte in anderen Regionen. Traditionelle Unternehmen stehen vor spezifischen Hindernissen, die eine groß angelegte FreightTech-Nutzung erschweren und Disruptoren den Markteintritt erleichtern. Beispiele hierfür sind hohe Investitionen in Digitalisierung und mangelnder Datenaustausch bedingt durch fehlendes Vertrauen zwischen den Akteuren.

Unser Fazit: Aktuell sind Startups und eCommerce-Anbieter die Antriebsmotoren der Disruption in der Logistik. So entwickelt sich Amazon z.B. zu einem Full-Service-Logistikunternehmen.

Die bisherige Wertschöpfungskette hat ausgedient. Im Zentrum der Logistik befinden sich nun Ökosysteme, bestehend aus dem Netzwerk aller Unternehmen, die über die Supply Chain hinweg am Warentransport beteiligt sind. Um die FreightTech-Chancen konsequent auszuschöpfen, müssen traditionelle Player ihr Ökosystem kennen und ihre derzeitigen Geschäftsmodelle anpassen. Nur so können sie sich in einem dynamischen Marktumfeld behaupten.

Sechs Schlüsselelemente sind ausschlaggebend, um größtmöglichen Wert und Nutzen aus der FreightTech-Revolution zu ziehen. Sie reichen von der Nutzung der Ökosystem-Chancen über die Identifizierung relevanter Technologien bis hin zur Etablierung der Datenhoheit. Gemeinsam ermöglichen sie die Maximierung von Preisniveau und Marktanteil, die Steigerung der Kosteneffizienz und die erfolgreiche Nutzung von Wachstumschancen durch Innovation.

FreightTech-Anwendungen in den drei Bereichen Intelligence, Automatisierung und Integration sind der Schlüssel für die Entstehung eines integrierten Logistik-Ökosystems, in dem sich Paketsendungen und Container ihren optimalen Frachtweg selbst suchen. Die in diesem Ökosystem vertretenen Anbieter werden vier Hauptkategorien zuzuordnen sein: Aggregierende Meta-Plattformen, integrierte Logistik-Plattformen, zukunftsorientierte Asset-Betreiber und Netzwerkspezialisten. Traditionelle Anbieter müssen ihre Rolle im künftigen Ökosystem bereits heute finden. Nur wer jetzt die richtigen Investitionen tätigt, fährt in Zukunft ganz vorn mit.

Quelle und Foto: Roland Berger GmbH

 

 




Start-ups bringen digitale Lösungen in die Logistik

Vernetzte Prozesse, autonome Systeme und Sensortechnik – an vielen Stellen findet die Digitalisierung Einzug in die Logistikbranche. Das zeigten die Beispiele von Thyssenkrupp Steel Europe, Bohnen Logistik und vielen weiteren beim Kongress „Logistik Digital“ der IHKs im Ruhrgebiet in Duisburg. Neben digitalen Prozessen spielt gleichzeitig die Hardware eine genauso wichtige Rolle: Straßen, Schienen und Wasserwege müssen für den reibungslosen Gütertransport aus dem Ballungsraum an Rhein und Ruhr in Ordnung gehalten werden.

Die Vorträge, Podiumsdiskussionen und Gespräche auf dem Kongress verdeutlichten: Viele Unternehmen nutzen bei der Abwicklung ihrer Logistik schon heute digitale Technologien. Die Vorteile der Digitalisierung kann die Wirtschaft aber nur beflügeln, wenn die Infrastruktur eine verlässliche Basis liefert. Wie eng Produktion und Transport miteinander vernetzt sind, haben die niedrigen Wasserstände im Rhein in den letzten Sommern deutlich gezeigt. IHK-Präsident Burkhard Landers: „Wenn es an Rhein und Ruhr nicht läuft, dann haben wir schnell ein bundesweites Problem in der Wirtschaft. Die Zukunft des wichtigsten europäischen Stahlstandortes hier bei uns in Duisburg zu sichern, ist deswegen auch eine nationale Aufgabe. Der Aufruf unseres Oberbürgermeisters Sören Link, dazu mit allen Beteiligten, der Branche, den Arbeitnehmern, mit Bund und Land ins Gespräch zu kommen, ist daher sehr zu begrüßen. Wir befürworten diese Initiative, denn es geht um zehntausende Arbeitsplätze und um eine wichtige Zukunftsbranche.“

Für Industrieunternehmen wie Thyssenkrupp spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle. Dr. Arnd Köfler, Vorstandsmitglied bei Thyssenkrupp Steel Europe, sieht die Veränderungen durch den digitalen Wandel als Chance für die Logistik: „Digitalisierung ist für uns eine strategische Aufgabe, die wir an vielen Stellen im Stahlwerk gleichzeitig angehen. Auch in der Logistik sehen wir erhebliche Potenziale für uns. Ein Beispiel: Wir steuern die über 2.000 Lkw-Verkehre pro Tag mittlerweile digital auf Basis einer automatisierten Selbstabfertigung durch die Lkw-Fahrer. Wir reduzieren die Prozessschritte dadurch von 70 auf zwei, sparen also viel Zeit. Es wird weniger Staus geben und zusätzlich verbessern wir Sicherheit und Transparenz.“

Vor allem die Zusammenarbeit mit Start-ups erweist sich in der Logistik als Treiber für den digitalen Wandel. So steuert die Duisport-Tochter Bohnen Logistik etwa ihre Transportmanagement dank dem Start-up Heuremo mit Künstlicher Intelligenz. „Im Accelerator-Programm der Innovationsplattform startport sind wir unkompliziert mit Bohnen Logistik in Kontakt gekommen. Eine Zusammenarbeit mit einem direkten Mehrwert für das Unternehmen und die Gesellschaft: In Deutschland werden pro Jahr acht Millionen Tonnen vermeidbares CO2 im LKW-Verkehr emittiert – unser Transportmanagement-System schafft hier Abhilfe“, sagt Gründer Sven Spiekermann.

Verkehrsminister Hendrik Wüst wies auf die Bedeutung von Digitalisierung und Vernetzung für eine bessere und saubere Mobilität hin: „Ziel der Landesregierung ist es, dass zukunftsweisende Technologien in NRW erforscht, entwickelt, getestet und am besten auch hier produziert werden. Wir nutzen die Chancen der Digitalisierung für die Vernetzung der Verkehrsträger, für bessere und saubere Mobilität. Gerade in Nordrhein-Westfalen, dem führenden Logistikstandort in Deutschland, brauchen wir neue Impulse, um gemeinsam für eine bessere Mobilität zu sorgen.“

Der Einsatz innovativer Technologien stellt die Logistik aber auch vor neue Herausforderungen: Zahlreichen Schnittstellen zwischen den beteiligten Unternehmen bieten entlang der Supply-Chain große Angriffsflächen für Cyberangriffe. Mit der Vernetzung logistischer Prozesse steigen also auch die Anforderungen an die IT-Sicherheit. „Cyber-Risiken sind laut Allianz Global Risk Barometer 2020 das gefährlichste Geschäftsrisiko für Unternehmen weltweit – das gilt gerade für die hochvernetzten Player im Bereich der Logistik. Ein bewusster Umgang mit diesem Risiko und eine strukturierte Maßnahmenplanung sollten deshalb höchste Priorität haben“, so Tobias Rademann, Geschäftsführer von IT-Beratungsunternehmen R.iT.

Rund 250 Teilnehmer aus ganz NRW und darüber hinaus diskutierten mit namenhaften Rednern von Thyssenkrupp Steel Europe, Bohnen Logistik, R.iT, über TV-Persönlichkeit und Investor Frank Thelen bis hin zu aufstrebenden Start-ups wie Smartlane und ForkOn.

Quelle und Foto: Niederrheinische IHK, von links: Monja Mühling von Smartlane, IHK-Präsident Burkhard Landers, NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst, Moderatorin Julia Miosga, Prof. Michael ten Hompel vom Fraunhofer IML, Dr. Arnd Köfler von Thyssenkrupp Steel Europe und Max Stratmann von Scanbot.

 

 

 

Vernetzte Prozesse, autonome Systeme und Sensortechnik – an vielen Stellen findet die Digitalisierung Einzug in die Logistikbranche. Das zeigten die Beispiele von Thyssenkrupp Steel Europe, Bohnen Logistik und vielen weiteren beim Kongress „Logistik Digital“ der IHKs im Ruhrgebiet am 19. Februar in Duisburg. Neben digitalen Prozessen spielt gleichzeitig die Hardware eine genauso wichtige Rolle: Straßen, Schienen und Wasserwege müssen für den reibungslosen Gütertransport aus dem Ballungsraum an Rhein und Ruhr in Ordnung gehalten werden.

Dt

 

 

 

 

 

 




Havariemanagement 2.0

Ist die deutsche Küste für den Fall einer Großschiff-Havarie gerüstet und sind die notwendigen Rahmenbedingungen für das deutsche Seeverkehrsgebiet und die Häfen zur sicheren Aufnahme von Großcontainerschiffen gegeben? Diesen Fragen widmete sich eine Fachveranstaltung in Oldenburg, die das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN) gemeinsam mit der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer, der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft und dem MCN-Mitgliedsunternehmen KMR-Marine Surveyors organisiert hat.

In einer Podiumsdiskussion wurden verschiedene Aspekte erörtert, wie das Havariemanagement an der deutschen Küste weiter verbessert werden könnte.

Olaf Lies, niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, skizzierte die Sichtweise der Landesregierung auf die Notfallvorsorge an den deutschen Küsten. Grundsätzlich seien die deutschen Küsten in Bezug auf die Vorsorge und das Management von Havarien in den letzten Jahren wesentlich sicherer geworden und an den deutschen Küsten konnte im internationalen Vergleich ein sehr hoher Standard etabliert werden, so Lies. Seit den Lehren aus dem Schiffsunglück der „Pallas“ im Jahr 1998, die zum Aufbau des Havariekommandos geführt haben, habe sich vieles zum Positiven verändert. Die Klärung von Befugnissen und Verantwortlichkeiten sowie die Eingriffsmöglichkeit des Havariekommandos haben hierzu beigetragen. So konnte zum Beispiel der 2015 in Brand geratene Düngemittelfrachter „Purple Beach“ trotz einiger Herausforderungen sicher in einem Nothafen untergebracht werden und ein größeres Unglück erfolgreich abgewendet werden. Die staatliche Präventionsaufgabe sei somit erfüllt worden. Das Havariekommando habe seit seinem Bestehen circa 80 Havarien abgewickelt, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Die Weiterentwicklung des Havariemanagements an den deutschen Küsten sei dennoch als Prozess zu sehen, der noch nicht abgeschlossen sei. Weitere Ideen, wie die Schaffung einer Küstenwache, seien immer wieder Gegenstand von Gesprächen.

Aktuell gibt es zusätzliche Fragestellungen, die geregelt werden müssen, wie beispielsweise das Wiederauffinden verlorener Container. Bei der Havarie der „MSC Zoe“ Anfang 2019 vor der niederländischen Küste gingen Container in einer bislang noch nicht vorgekommenen Menge verloren. „Die technische Möglichkeiten zur Container-Ortung sind vorhanden, das Umweltministerium macht sich hier für eine Einführung entsprechender Ortungsgeräte stark“, sagte Lies.

Der Vorschlag, Container mit Ortungseinrichtungen zu versehen, wurde von den Teilnehmern der Podiumsdiskussion größtenteils positiv gesehen. Kapitän Mai gab jedoch zu bedenken, dass die wenigsten Container einen Aufschlag aus größerer Höhe auf die Wasseroberfläche überstehen. Ein Container, der intakt bleibt und im Wasser versinkt, wird durch den Wasserdruck ebenfalls schwer beschädigt, sodass zumeist nur noch Fragmente der Container gefunden werden. Für dieses Problem müsse eine technische Lösung gefunden werden. Hierbei seien auch die Anforderungen an die mechanische Stabilität der Container zu hinterfragen, welche aus Kapitän Mais Sicht aktuell eher einen besseren Wetterschutz darstellten.

Ein wichtiges Problem, das in der Gesprächsrunde adressiert wurde, ist, dass nicht bekannt ist, welche Güter sich in den Containern befinden, was die Suche und Ortung der havarierten Container erschwere. Mit dem zentralen Meldesystem National-Single-Window für den gesamten Seeschiffsverkehr werden zwar Daten über Gefahrguttransporte aufgenommen, aber es könnten theoretisch auch sämtliche Frachtdaten abgefragt werden.

Ein weiteres wichtiges, aber schwieriges und lange vernachlässigtes Thema ist der Umgang mit ölverschmutzten Tieren im Nachgang einer Havarie. Hier muss entschieden werden, unter welchen Umständen ein Tier zur Rettung und Behandlung in eine Auffangstation gegeben wird oder unter welchen Umständen es noch vor Ort von seinen Qualen erlöst werden sollte. Die Landesregierung strebt an, hier verbindliche und klare Regeln zu schaffen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion stand Minister Lies Rede und Antwort. Es diskutierten Hans-Werner Monsees, Leiter des Havariekommandos; Boris Szcesik, Geschäftsführer der Unterweser Reederei (Boluda Towage Europe); Kapitän Andreas Mai, Hansestadt Bremisches Hafenamt; Gerd-Christian-Wagner, Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste; sowie Kapitän Stephan Müller, KMR-Marine Surveyors.

Im Zuge der immer größer werdenden Schiffe sind für den Fall, dass ein Schiff mittels Schlepper aus einer Gefahrenzone verbracht werden muss, verschiedene Probleme zu lösen. Es werden geeignete Schiffe benötigt, welche schwerwettertauglich sind, ausreichenden Pfahlzug aufweisen und über einen Seeschleppdraht verfügen. Des Weiteren führte Szczesik aus, sei es imminent wichtig, erfahrene Kapitäne und Mannschaften zu haben, welche in der Lage sind unter extremen Bedingungen an einen Havaristen heran zu manövrieren und eine Schleppverbindung herzustellen. Die Vorhaltung geeigneter Schiffe reiche dabei nicht aus. Erfahrene Kapitäne sind mittlerweile schwer zu finden, Mannschaften müssen kontinuierlich trainiert werden, obwohl eine Havarie nicht regelmäßig oder gar planbar auftritt.  Dafür entstehen leider auch immer Kosten. Auf die Frage, ob wir an der Küste im Falle einer Havarie gut aufgestellt seien, antwortete Szczesik: „Ja, es geht noch.“

Bezüglich der Frage, ob die verpflichtende Nutzung von weiter von den Küsten entfernten Schifffahrtsrouten sinnvoll sei, bestand größtenteils Einigkeit, dass solche Maßnahmen zwar Geld kosten, aber durch die präventive Abwehr von Gefahren weitaus größere Kosten gespart werden können. Kapitän Müller gab allerdings zu bedenken, dass weiter draußen auf See mit stärkerem Seegang zur rechnen sei, was den Aufbau einer Schleppverbindung erschwere. Größere Wassertiefen würden zudem die Bergung des Havaristen und verlorener Ladung schwierig machen. Für die Verpflichtung bestimmter Schiffe weiter nördlich gelegene Routen zu benutzen, spräche allerdings die längere Reaktionszeit, welche beispielsweise im Fall der Glory Amsterdam hilfreich gewesen wäre.

Ben Lodemann, Ältermann der Lotsenbrüderschaft Elbe meldete sich aus dem Publikum zu Wort. Dieser wies darauf hin, dass mit den Lotsen Personen mit hoher Sach- und Revierkenntnis an Bord seien, welche zudem mit dem Zugang von Schiffen unter widrigsten Wetterbedingungen vertraut seien. Die Einbindung der Lotsen in ein Konzept zum Havariemanagement sei unter den derzeitigen gesetzlichen Regelungen aber nicht möglich. Zudem kritisierte er die mangelnde Mobilfunk-Netzabdeckung in den Revieren und auf See. Zusätzliche Kommunikationsmöglichkeiten über den Seefunk hinaus würden dazu beitragen, die Sicherheit deutlich zu erhöhen. Er appellierte an Minister Lies, sich dieser Sachverhalte anzunehmen.

Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass die Weiterführung eines konstruktiven, nach vorne gerichteten Dialogs zum Thema Havariemanagement sehr wichtig sei. Das MCN und die anderen Veranstalter werden sich dieses Themas annehmen.

Quelle und Foto: MCN, v.l.: Felix Jahn, Oldenburgische IHK; Dr. Iven Krämer, DVWG; Hans-Werner Monsees, Havariekommando; Dr. Susanne Neumann, MCN; Gerd-Christian Wagner, Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e. V., Minister Olaf Lies, Kapitän Stephan Müller, KMR-Marine Surveyors; Martin Heine, Oldenburgische IHK, Henning Edlerherr, MCN




Deutsche Seeschifffahrt „verhalten optimistisch“

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hat heute neue Zahlen zur Situation der deutschen Handelsschifffahrt vorgelegt. Aus diesem Anlass erläuterten Präsident Alfred Hartmann (Foto) und Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied, zudem mit den Themen Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz die beiden wichtigsten auf der Agenda der deutschen Seeschifffahrt für dieses Jahr.


Deutschland ist den Zahlen nach weiterhin die fünftgrößte Schifffahrtsnation der Welt mit einem Anteil von 4,9 Prozent an der Welthandelsflotte (-0,6 Prozentpunkte ggü. Vorjahr). Ende 2019 waren in deutschen Schiffsregistern insgesamt 2.140 Schiffe mit 52,8 Millionen BRZ registriert. „Das sind 184 Schiffe oder 4,7 Millionen BRZ weniger als ein Jahr zuvor – aber immer noch erheblich mehr als vor Beginn des Booms in der Schifffahrt weltweit vor 20 Jahren“, erläuterte Alfred Hartmann. Deutschland ist noch nach Anzahl der Schiffe, aber nicht mehr nach Gesamt-TEU die größte Nation in der Containerschifffahrt: „Dass China uns hier überholen würde, war abzusehen: zum einen werden heute einfach sehr viel größere Containerschiffe gebaut, zum anderen handelt es sich um einen erwartbaren Nachlauf der langen Krise nach 2009“, sagte Hartmann.

Hartmann: „Dennoch schauen die meisten Schifffahrtsunternehmen mittlerweile mindestens verhalten optimistisch in die Zukunft.“ Nach den Jahren der Krise und ihrer teils schmerzhaften Aufarbeitung würden viele wieder den Blick auf die Zukunft und ihre Herausforderungen richten. „Die Erlössituation ist leider sehr unterschiedlich und zudem auch volatil – je nach Branchenzweig, nach Fahrtgebieten und teilweise sogar tagesaktuell nach Ereignissen“, sagte der VDR-Präsident. Nach wie vor sei die deutsche Flotte jedoch ungemein vielfältig und biete insbesondere dank des maritimen Knowhows in ihren Unternehmen High-Tech-Produkte.

Zu einem großen Teil (mehr als 43 %) führen die Schiffe der deutschen Flotte heute die Flagge eines EU-Landes am Heck, insbesondere von Portugal, Zypern und Malta. „In Zeiten, in denen die Idee eines geeinten Kontinents unter Druck steht, werte ich das auch als Bekenntnis zu Europa“, so Hartmann. Unter deutscher Flagge fahren 302 Schiffe. Antigua und Barbuda sowie Liberia, beide sehr anerkannte, so genannte „weiße Flaggen“ mit hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards, sind nach wie vor die größten Einzel-Flaggenstaaten der deutschen Flotte.

Trotz des Rückgangs der Zahl der Schiffe konnte die Zahl der in Deutschland sozialversicherungspflichtig angestellten Besatzungsmitglieder mit insgesamt 8.265 Beschäftigten annähernd stabil gehalten werden. „Dieser Erfolg lässt sich auch an den Zahlen für die Ausbidung ablesen“, sagte Hartmann: 420 Auszubildende auf See sind 2019 neu eingestiegen, 249 an Land – an Bord damit mehr als im Vorjahr.

Was die Reedereistruktur in Deutschland betrifft, ist Deutschland nach wie vor von einer großen Anzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen geprägt. Etwa 80 Prozent der deutschen Schifffahrtsunternehmen bereedern weniger als zehn Schiffe.

Die Reedereien stehen nicht nur in harter Konkurrenz zu Unternehmen aus Standorten wie Singapur, sondern auch aus EU-Nachbarländern wie Dänemark, Belgien oder den Niederlanden, die EU-konform teils günstigere Rahmenbedingungen genießen. „Um im scharfen globalen Wettbewerb bestehen zu können, muss die Schifffahrt vom Standort Deutschland aus international wettbewerbsfähig agieren können“, sagte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied: „Es geht uns nicht um Privilegien, sondern schlicht um Chancengleichheit.“

Die deutschen Schifffahrtsunternehmen stünden vor der großen Herausforderung, dass sie heute ihre Dienstleistungen mit Erlösen in etwa auf dem Stand von vor 20 Jahren auskömmlich produzieren müssten, so Nagel: „Deswegen kann es sich der Standort Deutschland insbesondere nicht erlauben, seinen Schifffahrtsunternehmen neue Steuern als Sonderlasten aufzuerlegen, die es so nirgends auf der Welt gibt, wie bei der Erhebung von Versicherungsteuer auf Prämienzahlungen für Seeschiffsversicherungen. Dies ist besonders fatal, weil sich die deutsche Reedereilandschaft derzeit in Teilen hin zu einem Schiffsmanagement-Dienstleistungsgewerbe entwickelt, weg vom klassischen Eigentum“, erläuterte Nagel.

Die in Deutschland aktuell bestehenden Steuererleichterungen für die Seeschifffahrt müssten, so das Geschäftsführende Präsidiumsmitglied, zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seeschifffahrt nicht nur unbedingt beibehalten, sondern auch im Detail nachjustiert und ausgeweitet werden. Insbesondere die Tonnagesteuer, die mittlerweile praktisch alle bedeutenden Schifffahrtsstandorte weltweit bieten, sollte in Übereinstimmung mit den EU-Richtlinien zeitgemäß angepasst werden, sagte Nagel: „Wir schlagen vor, die Tonnagesteuerbegünstigung wie bereits in Dänemark, den Niederlanden und Norwegen auch in Deutschland für Offshoreschiffe und -aktivitäten auszuweiten. Deutsche Reedereien engagieren sich vermehrt bei der Errichtung von Offshore-Windparks und beim Transport von benötigtem Material und Fachleuten für Betrieb und Wartung der Anlage.“

Weltweit etwa 90 Prozent aller Waren werden per Schiff transportiert. Der Welthandel per Schiff hat in den vergangenen zehn Jahren um mehr als ein Drittel zugenommen, die CO2-Emissionen der Schifffahrt sind in dem Zeitraum jedoch um 18 Prozent gesunken. „Das zeigt: wir tun schon offensichtlich eine ganze Menge – und wir wollen noch mehr tun“, sagte Präsident Hartmann: „Die Schifffahrt ist in Sachen Klima- und Umweltschutz auf ehrgeizigem Kurs wie keine zweite, derart globale Industrie. Wir wollen als Industrie die Klimaziele der IMO erreichen oder wo möglich sogar übertreffen. Dafür benötigen wir jedoch eine technologische Revolution. Denn alle Effizienzmaßnahmen an Schiffen reichen dafür allein nicht aus. Wir brauchen andere Brennstoffe.“

Es liege in der Verantwortung der International Maritime Organisation (IMO) der Vereinten Nationen, die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen der internationalen Schifffahrt zu regulieren, da diese nicht einzelnen Staaten zugerechnet werden könnten, so Hartmann: „Wir brauchen deshalb in London eine verhandlungsstarke und diplomatisch versierte Europäische Union, die im Verbund mit anderen Schifffahrtsstandorten mithilft, die ambitionierten Ziele der IMO global voranzutreiben – für weltweiten Klimaschutz und fairen Wettbewerb in unserer internationalen Industrie. Regionale Sonderwege, etwa in der EU, sind hingegen zu vermeiden. Sie verzerren den Wettbewerb und haben am Ende keinen ausreichenden Effekt auf das Klima.“

Der VDR-Präsident ergänzte: „Wir werden noch in diesem Jahr in der IMO über ganz konkrete kurzfristige Maßnahmen zur CO2-Reduzierung sprechen, etwa Wartezeiten vor Häfen zu vermeiden, die Geschwindigkeit von Schiffen zu optimieren oder den Energy Efficiency Index (EEDI) auf bereits fahrende Schiffe auszuweiten. Da ist noch einiges zu holen.“

Hartmanns Fazit: „Es geht in der Schifffahrt nicht mehr um die Frage, ob wir Klimaschutz wollen. Das Problem ist erkannt, wir wissen, dass gehandelt werden muss. Für uns ist die drängendste Frage: wie können wir nachhaltig reduzieren, nicht nur kompensieren – und die Ziele der IMO schaffen? Dafür fehlen uns noch die Lösungen, die allerdings, insbesondere was das Thema Brennstoff betrifft, auch ein Stück weit außerhalb unserer Industrie liegen.“

Quelle: VDR, Foto: Hartmann AG

 

 

 




Niedersachsens Seehäfen auf Kurs

15 Jahre Niedersachsen Ports – Zeit für eine Bilanz: Rund 400 Millionen Tonnen Waren und Güter sind über die Standorte der niedersächsischen Hafengesellschaft umgeschlagen worden. Mehr als 139 Millionen Passagiere wurden in die und aus den Seehäfen während dieses Zeitraumes bewegt. Pro Jahr laufen durchschnittlich 40.000 Schiffe die Häfen entlang der niedersächsischen Nordseeküste an. Die Seehäfen Brake, Cuxhaven, Emden, Stade und Wilhelmshaven sowie die Inselversorgungshäfen sind gefragte Verkehrsknotenpunkte – jeder auf seine Weise.

2005 hat Niedersachsen Ports die Aufgaben der Häfen- und Schifffahrtsverwaltung des Landes Niedersachsen übernommen und seither nahezu eine Milliarde Euro in den Ausbau und die Unterhaltung der Häfen investiert. Neue Hafenareale wie der Niedersachsenkai in Brake oder die Offshore-Basis in Cuxhaven sind entstanden. Betagte Bauwerke wie die Nesserlander Schleuse in Emden oder die Umschlaganlage Niedersachsenbrücke in Wilhelmshaven sind heute auf dem neuesten Stand. Gleisanlagen, Straßen- Strom und Mobilfunknetze sind als Teil der Hafeninfrastruktur ausgebaut worden und sorgen für moderne sowie sichere Transport- und Logistikprozesse.

2020 kommen weitere 55 Millionen Euro für den Ausbau und die Unterhaltung der Häfen hinzu. Davon sind 40 Millionen Euro Landesmittel. „Unsere Häfen sind lebendige Orte, in denen wirtschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Wandel stattfindet. Das müssen wir unermüdlich mitgestalten. Nur so können wir für die Standorte und die niedersächsische Küstenregion den Mehrwert weiterentwickeln, der sich aus dem Warenumschlag, dem Transport und der Produktion von Gütern sowie aus den Dienstleistungen im Hafen ergibt“, erklärt Holger Banik, Geschäftsführer der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG sowie der JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG.

Über ihre Kernaufgaben, dem Planen, Bauen und der Unterhaltung der Häfen, geht die Hafengesellschaft einen Schritt weiter. Projekte, die aktuelle Fragen mit innovativen Ansätzen lösen, werden von den Hafenentwicklern in allen Standorten verfolgt.

Ein Überblick über die wesentlichen Entwicklungen in den Seehäfen von Niedersachsen Ports:

Brake –Digitalisierung stützt Energieeffizienz

Im Universalhafen an der Weser stehen auf einer Länge von 2,5 Kilometern Liegeplätze zur Verfügung. In den letzten Jahren ist im Hafen Brake die Südpier ausgebaut worden, dort können zwei Großschiffe mit einer Länge von 270 Metern gleichzeitig abgefertigt werden. Als weitere Verbesserung der Infrastruktur werden nun die Poller- und Fendereinrichtungen auf einer Länge von 460 Metern erneuert. Zudem wird weiter nördlich der durch die Havarie der Mount Hope vor knapp zwei Jahren zerstörte Anleger wieder hergestellt.

Um die Infrastruktur für den Umschlag im Hafen jederzeit bereitstellen zu können, wird viel Energie benötigt, beispielsweise für Umschlagsanlagen, Schleusentore, Krane oder Beleuchtung.

Im IHATEC-Projekt DashPort wird derzeit untersucht, wie die Energieflüsse am Hafenstandort Brake digital erfasst, analysiert und intelligent gesteuert werden können.

Cuxhaven – Digitalisierung fördert Sicherheit

Bei einem Lückenschluss zwischen dem Europakai und der Offshore-Basis könnte der Hafen Cuxhaven mehr als 3,5 Kilometer Stromliegeplätze an der Elbe bieten. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen und die Genehmigung für die Liegeplätze 5-7 (Planfeststellungsbeschluss) wird in Kürze erwartet.

Mit dieser Maßnahme können die Umschlagskapazitäten im Hafen erweitert sowie das Wachstumsfeld „high and heavy“ gestärkt werden.

Der Bedarf ist da. Das zeigt sich auch an den Verhandlungen zur Übernahme des ehemaligen AMBAU-Standortes durch die TITAN Wind Energy GmbH, durch den der Bereich Offshore-Wind im Hafen Cuxhaven gestärkt werden kann.

Wie in allen NPorts-Standorten liegt jedoch der Großteil der Aufgaben nicht im Neubau von Hafenanlagen, sondern in der Unterhaltung der bestehenden Infrastruktur.

In besonderen Situationen, wie beispielsweise bei erhöhtem Verkehrsaufkommen, kommt es immer wieder zu Schäden an Schiffen und der Hafeninfrastruktur. Ziel des Projektes „SmartKai“ ist die Entwicklung eines schiffsunabhängigen Assistenzsystems, das auf der Hafenseite mit Hilfe von Sensoren eine sichere Navigation ermöglicht.

Emden – Grüner Wasserstoff für lebendiges Hafengeschehen

Der Standort Emden hat einen Außen- und Binnenhafen. Im Außenhafen, am geplanten Großschiffsliegeplatz zwischen Emskai und Emspier, werden die Vorbereitungen durch Baugrunduntersuchungen vorangetrieben.

Zugang und Lebensader zum Binnenhafen sind die zwei Hafenschleusen. In diesen Tagen wurde der Planungsauftrag für die Sanierung der über 100 Jahre alten Großen Seeschleuse vergeben. Der Planungsauftrag ist technisch anspruchsvoll. Besondere Anforderungen entstehen dadurch, dass die Instandsetzung der Schleuse nur im laufenden Betrieb erfolgen kann. Sperrzeiten müssen auf ein Minimum reduziert werden. Ende 2021 wird die komplette und detaillierte Ausführungsplanung als Grundlage für die Instandsetzung vorliegen.

Schleusenelektrik und Pumpanlagen benötigen große Energiemengen. Das gilt für den gesamten maritimen Sektor. In Emden ist man mit dem Wasserstoff-Projekt WASh2Emden anderen Standorten voraus: Dort wurden bereits die Möglichkeiten untersucht, Überschusswindstrom in Form von „grünem“ Wasserstoff zu speichern und im Hafen nutzbar zu machen.

Norden – Sie machen den Weg frei

7,7 Millionen Passagierbewegungen konnten über die niedersächsischen Insel- und Inselversorgungshäfen Norddeich, Bensersiel, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge gemessen werden. Rund 1,14 Millionen Tonnen Waren und Güter sind im letzten Jahr über diese Häfen verladen worden. Zudem hat sich Norddeich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Standort für die Versorgung von Offshore- Windparks entwickelt. Neben der Daueraufgabe der Sicherung der Wassertiefen in den Häfen, wird in den nächsten Jahren die Südmole am Fähranleger 1 auf Norderney saniert.

Diese Häfen liegen allesamt im niedersächsischen Wattenmeer. Daher ist es für NPorts naheliegend, als Teil des Projektes „Green Meth – Nutzung von Methanol als erneuerbarer Energieträger in maritimen Anwendungen“ einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Schifffahrt zu leisten. Die Entwicklung und Markteinführung von Methanol-basierten Antriebslösungen für kleine Schiffe stehen hierbei im Mittelpunkt.

Wilhelmshaven – Hafenbau in fünf Dimensionen

Im Alten Vorhafen in Wilhelmshaven schreiten die Sanierungsarbeiten des Helgolandkais voran, sie sind bis Mitte 2020 geplant. Zudem werden die Arbeiten am angrenzenden Wangeroogkai im Frühjahr beginnen.

Die Sanierung des Wangeroogkais ist ebenso wie die des Helgolandkais als Building Information Modeling (BIM)-Projekt ausgeschrieben. BIM bezeichnet eine kooperative, mehrdimensionale Arbeitsmethodik, mit der digitale Modelle eines Bauwerkes geschaffen werden. Die für seinen Lebenszyklus relevanten Daten werden dauerhaft erfasst. Zudem können sie in einer transparenten Kommunikation zwischen allen am Bau und im Betrieb Beteiligten ausgetauscht werden.

Der nördlichste Anleger am tiefen Fahrwasser der Jade ist die Umschlaganlage Voslapper Groden (UVG). 1979/80 gebaut, ist sie nun in die Jahre gekommen. Ab Frühjahr 2020 beginnen die Sanierungsarbeiten der Zufahrtsbrücke. Die sogenannten Jochbalken werden instand gesetzt.

„Mit einer ausgewogenen Investitions-Strategie haben wir uns erfolgreich in den letzten Jahren um die intensive Instandhaltung der bestehenden Hafenanlagen gekümmert und zugleich Neubauten realisiert. Das kann man nur schaffen, wenn man so wie wir gute Teams in allen Standorten im Einsatz hat, denen die Zukunft der Häfen am Herzen liegt“, betont Holger Banik.

Quelle und Foto: Niedersachsen Ports

 

 

 

 

 

 




Planungs- und Genehmigungshochlauf

Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Hendrik Wüst hat sich beim DVF-Lenkungskreis Infrastruktur für schnelleres Planen und Bauen ausgesprochen und Maßnahmen aus seinem Bundesland vorgestellt.

Wüst: „Für alle Infrastrukturen werden wir in den nächsten zehn bis 15 Jahren bis 50 Milliarden Euro investieren mit dem größten Block in Höhe von 20 Milliarden Euro aus dem Bundesverkehrswegeplan. Dabei sind 80 Prozent des Investitionsvolumens beispielsweise für die Straße als Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen vorgesehen. Um diese großen Summen verbauen zu können, wurden allein beim Landesbetrieb Straßenbau 102 neue Stellen geschaffen. Damit treiben wir Planungen voran. Die müssen dann auch schnell genehmigt werden. Dazu wurden die Bezirksregierungen ebenfalls personell aufgestockt und die Zuständigkeiten besser auf die vorhandenen Kapazitäten aufgeteilt.“ NRW steuere die Auslastung der Genehmigungsbehörden landesweit, so dass Spitzenlasten besser ausgeglichen werden können.

Der Lenkungskreisvorsitzende Nikolaus Graf von Matuschka, CEO HOCHTIEF Solutions AG, Mitglied des Vorstands HOCHTIEF Aktiengesellschaft, begrüßte das Engagement des Ministers. Innovative Ansätze auf allen Verwaltungsebenen seien unverzichtbar, um den Investitionsstau aufzulösen. „Was auch hilft, ist eine stärkere Nutzung partnerschaftlicher Modelle, die genau die richtigen Anreize setzen, um Projekte im Zeit- und Kostenrahmen fertig zu stellen.“ Ebenso begrüßte Matuschka die nun vom Bundestag beschlossene beschleunigte Genehmigung von Ersatzneubauten: „Angesichts der dringend notwendigen Brückensanierungen und Erneuerungen von Schienen, Straßen und Schleusen brauchen wir vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren, wenn eine vorhandene Infrastruktur lediglich am gleichen Ort ersetzt wird.“

Außerdem sei eine nachhaltige Priorisierung und Finanzierung der Projekte von Bund und Ländern notwendig, die über Legislaturperioden hinweg Bestand haben müsse. Infrastrukturbau sei eine langfristige Angelegenheit, diese müsse auch seitens der Politik mit langfristigen und verlässlichen Budgets hinterlegt werden. Nur so könnten Behörden und Wirtschaft die Ressourcen vorhalten, um die Projekte zügig zu planen und umsetzen.

Quelle: DVF, Foto: NRW-Foto Arne Pöhnert