Potenziale für Wasserstofftankstellen

Die Stadtwerke-Unternehmen GVG Rhein-Erft GmbH (GVG), Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) und Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB) haben die Möglichkeiten zum Bau und Betrieb von Wasserstofftankstellen untersuchen lassen. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie der Aachener Unternehmensberatung umlaut energy GmbH beschreibt die Möglichkeiten, auf Grundstücken der drei Unternehmen Wasserstofftankstellen zu errichten und für den Einsatz von Fahrzeugen mit Brennstoffzellentechnologie zu betreiben.

Ziel der GVG ist es, ihre Expertise auf die Zukunftstechnologie Wasserstoff auszubauen. Das Unternehmen, das bisher vor allem Kompetenzzentrum für Gastankstellen ist, kann mit dem Bau und Betrieb von Wasserstofftankstellen sein Leistungsangebot erweitern und sich somit im Markt positionieren. Die Unternehmen der HGK-Gruppe befassen sich bereits länger intensiv mit den umfangreichen Möglichkeiten des Einsatzes von Wasserstoff in den Bereichen Transport und Logistik, wofür auch entsprechende Tankstellen notwendig sind. Ziel der KVB ist es, sich rechtzeitig mit den Möglichkeiten der Wasserstofftechnologie zu beschäftigen, um ggf. entsprechende Fahrzeuge einsetzen zu können.

In den Häfen können mit Wasserstoff betriebene Reachstacker und Terminalzugmaschinen schnell und effizient betankt werden. Die Einsatzzeiten der Fahrzeuge sind vom Umschlaggeschäft abhängig und somit flexibel zu steuern. Zudem werden Häfen zukünftig auch von Lkw frequentiert, die mit Wasserstofftechnologie betrieben sind.

Im Busverkehr hat Wasserstoff insbesondere auf langlaufenden Linien Vorteile, weil die Ladekapazitäten von Batterien noch begrenzt sind und eine Nachladung im Tagesbetrieb nur an Endhaltestellen möglich ist. Die KVB und ihr Tochterunternehmen Schilling Omnibusverkehr GmbH (SOV) in Hürth bereiten sich darauf vor, bis 2030 auch die Buslinien mit besonders langen Linienwegen vom Dieselbetrieb auf alternative Antriebe umzustellen. Die Wasserstofftechnologie als eine Form der E-Mobilität kann hierbei eine Rolle spielen.

Die Infrastruktur für die Betankung mit Wasserstoff ist eine zentrale Voraussetzung für den Einsatz der Brennstoffzellentechnologie. Gerade das Transportgewerbe mit Lkw-Verkehren im nationalen und internationalen Rahmen kann keine unternehmenseigenen Tankstellen betreiben. Die GVG kann hier ein wichtiger Dienstleister als Betreiber einer Wasserstofftankstelle sein.

Insgesamt wurden fünf Standorte in Hürth und Köln auf den Grundstücken der jeweiligen Unternehmen auf Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft. Alle fünf betrachteten Standorte er- weisen sich zur Errichtung von Wasserstofftankstellen als geeignet. Die drei Unternehmen verfügen somit jetzt über eine Basis, um weitere Schritte vorausdenken zu können.

Die Ergebnisse der Studie dienen als Grundlage, um rechtliche, finanzielle und politische Rahmenbedingungen zu klären und vorantreiben zu können. Für die konkrete Errichtung von Was- serstofftankstellen sind darüber hinaus standortbezogene Risikobetrachtungen im Rahmen der Bauantragsverfahren sowie eine Sondierung der Bedürfnisse externer Kunden notwendig.

Quelle und Grafik: HGK




Bilanz der Nationalen Wasserstoffstrategie

Das erste Nationale Wirtschaftsforum Wasserstoff in Hamburg diskutierte die Fortschritte und Defizite bei der Umsetzung der Wasserstoffstrategie des Bundes.

Die im Juni 2020 von der damaligen Bundesregierung vorgestellte Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) sollte ein entscheidendes Instrument zur Umsetzung der Energiewende und der Dekarbonisierung wichtiger Industriezweige in Deutschland sein. Ziel war, einen kohärenten Handlungsrahmen für einen Markthochlauf entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Wasserstoff zu schaffen und so den Bedarf durch Erzeugungsanlagen in Deutschland und den Import von Wasserstoff zu decken. Nach zwei Jahren hat das erste Nationale Wirtschaftsforum Wasserstoff in Hamburg nun eine Bilanz gezogen, die deutlich macht: Es gibt noch viel zu tun vor allem in Sachen Schnelligkeit, Investitionssicherheit und wettbewerbsfähiger Grünstromversorgung.

Im Rahmen der Veranstaltung unter der Schirmherrschaft von Wirtschaftssenator Michael Westhagemann in Hamburg bilanzierten Vertreter der Bundesregierung, Mitglieder des Nationalen Wasserstoffrates, der Verbände, der Wissenschaft und der Industrie den Status der Nationalen Wasserstoffstrategie, stellten aktuelle Leitprojekte der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland vor und diskutierten Handlungsempfehlungen für eine stringenten Markthochlauf.

Einhellig begrüßt wurden die in der Koalitionsvereinbarung formulierten neuen Ziele für den Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft sowie die dafür notwendige Import- und Transportinfrastruktur möglichst schnell vorantreiben zu wollen, wonach bis zum Jahr 2030 eine Elektrolysekapazität von rund 10 Gigawatt erreicht werden soll und die einheimische Erzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien Priorität genießt.

Gleichwohl wurde deutlich, dass die Konkretisierung der Nationalen Wasserstoffstrategie mit einem tiefen Verständnis der gesamten Wertschöpfungskette stärker wirtschaftspolitisch ausgerichtet und alle Aktivitäten (Verkehr, Industrie, Infrastruktur und Versorgung, Forschung, Bildung, Innovation, europäische und internationale Aktivitäten) besser koordiniert und vernetzt müssen.

Einvernehmen herrschte überdies, dass Offshore-Windenergie zwar in der Lage sei, einen erheblichen Beitrag zur Erzeugung von grünem Wasserstoff zu leisten und die neuen Offshore-Ausbauziele von 70 GW bis 2045 dafür eine sehr gute Basis bieten. Unklarheit herrsche aber weiter, wieviel der bis 2030 angestrebten 10 GW Elektrolysekapazität durch Offshore Wind erzeugt werden sollen, da die bisher dafür ausgewiesene Fläche in der Nordsee („Sonstige Energiegewinnungsbereiche“) nur wenige Hundert Megawatt leisten kann. Daher sei es wichtig, Unternehmen, die in diese noch nicht wirtschaftlichen Pilotvorhaben investieren, schnell eine Perspektive für weitere Flächen im Flächenentwicklungsplan des BSH in der Nord- und Ostsee erhielten.

Als weitere essenzielle Rahmenbedingungen für eine stringenten Markthochlauf und die Etablierung einer innovativen, auch auf den Export ausgerichteten Wasserstoffwirtschaft kristallisierten sich folgende Punkte heraus:

  1. Die Dauer der Planungs- und Genehmigungsverfahren für alle Pilot-, Demonstrations- und Infrastrukturvorhaben muss stark verkürzt werden. Dies betrifft auch die Import- und Transportinfrastruktur. Auch Übergangsregelungen und mehr Flexibilität bei technischen Erprobungen sind notwendig.
  2. Die transnationalen, wichtigen Wasserstoff Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse (IPCEI), die für den Markthochlauf unabdingbar sind, müssen schneller bewilligt und umgesetzt werden, damit die entsprechenden Investitionen getätigt werden können.
  3. Die wirtschaftlichen Risiken der Vorhaben und die noch bestehende Preisdifferenz zu fossilen Brennstoffen müssen durch zielgerichtete sektorenspezifische Instrumente wie Carbon Contracts for Difference und Steuererleichterungen /grüne Wasserstoffpreisanreize abgefedert werden.
  4. Mit dem angestrebten massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien muss sichergestellt werden, dass der Industrie ausreichend grüner Strom UND grüner Wasserstoff zu konkurrenzfähigen Preisen für die Dekarbonisierung bereitgestellt wird. Nur damit lässt sich die Treibhausgasneutralität bis 2045 erreichen.

Stimmen von Teilnehmern:

Michael Westhagemann, Senator für Wirtschaft und Innovation:
„Hamburg hat sich mit diversen Initiativen und Projekten zu einem nationalen Hot Spot der Wasserstoffwirtschaft entwickelt und verbindet die industriepolitischen Chancen des Markthochlaufs von grünem Wasserstoff mit den Zielen des Klimaschutzes. Die Norddeutsche Wasserstoffstrategie bildet den Rahmen für das Hamburger Cluster Wasserstoffwirtschaft, die Wasserstoff-Importstrategie, den Aufbau großer Elektrolyse Anlagen und die Dekarbonisierung der Industrie. Eine zielgerichtete und beherzte Strategiefortschreibung des Bundes, für die dieses Forum Vorschläge gemacht hat, kann und muss für uns beflügelnd wirken.“

Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW: „Sowohl um schnell unabhängig von russischen Gasimporten als auch für die Erreichung der Klimaziele ist jetzt ein mutiger Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft nötig. Eine künstliche Verknappung realisierbarer Wasserstoffmengen durch zu rigide Vorgaben ist für das Erreichen beider Ziele und auch mit Blick auf die Entwicklung marktfähiger Preise nicht sinnvoll.“

Dr. Fabian Ziegler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Shell Holding GmbH: „Shell strebt nicht weniger als die Führerschaft in grünem Wasserstoff an und steht zur Wasserstoffstrategie des Bundes. Für uns zählt vor allem das Handeln, was wir mit der Inbetriebnahme Europas größtem PEM-Elektrolyseur im Energy and Chemicals Park Rheinland sowie Sektorübergreifenden Initiativen wie etwa der Kooperation mit Daimler zum Aufbau einer Infrastruktur für Wasseroff-Lkw bereits belegen. Um weitere und vor allem größere Projekte wie etwa in Hamburg Moorburg umzusetzen, braucht es Vereinfachung und Pragmatismus.

Dr. Arnd Köfler, CTO thyssenkrupp Steel Europe AG & Mitglied des Nationalen Wasserstoffrates: „Wir wollen Europas größten Stahlstandort auf Basis von Wasserstoff dekarbonisieren. Wir sind startklar. Gerade die Stahlindustrie hat einen enormen Hebel zur CO2-Reduktion: Eine Tonne Wasserstoff in der Stahlproduktion spart 26 Tonnen CO2 ein. Zwei Jahre Nationale Wasserstoffstrategie zeigen aber auch: Wir haben kein Erkenntnis- sondern ein Umsetzungsdefizit. Der Krieg in der Ukraine und der fortschreitenden Klimawandel sollten Motivation genug sein, jetzt den Schalter umzulegen.“

Quelle: Behörde für Wirtschaft und Innovation, Foto:Daniel Reinhardt / Senatskanzlei Hamburg




HPA testet „tierische“ Unterstützung

Bereits seit einiger Zeit kommen bei der Hamburg Port Authority (HPA) Drohnen – sei es zu Wasser oder in der Luft – zum Einsatz, um die Wartung und den Ausbau der Hafeninfrastruktur effizienter zu gestalten. Das gilt sowohl für Inspektionen von Gebäuden und Anlagen als auch für die Prozessbegleitung und Kontrolle auf Anlagen, die nur sehr schwer und mit hohem zeitlichem Aufwand oder unter Gefahren zu erreichen sind.

Nun prüft die HPA gemeinsam mit den Projektpartnern Boston Dynamics und Reply mit dem Roboterhund „Spot“ eine weitere Möglichkeit der technisch gestützten Bauwerksinspektion. „Spot“ ist ein agiler mobiler Roboter, der mit verschiedenen Sensoren ausgerüstet ist und sich aktuell eigenständig in der Köhlbrandbrücke bewegt. Auf seiner autonomen Mission unter der Fahrbahn der Westrampe macht „Spot“ u.a. mit einer Kamera mit 30-fach-Zoom hochauflösende Fotos von Schadstellen an der Bauwerkswand. So soll erprobt werden, ob mittels Künstlicher Intelligenz und den Sensoreinheiten eine Vorerfassung von Schäden realisiert werden kann, die dem Bauwerksprüfer während seiner Inspektion z.B. über eine Holo Lens eingeblendet werden können. Die Erprobung befindet sich derzeit im Projektstatus.

„Neben unserem Ziel, notwendige Informationen für die Bauwerksprüfung in Bereichen zu erfassen, die der Einsatz für Menschen zu gefährlich oder nicht nur schwer möglich sind, spielt das Thema Fachkräftemangel eine wichtige Rolle“, sagt Friedrich Stuhrmann, CCO bei der HPA. „Der Einsatz von Robotern und Drohnen kann uns hier helfen, auch künftig gut aufgestellt zu sein.“

Kai Uwe Ernst, Executive Partner bei Reply, fügt hinzu: „Mitarbeitende von gefährlichen Tätigkeiten zu entlasten und die Produktivität zu steigern, sind die wichtigsten Treiber für die Einführung mobiler Roboter in Unternehmen. Reply kann mit seiner Expertise und Robotik-Plattform Anwender wie die HPA dabei unterstützen, KI-basierte Analysefunktionen auf konsistente und sichere Weise zu nutzen.“

Quelle: Hamburg Port Authority, Foto: Hamburg Port Authority / Christian Bruch, „Spot“ ist ein agiler mobiler Roboter, der mit verschiedenen Sensoren ausgerüstet ist und sich aktuell eigenständig in der Köhlbrandbrücke bewegt.




batteriebetriebene Sattelzugmaschinen und Infrastruktur

Contargo und Rhenus Trucking haben die KsNI Förderbescheide für 28 batterie­betriebene 44-Tonner sowie die dazugehörige Ladeinfrastruktur entgegengenommen. Diese werden an den Terminals des Container-Hinterlandlogistik-Netzwerks Contargo eingesetzt, um Kunden künftig noch klimafreundlichere Transporte anbieten zu können. 

Rhenus Trucking wird die Fahrzeuge nun umgehend bei verschiedenen Herstellern bestellen, um sie nach und nach als Service Provider ihrem Kunden und Schwesterunternehmen Contargo zur Verfügung zu stellen.

„Wir sehen uns in der Verantwortung, gemeinsam mit unseren Kunden die Verkehrswende aktiv voranzutreiben“, sagt Jürgen Albersmann, Geschäftsführer Contargo GmbH & Co. KG. „Daher pflegen wir eine enge Zusammenarbeit mit den Experten für Fuhrparkmanagement bei Rhenus Trucking, die innerhalb der Rhenus-Gruppe unsere Impulse für die Umsetzung der Elektromobilität hervorragend vorantreiben.“

Contargo wird die batteriebetriebenen Sattelzugmaschinen an seinen Standorten in Döhlau/Hof, Duisburg, Emmelsum, Emmerich, Frankfurt-Höchst, Frankfurt-Ost, Gustavsburg, Hamburg, Karlsruhe, Koblenz, Ludwigshafen, Mannheim, Neuss, Weil am Rhein und Wörth am Rhein einsetzen.

„Für Rhenus ist der Aufbau einer batteriebetriebenen Lkw-Flotte ein Statement für diese Technologie, die im Augenblick eine hervorragende Alternative zu Verbrennerfahrzeugen darstellt“, sagt Sascha Hähnke, Geschäftsführer Rhenus Trucking GmbH & Co. KG.

„Der intermodale Verkehr mit einer Reichweite bis zu 250 km am Tag zwischen Terminal und Kunden ist der ideale Anwendungsfall für diese Fahrzeuge“, erklärt Michael Starke, Geschäftsführer Rhenus Trucking GmbH & Co. KG. „Sie stehen dabei konventionellen Sattelzügen in Leistung und Nutzlast in nichts nach.“

Mit dem Förderprogramm nach der Richtlinie KsNI (für „Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur“) sollen die Treibhausgasemissionen mit Einsatz von alternativen Antrieben und Kraftstoffen im straßengebundenen Güterverkehr gesenkt werden. Der Förderbescheid gilt nicht nur für 28 schwere Sattelzugmaschinen, sondern auch für die Ladeinfrastruktur sowie Trafos, Batteriespeicher, Energiemanagementsysteme und alle dafür notwendigen Arbeiten.

„Durch die Installation der Ladeinfrastruktur an unseren Terminalstandorten wird der Grundstein für klimaneutrale Seehafenhinterlandverkehre gelegt“, sagt Kristin Kahl, Verantwortliche für Sustainable Solutions bei der Contargo GmbH & Co. KG. „Die mit Ökostrom angetriebenen E-Lkw kombiniert mit ökostrombetriebenen Zügen ergeben künftig eine sehr klimafreundliche Transportlösung.“

Contargo setzte schon früh gemeinsam mit Rhenus Trucking auf eine Umstellung Richtung E-Mobilität. Bereits 2019 nahm Contargo die erste batteriebetriebene Sattelzugmaschine in Betrieb, die schnell auf vier E-Lkw sowie einen Oberleitungshybrid-Lkw an verschiedenen Standorten ausgeweitet wurden.

Quelle: Rhenus und Contargo, Foto: Basti Wöhl/BMDV, v. l.: Jürgen Albersmann, Geschäftsführer Contargo, Sascha Hähnke, Geschäftsführer Rhenus Trucking, Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Kristin Kahl, Verantwortliche für Sustainable Solutions bei Contargo und Michael Starke, Geschäftsführer Rhenus Trucking




„MoIn BiKo: Modulares Innovatives Binnenschiffskonzept“

Kürzlich erfolgte die Übergabe des Förderbescheides durch den Niedersächsischen Minister Dr. Bernd Althusmann für das neue Projekt „MoIn BiKo: Modulares Innovatives Binnenschiffskonzept“ der MARIKO GmbH. Gemeinsam mit HB Hunte Engineering GmbH, der Lambers Reederei und Rolf Janssen Elektrotechnische Werke entwickeln das Unternehmen das Konzept einer Basisschiffstruktur für ein Gütermotorschiff mit hoher Lifecycle-Effizienz, das einfach und günstig auf dem ökologischen, technischen und digitalen Stand gehalten werden kann.

Das Binnenschiff ist in Deutschland ein eher unterrepräsentierter Verkehrsträger, der – zum Beispiel im Gegensatz zu unseren niederländischen Nachbarn – im Schatten von LKW und Bahn steht. Aktuell sehen sich die Schiffbetreiber unter anderem großen Anforderungen in Bezug auf Schadstoff- und Treibhausgasminimierung gegenüber. Mehrere in Frage kommende Brennstoffe stehen zur Auswahl. Jedoch ist zurzeit, je nach Verwendungszweck, noch kein eindeutiger Favorit für die Zukunft erkennbar. Das Durchschnittsalter der Binnenschiffe in Deutschland liegt laut der Drucksache 19/7510 des Deutschen Bundestages vom 04.02.2019 bei 45 Jahren. Die Anzahl der neu in den Dienst gestellten Binnenschiffe innerhalb von 5 Jahren (2013-2018) betrug laut des Berichts lediglich 18. Die lange Lebensdauer hat dazu beigetragen, dass in der Binnenschifffahrt eine eher unterdurchschnittliche Innovationsleistung zu verzeichnen ist.

Um das Potenzial, das die Binnenschifffahrt aufweist, zu entfalten, muss die Branche auf ein „Equal level playing field“ mit den anderen Verkehrsträgern gehoben werden. Dafür ist ein Um- und Neubau-Konzept als Musterbeispiel für die Binnenschifffahrt unerlässlich. Das Projektkonsortium möchte ein Binnenschiff entwickeln, das auf ökologischen, aber auch auf die technischen und digitalen Anforderungen und Fortschritte, einfach und günstig an den Stand der Technik angepasst werden kann. Dies ist ein vollständig neuer Ansatz, um Schiffe zu entwickeln. Bislang konnten Schiffe nur mit großem Aufwand modifiziert und auf dem Stand der Technik gehalten werden. Der innovative Ansatz des Vorhabens sieht vor, das Konzept einer „Basisschiffsstruktur“ („Plattform“) zu entwickeln, welche in der langen Betriebszeit eines Binnenschiffes nicht grundsätzlich geändert werden muss. Dieses Plattformschiff enthält neben den Laderäumen und schiffbaulicher Grundausrüstung eine elektrische Propulsionsanlage und die Komponenten für das Manövrieren. Die Maschinen- und Ausrüstungsräume werden mit Modulen bestückt, die mit den Tank-, Energie- und Maschinenbaukomponenten versehen sind, die jederzeit einfach getauscht bzw. ergänzt werden können, um entsprechend auf die aktuellen Anforderungen wie Emissionsvorschriften usw. reagieren zu können. Das strukturell, material- und gewichtstechnisch optimierte Plattformschiff bietet eine Perspektive für eine andere, effektivere Fertigungsweise. Ermöglicht wird eine stärker automatisierte, industrielle Fertigung, die nicht nur qualitativ, sondern auch ökonomisch von Vorteil ist. Dies gilt auch für die einzusetzenden Module, die äußerst hochwertig und kostengünstig dezentral (vor)gefertigt werden könnten, anstelle sie auf der Werft zusammenzubauen. Dies wird erhebliche Vorteile in der Produktion (für den Schiffbau inklusive der Zuliefererindustrie in Ostfriesland) und im langjährigen Betrieb (für die Reeder und Partikuliere) bringen, wenn durch entsprechende Produktionsumstellungen eine Art Fließfertigung erreicht werden kann.

Quelle und Grafik: MARIKO GmbH




WPCAP: Plattform für Klimaschutzmaßnahmen

Der Landstrom ist auf dem Vormarsch. In einer wachsenden Zahl von Häfen wird die Stromversorgung der angelegten Schiffe zu einem erwachsenen Bestandteil der Infrastruktur. Mit Landstrom können Schiffe mit (erneuerbarem) Strom für die Nutzung von Geräten und die Beleuchtung an Bord versorgt werden.

Dieselgeneratoren und Hilfsmotoren können dadurch abgeschaltet werden. Dadurch wird der Ausstoß von CO2, Stickstoff und Feinstaub verringert und die Lärmbelästigung in der unmittelbaren Umgebung reduziert.

Vertreter des World Ports Climate Action Program (WPCAP) besuchten kürzlich den Hafen von Vancouver, unter anderem im Zusammenhang mit der dort stattfindenden IAPH Welthafenkonferenz. Die Teilnehmer konnten mit eigenen Augen sehen, wie Container- und Kreuzfahrtschiffe an das Landstromnetz im westkanadischen Hafen angeschlossen werden.

„Mit Steckern, die etwa fünfzehn Kilo wiegen, um den Anschluss an das 6,6-kV-Netz sicher verlaufen zu lassen“, so Jarl Schoemaker vom Hafenbetrieb Rotterdam und Vorsitzender der WPCAP-Landstrom-Arbeitsgruppe. Schoemaker war mit einer Reihe von Vertretern in Vancouver zum WPCAP-Treffen, bei dem die Arbeitsgruppen die Fortschritte besprechen und Vereinbarungen über das weitere Vorgehen in den verschiedenen Phasen treffen.

Das WPCAP konzentriert sich auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels im maritimen Sektor. Das Hafennetzwerk wurde 2018 auf der Weltklimakonferenz in San Francisco gegründet. Mit Antwerpen, Barcelona, Göteborg, Hamburg, HAROPA Le Havre, Long Beach, Los Angeles, New York / New Jersey, Rotterdam, Valencia, Vancouver und Yokohama bieten die Mitgliedshäfen eine große geografische Streuung. Im Rahmen des WPCAP arbeiten verschiedene Koalitionen an spezifischen Projekten, an denen möglichst viele Schifffahrtsunternehmen, Terminals und Energieversorger beteiligt sind, um eine maximale Wirkung zu erzielen.

In Kanada hat die Landstrom-Arbeitsgruppe weitere Fortschritte erzielt. „Vancouver verfügt bereits über Landstrom für Containerschiffe und die Kreuzfahrtindustrie, die alle zu fast 100 % aus Wasserkraft gespeist werden. Durch die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Häfen in diesem Bereich stellen wir fest, dass der Wissensstand in Bereichen wie Technik, Betrieb, Sicherheit, aber auch Kostenmodelle zunimmt. Entscheidend ist jedoch, dass immer mehr Schiffe für den Empfang des Stroms vorbereitet werden.“

Zusätzlich zu den bestehenden Anlagen in Vancouver und Los Angeles haben die Häfen von Antwerpen, Bremerhaven, Hamburg, HAROPA Port und Rotterdam Anfang letzten Jahres beschlossen, das Tempo zu erhöhen, um große Containerschiffe, die im Jahr 2028 anlegen, mit Landstrom zu versorgen. Außerdem wurde ein „Schiffseignermodul“ entwickelt, um den Kostenunterschied zwischen Landstrom und Schiffskraftstoffen zu ermitteln. Dies zeigt auch, dass Landstrom kostengünstig, robust und zukunftssicher ist, insbesondere für große Energieverbraucher.

Die Fortschritte der WPCAP-Arbeitsgruppe führen auch zu Innovationen bei neuen Systemen. Schoemaker: „Wir befassen uns derzeit mit einem effektiven Wissensaustausch, der weltweiten Verbreitung der Landstromversorgung und Möglichkeiten zur Verbesserung des technischen Standards. Zu diesem Zweck sind wir u. a. mit der International Electrotechnical Commission im Gespräch, die alle Normen für elektrische und elektronische Geräte festlegt. Wir sehen Verbesserungsmöglichkeiten und können bei der Einführung von Landstromprogrammen in Häfen weltweit helfen. Dies ist zum Beispiel in Europa sehr hilfreich, wo die Europäische Kommission im Rahmen ihres Programms Fit for 55 Landstromanforderungen für Containerschiffe, Kreuzfahrtschiffe und Fähren einführt. Aber es regt auch andere Häfen an, da wir ein wirklich gutes Paket in der Hand haben, das die Einführung erleichtert und auch beschleunigen kann.“

Er unterstreicht einmal mehr, dass sich das WPCAP zu einer Plattform für Klimaschutzmaßnahmen im maritimen Sektor entwickelt hat, nicht nur in Form von Wissensentwicklung, sondern auch in Bezug auf die praktische Anwendung.

Ein weiterer Bereich, in dem sich das WPCAP aktiv engagiert, ist die Vorbereitung der Häfen auf die Abfertigung von Schiffen mit alternativen Kraftstoffen. In Anbetracht des vielfältigen Brennstoffmixes der Zukunft ist es für die Häfen, die zwischen verschiedenen Aspekten navigieren müssen, eine komplizierte Landschaft, darunter Sicherheit, Verwaltung, gesellschaftliches Engagement und kommerzielle Faktoren. Diese Faktoren können sich je nach den vom Hafen angebotenen Dienstleistungen unterscheiden, die von einfachen Port Calls bis hin zu Bunkerung, Wartung und industriellen Dienstleistungen reichen.

„Für ein ankommendes Schiff, das Ammoniak verwendet, gelten andere Vorschriften als für ein Schiff, das Wasserstoff bunkern will, oder ein E-Methanol-Schiff, das repariert werden muss“, erklärt Cees Boon vom Rotterdamer Hafen.

Die WPCAP-Arbeitsgruppe für alternative Kraftstoffe ist sich bewusst, dass es andere Organisationen gibt, die ebenfalls versuchen, die Herausforderungen in der zukünftigen Landschaft anzugehen und Möglichkeiten für Häfen zu identifizieren. Zu diesen Organisationen gehören unter anderem die International Association of Ports and Harbors (IAPH) über ihre Clean Marine Fuels (CMF)-Gruppe, die Getting to Zero Coalition und unter anderem wissenschaftliche Einrichtungen.

Vertreter der Arbeitsgruppe wurden zur Teilnahme an der IAPH-CMF-Versammlung eingeladen, bei der es um Bunker-Checklisten und Audit-Instrumente ging. Die IAPH-Gruppe hat den Grundstein für die Schaffung eines Sicherheitsrahmens für die Verwendung alternativer Kraftstoffe durch Schiffe in Häfen gelegt. Die Diskussion mit WPCAP konzentrierte sich auf den nächsten Schritt hin zu einem Instrument, um dies in Häfen zu ermöglichen. Es wurde vereinbart, dass WPCAP dieses Instrument entwickeln würde.

Boon wurde dazu angeregt, das bereits als Industriestandard etablierte TRL-Instrument (Technical Readiness Level) zu nutzen, um einen Port Readiness Level-Indikator für alternative Kraftstoffen für Schiffe (PRL-AFS) zu erstellen. Das PRL-AFS ist ein Indikatorinstrument, das in neun Schritten die Fortschritte eines Hafens, der Hafenanlauf- oder Bunkerdienste anbietet, verfolgt, um schließlich bereit zu sein, Schiffe mit individuellen Kraftstoffen aufzunehmen.

„Zusätzlich zu dem Indikator haben wir eine praktische Visualisierung entwickelt, die den Status jedes Hafens für jeden alternativen Kraftstoff auf einen Blick zeigt – was unserer Meinung nach für Interessengruppen wie Schiffseigner/-betreiber, Regulierungsbehörden und Kraftstofflieferanten interessant ist. Die Visualisierungsmatrix bietet eine Vielzahl von Informationen auf einen Blick, darunter den aktuellen Bereitschaftsgrad für einen bestimmten Kraftstoff, die Ambitionen des Hafens und auch relevante Informationen über die Nutzung des Hafenraums“, sagt Namrata Nadkarni, Vorsitzende der Arbeitsgruppe und Gründerin der maritimen Beratungsfirma Intent Communications. „Darüber hinaus haben wir begonnen, Leitlinien für die Überlegungen auf jeder einzelnen Ebene zu entwickeln.“

Während die Zukunft dieser Arbeitsgruppe über das Jahr 2023 hinaus noch nicht feststeht, soll der Indikator in den kommenden Monaten verfeinert werden, um zu prüfen, ob er auch auf andere Hafentypen anwendbar ist, und um Rückmeldungen von relevanten Stakeholdern wie der IAPH, der International Chamber of Shipping, der Ghetto to Zero-Koalition und der International Association of Bunker Operators zu erhalten. Die Zusammenarbeit mit der IAPH ist auch ein Auftakt, um die IMO und andere Hafengemeinschaften auf Vorschläge aufmerksam zu machen. Die Arbeitsgruppe wird auch weiter an der Erstellung des Begleitdokuments für die PRL-AFS arbeiten, der nicht nur für Häfen von unschätzbarem Wert sein wird, sondern auch als pädagogisches Instrument zur Beantwortung der häufig gestellten Frage „Wann sind Sie bereit für alternative Kraftstoffe?“

Weitere Fortschritte werden im Herbst mit allen CEOs der Häfen erörtert, gefolgt von der ersten globalen WPCAP-Konferenz in der ersten Hälfte des Jahres 2023.

Quelle und Foto: Port of Rotterdam




Die maritime Branche und das Klimaziel

Rund vier Monate vor Start der Weltleitmesse SMM vom 6. bis 9. September 2022 in Hamburg traf sich anlässlich der internationalen Vorauspressekonferenz eine hochkarätige Experten-Runde, um über die drängendsten Themen der maritimen Branche zu sprechen. Im Fokus stand die Frage, wie die Schifffahrt bis 2050 klimaneutral wird. Optionen gibt es viele – sogar Atomkraft könnte wieder ins Spiel kommen.


Es waren ungewohnt ernste Töne, die Messe-Chef Bernd Aufderheide zu Beginn der SMM-Vorauspressekonferenz gegenüber den internationalen Journalistinnen und Journalisten anschlug. „Die Corona-Krise ist noch nicht überwunden, da führt der Krieg in der Ukraine zu einem erneuten schweren Schlag für die globale Wirtschaft und damit auch für die internationale Schifffahrt, für Logistikketten und Häfen”, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress (HMC). Der Krieg zwinge Europa, sich aus der Abhängigkeit russischer Energielieferungen zu befreien – und mache den Abschied von fossilen Brennstoffen noch dringlicher. Jenseits von Pandemie und Krieg bleibe die Erwärmung des Planeten das existenzielle Menschheitsproblem.

Ein Problem, gegen das auch die Schifffahrt kämpft. Wie wird sie möglichst schnell klimaneutral? Das ist das zentrale Thema der diesjährigen SMM, die unter dem Leitmotiv „Driving the maritime transition“ steht. Als Vorgeschmack auf den großen Branchentreff im September lud Aufderheide fünf meinungsstarke Gäste nach Hamburg ein. Das Publikum schaltete sich digital dazu.

Die Schifffahrt hat sich für 2050 das Zero-Emission-Ziel gesetzt. Ein Wettlauf gegen die Zeit. Auf welchen alternativen Brennstoff sollen die Reeder setzen? Im Spiel sind unter anderem Ammoniak, Methanol, Wasserstoff und synthetisches Gas. Klar ist: Wer pünktlich klimaneutral sein will, muss jetzt investieren. Knut Ørbeck-Nilssen, CEO Maritime bei der Klassifikationsgesellschaft DNV, rät zu Flexibilität: „Warum sollten wir uns auf ein bestimmtes Lager festlegen, wenn es um Kraftstoffe geht? Wir bewegen uns wahrscheinlich auf ein Brennstoff-Multiversum zu, und wir brauchen möglichst viele Experimente mit verschiedenen Brennstoffen und so viele Akteure wie möglich, die diese Experimente durchführen.“ Man könne nicht warten, bis die perfekte Brennstofflösung auftauche – und müsse jetzt mit dem Übergang beginnen, so Ørbeck-Nilssen. Die Technologie zur Kohlenstoffeinsparung sei da: „Wir müssen uns den Geist der Zusammenarbeit zu eigen machen, um gemeinsame Herausforderungen wie Sicherheit, Kraftstoffverfügbarkeit und Kosten zu bewältigen – wir können nur gewinnen, wenn wir zusammenarbeiten.“

Sich einfach viele Brennstoff-Optionen offenhalten – ob die maritime Energiewende so gelingt? Der renommierte maritime Ökonom Prof. Dr. Martin Stopford ist skeptisch: „Die Schifffahrt ist kein idealer Kandidat für grüne Kraftstoffe!“ Keine der Alternativen sei so effizient wie Schweröl, aber dafür umso teurer. Außerdem bezweifle er, dass es überhaupt genug Kapazitäten gibt: „Es ist unwahrscheinlich, dass die Industrie in den kommenden zehn Jahren so viel grünen Brennstoff in die Hände bekommen wird. Im Jahr 2020 wurden nur 13 Prozent des Stroms aus kohlenstofffreien Brennstoffen erzeugt.“

Mehr Potenzial prophezeite Stopford für „Retrofitting-Packages“, also Komplett-Lösungen, mit denen die Effizienz von Schiffen signifikant gesteigert wird: „Die Weltflotte von 100.000 Schiffen nachhaltig umzurüsten – das ist eine gewaltige Aufgabe!“ Angesichts der Kosten und Beschränkungen herkömmlicher grüner Brennstoffe rücke die Wirtschaftlichkeit der Kernenergie stärker in den Fokus.

Auf welchen Brennstoff es am Ende auch hinausläuft: Die Schiffbauer und Zulieferer haben das Know-how, die passende Antriebstechnologie bereitzustellen. René Berkvens, Vorstandsvorsitzender des Branchenverbands SEA Europe und ehemaliger CEO der Damen Group, forderte von der gesamten europäischen Schifffahrt mehr Bereitschaft, kraftstoffsparende Technologien und alternative Kraftstoffe – sowohl bei neuen Schiffen als auch bei der Nachrüstung von Schiffen – einzusetzen.

In der Industrie wird gerade den Reedern eine fast schon traditionelle Kaufzurückhaltung nachgesagt. Dem widersprach Nikolaus H. Schües, designierter Präsident der BIMCO und Vorsitzender der Geschäftsführung der Reederei F. Laeisz: „Wir sind nicht übervorsichtig, wir handeln vernünftig. Angesichts der derzeitigen technischen Unsicherheit ist es sinnvoll, bei den Investitionen selektiv vorzugehen.“ Schües betonte jedoch: „Wir wollen die Branche grüner machen, weil wir davon überzeugt sind, dass dies der richtige Weg ist.“ Vielen Schifffahrtsunternehmen fehle jedoch derzeit der finanzielle Spielraum dafür: „Im Moment profitieren vor allem die großen Containerreedereien.“ Einige Reeder litten noch unter den Folgen der jahrelangen Krise. „Aber egal wie teuer der Übergang sein wird – für die Gesellschaft wird es teurer sein, diesen Weg nicht zu gehen.“

Gewinner und Verlierer gibt es auch bei den Schiffbauern: „Die weltweiten Auftragsbücher sind voll – aber das kommt vor allem den asiatischen Werften zugute, die Containerfrachter und LNG-Tanker bauen“, so Berkvens. Die hochspezialisierten Werften und Zulieferer in Europa hoffen nun auf das Comeback des Kreuzfahrtmarkts sowie auf das Geschäft mit erneuerbaren Energien im Offshore-Bereich – und die Bereitschaft der Reeder, in neue Technologien zu investieren.

Cristina Aleixendri, COO bei bound4blue, sieht sich hier im Aufwind: „Die Branche ist zu sehr auf grüne Kraftstoffe fokussiert. Aber es gibt andere nachhaltige Antriebslösungen. Wind als Energiequelle ist frei verfügbar – warum sollte man sich das nicht zunutze machen?“ Mit den automatisierten Windsegeln ihres spanischen Start-ups könnten Schiffe schon heute 30 bis 40 Prozent Treibstoff einsparen. Für sein nachhaltiges Engagement wird bound4blue vom Europäischen Innovationsrat gefördert. Vor allem Reeder Schües ist von dem Ansatz begeistert: „Es gibt nichts Natürlicheres, als mit Wind eine Vorwärtsbewegung zu erzeugen.“ Sein Traum: der Transport von grünem Ammoniak mit Segelantrieb. Für die Reederei wäre das eine Rückkehr zu ihren Wurzeln: F. Laeisz hat sich vor über 100 Jahren mit den Flying P-Linern einen Namen gemacht. Die Windkraft könnte zu einem wichtigen Bestandteil der Energiewende an Bord werden. Das Beispiel zeigt: Es liegen zahlreiche Lösungen auf dem Tisch, um die Mission Zero Emissions anzugehen. „Wir sind bereit, in Technologien zu investieren. Und die SMM ist genau der richtige Ort, um diese komplexen Themen anzugehen“, so Schües.

Auch wenn sie nicht bei allen Themen auf einen Nenner kamen, in einem Punkt waren sich die Podiumsteilnehmer einig: Im Wettlauf gegen die Zeit – und gegen den Klimawandel – ist eine Weltleitmesse wie die SMM unverzichtbar. Gastgeber und HMC-Chef Bernd Aufderheide konnte das nur bestätigen: „Der persönliche Kontakt zwischen der Industrie und anderen Stakeholdern ist durch nichts zu ersetzen. Und nur der intensive Ideenaustausch an den Messeständen und auf den Konferenzen bringt uns dem Ziel der Dekarbonisierung der Schifffahrt näher.“

Die Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft findet vom 6. bis 9. September 2022 in Hamburg statt. Rund 2.000 Aussteller und über 40.000 Besucher aus mehr als 100 Ländern werden erwartet. Die SMM deckt in elf Hallen die komplette Wertschöpfungskette der Branche ab, bringt Entscheider aus allen Teilen der Welt zusammen und ist die Plattform für Innovationen. Im Fokus der 30. SMM stehen die digitale Transformation, der Klimawandel und die maritime Energiewende. 2021 hatte die SMM coronabedingt online stattgefunden. In diesem Jahr trifft sich die Community wieder live auf dem Messegelände sowie in den hochkarätig besetzten Fachkonferenzen.

Quelle: Hamburg Messe und Kongress, Foto: Hamburg Messe und Congress/Otzipka




Fabrik für Recycling-Batterien eröffnet

TES, einer der größten Unternehmen weltweit für das Recyceln von Batterien und Elektroschrott, errichtet eine neue Fabrik im Rotterdamer Hafen. Frans Timmermans, Mitglied der Europäischen Kommission, gab dem Bau symbolisch das Startsignal.

Es wird die erste Fabrik in den Niederlanden für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. Die Anzahl von Elektrofahrzeugen nimmt in den nächsten Jahren exponentiell zu und somit die Nachfrage nach Rohstoffen für die Fertigung von Batterien, besonders nach Kobalt, Nickel und Lithium. Gleichzeitig entsteht eine enorme Zufuhr von EV-Batterien, die recycelt werden müssen. TES verfügt über ein Verfahren, wobei diese beim Recyceln entstehenden Rohstoffe zurück an die Batterie-Industrie fließen können.

TES hat die Ambition, aus diesem Flecken im Rotterdamer Hafen einen höchstmodernen Standort zu machen, mit einer letztendlichen Kapazität von 25.000 Tonnen. Ende 2022 wird die erste Phase des Projekts bereits voll betriebsfähig sein, und die Fabrik kann 10.000 Tonnen Batterien verarbeiten. Kobalt, Nickel und Lithium werden dann als Rohstoff zur Herstellung neuer Batterien zurückgewonnen.

Der Hafenbetrieb Rotterdam hat die Ambition, eine Vorreiterrolle sowohl im Bereich der Energiewende als auch bei der Kreislaufwirtschaft zu übernehmen. Als größter Hafen und Branchencluster Europas kann der Rotterdamer Hafen einen wichtigen Beitrag zur Realisierung der europäischen und niederländischen Ziele bezüglich Klima und Kreislaufwirtschaft leisten. Der Hafenbetrieb arbeitet mit führenden Unternehmen wie TES zusammen, um Drehkreuze für Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe, Batterien und Baumaterialien in Rotterdam zu entwickeln. Auf diese Weise gehen wirtschaftliche Entwicklungen und Beschäftigungsperspektiven Hand in Hand mit der Energiewende und der Schaffung einer Kreislaufwirtschaft.

Quelle und Video: Port of Rotterdam




Franziska Giffey tauft die ELEKTRA

Im Berliner Westhafen hat die Regierende Bürgermeisterin von Berlin Franziska Giffey die ELEKTRA getauft. Nach fast zewijähriger Bauzeit auf der Schiffswerft Hermann Barthel GmbH in Derben und der Überführung in den Berliner Westhafen kann jetzt die Langzeiterprobung dieses einzigartigen, innovativen und emissionsfreien Schubbootes beginnen.

Petra Cardinal, Geschäftsführerin der BEHALA, begrüßte rund 250 Gäste, die sich im Hafenbecken II versammelt hatten. In der Eröffnungsrede sprach Bundesminister Dr. Volker Wissing über die Bedeutung der Wasserstoffmobilität für das Erreichen der Klimaschutzziele der Bundesregierung. „Die ELEKTRA ist ein Leuchtturm-Projekt: Sie ist das weltweit erste Schubboot, bei dem ein batterieelektrischer Antrieb mit Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik kombiniert wird. Das gesamte Projekt ist eine Blaupause für die klima- und umweltfreundliche Binnenschifffahrt und nicht nur technisch sondern auch regulatorisch eine echte Pionierleistung.“

Prof. Dr.-Ing. Gerd Holbach, Gesamtprojektleiter von der Technischen Universität Berlin, erläuterte kurz das Gesamtprojekt, die Konzeption und den Entwurf zum Bau des innovativen Schubboots.

Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, sprach die Formel „Ich taufe Dich auf den Namen ELEKTRA, wünsche der Besatzung allzeit gute Fahrt und Dir immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel“ und taufte das Schiff. Sie sagte: „Das weltweit erste emissionsfreie Schubboot ist das beeindruckende Ergebnis der Zusammenarbeit von Beteiligten aus dem Bereich des Schiffbaus und der Energie- und Antriebstechnik. Ich freue mich besonders, dass auch viel Berliner Erfindergeist in die Entwicklung und den Bau von ELEKTRA geflossen ist. Dieses Leuchtturm-Projekt zeigt uns exemplarisch, wie es gelingen kann, mit innovativen Ideen langfristig eine Klimaverbesserung auf unseren Wasserstraßen zu erreichen. Berlin will hier Vorreiter sein.“

Frau Dr. Corinna Barthel von der Barthel Werft gratulierte der Taufpatin mit einem Blumenstrauß und sprach über die Besonderheiten beim Bau der ELEKTRA.

Unter der Projektleitung des Fachgebietes Entwurf und Betrieb Maritimer Systeme der TU Berlin sind die Unternehmen BEHALA – Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Logistik), Schiffswerft Hermann Barthel, BALLARD Power Systems (Brennstoffzellen), Argo-Anleg (Wasserstoffsystem), SER Schiffselektronik Rostock (elektr. Energiesystem), EST-Floattech (Akkusystem) und HGK Shipping (nautischer Betrieb) an der Entwicklung, am Bau und der Erprobung der ELEKTRA als Partner beteiligt.

Die ELEKTRA wird als erstes emissionsfreies Schiff eine Vorbildfunktion einnehmen, denn dieses Energiesystem ist so konzipiert, dass es auf eine Vielzahl von Binnenschiffs- und Küstenschiffstypen übertragbar ist.

Es geht dabei nicht nur um die Energiebereitstellung für den Schiffsantrieb und das Schieben von Schubverbänden, sondern auch um die Energie für die Besatzung, die an Bord wohnt, kocht und wäscht. Weiterhin muss Energie für die Temperierung der Räume und des Steuerhauses bereitgestellt werden. Auch die Akkumulatoren benötigen eine bestimmte„Wohlfühltemperatur“ für einen effizienten Betrieb und eine lange Lebensdauer. All das muss bei begrenzter mitgeführter Energiemenge und ohne Reichweitenverlust funktionieren.

Die Abwärme der Brennstoffzellen wird durch eine konsequente Wasserkühlung genutzt und über eine Sole-Wärmepumpe werden die Räume beheizt. Dabei ist es von Vorteil, dass das Schiff immer Wasser mit Temperaturen von über 0° C unter dem Kiel zur Verfügung hat.

Der Einsatz eines selbstentwickelten Energiemanagementsystems und eines Fahrassistenten unterstützen den Schiffsführer und Logistiker bei der Planung der Einsätze und der Durchführung der Transporte.

Mit 750 kg nutzbarem gasförmigem Wasserstoff bei einem Druck von 500 bar an Bord und einer Batteriekapazität von ca. 2.500 Kilowattstunden hat das Schiff im Schubverband mit dem beladenen Schwergutleichter URSUS eine Reichweite von ca. 400 Kilometern. Daher wird in den Fahrtgebieten von Berlin Richtung Rhein/Ruhr, Hamburg und Stettin neben dem Westhafen unterwegs nur jeweils eine weitere Landstation zur Versorgung der ELEKTRA mit Wasserstoff und Strom benötigt. Insgesamt können Verbände bis 150 m Länge gefahren werden.

Sowohl im Berliner Westhafen als auch im Hafen Lüneburg werden die ersten Stationen für den Wechsel der Wasserstofftanks und elektrische Ladestationen in der benötigten Leistungsklasse von 500 Kilowatt in 2023 in Betrieb genommen.

Mit dem Industrie- und Gewerbepark Mittelelbe / H2 Green Power & Logistics GmbH hat die TU Berlin einen Liefervertrag zur Befüllung und zum Transport der Tanksysteme (Multiple Energy Gas Container – MEGC) mit grünem Wasserstoff bis zum Ende der Projektlaufzeit Ende 2024 abgeschlossen.

Die MEGC können mit dem bordeigenen Kran getauscht werden und der Stromanschluss erfolgt über einen Ladegalgen, an dem die Kabel landseitig geführt werden.

Für die Schiffsbesatzung ist somit der Umgang mit den armdicken Kabeln sehr einfach und das Schiff ist in kurzer Zeit an der Ladestation angeschlossen und die Pier ist frei von Kabeln.

Die Erprobungen finden zunächst vorwiegend im Bereich der Hauptstadtregion statt, ab 2023 werden die Erprobungen dann auch verstärkt im Fernverkehr Richtung Hamburg fortgesetzt.

Am Ende werden wir viel gelernt haben und wir können dann auch sagen, wie zukünftige marktfähige Binnen- und Küstenschiffe für viele Anwendungszwecke in dieser Leistungsklasse optimal ausgerüstet sein müssen und wie die Konzepte bei anderen Schiffstypen und Leistungsklassen aussehen können.

Bei einem Gesamtprojektvolumen von ca. 14,6 Mio. Euro wird das Projekt durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit ca. 9,1 Mio. Euro gefördert und vom Projektträger Jülich (PTJ) und der Nationalen Organisation für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) betreut und koordiniert.

 

 

Quelle und Foto: BEHALA, als weltweit erstes Schubboot, bei dem ein batterieelektrischer Antrieb mit Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik kombiniert wird, ist die ELEKTRA eine beeindruckende Pionierleistung im Bereich klima- und umweltfreundlicher Binnenschifffahrt.




Einsatz im Klimaschutz ausgezeichnet

Rhenus Transport, HAVI und Meyer Logistik haben für ihr gemeinschaftliches Engagement für den Klimaschutz einen VR-Award der VerkehrsRundschau erhalten. Mit dem Projekt „Klimaschutz kennt keinen Wettbewerb” streben die Logistiker einen klimaneutralen Straßengüterverkehr an und vertreten die Interessen ihrer Branche in der Mobilitätswende.

Die Logistikunternehmen Rhenus Transport, HAVI und Meyer Logistik eint der Wunsch nach einer Mobilitätswende, bei der die Interessen der Anwender alternativer Antriebskonzepte einbezogen werden. Obwohl per se im Wettbewerb zueinander, haben sie sich zu einer gemeinschaftlichen, agilen Initiative für den Kampf gegen den Klimawandel zusammengeschlossen – und dafür nun den VR-Award der VerkehrsRundschau in der Kategorie Umweltschutz gewonnen.

„Die Mobilitätswende kann nicht im Alleingang Einzelner umgesetzt werden. Vielmehr müssen alle Beteiligten miteinander in einen Austausch treten, damit der Wandel funktioniert“, erklärt Sascha Hähnke, Geschäftsführer der Rhenus Transport. Schon seit rund zehn Jahren tauschen sich die Geschäftsführer der technologieoffenen Logistikunternehmen über alternative Antriebskonzepte aus.

„Gerade bei dem Einsatz neuer, wenig erprobter Technologien, ist es mehr als hilfreich, auf die bereits gemachten Erfahrungen der Kollegen aus den anderen Unternehmen zurückgreifen zu können“, sagt Torsten Oldhues, Managing Director Operations HAVI. Bereits seit langem setzen sie alternative Antriebe wie Gas- und Wasserstoff-Lkw, rein elektrische und Hybrid-Fahrzeuge ein. „Dank der Nutzung ökologischer Antriebskonzepte sparen wir jährlich mehr als 1.000 Tonnen CO2“, berichtet Matthias Strehl, Geschäftsführer bei Meyer Logistik: „Daher beobachten wir sehr genau die technischen Entwicklungen am Markt, um in der Anwendung perspektivisch diese Zahl zu erhöhen.“ Für die Zukunft planen die Logistikdienstleister weitere Anschaffungen von Fahrzeugen mit klimafreundlichen Antriebsarten.

Ihre umfangreiche Expertise zu Konzepten klimafreundlicher Nutzfahrzeuge nutzen die drei Logistiker, um mit Entscheidern aus Politik, Herstellern und Logistikunternehmen in einen kontinuierlichen Austausch zu kommen. Damit sensibilisieren sie in ihrer Vorreiterrolle für die Chancen, die der weitreichende Themenbereich „Alternative Antriebe“ bietet. Das in München ansässige Wochenmagazin VerkehrsRundschau würdigte die Initiative nun.

Quelle: Rhenus, Foto: VerkehrsRundschau/Jan Scheutzow, Rhenus Transport, HAVI und Meyer Logistik haben für ihr gemeinschaftliches Engagement für den Klimaschutz einen VR-Award der VerkehrsRundschau erhalten. Entgegen nahmen ihn (von links nach rechts) Sascha Hähnke, Geschäftsführer Rhenus Transport, Matthias Strehl, Geschäftsführer Meyer Logistik, Torsten Oldhues, Managing Director Operations HAVI.