Schleuse soll intelligent werden

Seit 110 Jahren dient die Oslebshauser Schleuse als verlässliche Zufahrt zum Bremer Industriehafen. Sie schafft damit die Basis für rund 50 Betriebe mit etwa 3000 Mitarbeitern.

Über die Jahrzehnte hat es immer wieder erhebliche Umbauten an der Schleuse gegeben. Im Jahr 1980 wurde die Schleuse deutlich vergrößert, aktuell werden die Schleusentore grundsaniert und auf die veränderten Hochwasserprognosen angepasst. Auch die Schleusensteuerung wird im kommenden Jahr eine Generalüberholung erfahren.

Darüber hinaus ist aktuell ein spannendes, vom Bundesverkehrsministerium gefördertes Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gestartet worden. Unter dem Projekttitel „Tide2Use – Intelligente Pumpwerk und Schleusensteuerung im Hafen“ soll der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien im Hafenumfeld erreicht werden.

Das Projekt will ein Assistenzsystem schaffen, das den Schleusenbediener unterstützt. Es empfiehlt dem Nautiker im Steuerstand einen Zeitraum, zu dem ohne Beeinträchtigung des Schiffsverkehrs und unter Abwägung aller Risiken die Torschütze zur natürlichen Bewässerung des Hafen genutzt werden kann. Mit einer intelligenten, durchgängigen Vernetzung des Schiffsverkehrs, des Schleusenbetriebs und der dazugehörigen Pumpwerke soll die Energieeffizienz gesteigert werden. Erreicht werden soll auch eine erleichterte Einbindung von erneuerbaren Energien in den Hafenbetrieb.

Abgeschleuste Hafenbereiche brauchen einen ausreichenden Wasserstand, um den Seeschiffen sichere nautische Bedingungen zu gewährleisten. Da beim Schleusenvorgang Wasserverluste unvermeidbar sind, ist die Zufuhr von Wasser durch Pumpen erforderlich. Dieser Vorgang benötigt große Mengen kostbarer und teurer Energie. Um das Wasserangebot durch Pumpen und die Wassernachfrage durch Schleusen intelligent auszugleichen, soll künftig möglichst durch geringes Pumpen ausgekommen werden: Hohe Tidewasserstände sollen genutzt werden, um das Angebot der Wassernachfrage anzupassen. Bei einem erfolgreichen Verlauf des technisch anspruchsvollen Projektes, können bei der Unterhaltung der Schleuse erhebliche Betriebskosten eingespart und gleichzeitig ein Beitrag zur Digitalisierung der Hafeninfrastruktur geleistet werden.

bremenports-Geschäftsführer Robert Howe:„ Das von der Bundesregierung aufgelegte Programm zur Entwicklung innovativer Hafentechnologien bietet die Chance an der Oslebshauser Schleuse einen Beitrag zur Digitalisierung der Hafeninfastruktur zu leisten. Es ist dabei selbstverständlich, dass bremenports als Hafenbetreiber der Schifffahrt auch künftig ein leistungsfähiges Serviceangebot unterbreiten wird.“

Unter der Koordination von bremenports beteiligen sich das BIBA, und die Unternehmen SCHULZ Systemtechnik und Aimpulse an dem Verbundprojekt. Das Projektvolumen beträgt 515.000 Euro, davon wird die Hälfte vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur übernommen.

Quelle und Foto: bremenports




Online-Tracking für Schubkähne

Am 20. November begann Port Insight: ein Joint Venture des Hafenbetriebs Rotterdam mit TWTG, einem richtungsweisenden Unternehmen für die Entwicklung von I-IoT-Lösungen (Industrial Internet of Things).

Port Insight entwickelt verschiedene Dienstleistungen. Die größte Errungenschaft bisher ist ein neuer Tracking-Service, mit dem Schubkähne in großen Teilen Europas verfolgt werden können. Anfang 2019 wird dieser Service den ersten Kunden zur Verfügung gestellt. „Port Insight wird große Auswirkungen auf den Sektor haben und trägt in hohem Maße zu einem intelligenten Hafen bei.“

Man findet sie überall im Hafen: Schubkähne, in denen Schüttgüter wie Erze, Getreide oder Sand über die Flüsse ins Hinterland transportiert werden. Diese Schubkähne bestehen vollständig aus Stahl und können bis zu 100 Meter lang sein. Sie werden von anderen Schiffen, den sogenannten Schubschiffen, geschoben und haben keinen eigenen Motor. Ein einziges Schubschiff kann bis zu sechs Schubkähne gleichzeitig schieben.
Die Schubkahnbetreiber registrieren manuell welcher Schubkahn wie lange an welcher Stelle liegt. „Dieses Verfahren erfordert jede Menge Papierarbeit“, erklärt Vincent Campfens, Business Consultant der Abteilung Digital & Information Technology im Hafenbetrieb. Vincent ist hauptsächlich für den Einsatz von Sensortechnologie und Datenkommunikation im Hafen zuständig.

„Im Hafen gibt es zahllose Schubkähne, eigentlich wissen wir nicht ganz genau, welcher Kahn sich gerade wo befindet und wie viele es eigentlich sind. Die Betreiber und Benutzer versuchen, anhand von Telefonanrufen dahinter zu kommen. Für Schubkähne muss eine Hafengebühr bezahlt werden. Wenn ein Betreiber kein Jahresabo hat, schickt er jeden Monat eine Übersicht darüber, welche Kähne wo gewesen sind. Auf dieser Grundlage erstellt der Hafenbetrieb Rotterdam dem Betreiber eine Rechnung. Dieses System bedeutet einen hohen Arbeitsaufwand und ist sehr anfällig für Fehler. Die Abteilung Hafenmeister muss dann für die Sicherheit der Schubkähne und Rechtsdurchsetzung sorgen. Kurz gesagt, eine zeitraubende Angelegenheit für den Hafenbetrieb und die Betreiber, wenn man die Übersicht behalten will.“

Das muss cleverer, nachvollziehbarer und einfacher möglich sein, dachten sich die Entwickler beim Hafenbetrieb. Vincent: „Vor zehn Jahren konnten wir noch nicht mit einer App nachverfolgen, wo sich unsere Postpakete gerade befanden, heutzutage finden wir das ganz normal. Wir wollten Schubkähne in der digitalen Welt verfügbar machen.“

Das Entwicklerteam begab sich an die Arbeit und führte zunächst zahlreiche Gespräche mit den Betreibern der Schubkähne. Matthijs Tromp, Produktentwickler und Teammitglied: „Wir haben oft zu hören bekommen, dass schon einmal vergebens versucht wurde eine solche Anwendung zu entwickeln, dass Track & Trace in ganz Europa nicht machbar ist und dass die Batterien höchstens ein Jahr lang halten.“ Schließlich konnten wir mit dem Hafenbetrieb und einigen begeisterungsfähigen Betreibern trotz allem ein erfolgreiches Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit dem Technologieunternehmen SODAQ starten. Damit haben wir die Funktionsweise der gesamten technischen Kette unter Beweis gestellt und anfängliche Zweifel entkräftet.“

Anschließend machte sich das Team auf die Suche nach einem geeigneten Partner für die Umsetzung der Dienstleistung. Vincent: „Der Transponder und die Technologie müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllen. Mit den Schubkähnen wird recht ruppig umgegangen und sie liegen konstant im Wasser. Das Gerät muss also sehr robust sein. Gleichzeitig muss die integrierte Technik digital gesichert sein und zuverlässig arbeiten, ein Liegeplatz muss bis auf zehn Meter exakt angezeigt werden. Außerdem will man natürlich nicht jedes Jahr die Batterie wechseln müssen, deswegen sollte sie ungefähr fünf Jahre lang einsatzbereit sein. Updates müssen auf Abstand durchgeführt werden können, damit das System zukunftsfähig ist. Wir wollen den Benutzern die Arbeit erleichtern. Der Service umfasst neben dem tatsächlichen Produkt auch Online-Dashboards, Verknüpfungen mit externen Systemen und natürlich einen Servicedesk, der die Benutzer unterstützt. Auf diese Weise können sich die Kunden grundsätzlich darauf verlassen, dass ihnen korrekte und zuverlässige Informationen für die Einrichtung der Arbeitsverfahren zur Verfügung stehen.

Der Hafenbetrieb fand einen geeigneten Partner in TWTG, einem innovativen Unternehmen, das häufig die Internet-of-Things-Technologie einsetzt. IoT ist ein Netzwerk aus materiellen Objekten, wie Autos, Maschinen und Geräten, die anhand von Sensoren eine Verbindung zum Internet herstellen und auf diese Weise Daten austauschen. Goran Gavric, Geschäftsführer TWTG: „Nehmen Sie als Beispiel ein Smartphone, das kommuniziert auf unterschiedliche Weisen, über WLAN, das mobile Netzwerk oder Bluetooth. So können Sie sich das IoT auch vorstellen. Wir entwickeln für Port Insight die gesamte technische Seite der Lösung: den Transponder mit der Track- und Trace-Funktion sowie die Software-Plattform. Auf der Plattform können die Benutzer sehen, wo sich die Kähne befinden. Über das Dashboard können sie ganz einfach den Bescheid für die Hafengebühren einreichen und die Planung organisieren. Wir haben den Benutzern bei der Entwicklung aufmerksam zugehört. Der Transponder ist so ausgelegt, dass er kompatibel mit Lösungen ist, die wir in Zukunft anbieten wollen. Darunter fällt beispielsweise eine Übersicht der verfügbaren Anlegeplätze, wie man das heutzutage häufig auf Parkplätzen in der Innenstadt oder in Parkhäusern sieht. Darüber hinaus wird der Betreiber dem Eigentümer der Ladung oder dem Empfänger einen Track- und Trace-Code mitteilen können. Das funktioniert genauso wie bei Postpaketen.“

Schubkähne fahren natürlich nicht nur in der Gegend von Rotterdam. Goran: „Wir wollen das Produkt auch anderen Häfen im In- und Ausland anbieten. Deswegen positioniert der Hafenbetrieb Rotterdam diesen Service gemeinsam mit TWTG unter dem Namen Port Insight für einen breiteren Markt, damit auch andere Parteien davon profitieren können. Port Insight wird die Arbeit in der Branche zukünftig wesentlich angenehmer und effizienter gestalten. Wir sind als Rotterdamer Unternehmen stolz darauf, diesen Service gemeinsam mit dem Hafenbetrieb umzusetzen.“

Olga Verburg arbeitet beim Hafenbetrieb Rotterdam im Team für Data Engineering und ist an der Entwicklung beteiligt. „Port Insight ist ein gutes Beispiel dafür, wie man mit relativ simplen Lösungen einen ganzen Sektor revolutionieren kann. Die Welt der Schubkähne ist ziemlich konservativ, es handelt sich oft um Familienunternehmen und Geschäfte werden häufig in der Kneipe abgeschlossen. Eine Welt, die nicht an Veränderungen gewöhnt ist. Das Besondere an dieser Reise ist die Kulturveränderung. Die anfänglich skeptischen Betreiber können jetzt gar nicht abwarten, bis es endlich soweit ist. Gleichzeitig wird im Hafen von Rotterdam an der Lösung großer Probleme und umfassender Themen wie der Energiewende gearbeitet, aber diese Anstrengungen sind nicht unbedingt messbar. Weil Port Insight datengetrieben ist, kann es die Lösung für ein ganz konkretes Problem bieten: es macht die Schubkähne digital sichtbar. „Port Insight wird große Auswirkungen auf den Sektor haben. Das Programm ist ein bedeutender Schritt auf dem ehrgeizigen Weg des Rotterdamer Hafens zu einer innovativen Führungsposition.

Vincent erklärt abschließend: „Man kann zukünftig sehen, wie die Anlegeplätze genutzt werden und ob es Kapazitätsengpässe gibt. Darüber hinaus kann der Hafenbetrieb seine Dienstleistungen flexibler gestalten, indem die Betreiber beispielsweise pro Stunde bezahlen anstatt pro Woche. Ich könnte noch stundenlang darüber reden. Die Vorteile sind so offensichtlich, dass man sich fragen muss, warum das System nicht schon lange besteht!“

Quelle und Grafik: Port of Rotterdam

 




Erster Hybrid-Van-Carrier im Hamburger Hafen

Neue energiesparende und emissionsarme Technik im Hamburger Hafen: Am HHLA Container Terminal Tollerort (CTT) transportieren seit Kurzem zwei Van-Carrier mit umweltfreundlichem Hybrid-Antrieb Boxen zwischen Schiff, Lager, Bahnhof und Lkw-Gate.

Die beiden Prototypen sollen mindestens 15 Prozent weniger Diesel als ihre Vorgänger verbrauchen. Dadurch werden CO2-, Stickoxid- und Feinstaub-Emissionen deutlich reduziert.

Das Prinzip der Hybrid-Technik ist einfach: Überschüssige Energie, die beispielsweise beim Bremsvorgang oder beim Senken der Last freigesetzt wird, speichert der Van-Carrier (VC) in einer leistungsstarken Lithium-Ionen-Batterie. Im Fahrbetrieb nutzt das Fahrzeug diese Energie aus der Batterie. Der Verbrennungsmotor wird dadurch wesentlich entlastet.

Die Wirkung ist beachtlich: Der Hersteller Konecranes verspricht pro Hybrid-Van-Carrier im Vergleich zu dem zuletzt an den CTT gelieferten diesel-elektrischen Modell eine jährliche Einsparung von mindestens 15 Prozent Treibstoff. Dadurch gehen die Emissionen signifikant zurück: Konecranes prognostiziert eine jährliche Reduzierung um 30 bis 50 Tonnen CO2 je Van-Carrier.

Die beiden Prototypen sind ein weiterer Schritt der HHLA, ihre Großgeräte auf immer umweltfreundlichere Technologien umzustellen. CTT-Geschäftsführer Dr. Thomas Koch erklärt:

„Mit den neuen Hybrid-Van-Carriern senken wir unsere Energiekosten und reduzieren gleichzeitig die Emissionen. Sie sind ein weiterer Beleg dafür, dass die HHLA konsequent auf modernste Technik und intelligente Lösungen setzt. Davon profitieren das Unternehmen, die Umwelt und die Beschäftigten.“

Entwickelt und getestet wurden die beiden Batterie-Hybrid Konecranes Noell Van-Carrier im Würzburger Werk von Konecranes. Hubert Foltys, Direktor Business Line Straddle Carrier bei der Konecranes, ist stolz darauf, dass die neue Generation von Van-Carriern mit batterie-hybridem Antrieb am Tollerort in Hamburg erstmals zum Einsatz kommt: „Die HHLA und Konecranes verbindet eine langjährige Partnerschaft, wodurch schon häufig Pionierarbeit bei der Einführung innovativer Containerumschlaglösungen geleistet wurde. Mit der neuen batterie-hybriden Generation hebt Konecranes die Antriebstechnik für Van-Carrier auf die nächste Ebene und ermöglicht es der HHLA, sowohl Ökonomie als auch Ökologie des Containerumschlags am Tollerort weiter signifikant zu verbessern.“

Nachhaltiges Handeln ist ein wichtiger Bestandteil der HHLA-Unternehmensstrategie. So hat sich das Unternehmen unter anderem zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen je umgeschlagenem Container zwischen 2008 und 2020 um 30 Prozent zu reduzieren. Bis 2017 gelang bereits eine Reduzierung um 28,9 Prozent. Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, setzt die HHLA auf innovative Technik, die sie häufig gemeinsam mit dem Hersteller entwickelt und erstmals auf ihren Anlagen dem harten Realitätscheck im 24/7-Betrieb unterzieht. So hat die HHLA beispielsweise im Jahr 2009 gemeinsam mit der Gottwald Port Technologies, die seit 2017 ebenfalls zu Konecranes gehört, die ersten batteriebetriebenen Containertransportfahrzeuge der Welt am Container Terminal Altenwerder erfolgreich getestet und diese seitdem im Einsatz.

Quelle und Foto: HHLA

 




Computer sagt Schiffsankunft voraus

Computer erkennen Muster in großen Datenmengen viel schneller als Menschen. Auch im maritimen Sektor können auf der Grundlage von Big Data und künstlicher Intelligenz große Effizienzfortschritte erzielt werden. Unter anderem kann dank dieser Technologie die Ankunftszeit von Schiffen in (See-)Häfen immer genauer und früher vorhergesagt werden.

Wer hat vor fünf Jahren schon von Alibaba gehört? Inzwischen ist der chinesische Online-Handelsgigant schnurstracks auf dem Weg zu einer Milliarde Kunden weltweit. Am 11. November 2018 machte Alibaba in kaum 85 Sekunden eine Milliarde Euro Umsatz. China, in der Vergangenheit vor allem für sein Kopierverhalten bekannt, ist gegenwärtig Vorreiter bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz und anderer trendbestimmender Technologien. Nicht Öl, sondern Daten sind nach Meinung des Alibaba-Gründers Jack Ma der Kraftstoff der Zukunft. Es gibt auch immer mehr Technologien, die Daten generieren und teilen können. Im Jahr 2021 werden voraussichtlich über 11 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein. Während die Datenmenge exponentiell steigt, sinken schnell die Kosten der Datenanalyse.

Die Datenflut, die wir gegenwärtig produzieren, wird von Computern genutzt, um sich selbst zu schulen. Mit Pronto, einer Anwendung für standardisierten Datenaustausch im Bereich Port Calls, setzt auch der Rotterdamer Hafen auf diese Entwicklung. Nahezu die Hälfte der Reedereien, Agenturen, Terminals und anderer nautischer Dienstleister im Hafen nutzen das System, um ihre Tätigkeiten bei einem Port Call zu planen, auszuführen und zu überwachen. Pronto nutzt künstliche Intelligenz, um die Ankunftszeit von Schiffen im Hafen vorauszusagen. „Die Ankunftszeit der Schiffe wird von diversen Faktoren beeinflusst“, meint Arjen Leege, Senior Data Scientist beim Hafenbetrieb Rotterdam. „Zum Beispiel vom Schiffstyp und der Art der Fracht, genauso wie dem Standort, der Route, der Fahrgeschwindigkeit und den Bewegungen anderer Schiffe in der Nähe. Wir haben die entscheidenden Parameter zusammengestellt. In diesem Prozess fielen manchmal Parameter weg und neue kamen hinzu. Beispielsweise stellte sich heraus, dass auch die Anzahl der Male, die ein Schiff bereits im Rotterdamer Hafen gewesen ist, relevant ist.“

Als Datenquellen dienen unter anderem AIS und die Datenbanken des Hafenbetriebs, die die Ankunftszeiten der Schiffe an der Beladestelle enthalten. Auf Basis der Parameter entwickelten die Daten-Fachleute des Hafenbetriebs ein selbst lernendes Computermodell. Es wurde zu Anfang mit ungefähr 12.000 historischen Daten gespeist. Der Computer erkannte darin Muster, wodurch er lernte vorauszusagen, wie lange ein Schiff braucht, um von der Beladestelle zum Liegeplatz zu kommen. „Computer können komplexe Zusammenhänge viel schneller erkennen als Menschen“, meint Leege. „Gerade das ist die Kraft künstlicher Intelligenz. Dadurch, dass der Computer ständig mit aktuellen Daten versorgt wird, wächst seine Voraussagefähigkeit kontinuierlich. Inzwischen können wir bei ankommenden Schiffen bis auf 20 Minuten genau voraussagen, wann sie den Liegeplatz erreichen. Der Computer kann auch immer weiter in die Zukunft blicken und die Ankunftszeiten der Schiffe berechnen, die sieben Tage vom Rotterdamer Hafen entfernt sind. Dieser Voraussagehorizont kann so gedehnt werden, dass wir künftig die ganze Route eines Schiffs voraussagen können. Vielleicht sogar 30 Tage im Voraus, mehrere Häfen inbegriffen.“

Leege fährt fort: „Wenn wir die Dinge immer früher wissen, können wir den Einsatz unserer Ressourcen besser planen. Wenn man weiß, dass es im Hafen voll sein wird, kann man zum Beispiel bereits die Schleppaktivitäten erhöhen, indem man Schleppboote aus anderen Häfen nach Rotterdam holt. Pronto kann inzwischen auch identifizieren, welche Schiffe im Hafen gebunkert, gelöscht oder geschleppt werden. Vielleicht kommen langfristig neue Anwendungen hinzu, die wir uns momentan noch gar nicht vorstellen können. Das ist das Tolle an dieser Entwicklung.“

Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz ist die Wartezeit der Schiffe im Rotterdamer Hafen bereits um 20 Prozent verkürzt worden. Robbert Engels, Product Lead Port Call Optimisation, sieht weiteres Optimierungspotenzial. „Wenn immer mehr Partner Daten teilen und aktiv mit den Informationen arbeiten, die sie aus dem System erhalten, wird die Kette transparenter, können bessere Entscheidungen gefällt werden und kann man bei Abweichungen vom Plan immer besser gegensteuern. Gegenwärtig muss der Benutzer die vielen Zeiten, die in Pronto zu sehen sind, noch selbst interpretieren, aber vielleicht kann in der Zukunft der Computer dabei helfen. Je größer die Datenvolumen, desto mehr kann man machen. Selbstverständlich wurde über die Sicherung der Daten gut nachgedacht. Cyber Security wurde in das System integriert. Daten, die dem Datenschutz unterliegen, nutzen wir nicht.“

Trotzdem herrscht in Bezug auf künstliche Intelligenz nicht nur Optimismus, sondern auch Skepsis. In der Praxis führen selbst lernende Roboter manchmal zu Problemen. Der Google Assistent lernte es zu fluchen, weil er auch von Menschen Input bekommt, die Schimpfwörter benutzen. Amazon zog den Stecker bei einem Bewerbungsroboter, der Frauen diskriminierte. „Amazon hat in den letzten zehn Jahren vor allem Männer eingestellt“, sagt Leege. „Der Computer erkannte dieses Muster in den Daten-Sets und setzte es einfach fort. Voraussagen sind schwierig und auch ein Computer macht manchmal Fehler. Bei Pronto haben wir uns jedoch nicht für eine Black Box-Vorgehensweise entschieden. Es wurde gut über die Faktoren nachgedacht, die maßgeblich dafür sind, dass Schiffe eine bestimmte Entfernung zurücklegen. Wir stellen dem Computer für seine Voraussagen zuverlässige Parameter zur Verfügung. Theoretisch können wir sogar pro Voraussage zeigen, wie sie zustande gekommen ist.“

Quelle und Grafik: Port of Rotterdam

 

 

 




Enterprise Lab zur Handelsfinanzierung

Die Commerzbank gründet als erste Bank ein Enterprise Lab am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML. Damit streben die Partner eine enge branchenübergreifende Zusammenarbeit zu den Themen Logistik, Supply Chain Management, Supply Chain Finance und digitale Innovationen an.

Die Commerzbank etabliert als erstes Finanzinstitut ein Enterprise Lab am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund und baut damit die seit Juli 2017 bestehende Kooperation aus. Mit dem »Trade Finance Innovations Lab« ist nun auch die Commerzbank als eine der führenden europäischen Außenhandelsbanken Teil des Enterprise Lab Centers am Fraunhofer IML und deckt als erste Bank den Bereich Finanzdienstleistungen mit Fokus auf dem Trade-Finance-Geschäft, also der Abwicklung und Finanzierung internationaler Handelstransaktionen, ab. Künftig werden anwendungsorientierte Wissenschaftler des Fraunhofer IML aus den Bereichen Logistik, Supply Chain Management und Blockchain-Technologie eng mit Trade-Finance-Spezialisten der Commerzbank und ihrer Forschungs- und Entwicklungseinheit »Main-Incubator« zusammenarbeiten.

»Seit dem Start der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IML wurden praktische Anwendungsmöglichkeiten für das Trade-Finance-Geschäft identifiziert und mit Firmenkunden der Bank priorisiert. Prozesse entlang physischer Lieferketten können durch neue Technologien viel enger mit der finanziellen Lieferkette verknüpft werden. So können an vielen Stellen der Supply Chains bislang manuelle Prozesse automatisiert und effizienter ausgeführt werden. Das Enterprise Lab Center schafft genau den richtigen Rahmen, um unsere bisherige erfolgreiche Zusammenarbeit noch weiter zu intensivieren«, so Nikolaus Giesbert, Bereichsvorstand Fixed Income, Currencies & Commodities und Trade Finance & Cash Management, Commerzbank AG. »Mit unserem ›Trade Finance Innovations Lab‹ arbeiten wir künftig branchenübergreifend daran, die Chancen der Digitalisierung in physischen wie auch in finanziellen Lieferketten optimal zu nutzen«, so Giesbert.

Im »Trade Finance Innovations Lab« sollen neue Zahlungsverkehrs- und Finanzierungslösungen für das Handelsfinanzierungsgeschäft auf Basis innovativer Technologien wie zum Beispiel der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), Smart Contracts und dem Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) entwickelt und zur Marktreife gebracht werden. Gleichzeitig sollen Standards und Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des internationalen Supply Chain Management und die entsprechenden Finanzierungsinstrumente aktiv mitgestaltet werden.

»Wir freuen uns, mit der Commerzbank ein Finanzinstitut als Kooperationspartner gewonnen zu haben, das jahrzehntelange Erfahrung in der internationalen Handelsfinanzierung hat. Die Kernkompetenzen der Commerzbank und des Fraunhofer IML ergänzen sich hervorragend. Damit wird künftig auch der Finanzbereich im Rahmen unseres Enterprise Lab Centers abgedeckt«, erklärt Prof. Dr. Michael Henke, Institutsleiter am Fraunhofer IML. »Die in unserem Trade Finance Innovations Lab gemeinsam entwickelten Lösungen werden richtungsweisend sein für das Digital Banking entlang globaler Supply Chains der Zukunft«, so Henke.

Die »Fraunhofer Enterprise Labs« haben sich seit 2013 als Erfolgsmodell etabliert: Die Commerzbank ist nach der European Pallet Association e.V. (EPAL), der Deutschen Telekom, Dachser SE, der Rhenus SE & Co. KG, Boehringer-Ingelheim, der BMW Group, der DB Schenker AG, der Audi AG, der Würth-Gruppe und der Sick AG bereits das elfte Unternehmen, das sich für diese innovative Form der gemeinsamen Forschung von Industrie und Wissenschaft entschieden hat.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, Foto: Commerzbank, Forschung Hand in Hand: Prof. Dr. Michael Henke (Fraunhofer IML) und Nikolaus Giesbert (Commerzbank)




Breitere Basis für nautische Normen

Dank der Vereinbarung über gemeinsame Definitionen für nautische Hafendaten können Computer miteinander kommunizieren.

Der weltweite Austausch genormter nautischer Daten ist wieder einen Schritt näher gerückt. Eine internationale Gruppe in Rotterdam erzielte eine Einigung über genormte Datendefinitionen für den weltweiten Austausch nautischer Daten. Dies bedeutet, dass der nächste Schritt für einen effizienteren Einsatz von Seeschiffen und für eine Senkung der Emissionen gesetzt werden kann.

Die Anzahl der beteiligten Organisationen aus dem Markt und dem maritimen Sektor war höher als zuvor. Die Bedeutung der Digitalisierung und Effizienz bei Hafenanläufen nimmt täglich zu und man ist sich der Tatsache bewusst, dass die Normung im Hinblick darauf von grundlegender Bedeutung ist. Insbesondere bei der Hafenanlaufeffizienz kommt es darauf an, dass alle Informationsträger im geschäftlichen Ablauf Daten teilen können.

Anknüpfend an die Ergebnisse aus einem Workshop im Mai 2018 haben die Teilnehmer, zu denen u. a. die International Taskforce Port Call Optimisation gehört, die bestmöglichen Definitionen ausgewählt. Nachdem nun alle relevanten Partner ihren Beitrag zur weltweiten einheitlichen Festlegung nautischer Normen geleistet haben wird der Schritt von funktionalen Definitionen zu Datendefinitionen gesetzt. Einfach gesagt: Mit funktionalen Definitionen sorgen wir dafür, dass sich Menschen in der Maritimbranche verstehen. Mit Datendefinitionen wird es zudem möglich, dass Maschinen miteinander kommunizieren.

„Sehen Sie sich beispielsweise die Kaiplanung von Seeschiffen an“, sagt Ben van Scherpenzeel, Vorsitzender der International Taskforce Port Call Optimisation. „Mit einheitlichen Datendefinitionen kann der Terminalbetreiber die Anlegeposition eines Schiffes beispielsweise mit der Agentur und dem Kapitän des Schiffes, das diesen Platz am Kai einnimmt, künftig automatisch teilen. Dadurch wird die Hafenanlaufeffizienz verbessert. Die Schiffe laufen nicht mehr Gefahr, am falschen Platz anzulegen oder sogar mit der falschen Seite des Schiffes. Die Korrektur solcher Manöver nimmt viel Zeit in Anspruch.”

Der nächste Schritt ist die Veröffentlichung der Definitionen sowie bei Bedarf deren Einreichung bei einer Normungsorganisation.

Quelle und Foto: Port of Rotterdam




IHK und Universität übergeben Studie

Für die Binnenschifffahrt liegen große Chancen im autonomen Fahren – besonders für die auf den kombinierten Verkehr spezialisierte Region zwischen Niederrhein und Ruhrgebiet.

Das sind die Kernergebnisse einer Machbarkeitsstudie der IHKs im Ruhrgebiet. Diese haben die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve und die Universität Duisburg-Essen für die Ruhr-IHKs an NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst übergeben. Wüst kündigte an, im nächsten Jahr 1,5 Millionen Euro für die Einrichtung eines Testfeldes für autonom fahrende Binnenschiffe bereitzustellen.

Nordrhein-Westfalen ist Binnenschifffahrtsland Nummer 1 in Deutschland und europäische Logistikdrehscheibe. Die Wasserstraße verfügt zudem über Kapazitätsreserven, um weitere Güterverkehre aufzunehmen. Um jedoch tatsächlich mehr Verkehre von der Straße auf die Wasserstraße zu verlagern, müssen die Weichen richtig gestellt werden. Diese Weichen hat der NRW-Landtag heute gestellt. Im Haushalt 2019 sind auch 1,5 Millionen Euro für die Einrichtung eines Testfelds für autonom fahrende Binnenschiffe im Rhein-Ruhr-Raum vorgesehen. Verkehrsminister Hendrik Wüst: „Wir wollen die Chancen der Digitalisierung auch für die Binnenschifffahrt nutzen. Die Machbarkeitsstudie für das autonom fahrende Binnenschiff liegt jetzt vor. Wir unterstützen das Projekt gerne, denn wir wollen mehr Güter auf die Schiffe verlagern. Mit einer attraktiven, innovativen Schifffahrt kommen wir in NRW voran.“

Die Niederrheinische IHK begrüßt dieses Vorhaben. „Mit dem vorhandenen Know-how und den Schiffsbetreibern und -ausrüstern bringt unsere Region alles mit, um auf diesem Zukunftsfeld vorn mitzuspielen“, so Ocke Hamann, IHK-Geschäftsführer, und fügte hinzu: „Für ein Testfeld Rhein-Ruhr ist die geplante Landesförderung genau der Rückenwind, den es braucht, um die Kompetenzen weiter zu bündeln und die Forschung zu beschleunigen.“ Selbstfahrende Binnenschiffe gelten der Studie zufolge als ein wichtiger Schritt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wasserstraße zu stärken. Dabei ist das autonome Fahren kein Selbstzweck, sondern eröffnet neue Möglichkeiten: Besonders attraktiv ist das autonome Fahren für kleinere Schiffseinheiten, die bislang nicht rentabel betrieben werden können. Die Universität Duisburg-Essen kündigte bereits an, konkrete Forschungsprojekte für das Testfeld zu entwickeln.

Quelle: IHK, Foto: Dortmunder Hafen AG

 




Digitalisierung und Energiewende

Zwei Themen prägten die Zukunftskonferenz für Industrie, Logistik und Häfen „Innovationsstandort Norddeutschland“, die in Hamburg auf Initiative von Hafen Hamburg Marketing und UMCO in Kooperation mit  egeb: Wirtschaftsförderung, IVH Industrieverband Hamburg, AGA Unternehmensverband und weiteren Partnern stattfand. Die Digitalisierung und die Energiewende werden über Wettbewerbs- und Standortvorteile entscheiden, war das Fazit der Veranstaltung mit rund 130 Teilnehmern.


Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher stellte diese beiden Megatrends in den Mittelpunkt seines Grußworts: „Hamburg ist auf einem guten Weg, die Chancen der Digitalisierung für den Hafen und die maritime Logistik zu nutzen. Zugleich können sich die Unternehmen mit regenerativen Energiekonzepten für die Zukunft wettbewerbsfähiger positionieren.“ Sowohl die Digitalisierung als auch die Energiewende hätten große Strahlkraft für die Hamburger Wirtschaft.

Noch deutlicher sprach Prof. Dr. Hennig Vöpel, Geschäftsführer des Hamburger WeltWirtschaftsinstituts (HWWI)  die Herausforderungen für Hamburg an. „Wir befinden uns in einer strukturellen Vermögensillusion bei vollen Auftragsbüchern“, so Vöpel. Gefühlt laufe die Wirtschaft gut, dabei drohe der Hamburger Wirtschaft die Disruption beim Übergang von der Industriegesellschaft in die digitale Wirtschaft. Der Standort habe aufgrund seiner Geschichte und seinem Schwerpunkt auf Industrie, Logistik und Hafen eine strukturelle Trägheit und zugleich einen hohen technologischen Disruptionsgrad. So schätzt das HWWI das Standortrisiko für Hamburg hoch ein. Der Süden Deutschlands habe seit den 70er Jahren Zug um Zug gegenüber dem Norden gewonnen.

Dr. Sebastian Saxe, Chief Digital Officer der Hamburg Port Authority und der Chief Digital Officer, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, sah Hamburg trotz vieler erfolgreicher Projekte noch nicht am Ziel. In seinen Augen ist der Kulturwandel die größte Herausforderung für die Wirtschaft. „Wissen darf nicht mehr gehortet werden, sondern muss geteilt werden. Das gleiche gilt für Innovationen auch über Unternehmens- oder Ländergrenzen hinweg“, so Dr. Saxe. Neue Technologien wie 5 G können helfen, die bestehende Infrastruktur über eine smarte Steuerung leistungsfähiger zu machen. Im Hafen gibt es bereits umgesetzte Projekte wie das Slotmanagement an den Terminals und die Verkehrssteuerung. Aber das sei erst der Anfang.

Wie stark Digitalisierung und Energiewende zusammenhängen, erklärte Prof. Dr. Werner Beba, Koordinator und Leiter des Projektmanagements für das Verbundprojekt Norddeutsche Energiewende NEW 4.0. Schleswig-Holstein als Lieferant erneuerbarer Energien und Hamburg als Abnehmer bilden eine hervorragende Modellregion, auch wenn bisher noch kein Gramm CO2 gespart worden sei. 60 Partner, darunter auch die größten Energieabnehmer aus der Industrie wie Aurubis, ArcelorMittal oder Trimed, sind bei NEW 4.0 eine Innovationsallianz eingegangen. Nur die digitale Vernetzung  und eine Echtzeitkommunikation zwischen Erzeugern und Verbrauchen werden es möglich machen, dass die bislang ungenutzten drei Terra Watt Stunden Strom aus regenerativen Quellen pro Jahr über schlaue Speicher und virtuelle Kraftwerke zu ihren Nutzern kommen.

Dr. Rolf Strittmatter, Geschäftsführer Hamburg Invest, sah die Metropolregion Hamburg auf einem guten Weg zu einer führenden Rolle in Europa was die Innovationskraft betrifft. Die Elbphilharmonie – errichtet auf einem alten Kaispeicher – sei ein schönes Symbol für Hamburg: „Zukunft baut auf Tradition“. In den vergangenen Jahren sei es gelungen, Hamburg auch über die Stadtgrenzen hinaus durch Kooperationen mit den Nachbarstädten zu einem attraktiven Ansiedlungsort für Unternehmen zu machen. In Verbindung mit den vielen Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen habe Hamburg ein gutes Potenzial die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

Einen praktischen Ausflug in die Welt der Chemie in der Metropolregion Hamburg unternahm Dr. Michael Streek, Head of New Business Fields bei Schülke & Mayr. Big Data und künstliche Intelligenz werden künftig dabei helfen, Prozesse zu optimieren oder neue Ansätze für andere Prozessführungen zu finden. Durch den Fachkräftemangel in der Chemieindustrie könnten schon jetzt Probleme intern nicht mehr gelöst werden. Hackathons mit Studenten, Trusted Networks über Unternehmensgrenzen hinweg und Kooperationen mit Dienstleistern böten hier neue Wege abseits eingetretener Pfade.

Quelle und Foto: Digitalisierung und Energiewende waren die prägenden Themen der Zukunftskonferenz Innovationsstandort Norddeutschland mit rund 130 Teilnehmern.

 




Schwärme kleiner umweltfreundlicher Schiffe

Die JRF-Institute RIF und DST entwickeln ein neues Transportkonzept auf Basis von kleinen, elektrisch angetriebenen Schiffen, die in „Schwärmen“ neue dezentrale Märkte bedienen.

„Freie Fahrt auf den Autobahnen des Ruhrgebiets: Statt LKW-Kolonnen auf rechten Spuren sind jetzt Schwärme kleiner Schiffe auf den Kanälen der Region unterwegs. Emissionsfrei und leise bringen sie Container mit Waren aller Art zu kleinen automatisierten Umschlagplätzen und Stadthäfen der Metropole Ruhr.“ Was wie eine ferne Utopie klingt, steht kurz vor der Realisierung – zumindest virtuell. Zwei Johannes-Rau-Forschungsinstitute haben soeben damit begonnen, anhand der realen Daten der Güterströme im Ruhrgebiet und der verfügbaren technologischen Innovationen aus Schifffahrt, Logistik, Fahrzeugindustrie und Automatisierungstechnik ein alternatives Güterverkehrssystem zu entwerfen und entwickeln. Dabei entlastet eine dezentrale Binnenschifffahrt die Verkehrsträger Straße und Schiene massiv. Bis 2021 werden das DST Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme, Duisburg, und das RIF Institut für Forschung und Transfer, Dortmund, nun ein virtuelles Testbed aufbauen, in dem die Innovationen gemeinsam getestet werden können. Mitte September hat die EU die Finanzierung für das Forschungsprojekt namens „DeConTrans“ bewilligt, denn die Forscher rechnen damit, dass eine moderne Schwarm-Binnenschifffahrt kostengünstiger, umweltfreundlicher und effizienter als der LKW-Verkehr auf der Straße sein kann.

Das Ruhrgebiet liegt für beide Forschungspartner vor der Haustür. Als Anwendungsfall für eine innovative, dezentrale Binnenschifffahrt bietet es sich mit seinen vielen Wasserstraßen und kleinen Häfen, die noch aus der Montanära stammen, geradezu an. Zudem erhöhen aktuelle Verkehrsprobleme – Staus, Emissionen, gesperrte Rheinbrücken und schleppender Schienenausbau – den Problemdruck. Daher sehen DST und RIF hier gute Realisierungschancen für eine grundlegende Systeminnovation, die „Made in NRW“ gute Chancen für weitere Entwicklungen bietet.

„Binnenschiffe benötigen 60% weniger Energie beim Warentransport als der LKW und derzeit sind kleine Häfen und Kanäle im Ruhrgebiet kaum ausgelastet. Während bisher zumeist auf die Entwicklung großer Schiffe fokussiert wurde, könnten neuen Technologien für eine Sprunginnovation sorgen. Saubere Antriebe für kleine standardisierte Schiffe auf Basis elektrischer Energie und eine Automatisierung vieler Prozesse im Betrieb, von Festmachsystemen, über Krananlagen bis zum autonomen Fahren in intelligent integrierten Transportsystemen sind in der Entwicklung. Die beteiligten Komponenten sind gut bekannt, aber ihr Zusammenspiel ist äußerst komplex. Die Zusammenarbeit mit RIF bringt hier einen entscheidenden Schub für die Weiterentwicklung des Gesamtsystems“, sagt Dr.-Ing. Rupert Henn, DST-Vorstand.

„Die Optimierungspotenziale der Binnenschifffahrt für den Güterverkehr können nur dann genutzt werden, wenn die wichtigen Innovationen gleichzeitig und aufeinander abgestimmt umgesetzt werden. Diese Entwicklung ist komplex, für einzelne Akteure am Markt mit Risiken verbunden und daher durchaus mit einer Weltraummission vergleichbar, für die unsere virtuellen Testbeds ursprünglich entwickelt wurden. Wir freuen uns, dass wir mit den Daten aus der Realität nun für die Situation im Ruhrgebiet eine gemeinsame Entwicklungsumgebung aufbauen können, in der jede einzelne Komponente und ihre Wirkung im System schnell und kostengünstig getestet und vor allem auch mit Methoden des Maschinellen Lernens optimiert werden kann,“ sagt Prof. Dr. Jürgen Roßmann, RIF-Vorstand.

Bis Ende 2021 arbeiten 8 Mitarbeiter in den beiden Johannes-Rau Instituten nun daran, die komplette Logistikkette von der Umladung im Hafen auf die kleinen Schiffe bis zur Verladung für die letzte Meile an regionalen Umschlagstellen realistisch in einer virtuellen Plattform abzubilden, so dass unterschiedliche Logistikketten, variable Schiffstypen und verschieden konzipierte Umschlagplätze miteinander verglichen werden können. Schon während der Projektlaufzeit werden Reedereien, Spediteure, Verlader, Gewerbeverbände, Hafenbetreiber, Politik und Verwaltung auf allen Ebenen mit einbezogen.

„Das Projekt kann nicht nur zu einer nachhaltigen, umweltverträglichen und gesellschaftlich akzeptierten Mobilität beitragen. Es nutzt auch vorbildlich die Kompetenz am Forschungsstandort NRW. Für den Wirtschaftsstandort NRW hat das Vorhaben als technologische Innovationsplattform zudem eine Schlüsselrolle“, sagt Michael Saal, Geschäftsführer des RIF.

Weitere Informationen sind in Kürze auf der Internetseite des DST zu lesen.

Das EU-Projekt DeConTrans (EFRE-0801222/ML-2-1-010B) ist über drei Jahre geplant und soll bis Ende 2021 abgeschlossen werden.

Dieses Vorhaben wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen.

Das DST ist ein international tätiges Forschungsinstitut mit über 60-jähriger Erfahrung in den Bereichen Binnen- und Küstenschifffahrt sowie Transportsysteme. Ein Tätigkeitsschwerpunkt des DST liegt in der Untersuchung der speziellen Strömungsprobleme von Schiffen in Binnen- und Küstengewässern und in der Unterstützung des Gewerbes bei der Entwicklung und Modernisierung von Schiffen. Daneben werden Wellen- und Strömungskraftwerke untersucht und viele andere Sonderprojekte bearbeitet. Weiterhin stehen verkehrstechnische, -wirtschaftliche und -logistische Fragestellungen im Fokus mit der Zielsetzung, neue Potenziale für die Binnenschifffahrt zu erschließen und so zu einer wirtschaftlichen und umweltverträglichen Bewältigung der wachsenden Verkehrsnachfrage beizutragen.

Das DST betreibt seit 2008 den Schiffsführungssimulator SANDRA. Der Flachwassersimulator wurde speziell für die Schulung und Weiterbildung von Binnenschiffern und für die Bearbeitung flachwasserbezogener Projekte entwickelt. Ergänzend zu Modellversuchen im Schlepptank lassen sich auf diese Weise z.B. das Fahr- und Manövrierverhalten vom Binnenschiff bis hin zum Großcontainerschiff in der Binnen- und Revierfahrt bzw. neue Propulsions- und Steuerorgane am Simulator überprüfen.

Die enge Kooperation mit Industrie und Verwaltung gewährleistet einen zügigen Transfer der Ergebnisse der anwendungsorientierten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in die Praxis. Seit 1989 ist das DST An-Institut der Universität Duisburg-Essen und seit 2014 Mitglied der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft.

Weitere Informationen: http://www.dst-org.de/

Das RIF Institut für Forschung und Transfer, Dortmund, wurde 1990 als Zusam­menschluss von Hochschullehrern aus verschiedenen technologieorientierten Uni­versitätsbereichen als „Dortmunder Initiative zur rechnerintegrierten Fertigung (RIF e.V.)“ zur Stimulierung des Forschungstransfers gegründet. Als eines der Johan­nes-Rau-Forschungsinstitute des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelt RIF Er­kenntnisse aus der Grundlagenforschung in Projekten interdisziplinär und anwen­dungsorientiert so weiter, dass sie von Unternehmen in der Praxis genutzt werden können. RIF setzt im Bereich Robotertechnik neueste Forschungserkenntnisse in der Simulation und Virtual Reality Technologie unmittelbar in Produkte um. Er­kenntnisse aus der Mikrostrukturtechnik, Werkstofftechnologie und –prüfung un­terstützen die Verbesserung und nachhaltige Gestaltung von Produkten. Innovative Werkzeuge aus dem Qualitätsmanagement, der Arbeitswissenschaft und der Lo­gistik sowie automatisierungstechnische Lösungen helfen Unternehmen in den verschiedensten Branchen, ihre Produktivität und die Qualität von Produkten zu steigern bzw. Herstellungskosten zu senken. Der ganzheitliche Ansatz des Instituts wird durch Projekte im industriellen Marketing, durch innovative Controlling Kon­zepte und moderne Methoden der Personalentwicklung sowie des Veränderungs­managements abgerundet. Über die Konrad Zuse-Forschungsgemeinschaft ist RIF zudem in ein bundesweites, branchenübergreifendes Netzwerk von über 60 deutschen außeruniversitären, gemeinnützigen Forschungseinrichtungen einge­bunden. RIF beschäftigt im F+E Gebäude an der Joseph-von-Fraunhofer-Straße 20 im Technologiepark Dortmund rund 130 Mitarbeiter. Vorstand: Prof. Dr. Hart­mut Holzmüller, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Roßmann, Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Tillmann, Geschäftsführer: Dipl.-Inf. Michael Saal.

Weitere Informationen: http://www.rif-ev.de/

Quelle und Grafik: DST/ RIF

 




VBW und VSM begrüßen Initiative

Der Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V. (VBW) und der Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM) begrüßen die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums, eine nationale Übergangslösung auf den Weg zu bringen, die eine pragmatische Zulassung von EURO VI Lkw Motoren und NRE Industriemotoren für Binnenschiffe ermöglicht.

Damit wird zumindest teilweise das durch die NRMM-Verordnung der EU verursachte Problem gelöst, dass es aktuell keine zugelassenen reinen Binnenschiffsmotoren auf dem Markt gibt.

Inzwischen konnten Werften kaum noch Neubauaufträge annehmen, weil sie keinen Motorenhersteller fanden, der ihnen NRMM-Dieselmotoren anbot.

Auch in der Binnenschifffahrtsbranche herrscht deswegen große Verunsicherung, da die NRMM-Regeln bereits ab 2019 für Motoren 300KW gelten.

Notwendig geworden ist diese nationale Übergangslösung, da noch nicht absehbar ist, wann die europäischen Standardisierungsprozesse im Rahmen von CESNI zur Entwicklung entsprechende technischer Regelungen für die Nutzung von EURO-VI- und NRE-Motoren in der Binnenschifffahrt abgeschlossen sein werden. Da es auch in den Niederlanden Anstrengungen zur Einführung einer nationalen Übergangslösung gab, haben VBM und VSM seit Monaten dafür plädiert, dass das Bundesverkehrsministerium gemeinsam mit den Niederlanden zu einer abgestimmten zwischenstaatlichen Regelung kommt.

Da sich die Europäische Kommission entschieden hat, international einzigartige Grenzwerte für den kleinen Markt der Binnenschiffsmotoren einzuführen, ist zu erwarten, dass die Kosten für reine Binnenschiffsmotoren stark ansteigen. Ursächlich hierfür sind vor allem, die Kosten der aufwändigen Zulassungsverfahren, die auf jeden einzelnen verkauften Motor umgelegt werden müssen. Erwartungsgemäß haben sich viele Motorenhersteller dagegen entschieden, keine Motoren.

Quelle: Verein für europäische Binnenschiffahrt und Wasserstraßen e.V. (VBW), Foto: duisport/ Hans Blossey