Lippenbekenntnisse lösen keine Verkehrs- und Umweltprobleme

Es bleibt bei dem finanziellen Drama, das sich bereits im Haushaltsentwurf der rot-gelb-grünen Ampel-Regierung abzeichnete: Der Etat für die Bundeswasserstraßen reicht im kommenden Jahr bei Weitem nicht aus, die notwendigen Erhaltungs- und Ausbauinvestitionen an den Flüssen und Kanälen vorzunehmen. In beispielloser Weise wurde von den Regierungsfraktionen im Haushaltsausschuss des Bundestages die Chance vertan, die klimapolitische Wende für mehr Güterverkehr auf dem Wasser einzuleiten.

Der Haushaltsausschuss hat am 10. November die von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (beide FDP) vorgesehene Kürzung des Etats für Erhalt und Ausbau der Wasserstraßen um 350 Mio. Euro für das Jahr 2023 abgenickt. Es stehen damit nur noch rund 594 Mio. Euro zur Verfügung – den aktuellen Niedrigwasserereignissen, den dramatisch gestiegenen Baukosten und der zunehmend baufälligen Wasserstraßeninfrastruktur zum Trotz. In Luft aufgelöst haben sich die Ankündigungen aus dem Bundesverkehrsministerium, dass die für klimaschonende Verkehrsträger bereitgestellten Mittel im sog. 3. Entlastungspaket der Bundesregierung zumindest teilweise den Wasserstraßen zu Gute kommen: Die kompletten 1,5 Mrd. Euro werden in den kommenden drei Jahren ausschließlich in die Schiene investiert.

Die Binnenschifffahrtsbranche und deren Kunden aus Wirtschaft und Industrie hatten erwartet, dass der Ausschuss die durch nichts zu begründende Etatkürzung korrigiert, und dass die Ausbaumittel mindestens auf dem gegenwärtigen Niveau von 909 Mio. Euro gehalten werden. Als bestenfalls „pflaumenweich“ ist der zusätzlich getroffene Beschluss der Haushälter zu bezeichnen, dass das Bundesverkehrsministerium bei Straße und Schiene im Laufe des nächsten Jahres ggf. Einsparungen vornehmen darf, um die so gewonnenen Mittel – allerdings gedeckelt bis maximal 250 Mio. Euro – zusätzlich in die Wasserstraßeninfrastruktur investieren zu dürfen.

BDB-Präsident Martin Staats (MSG, Würzburg) erklärt hierzu: „Mit diesen Beschlüssen stehen für flussbauliche Maßnahmen nur zwei Drittel der aktuell verfügbaren Mittel gesichert zur Verfügung. Ob, wann und wie viel zusätzliche Mittel sich durch die vorgeschlagenen Einsparungen in den Nachbarressorts generieren lassen, steht in den Sternen. Sicher ist nur, dass die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung auf dieser Basis bis auf Weiteres keine größeren Ausschreibungen für Planungs- und Baumaßnahmen vornehmen kann. Die von der Regierung versprochene Wende hin zu schnellerem Planen und Bauen – sei es am Mittel- und Niederrhein, an der Donau, am Elbe-Seitenkanal oder an der Küste – findet so nicht statt. Der 2023er-Haushalt der ‚neuen‘ rot-gelb-grünen Bundesregierung ist infrastrukturpolitisch ein Desaster und enttäuscht über alle Maßen. Die große Chance, durch reichlich zur Verfügung stehende zusätzliche Finanztöpfe – Stichwort Klimaschutz Sofortprogramm, 3. Entlastungspaket – die klimapolitisch notwendige Wende einzuleiten, wurde in beispielloser Weise vertan. Wissings Etat fällt nun sogar noch um 62 Mio. Euro hinter den 2021er-Etat seines Amtsvorgängers Andreas Scheuer zurück“.

Scheinbar wurde in Berliner Regierungskreisen die Versorgungskrise aufgrund der verheerenden Niedrigwasserphasen verdrängt, und es wurde immer noch nicht verstanden: Was die Schifffahrt und deren Kunden brauchen, ist ausreichendes Geld für den planungssicheren und schnellen Ausbau der Flüsse und Kanäle in einer insgesamt überalterten Infrastruktur, die in Teilen so marode ist, dass tagtäglich mit dem Zusammenbruch von Anlagen gerechnet werden muss. Was keiner braucht, sind Lippenbekenntnisse: Wer Verkehre auf das Wasser verlagern und damit einen wichtigen Beitrag für mehr Klimaschutz in Deutschland und Europa leisten will, darf nicht nur die Vorzüge dieses Verkehrsträgers in Pressemitteilungen und Bundestagsdebatten loben. Er bzw. sie muss auch dafür sorgen, dass die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Ein Beschluss des Inhalts, dass man bei Dritten im Verkehrsetat Einsparungen vornehmen möge, um so die erforderlichen Mittel für die Wasserstraßen zu gewinnen, straft die klimapolitischen Absichtsbekundungen Lügen.

Quelle und Foto: BDB




BÖB: Mit Wasserstoff in die Zukunft

Mit ihrer diesjährigen Jahrestagung legten die Binnenhäfen ihren Fokus auf die Wirtschaftsregion Elbe und zukünftige Potenziale der Binnenhäfen als Teil einer Wasserstoffökonomie.

In seinem Grußwort dankte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Magdeburg, André Rummel, den Binnenhäfen für die gute und intensive Zusammenarbeit im Gesamtkonzept Elbe. Gleichzeitig mahnte Rummel ein schnelleres Vorankommen bei der Verbesserung der Schiffbarkeit der Elbe an und warnte einzelne Interessengruppen davor, das mühsam, gemeinsam erarbeitete Konzept infrage zu stellen. Gleichzeitig regte er an, angesichts schwindender Schiffskapazitäten auf der Elbe, mehr öffentliche Anreize für Neubauten zu schaffen.

Auch Dr. Armin Willingmann, Minister für Wissenschaft, Energie und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt betonte in seiner Rede die Rolle der Binnenhäfen als Logistikdrehscheiben sowie als Motoren für Wertschöpfung und Beschäftigung in der Region. Er bekräftigte die Forderung nach mehr Engagement für den Erhalt der Wasserstraße Elbe als wichtige Hinterlandanbindung und die Instandsetzung der Wasserstraßeninfrastruktur. Dr. Willingmann stellte fest, dass die Häfen gute Grundlagen mitbringen, um sich als Knotenpunkte der Energiewende zu positionieren.

Weitere politische Gäste der Veranstaltung aus der Sachsen-Anhaltinischen Landespolitik waren die Vizepräsidentin des Landtags, Anne-Marie Keding, der Vorsitzende des Ausschusses für Infrastruktur und Digitales, Dr. Falko Grube, sowie die Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, Kathrin Tarricone.

Den Hauptvortrag der Tagung hielt Prof. Dr. Wolfgang Arlt, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für thermische Verfahrenstechnik an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitbegründer des Start-Ups Hydrogenious LOHC Technologies. Professor Arlt und seine Mitstreiter wurden 2018 für den Deutschen Zukunftspreis nominiert. Ihre bahnbrechenden Forschungsund Entwicklungsleistungen im Bereich der gefahrlosen Wasserstoffspeicherung, mithilfe der Trägersubstanz LOHC sowie deren erfolgreiche kommerzielle Umsetzung wurden als Beitrag zu einem nachhaltigen Energiesystem gewertet. Prof. Arlt stellte dar, dass ein hochentwickeltes Industrieland wie Deutschland seinen Energiebedarf auch zukünftig nicht autark decken kann und auf Energieimporte angewiesen sein wird. Mithilfe von LOHC kann grüner Wasserstoff, der in Regionen gewonnen wird, die reich an Sonnen- oder Windenergie sind, gebunden und gefahrlos transportiert werden. Anders als andere Trägersubstanzen ist LOHC nicht toxisch oder explosiv und kann in bestehenden Infrastrukturen und Transportmitteln genutzt werden. Daraus ergeben sich erhebliche Potenziale für den Umschlag und die Lagerung in Binnenhäfen und den Transport über die umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße.

Präsident Joachim Zimmermann erklärt zum Abschluss der Tagung: „Mit Blick auf die Wasserstoffökonomie sind sicherlich noch viele Fragen offen. Klar ist, dass es je nach Applikation verschiedene Wege geben wird, Wasserstoff zu transportieren, zu lagern und umzuschlagen. Für alle bisher bekannten Varianten können Binnenhäfen Lösungsmöglichkeiten anbieten. Die Entwicklung der Binnenhäfen zu Knotenpunkten der Energiewende ist ein zentrales Handlungsfeld der Nationalen Hafenstrategie, die zurzeit entwickelt wird. Zusammen mit den Seehäfen sind wir die maßgeblichen Wirtschaftsakteure in diesem Prozess und werden darauf drängen, dass gemeinsam mit dem Bund und den Ländern zielführende Impulse entwickelt werden. Die Binnenwasserstraßen und damit auch die Elbe werden ebenso wie die Schiene hierbei eine essenzielle Rolle spielen. Deshalb werden sich die Binnenhäfen auch weiterhin für das Gesamtkonzept Elbe stark machen und sich gegen jede Aufweichung wenden.“

Quelle und Foto: Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen e. V.




Klimaneutrale und energieeffiziente Binnenschifffahrt

VBW und VSM bekräftigen die Notwendigkeit der nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen. Die Bemühungen der anderen Verkehrsträger, ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren, erhöhen den Druck auf die Binnenschifffahrt, mehr zu tun, um Schadstoffe und CO2 Belastungen zu reduzieren. Aufgrund der kleinteiligen Struktur der Binnenschiffsbranche können Schifffahrtsunternehmen die an sie gestellten Anforderungen ohne öffentliche Unterstützung nicht zeitgerecht umsetzen.

Vor dem Hintergrund des jüngsten extremen Niedrigwassers wurde nochmals deutlich, dass die Binnenschifffahrt für die Versorgung von Industrie und Handel in Deutschland systemrelevant und unverzichtbar ist. Für die Erreichung der Umweltziele der EU und der Bundesrepublik ist die Binnenschifffahrt essenziell ist. Darauf weist auch die EU-Kommission in ihrer Smart and Sustainable Mobility Strategy (SSMS) explizit hin.

In unserer gemeinsamen Stellungnahme vom 28. Februar 2018 haben VBW und VBW bereits verdeutlicht, dass die Binnenschifffahrt ein großes Potenzial hat, Schadstoffe und CO2 Belastungen zu reduzieren. Das Bundesverkehrsministerium hat in ihrer Förderung seit 2015 versucht, diesem Umstand Rechnung zu tragen. Insbesondere die EU notifizierte Förderrichtlinie vom 01.07.2021 und die zu ihrer Umsetzung bereitgestellten Haushaltsmittel haben eine große Marktdurchdringung erzielt.

Trotz der wirtschaftlichen Potenz der Bundesrepublik Deutschland und einer verbesserten finanziellen Ausstattung des Förderprogramms kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Förderprogramm zu einer vollständigen Transformation der Flotte in Bezug auf Klimaneutralität und Luftschadstoffreduktion führen wird. Neben der mangelnden Kapitaldecke der rund 3.000 selbstständigen Binnenschiffsbetreiber haben die letzten Jahre auch gezeigt, dass lange Liegezeiten bei Schiffsumbauten und Unsicherheiten in Bezug auf die Wartung ein Hindernis für Partikuliere darstellen, neue Antriebskonzepte in Erwägung zu ziehen. Deswegen ist es keine Überraschung, dass bei der seit Juli gültigen Förderrichtlinie bislang überwiegend Betreiber von Tagesausflugschiffen und größere Reedereien Antragsteller für größere Maßnahmen gewesen sind. Auch in Aussicht gestellte umfangreichere Förderanträge aus der Frachtschifffahrt sind bis zum Ablauf der aktuellen Förderrichtlinie Ende 2023 eher von Reedereien als von Partikulieren zu erwarten.

Die Studie der ZKR zum Greening der europäischen Binnenschifffahrt kommt zu dem Ergebnis, dass der Investitionsbedarf in der gesamten EU ca. 10 Milliarden € beträgt. Ohne einen europäischen Förderrahmen sind die Möglichkeiten der Nationalstaaten zur Flottenerneuerung begrenzt. Nur durch ein europäisches Flottenmodernisierungsprogramm könnten die ehrgeizigen Ziele der EU zur Klimaneutralität der Binnenschifffahrt tatsächlich erreicht werden. Deswegen begrüßen wir, dass die aktuelle Regierungskoalition eine solche Forderung in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hat. Aktuell ist ein europäisches Flottenmodernisierungsprogramm jedoch nicht in Sicht. Deshalb ist nationales Handeln auch weiterhin geboten. Denn auch ein mit begrenzten nationalen Mitteln ausgestattetes Förderprogramm kann einen wichtigen Baustein zur Erreichung der Klimaziele leisten, indem es „First Movern“ den Markteintritt mit alternativen Antriebskonzepten erleichtert, die Nachfrage nach derartigen Konzepten steigert und damit auch zu deren Kostensenkung beiträgt. Das schafft auch mehr Akzeptanz in moderne Antriebskonzepte bei Kleinunternehmen.

Neben den Bemühungen, insbesondere die fahrende Flotte nachhaltiger zu bekommen, steht die Binnenschifffahrt aber vor weiteren strukturellen Problemen. Nach wie vor sind nicht alle Wasserstraßen für das Großmotorgüterschiff (GMS) ausgebaut. Angesichts des erheblichen Sanierungsstaus in der Wasserstraßeninfrastruktur und einer unzureichenden Finanzausstattung für Aus- und Neubau werden daher auch in Zukunft Binnenschiffe mit einer Länge zwischen 86 bis 100 m dringend benötigt. Durch die Überalterung der Flotte, einschl. Geschäftsaufgaben, wird sich der Schiffsbestand in diesem Segment – insbesondere in der für die Industrie besonders relevanten Kanalschifffahrt – dramatisch verschlechtern und die Versorgungssicherheit gefährden. Der Krieg in der Ukraine hat diese Entwicklung zusätzlich befördert, indem wertvolle Tonnage an die südliche Donau abgewandert ist. Wir erhoffen uns ein deutliches Lagebild durch die Studie des Verkehrsministeriums zum Bedarf und zur Förderung dieses Schiffsraumes. Klar ist aber bereits seit etwa 10 Jahren, dass wir hierfür neue Instrumente brauchen, die effektiv die Modernisierung vorantreiben und die zu mehr Schiffsraum in dem Segment führen.

Unabhängig vom politischen Willen in Deutschland die Nachhaltigkeit des Verkehrsträgers zu fördern, sind die rechtlichen Möglichkeiten, dies zu tun, begrenzt. Die EU hat im Januar 2022 die neuen Leitlinien für staatliche Umwelt- und Energiebeihilfen in Kraft gesetzt, die neue, nicht branchengerechte Kriterien für das nachhaltige Schiff definieren. Insbesondere wurde der Leitsatz des ersten Delegierten Rechtsaktes zu den Regeln nachhaltiger Kriterien für die Finanzwirtschaft (Taxonomie) übernommen: Danach wird ein Schiff nur als nachhaltig bewertet, wenn es am Schornstein Null-Emissionen aufweist. Allerdings sieht der Delegierte Rechtsaktalternative Kriterien vor, die in den Leitlinien für Umwelt und Energiebeihilfen keine Befristung vorgesehen ist.

Derzeit legen die neuen State Aid Guidelines folgendermaßen fest, was ein „sauberes Fahrzeug“ ist:

  • Zero-Emission am Schornstein
  • Ein Binnen-Fahrgastschiff mit Hybridantrieb oder Dual-Fuel Motor, das im Normalbetrieb seine Energie zu mindestens zu 50% aus Energiequellen bezieht, die Zero-CO2 Emissionen am Schornstein aufweisen.
  • Ein Binnen-Frachtschiff, das am Schornstein nach der Berechnungsmethode der IMO1 weniger als 50% CO2 pro Tonnenkilometer produziert als ein schwerer LKW im Durchschnitt aufweist (gem. Art 11 EU 2019/1242).

Darüber hinaus ist zu erwarten, dass der erste Delegierte Rechtsakt durch ein weiteres alternatives Klimaschutzkriterium für See- und Binnenschiffe ergänzt wird, das auf der Senkung der THGEmissionen auf Basis eine Lebenszyklusbetrachtung der verwendeten Treibstoffe basiert. Hierfür hat die „Sustainable Finance Plattform“ bereits Definitionen entwickelt, die es erlauben, das volle Potential alternativer Treibstoffe für den maritimen Klimaschutz zu nutzen.

Die neuen State Aid Guidelines stellen weiterhin klar:

  • Hilfen haben sich an Anwender und nicht an Hersteller zu richten
  • Technologien, die zur Reduktion von Schadstoffen und Klimagasen führen, sind weiterhin ebenso förderfähig, wie Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung. Hilfen für die Reduktion von nicht CO2 Emissionen werden nur gewährt, um Unionsstandards zu unterschreiten
  • Hilfen können auch in Form von Steuererleichterungen oder steuerähnlichen Abgaben gewährt werden
  • Förderung der Kreislaufwirtschaft
  • Die Anschaffung oder das Leasen von sauberen Wasserfahrzeugen wird gefördert
  • Technologien für CCS und CCU sind förderfähig – Nachrüstung im Bestand, wenn dadurch der Status eines „sauberen Schiffs“ erreicht wird – Studien und Beratungen, die sich auf Gegenstände der State Aid Guidelines beziehen, sind mit 60-80% förderfähig.

Die Hilfen werden bei Neuanschaffungen begrenzt auf 40% der förderfähigen Mehrkosten. 10% mehr gibt es für Zero-Emission Fahrzeuge und weitere 10% für mittelgroße bzw. 20% für kleine Unternehmen zusätzlich. Bei Retrofit und Nachrüstung können ggf. die kompletten Investitionskosten förderfähig sein. Förderfähige Kosten sind die Investitionskosten, um den Umwelteffekt zu erzielen. Dabei gilt eine Förderquote von 40% mit 10% bzw. 20% Zuschlag für mittlere bzw. kleine Unternehmen. Höhere Fördersätze, wie in der derzeitigen Förderrichtlinie des BMDV, sind nur durch eine Notifizierung zu erreichen.

Zunächst ist festzuhalten, dass alle Fördertatbestände, die derzeit in Artikel 3.1 der gültigen Förderrichtlinie stehen, nicht von den neuen State Aid Guidelines betroffen sind, weil sie eine andere europäische Rechtsgrundlage haben. D.h., diese Fördertatbestände sollten problemlos fortgeführt werden können.

a) Förderungen gem. Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)

Wir sprechen uns für eine Fortsetzung der Fördertatbestände aus Art. 3.1 der gültigen Förderrichtlinie aus und schlagen folgende Änderung vor:

  • 3.1.2 ermöglicht eine Förderung der Energieeffizienzsteigerung. Doch die zu fördernden Maßnahmen beziehen sich ausschließlich auf eine Einsparerfordernis in Höhe von 10% des gesamten Energieverbrauchs eines Schiffes, also inkl. Antrieb. Das schließt alle Energieeffizienzmaßnahmen aus, die darauf ausgerichtet sind, den Energiebedarf im Liegebetrieb zu verbessern. Hier sollte unbedingt nachgebessert werden.
  • Die Umrüstung von Bestandsfrachtschiffen auf Hybridantriebe sollte fördertechnisch kein Problem sein, wenn mit der Umrüstung gleichzeitig ein Effizienzgewinn in Höhe von mindestens 10% erzielt wird. Dann greift der Fördertatbestand aus 3.1.2. Die einzige offene Frage hierbei ist, ob bei dem Hybridantrieb zur Effizienzsteigerung nur der elektrische Antriebsteil oder auch der Energiewandler gefördert werden kann, sofern er nicht den Erfordernissen eines „sauberen“ Antriebs entspricht. Förderfähig sollten hier die kompletten Investitionskosten sein.
  • Die Förderung der Niedrigwasseranpassung nach 3.1.3 ist bislang beschränkt auf Frachtschiffe. Dies schließt aber die Förderung von Fähren aus, weil diese Schiffe als Fahrgastschiffe gewertet werden. Den Ausschluss von Fähren halten wir aber nicht für zielführend. Gerade Fähren nehmen eine wichtige Aufgabe in der Infrastruktur wahr und sie sollten ausdrücklich in die Förderung aufgenommen werden.
  • De facto handelt es sich bei der Förderung der Niedrigwasseranpassung implizit auch um eine Förderung der Modernisierung von Frachtschiffen. Durch die Fördervoraussetzung, 15 cm bessere Operabilität bei Niedrigwasser zu erreichen, sind die Schiffe, die überwiegend in der Kanalfahrt unterwegs sind, von der Möglichkeit, so ihr Schiff zu modernisieren, ausgeschlossen. Dieses Problem sollte im Rahmen des oben angesprochenen Problems des zu erwartenden Fehlbestandes von Schiffsraum für die Kanalfahrt gelöst werden.

b) Förderungen nach Artikels 93 AEUV und den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen von 2022

  • Wir schlagen vor, die Förderung der Nachrüstung von AGN und KWE im Bestand beizubehalten.
  • Die Förderung von vollelektrischen Antrieben und Brennstoffzellen zur Energieerzeugung ist weiterhin rechtlich möglich und sachlich geboten.
  • Für Fahrgastschiffe ist auch bei Hybridantrieben eine Förderung weiterhin möglich, wenn neben dem Verbrennungsmotor mindestens 50% der benötigten Energie zum Betrieb des Schiffes aus einer Batterie stammt3 , oder mindestens 50% von Kraftstoffen kommt, die keine CO2 Emissionen bei der Verbrennung verursachen. Auch diese Hybridantriebe sollten sowohl im Neubau als auch in der Umrüstung weiter gefördert werden.
  • Wenn eine Umrüstung eines Frachtschiffs auf einen Hybridantrieb keine Energieeffizienzsteigerung in Höhe von 10% nach sich zieht, sollte eine Förderung im Rahmen der Antriebsförderung trotzdem möglich sein, sofern der Energiewandler die Erfordernisse der State Aid Guidelines erfüllt. Allerdings sind dann nur die Mehrkosten im Vergleich zu einem regelkonformen Stufe 5 Antrieb förderfähig.
  • Im Frachtschiffneubau wird nur dann eine Antriebsförderung möglich sein, wenn die Bedingungen der State Aid Guidelines in Bezug auf einen sauberen Antrieb erfüllt werden. Auch hier wären nur die Mehrkosten förderfähig im Vergleich zu einem regelkonformen Stufe 5 Motor.

Losgelöst von der Art des Fördervorhabens (3.1.1 / 3.1.2…..) muss fortgeführt werden, dass die Kosten, die hinführend auf den Förderantrag anfallen (Simulationen, Berechnungen und Ingenieurdienstleistungen), nicht förderschädlich sind, da ansonsten viele Förderanträge nicht zustanden kommen würden. Es ist derzeit bereits mit starker Überzeugungsarbeit verbunden, die Reederschaft zu einem Förderantrag zu bringen. Wenn diese nun auch die Kosten für die Dienstleistungen nicht gefördert bekämen, wäre dies das Aus für diverse Förderprojekte.

Über das eigentliche Förderprogramm hinausgehend gibt es weitere Themen, bei denen eine staatliche Unterstützung hilfreich wäre, damit die Binnenschifffahrt die ihr zugedachte Rolle im Rahmen der Transformation der Logistik und der Wirtschaft spielen kann.

a) Ladestrom

Im Zuge der Elektrifizierung einer Flotte fallen im Wesentlichen zwei Kostenarten an: Die Bau- / Umbaukosten für das Binnenschiff sowie die dafür jeweils technisch notwendige landseitige Ladeinfrastruktur, eingeschlossen die Adaptierung vorhandener oder neuer Anlegerstrukturen. Neben dem allgemeinen Anspruch, die Gesamtkosten zu minimieren,sollten energetisch effiziente Systemauslegungen in den Fokus der Förderungen gestellt werden. Bei Betrachtung von Flotten >3 Schiffen, kann eine zentrale (Gelegenheitsladen) oder dezentrale DC-Schnellladeinfrastruktur (Pulsladen) zur Minimierung der Batteriekapazität an Bord, sowie zu geringen Anforderungen an Ladegeräte an Bord und Ladeinfrastruktur an Land für das Depotladen (über Nacht) führen. Vor allem DC-Ladeinfrastrukturen mit integriertem Pufferspeicher können helfen, die einmaligen (Infrastruktur und Netzanschluss) und regelmäßigen (Leistungspreis für hohe Peak-Leistungen)  Kosten zu minimieren. Angesichts dessen, dass die Auslegung zur Elektrifizierung eines Schiffes unmittelbar abhängig ist von einer zweckdienlichen Ladeinfrastruktur und angesichts dessen, dass eine reine Elektrifizierung ohne Verbesserung der Optimierung der Energieeffizienz des Schiffes auch zu Fehlinvestitionen führen kann, ist es zur Sicherstellung von volkswirtschaftlich sinnvollen Lösungen notwendig, sinnvolle Verzahnungen unterschiedlicher Förderbereiche zu prüfen. Durch die Kombination von Förderungen könnte immer die effizienteste Lösung umgesetzt werden, um gesamtheitlich Kosten und Ressourcen (und somit auch wieder CO2) einzusparen, als auch dem grundsätzlichen Anliegen zur Umgestaltung der Binnenschifffahrt eine wesentliche Grundlage zu eröffnen.

b) Standortsicherung für Werften

Die meisten deutschen Binnenschiffswerften haben in den letzten Jahren gerade ausreichend verdient, um den Betrieb aufrecht zu erhalten, doch meist nicht genug, um in die Standorte zu investieren. Das macht sich z.B. darin bemerkbar, dass in Deutschland nur zwei Werften mit einer 135 Meter Helling existiert und keine im Rhein/Ruhr Revier. Der VSM hat sich in den letzten zwei Jahren in Gesprächen mit drei Bundesländern bemüht, hierfür mit Landesförderungen eine Lösung zu finden, doch für diese ist eine Förderung nur mit Hilfe der üblichen Landesförderung möglich. D.h. z.B. im Fall von NRW, dass in Duisburg grds. eine Landesförderung machbar wäre, aber an den Standorten in Köln oder Niederkassel nicht. Außerdem zeigt sich, dass diese Landestöpfe sehr schnell leer sind.

Doch die gewaltige Zukunftsaufgaben, die deutsche und europäische Binnenschifffahrt klimaneutral umzugestalten, werden wir nur erreichen können, insbesondere mit einer nennenswerten Wertschöpfung in Deutschland, wenn wir den Werften helfen, sich für die Aufgaben fit zu machen. Meist müssen die Hellinge nicht nur erweitert (wo dies überhaupt möglich ist), sondern vor allem auch modernisiert und instandgesetzt werden.

c) Neubauprogramm

Bereits im BÖB/VBW/VSM-Strategiepapier FLUENT aus dem Jahr 2015 haben wir darauf hingewiesen, dass die Flotte im Kanalgebiet überaltert ist. Damals haben wir vor allem auf ein Neubauprogramm zum Ersetzen alten Schiffsraums gedrängt. Angesichts der Schrumpfung der Kanalflotte bedarf es inzwischen nicht mehr eines reinen „Alt für Neu Programms“, sondern eines grundlegenden Neubauprogramms. Die Struktur der Kanalschifffahrt legt nahe, dass dies ein klassisches Fahrtgebiet für Partikuliere bleiben wird. Doch gerade Partikuliere können sich die gestiegenen Preise im Schiffbau nicht mehr leisten. Dieser Umstände gefährdet inzwischen die Versorgungssicherheit der Industrie im Kanalgebiet.

Auch mit Blick auf künftig zunehmende extreme Niedrigwasserperioden besteht erheblicher Handlungsbedarf. Da notwendige wasserbauliche Maßnahmen viel Zeit in Anspruch nehmen, hat die öffentliche Hand nur begrenzte Optionen, um Niedrigwasserproblemen kurzfristig zu begegnen zu können. Deshalb werden neben den mit der Modernisierungsförderungsrichtlinie adressierten Tatbeständen zur Niedrigwasseroptimierung auch staatliche Anreize für eine vermehrte Neubautätigkeit von flachgehenden Schiffen benötigt. Dies dient vor allem der Gewährleistung der Versorgungssicherheit der Industrie am Rhein.

d) Binnenschiffs EEOI

Die State Aid Guidelines verweisen auf den EEOI der IMO, da es noch kein EU-weit abgestimmtes Vorgehen für das Energielabelling von Binnenschiffen gibt.

Wir empfehlen deshalb, den bereits vom BMDV für die Binnenschifffahrt beauftragten Vorschlag eines Index für den EEOI heranzuziehen, da hier die technischen Besonderheiten von Binnenschiffen adäquat abgedeckt werden. Hierzu gibt es erste Ansätze von Forschungsinstitutionen, wie ein EEOI für die Binnenschifffahrt angewandt werden kann.

Um eine einheitliche Basis für den Förderaufruf zu generieren und Erfahrungswerte für das Energielabelling in der Binnenschifffahrt zu erhalten, schlagen wir vor, den Ansatz aus dem über CESNI veröffentlichen Paper: „EVALUATING THE ENERGY REQUIREMENT OF INLAND VESSELS USING ENERGY EFFICIENCY INDICES“ aus dem Juni 2020 anzuwenden. Hierbei handelt es sich um anfängliche Untersuchungen zu diesem Thema.

e) Landstrom

Binnenschiffsbezogene Immissionen, vor allem Dieselgeruch und Luftschadstoffe, sorgen an Liegestellen im urbanen Raum für Konflikte mit Anwohnern und mangelnde Akzeptanz.

Die Mehrheit der Binnenschifffahrt verbringt Ruhephasen an Liegestellen im Bundeseigentum. Nur ein kleiner Teil der Schifffahrt nimmt Liegestellen in Binnenhäfen für Übernachtungen in Anspruch. Ein Grund hierfür sind die Liegeentgelte in Binnenhäfen. Die WSV begegnet diesem Problem mit einer großzügigen Landstromausstattung ihrer Liegestellen. In Binnenhäfen stößt diese Lösungsmöglichkeit vor allem bei Frachtschiffen an ihre Grenzen. Anders als in der Kabinenschifffahrt, wo aufgrund der Marktstruktur, des Strombedarfes und der Erwartungen der Kundschaft sinnvolle Landstromlösungen umgesetzt werden können, scheitern derartige Projekte für die Frachtschifffahrt an einem nach wie vor schwierigen Rechtsrahmen sowie an mangelnden positiven ökologischen und ökonomischen Nutzen-Kosten-Betrachtungen. Daran hat auch die seit Sommer 2021 bestehende Bund-Länder-Förderung nicht wesentlich etwas geändert. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Entwicklung der Batterietechnik in Bezug auf Leistung und Erschwinglichkeit in den vergangenen Jahren deutlich vorangeschritten ist. Erste Schifffahrtsbetreiber haben sich diese Entwicklung bereits zunutze gemacht und erzeugen und speichern während der Fahrt Strom, der ihnen einen emissionsfreien Liegebetrieb ermöglicht. Werden Solarpanels auf dem Steuerhaus oder der Abdeckung des Frachtraums eingesetzt, kann je nach Bedarf sogar vollständig emissionsfreier Bordstrom generiert werden. Mittelfristig ist hier sogar ein Einsatz von Minibrennstoffzellen denkbar. Diese Lösungen sind deutlich kostengünstiger als eine landgebundene Stromversorgung, die zudem für Schiffs- wie Hafenbetreiber deutlich höheren operativen Aufwand erzeugt. Wir regen daher an, die aktuelle Förderrichtlinie durch einen Punkt „Emissionsfreier Liegebetrieb“ zu ergänzen in dem die Ertüchtigung von Binnenschiffen zu diesem Zwecke gefördert wird. Sollten nach Ablauf der Landstromförderung Restmittel im Topf des Bundes verbleiben, sollte geprüft werden, ob ein Teil dieser zweckgebunden in die Binnenschiffsmodernisierungsförderrichtlinie übertragen werden kann.

Quelle: Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V., Foto: HHM / Hasenpusch




Marktbeobachtung der Binnenschifffahrt in Europa: Ausgabe 2022

In Fortsetzung ihrer langen und fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission freut sich die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR), ihren Jahresbericht der Marktbeobachtung der Binnenschifffahrt in Europa für 2022 vorzustellen.

Die Veröffentlichung des Jahresberichts der Marktbeobachtung der Binnenschifffahrt in Europa ist ein Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, bei der alle Akteure und beteiligten Interessenvertreter, einschließlich der Flusskommissionen und der Vertreter des Gewerbes, eingebunden werden. Herr Smit, Generalsekretär des European Shippers’ Council (ESC), und Frau Luijten, Generalsekretärin der ZKR, veranschaulichen mit ihren Vorworten die dezidiert europäische Dimension der Veröffentlichung.

Der neue Jahresbericht gibt einen ausführlichen Überblick über die Marktlage und die Entwicklungen der Binnenschifffahrt in Europa im Jahr 2021.

Nachstehend finden Sie die Zusammenfassung dieses Berichts. Die vollständige Version kann als PDF Datei auf Französisch, Deutsch, Niederländisch oder Englisch heruntergeladen werden oder direkt online eingesehen werden unter: www.inlandnavigation-market.org.

Kurzfassung

Das Jahr 2021 war durch eine robuste Erholung gekennzeichnet, die dazu führte, dass die verschiedenen Gütersegmente der Binnenschifffahrt das Umschlag- und Beförderungsniveau vor der Pandemie erreichten und manchmal sogar übertrafen. Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung stiegen die Rohstoffpreise bereits in der zweiten Jahreshälfte an. Die rasch steigende Nachfrage führte jedoch auch zu Störungen im Handel mit industriellen Komponenten.

Der wirtschaftliche Aufschwung war besonders ausgeprägt für den Güterverkehr in der Binnenschifffahrt, der 2021 im Vergleich zu 2020 in fast allen Marktsegmenten ein Wachstum verzeichnete. Die Güterbeförderung auf dem traditionellen Rhein nahm um 5,4% zu, blieb aber um 3,2% niedriger als 2019. Auch die Verkehrsleistung nahm 2021 gegenüber 2020 um 4,5% zu, erreichte aber nicht den Wert vor der Pandemie.

Die gestiegene Stahlproduktion und die hohen Gaspreise führten zu einem starken Anstieg der Kohlenachfrage und damit auch des Kohletransports auf dem Rhein, der im Jahr 2021 um 28,5% zunahm. Der Anstieg des Kohletransports auf dem Rhein entsprach dem Anstieg des Seeverkehrs bei der Kohle. Der Amsterdamer Hafen ist ein deutliches Beispiel für diesen Trend, da der seeseitige Umschlag von Kohle im Jahr 2021 um 41% anstieg. Die Beförderung von Eisenerz und Metallen nahm aufgrund der Erholung der Stahlproduktion kontinuierlich um 15,7% bzw. 11,2% zu. Andere Gütersegmente, nämlich Container, Agrargüter und Lebensmittel, Sande, Steine und Kies sowie Mineralölprodukte und Chemikalien, blieben einigermaßen stabil.

Der im Jahr 2021 verzeichnete wirtschaftliche Aufschwung lässt sich gut an der Entwicklung des Güterumschlags in den wichtigsten europäischen Seehäfen ablesen. Mit Ausnahme des Hamburger Hafens, der einen starken Rückgang des Binnenschiffsverkehrs verzeichnete (-16%), wurde in den wichtigsten europäischen Seehäfen ein Anstieg beobachtet, (+6% für den Hafen von Rotterdam, +9,7% für den Hafen von Constanţa, +9% für den Nordseehafen, +7,5% für den Hafen von Antwerpen).

Insgesamt wurde die Erholung des Güterverkehrs durch die Wasserstandsverhältnisse verstärkt. Auf dem Rhein war die Zahl der kritischen Niedrigwassertage im Jahr 2021 begrenzt. So lag beispielsweise am Pegel Kaub am Mittelrhein die Anzahl der Tage unter einem kritischen Niedrigwasserstand (gleichwertiger Wasserstand) im Jahr 2021 bei 10, im Vergleich zu 107 im Niedrigwasserjahr 2018. Die Analyse der Wasserstandsdaten für die Donau zeigt eine etwas höhere Anzahl von Niedrigwassertagen im Jahr 2021 und auch im Zeitraum von 2015 bis 2021.

Obwohl die Wasserführung insgesamt eher günstig war, wurden die Bedingungen gegen Ende des Jahres schlechter (4. Quartal 2021). Dieser Rückgang der Wasserstände führte im 4. Quartal 2021 zu einem Anstieg der Beförderungspreise bzw. Frachtraten, insbesondere für Trockengüter, die auf dem Spotmarkt angeboten werden. Die Frachtraten für Flüssiggüter wiesen in den letzten beiden Jahren einen leicht negativen Trend auf, der nur in Q4 2021 aufgrund des niedrigen Wasserstandes unterbrochen wurde. Die Gründe für den eher negativen Trend lagen in der geringeren Transportnachfrage nach Flüssiggütern aufgrund der Covid-Pandemie.

Für den Güterverkehr sind die Aussichten insgesamt auf eine Erholung für 2022-2024 ausgerichtet. Es bestehen jedoch erhebliche Abwärtsrisiken, die sich aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seinen Auswirkungen auf die Wirtschaft ergeben. Diese wirtschaftlichen Auswirkungen bestehen hauptsächlich in höheren Rohstoffpreisen und Versorgungsunterbrechungen.

Es wird erwartet, dass der Krieg in der Ukraine den Getreidetransport beeinträchtigen wird, da dieser Krieg zu starken Engpässen bei der Getreideausfuhr aus der Schwarzmeerregion in viele Getreideverbrauchermärkte geführt hat. Daher gewinnen alternative Getreideexportregionen an Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass die Ernteregionen in Frankreich und der damit verbundene Hinterlandverkehr auf den französischen Wasserstraßen von dieser Situation profitieren werden. Der Fluss-See-Hafen von Rouen ist ein wichtiger Knotenpunkt für den Getreideexport, und die Binnenschiffe im Hinterland transportieren Getreide zum Hafen. Mit der Wiederbelebung des Handels zwischen dem Hafen von Rouen und den Ländern Nordafrikas dürfte die Binnenschifffahrt in Nordfrankreich von der Getreidebeförderung profitieren. Die nordafrikanischen Länder sind große Importeure von Getreide und müssen ihre Getreidevorräte sichern.

Im Jahr 2021 umfasste die Zahl der Binnenschiffe in Europa mehr als 10.000 in den Rheinstaaten registrierte Schiffe, 3.500 in den Donaustaaten und 2.300 in anderen europäischen Ländern. Die Neubaurate für Trockengüterschiffe sank um acht Einheiten, von 26 im Jahr 2020 auf 18 im Jahr 2021. Die Zahl der neu gebauten Tankschiffe stieg um 4 Einheiten, von 40 Einheiten im Jahr 2019 auf 54 im Jahr 2020 und 58 im Jahr 2021. Der Großteil der neuen Flüssiggüterschiffe ist für die Kapazitätskategorien 3.000-4.000 Tonnen und 2.000-3.000 Tonnen bestimmt.

Die Entwicklung der Beschäftigung im Güter- und Passagierverkehr im Binnenschifffahrtssektor in Europa zeigt von 2019 bis 2020 ein verändertes Muster. Die Folgen der Pandemie waren für den Passagierverkehr besonders schwerwiegend. So zeigen die Berichte für diese Kategorie eine steigende Tendenz von 17.895 Beschäftigten im Jahr 2010 auf 23.100 im Jahr 2019, während die Beschäftigung im Jahr 2020 auf 21.023 Beschäftigte zurückging. Die Zahl der Beschäftigten in der Güterbeförderung lag mit 23.170 Personen leicht über der Beschäftigung im Passagierverkehr.

Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus während der Pandemie haben den Passagierverkehr in den Jahren 2020 und 2021 stark beeinträchtigt. Auch wenn im Jahr 2021 aufgrund der Lockerung der Präventionsmaßnahmen eine Erholung bei den Bewegungen von Kreuzfahrtschiffen zu beobachten ist, liegen diese auf dem Rhein immer noch 55% unter dem Niveau vor der Pandemie im Jahr 2019.

Die Zahl der Durchfahrten von Kreuzfahrtschiffen an der Rheinschleuse Iffezheim stieg von 534 im Jahr 2020 auf 1.315 im Jahr 2021, blieb damit aber weit unter den 2.929 Durchfahrten des Jahres 2019. Vergleichbare Trends sind für die Donau und die Mosel zu verzeichnen. Auf der Donau an der deutsch-österreichischen Grenze stiegen die Zahlen von 324 Kreuzfahrtschiffen auf 1.255, auch wenn sie immer noch unter den 3.668 im Jahr 2019 liegen. Auf der Mosel sank die Zahl der Durchfahrten zwischen 2019 und 2020 von 1.536 auf 469, stieg aber im Jahr 2021 auf 1.000 an. Nicht nur die Schiffsbewegungen erreichten nicht mehr das Niveau vor der Pandemie, auch die Auslastung der Schiffe lag weit unter den für das Jahr 2019 bekannten Werten.

Auch wenn sich der Markt für Flusskreuzfahrten zu erholen scheint, könnten der anhaltende Krieg in der Ukraine und die gestiegenen Preise für Rohstoffe wie Stahl, die für den Bau neuer Schiffe erforderlich sind, die Aussichten für den Passagierverkehr im Jahr 2022 beeinträchtigen.

Viele Länder haben im Frühjahr 2022 ihre Grenzen für Reisende geöffnet, und es werden wieder neue Aufträge für Flusskreuzfahrtschiffe erteilt. Dennoch verursacht der Krieg in der Ukraine einige Schwierigkeiten für den europäischen Flusskreuzfahrtmarkt. Erstens könnte die Attraktivität der unteren Donau aufgrund des potenziellen Risikos von Fahrten in diesem Gebiet deutlich sinken. Zweitens könnte die Passagiernachfrage auch auf anderen europäischen Flüssen beeinträchtigt werden. Der Grund dafür ist, dass US-amerikanische Touristen den Krieg in der Ukraine als ein Phänomen wahrnehmen werden, das mit Europa im Allgemeinen verbunden ist. Außerdem hat der Krieg zu einem erheblichen Rückgang des ukrainischen Personals geführt, das auf dem Flusskreuzfahrtmarkt tätig ist. Schließlich kann der Anstieg der Treibstoffpreise zu Aufschlägen auf die Reisepreise führen, was sich ebenfalls auf den Tourismus auswirkt.

Quelle und Grafik: ZKR Zentralkommission für die Rheinschifffahrt




BDB im Gespräch mit dem bayerischen Staatsminister

BDB-Präsident Martin Staats (MSG, Würzburg) und BDB-Vizepräsident Friedrich Weigert (Kühne + Nagel Euroshipping, Regensburg) haben sich mit Staatsminister Christian Bernreiter im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr zu aktuellen Themen der Binnenschifffahrt, der Hinterlandlogistik über verschiedene bayerische Knotenpunkte und des Systems Wasserstraße ausgetauscht.

Aufgrund der starken Nachfrage nach Schiffsraum sind auch im Freistaat Bayern momentan alle Kapazitäten extrem stark ausgelastet. Trotz momentaner Abkühlungstendenzen in der Wirtschaft ist für die Schifffahrt noch keine grundlegende Trendwende ersichtlich. Die Aufgaben, vor denen die Binnenschifffahrt in dieser krisenhaften Situation steht, sind weiter immens. Dafür benötigt sie leistungsfähige Flotten und eine funktionierende Wasserstraßeninfrastruktur. Diese wurde leider in den letzten Jahrzehnten aufgrund langwieriger Planungsverfahren und fehlender Kapazitäten bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung nicht nur in Bayern vernachlässigt. Die über 20 Jahre anhaltende Diskussion um den Donauausbau ist vorerst entschieden. Allerdings verdeutlichen Trockenjahre wie zuletzt 2022 und 2018, dass die Bundeswasserstraße Donau ein extrem unberechenbarer Verkehrsweg bleibt. Das ist eine Situation, die gerade angesichts des Ukrainekrieges äußerst misslich ist, denn die Option der Verschiffung der so ernährungswichtigen Agrargüter zur Abmilderung von Hungerkrisen über die Westhäfen stellt sich gar nicht erst.

„Mit Christian Bernreiter haben wir einen entschiedenen und engagierten Verfechter eines landschafts- und schifffahrtsgerechten Ausbaus der Donau zwischen Straubing und Vilshofen“, betonten Martin Staats und Fritz Weigert nach dem Gespräch. Minister Bernreiter war gut 20 Jahre Landrat des Landkreises Deggendorf und kennt aus dieser Zeit die Diskussion um den Donauausbau. Er weiß um die enorme Bedeutung des Hochwasserschutzes für die Region Niederbayern und hat den Verkehrsträger Binnenschifffahrt als Wirtschaftsfaktor nach Kräften unterstützt.

Gleichwohl ist die verladende Wirtschaft auf ein Funktionieren von Schleusen, wasserbaulicher Infrastruktur sowie den Main-Donau-Kanal angewiesen, ebenso wie die Wasserwirtschaft im Freistaat mit all ihrer Bedeutung für Schifffahrt, Tourismus und Landwirtschaft. Spätestens seit dem Ukrainekrieg und dem letzten Dürresommer wissen Wirtschaft und Verbraucher um die Relevanz der Binnenschifffahrt. Diese ist auch heuer auf der bayerischen Donau wieder einmal an die Grenzen des physikalisch Möglichen gekommen. Der „Masterplan Binnenschifffahrt“ des Bundesverkehrsministeriums zielt speziell mit der Entwicklung und Indienststellung von flachgängigem Schiffsraum auf die zukünftigen Anpassungsbedarfe ab. Diesbezüglich konnten die BDB-Vertreter Staatsminister Bernreiter die gute Nachricht überbringen, dass alle relevanten, europaweit tätigen Schifffahrtsgesellschaften, die in Bayern ansässig sind, schon seit vielen Jahrzehnten mit äußerst flexiblem und fahrwasserangepasstem Schiffsraum agieren.

Quelle und Foto: BDB, (v.l.n.r.) BDB-Präsident Martin Staats (MSG, Würzburg), Staatsminister Christian Bernreiter, BDB-Vizepräsident Friedrich Weigert (Kühne + Nagel Euroshipping, Regensburg)




Öko-Label für Landtransporte

Der Wissenschaftspreis Logistik 2022 der BVL wurde im Rahmen des Deutschen Logistik-Kongresses an Dr. Arne Heinold von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vergeben. Seine Dissertation beschäftigt sich mit der Entwicklung eines Öko-Labels für Landtransporte.

 Nach intensiver Diskussion hat die Jury des Wissenschaftspreises Logistik der Bundesvereinigung Logistik (BVL) eine schwere Entscheidung getroffen: Dr. Arne Heinold von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat sich mit seiner Arbeit zum emissionsorientierten Management landgebundener Güterverkehre gegen zwei weitere Finalisten durchgesetzt. Die Dissertation wurde betreut von Prof. Dr. Frank Meisel. 

Der Personen- und Gütertransport verursacht einen erheblichen Anteil klimarelevanter Emissionen, die Höhe der Emissionen hängt vom Verkehrsmittel ab. Öko-Label haben sich in anderen Bereichen bereits etabliert, um Produkte und Dienstleistungen basierend auf ihrem Umwelteinfluss zu kennzeichnen. Mit den Farben Grün, Gelb, Orange, Rot zeigen sie, wie energiesparend Produkte sind. 

An einer vergleichbaren Lösung für Transportdienstleistungen hat Arne Heinold gearbeitet. „Mit Öko-Labels, die ihre Umweltqualität kennzeichnen – Grün für gut oder Rot für schlecht – können Logistikdienstleister Kundenpräferenzen berücksichtigen und Wettbewerbsvorteile realisieren“, sagt der Wissenschaftler. 

Allerdings ist die Ermittlung eines Öko-Labels für Güterverkehre schwieriger als beispielsweise für elektronische Konsumgüter (deren zu erwartender jährlicher Energieverbrauch sich im Labor testen lässt), da Transportemissionen von einer Vielzahl operativer Faktoren und Entscheidungen der Logistikunternehmen abhängen, wie die Disposition von Fahrzeugen und Konsolidierungsentscheidungen. 

In seiner Dissertation, die Teil eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) war, zeigt Heinold Methoden auf, mit denen Emissionen abhängig vom Verkehrsträger ermittelt und – was neu ist – auf einzelne Sendungen umgerechnet werden. Hierfür prüfte er Allokationsmethoden, die auf DIN-EN-Normen beruhen. Er analysierte multimodale Verkehre in 27 europäischen Ländern und berücksichtigte externe Faktoren wie Topografie oder Energieerzeugung. Geringere Transportemissionen führen demnach häufig zu längeren Transportzeiten. Wenn Logistiker ihre Transporte grün labeln wollen, müssen sie längere Lieferzeiten in Kauf nehmen. 

Der Wissenschaftspreis Logistik der BVL richtet sich an junge Wissenschaftler, deren akademisch herausragende Arbeiten besonders praxisrelevant sind und somit für Umsetzungen im Berufsalltag bestens geeignet sind. „Die für den Wissenschaftspreis Logistik eingereichten Arbeiten geben wichtige Impulse für die Logistikpraxis von morgen“, sagt Kay Schiebur, Vorstand Services der Otto Group und im Vorstand der BVL Pate für die Auszeichnung. Der Wissenschaftspreis bezieht auch die betreuenden Institute mit ein und ist mit € 5.000,– für den Wissenschaftler dotiert. In diesem Jahr wurde der Wissenschaftspreis Logistik unterstützt von McKinsey & Company, Inc. 

Unterzeile für das Bild der Preisverleihung: Verleihung des Wissenschaftspreises Logistik 2022 (v.l.n.r.): Kay Schiebur, Pate für den Wissenschaftspreis im BVL-Vorstand und Vorstandsmitglied der Otto Group, Prof. Dr. Frank Meisel und Dr. Arne Heinold von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Knut Alicke vom Sponsor des Preises McKinsey & Company, Inc. und der Juryvorsitzende Prof. Wolfgang Kersten von der TU Hamburg-Harburg.

Quelle und Foto: BVL




Gestartet: digitale Transportdokumente

Hohe manuelle Aufwände prägen bislang die Liefer- und Transportprozesse in Industrie und Handel. Lieferungen zu Großhändlern oder Verteilzentren des Einzelhandels werden auch heute noch grundsätzlich von Lieferscheinen in Papierform begleitet. Allein für den Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland sind das mindestens 20 Millionen Lieferscheine pro Jahr. Das ergibt bei mehrfacher Ausfertigung mindestens 180 Millionen Blatt Papier, soviel wie 1.500 Bäume mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern und einer Höhe von 25 Metern. Durch die Einführung des digitalen Lieferscheins mit der Online-Plattform Cloud4Log kann dem aufwändigen Handling der Papierbelege endlich ein Ende bereitet werden.

Nach erfolgreichem Praxistest des digitalen Lieferscheins haben die Bundesvereinigung Logistik (BVL) und GS1 Germany zusammen mit T-Systems sowie mit zahlreichen Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung in diesem Jahr die technische Lösung für den Praxiseinsatz fertig gestellt. Den Startschuss für den Livebetrieb von Cloud4Log gaben die BVL und GS1 Germany heute auf dem Deutschen Logistik-Kongress in Berlin. „Jetzt können alle Supply Chain-Partner digitale Lieferscheine und perspektivisch andere Transportdokumente über dieses Online-Angebot austauschen. Das aufwändige Handling des Papier-Lieferscheins ist damit hinfällig“, erklärt Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik (BVL). Die Plattform ist in vielen Branchen für den Warenverkehr sofort einsetzbar – von den Lieferanten bis zum Handel.

Über 40 Unternehmen aus Industrie, Logistikdienstleistung und Handel wirken derzeit an Cloud4Log mit. Hierzu gehören unter anderem Lieferanten wie Eckes Granini, Frosta, Henkel, Nestlé und Transportunternehmen wie Dachser, DHL Supply Chain, Fiege und die Nagel-Group. Aus dem Handel beteiligen sich zum Beispiel dm-drogerie markt, Lidl und Rewe. Die digitalen Lieferscheine stehen für die Dauer des Lieferprozesses und zehn Wochen darüber hinaus zur Verfügung. Ausdruck, Weitergabe, Transport und Quittierung des Papierbelegs sind somit überflüssig. „Die Besonderheit der Cloud4Log-Lösung liegt in der Neutralität der Plattform und dem Community-Gedanken. Dieser Ansatz stellt sicher, dass die Interessen aller Prozessbeteiligten berücksichtigt werden“, betont Oliver Püthe, Lead Industry Engagement bei GS1 Germany.

Im Detail sieht der Prozess so aus: Der Verlader auf Lieferantenseite legt die Lieferscheine in der Cloud ab. GS1 Identifikationsstandards sorgen dafür, dass das digitale Dokument eindeutig der jeweiligen Lieferung zugeordnet werden kann. Übernimmt der Logistikdienstleister die Ladung, scannt der Fahrer oder die Fahrerin einen im Warenausgang des Herstellers erzeugten QR-Code, zum Beispiel per Smartphone mit Scanfunktion über die integrierte Kamera. Der Link zum digitalen Lieferschein wird im Smartphone des Fahrers hinterlegt. Während des

Transports sind die digitalen Lieferscheindokumente jederzeit abrufbar und können bei Kontrollen vorgezeigt werden. Im Wareneingang des Händlers wird der digitale Lieferschein wieder per Scan des QR-Codes auf dem Smartphone aus der Cloud zur weiteren Bearbeitung eingelesen. Dokumentationen zu Mengenabweichungen oder auch Schadensbilder können dem digitalen Lieferschein in der Cloud angefügt werden. Die Quittierung durch Empfänger und Fahrer versetzt den Lieferschein in einen abgeschlossenen, nicht mehr änderbaren Status. Durch die Cloud-Lösung wird vermieden, dass der Lieferschein auf mehreren digitalen Endgeräten der Frachtführer liegt. Somit haben immer nur die jeweils unmittelbar am Prozess Beteiligten Zugriff auf den jeweils aktuellen Stand der Dokumente.

Die neutralen Rollen von BVL und GS1 Germany als Anbieter und Betreiber der Lösung gewährleisten, dass die Eintrittsbarrieren niedrig sind und der Service für Teilnehmer in allen Branchen und Märkten zur Verfügung steht. Bereits bestehende unternehmens- oder branchenspezifische Insellösungen für digitale Lieferscheine sind integrierbar. Die Daten werden bei Cloud4Log über die Open Telekom Cloud (OTC) verarbeitet. Entwickelt hat die technische Infrastruktur und die Front-End-Lösungen T-Systems. Die Zusammenarbeit mit der Telekom-Tochter garantiert die Datenspeicherung und -verarbeitung über einen in Deutschland betriebenen Server und damit Datenschutz und -sicherheit nach europäischem Recht.

Quelle: Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. und GS1 Germany GmbH, Foto: REWE




Mehr Binnenschifffahrt für die Zukunft von Nordrhein-Westfalen

„Ohne den Rhein, die Binnenschifffahrt und die Häfen wäre das Rheinland wirtschaftlich nicht dort wo wir heute sind. 2021 wurden fast 85 Millionen Tonnen in den rheinischen Häfen per Binnenschiff umgeschlagen. Mindestens 110.000 Beschäftigte hängen von der Binnenschifffahrt ab und erwirtschaften mehr als 10 Milliarden Euro Wertschöpfung jährlich“, fasst Markus Walke, Vorsitzender des Logistikregion Rheinland e.V., zentrale Aussagen der Studie zur Relevanz des Systems Binnenwasserstraße für das Rheinland zusammen, die im Beisein von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer vorgestellt wurde.

„Nordrhein-Westfalen ist das Binnenschifffahrtsland Nr. 1 in Deutschland, die Schifffahrt verbindet wichtige Häfen und Wirtschaftszentren des Landes mit der Welt. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Binnenschifffahrt noch mehr kann. Wichtig ist hierfür, dass alle Beteiligten konsequent an einer starken und leistungsfähigen Infrastruktur arbeiten. Als Land bringen wir uns in einen nachhaltigen Ausbau der Binnenschifffahrt ein und setzen uns hierfür auch beim Bund ein. Hiervon profitiert auch die Umwelt, denn ein Binnenschiff kann eine Vielzahl von LKW auf der Straße ersetzen“, so Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer.

Der Rhein und seine Infrastruktur sind ein wesentlicher Grund, weshalb sich einige der weltweit größten Stahl-, Automobil-, Textil- und Chemiewerke entlang des Rheins befinden. Über die zahlreichen Hafenstandorte von Emmerich bis Bonn werden Unternehmen und Bevölkerung mit Rohstoffen, Vorprodukten und den Waren des täglichen Lebens beliefert. Klar ist, dass diese Verkehre in Volumen und Verlässlichkeit nicht durch andere Verkehrsträger ersetzbar sind. Störungen oder langfristiger Rückgang im Umschlag bzw. der Produktion können dagegen über Kettenreaktionen zu gravierenden Lieferengpässen mit Gütern des täglichen Lebens führen.

Hinzu kommt, dass das Binnenschiff wesentlich ökologischer ist als der Lkw. Ein Binnenschiff ersetzt je nach Landungsart bis zu 380 Lkw. Dabei hat der Rhein im Vergleich zu Schiene und Straße noch freie Kapazitäten, die es zu sichern und zu heben gilt, denn etwa durch Fachkräftemangel, häufigeres Niedrigwasser und Flächenkonkurrenzen in den Binnenhäfen sind aktuelle Herausforderungen, denen die Binnenschifffahrt gegenübersteht. Der Logistikregion Rheinland e. V. hat daher folgende Vorschläge zur Stärkung des Systems Binnenwasserstraße zusammengefasst:

Flotte & Personal

▪ Vorhandene Potenziale der Binnenschifffahrt besser nutzen, Wettbewerb auf Augenhöhe mit den Verkehrsträgern Straße und Schiene ermöglichen.

▪ Voraussetzungen für eine politisch gewollte Verlagerung von Transporten von der Straße auf das Binnenschiff schaffen.

▪ Technische Maßnahmen zur Luftreinhaltung, Umstellung auf nachhaltige Antriebstechnologien und neue Schiffskonzepte verstärkter fördern.

Häfen & Flächen

▪ Häfen als elementaren Baustein der Verkehrsverlagerung begreifen und von Anforderungen befreien, die dem Verlagerungsziel entgegenstehen.

▪ Hafenstandorte durch Investitionen gezielt stärken. Hierzu zählen u.a. die Schieneninfrastruktur im Vor- und Ablauf, Brücken im Hafengebiet oder Kaianlagen.

▪ Schaffung eines Bund-Länder-Förderprogramms zur Ertüchtigung wassernaher Infrastrukturen in Binnenhäfen

Infrastruktur & Verkehrswege

▪ Einsatz auf Bundesebene für ausreichende und langfristig gesicherte Finanzmittel zum Erhalt, Aus- und Neubau der Wasserstraßeninfrastruktur. Bisherige Unterfinanzierung muss kompensiert und notwendige Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen zeitnah ermöglicht werden (Sohlenstabilisierung & Abladeoptimierung).

▪ Automatisierung und Digitalisierung noch stärker ausbauen und fördern (inkl. 5-G-Netz zur Datenübertragung). Weiterentwicklung des Testfelds Rhein-Ruhr für autonom fahrende Binnenschiffe.

▪ Förderprogramme für Wasserstofftechnologien, alternative Antriebstoffe, Installation und Betrieb von Landstromanlagen, etc. im Binnenschifffahrtsbereich weiter ausweiten.

Verwaltung & Rahmenbedingungen

▪ Kontinuierliche Fortschreibung des NRW-Wasserstraßen- und -Hafenkonzeptes sowie regelmäßige Berichterstattung über Ziele und Zielerreichung.

▪ Fortschreibung und Veröffentlichung des Verkehrszustandsberichts, Fortführung des Aktionsplans Niedrigwasser.

▪ Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Infrastrukturmaßnahmen deutlich beschleunigen.

▪ Einstellung des für die Umsetzung der Abladeoptimierungen und die Abarbeitung des Sanierungsstaus notwendigen Planungspersonals.

Der Logistikregion Rheinland e.V. ist ein Zusammenschluss aus Unternehmen, Verbänden und öffentlichen Institutionen mit dem Ziel der Weiterentwicklung und Stärkung des Rheinlandes als eine der führenden Logistikregionen Europas. Der Logistikregion Rheinland e.V. setzt sich dafür ein, dass die Menschen und Unternehmen der Region von den sich in der Wachstumsbranche Logistik bietenden Chancen durch zusätzliche Wertschöpfung und Arbeitsplätze profitieren und bildet ein Sprachrohr für die Interessen der Logistikwirtschaft im Rheinland.

Quelle: Logistikregion Rheinland e.V., Foto Logistikregion Rheinland e.V./Wilfried Meyer, Verkehrsminister Oliver Krischer (Mitte) mit Mitgliedern des Vorstands des Logistikregion Rheinland e.V. (v.l.) Thomas Vieten (Geschäftsführer), Thomas Klann, Jürgen Steinmetz, Markus Walke (Vorsitzender), Rainer Schäfer, Prof. Dr. Thomas Decker, Jan Sönke Eckel




Deutsches Schienenetz unzureichend für den Güterverkehr

Die Ausbaumaßnahmen des sogenannten Deutschlandtakts reichen nach derzeitigem Planungsstand nicht aus, um den Güterverkehr der Zukunft abzuwickeln. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie vom Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und der IHK Nord. Laut dieser geht der Deutschlandtakt, der als Masterplan für den Bahnausbau in Deutschland gilt, im Bereich des Schienengüterverkehrs von unrealistischen Prognosen aus.

ZDS und IHK Nord sind sich einig: Es bedarf erheblicher Anstrengungen, wenn das erklärte Ziel erreicht werden soll, bis 2040 ein Viertel aller Güter in Deutschland über die Schiene zu transportieren. So sagte Prof. Norbert Aust, Vorsitzender der IHK Nord mit Blick auf die Studie: „Norddeutschland ist ein bedeutender internationaler Verkehrsknotenpunkt in Europa. Das Schienennetz muss allein deshalb so ausgebaut werden, dass die Anforderungen erfüllt werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum im Bundeshaushalt die Ausgaben für die Bundesschienenwege massiv zurückgehen. Im Vergleich mit dem Etat für 2022 werden über eine halbe Milliarde Euro weniger eingeplant. Dies widerspricht den Absichten, mehr Menschen und Güter auf die Schiene zu bringen.“

Frank Dreeke, Präsident des ZDS, betonte: „Der große Wettbewerbs- und Nachhaltigkeitsvorteil deutscher Seehäfen liegt in den guten Eisenbahnanbindungen. Die Studie zum Deutschlandtakt zeigt, dass für einen funktionierenden Güterverkehr auf der Schiene von und zu den Häfen die Kapazitäten durch gezielte Maßnahmen wie Flexi-Trassen sowie Effizienzsteigerungen im System erhöht werden müssen.“

Als Ergebnis der vorgelegten Studie werden bis zum Jahr 2040 zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen gefordert. Das Gutachten schlägt zwei Maßnahmenpakete vor:

  1. Notwendig ist die Einrichtung von flexibel nutzbaren Trassen für den Güterverkehr im Schienennetz (Flexi-Trassen), um auf übliche Schwankungen in der Logistik reagieren zu können. Hierfür sind 24 Einzelmaßnahmen mit einem Volumen von rund 10 Mrd. Euro nötig.
  2. Für ein reibungsloses Nebeneinander von Personen- und Güterverkehr müssen gezielt Kapazitäten erhöht werden, um einen Domino-Effekt durch Störungen und Verspätungen zu vermeiden. Hierfür schlägt das Gutachten konkret 21 Einzelmaßnahmen mit einem Investitionsvolumen von 17 Mrd. Euro vor.

IHK Nord und ZDS fordern eine Erweiterung des Bundesverkehrswegeplans um 45 in der Studie beschriebenen Maßnahmen, um einen Kollaps des Schienengüterverkehrs zu verhindern und die Mängel in den Planungen zum Deutschlandtakt zu korrigieren. Außerdem sollen die Förderrichtlinien entsprechend des Vorschlags der Gutachter überarbeitet werden.

Weitere Maßnahmen sollen den Schienengüterverkehr effizienter und leistungsfähiger machen: Terminals und örtliche Anlagen sollen modernisiert und die Digitalisierung in allen Bereichen vorangetrieben werden. Entsprechende Bereiche sollen nach Vorschlag des Gutachtens in die Förderung des Bundes aufgenommen werden. Seitens der Wirtschaft können Zusatzmaßnahmen ergriffen werden, um bestehende Prozesse in der Logistik zu optimieren – wie der Ausbau der Terminalinfrastruktur für längere Güterzüge.

Die Ergebnisse des Gutachtens von ZDS und IHK Nord sowie eine Zusammenfassung finden Sie unter: www.ihk-nord.de & www.zds-seehaefen.de

Quelle: ZDS und IHK Nord, Foto: HHM




VDV und Allianz pro Schiene fordern mehr Tempo

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und die Allianz pro Schiene fordern, stillgelegte Bahnstrecken schneller wieder ans Netz zu nehmen. Andernfalls werde die Verkehrswende nicht gelingen, erklärten die Verbände bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin, bei der sie die 3. Auflage der VDV‑Broschüre mit einer aktualisierten und erweiterten bundesweiten Liste von zu reaktivierenden Schienenstrecken vorstellten.

Sie forderten zudem, auch die Reaktivierung von Streckenabschnitten für den Güterverkehr zu fördern und im Haushalt dafür ein eigenes Finanzierungsprogramm aufzulegen.

Insbesondere die Begeisterung für das 9-Euro-Ticket im Sommer hat gezeigt, dass Menschen vor allem in den gut erschlossenen Regionen stark vom ÖPNV profitieren können. Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene: „Die Bereitschaft, die Schiene zu nutzen, ist da – und das Potenzial für mehr Schienenverkehr enorm. Die Menschen erwarten mit Recht einen zügigen Ausbau – auch da, wo es heute keinen Anschluss an die Schiene gibt.“ Mit der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken könne man in der Fläche den Rückzug der vergangenen Jahrzehnte korrigieren und umdrehen. Dr. Martin Henke (Foto), VDV-Geschäftsführer Eisenbahn, verwies darauf, dass man erst am Anfang stehe: „Seit der Erstauflage der VDV-Reaktivierungsliste und der enormen öffentlichen und politischen Aufmerksamkeit, die das Thema erregt, haben sich die Rahmenbedingungen für ein Wiederbeleben von Strecken deutlich verbessert. Immerhin vier Strecken mit 66 km Länge konnten bislang reaktiviert werden. Doch von den 277 Strecken mit insgesamt 4.573 Kilometern Länge sind zwischenzeitlich 40 weitere bzw. 557 Kilometer hinzugekommen. In praktisch allen Regionen Deutschlands gibt es Reaktivierungspotenzial.“

In der VDV-Broschüre werden 332 Städte und Gemeinden gelistet, die durch die vorgeschlagenen Reaktivierungen wieder Anschluss an das Bahnnetz erhalten könnten. Insgesamt 3,4 Millionen Einwohner sind betroffen. Die Verbände erkennen an, dass der Bund die Finanzierungsmöglichkeiten für Reaktivierungen deutlich verbessert hat und begrüßen die attraktiveren Rahmenbedingungen: Dr. Martin Henke: „Der Bund hat bei der GVFG-Novellierung in der letzten Legislaturperiode einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, den Reaktivierungsprojekten im Land neuen Schwung zu verleihen und er fördert diese mit 90 Prozent der Kosten. Auch die modernisierte Ermittlung der Wirtschaftlichkeit im Rahmen der Standardisierten Bewertung zum 1. Juli 2022 erleichtert Reaktivierungen.“

Allerdings gibt es immer noch großen Handlungsbedarf. Nun müsse dringend auch der Güterverkehr stärker in die Reaktivierung des Streckennetzes einbezogen werden – mit eigenem Budget. „Für die Reaktivierung reiner Güterstrecken, die Fabriken über dezentrale Güterverkehrszentren und Speditionsterminals bis hin zu dringend benötigten Ladestraßen in der Fläche anschließen, gibt es bislang keinen eigenen Haushaltstitel beim Bund, der auch entsprechend ausgestattet ist und über alle Bahnen, unabhängig vom Infrastrukturunternehmen, angelegt ist“, so Dr. Martin Henke. Dirk Flege forderte zudem, dass die Entwidmung stillgelegter Eisenbahntrassen – etwa um diese zu überbauen – gestoppt werden muss: „Wir müssen diese ungenutzten Trassen unbedingt sichern für künftige Reaktivierungen. Wenn auch nur punktuell ein Streckenabschnitt verbaut wird, dann ist der Verkehrsweg zerschnitten und die Chance auf eine Reaktivierung verloren. Wir brauchen dringend ein Moratorium bei der Entwidmung von Schienenstrecken.“

Die Broschüre „Auf der Agenda: Reaktivierung von Eisenbahnstrecken“ steht auf der VDV-Themenseite bereit. Die Allianz pro Schiene hat eine Übersichtskarteerstellt, die bereits erfolgte Reaktivierungen seit 1994 zeigt.

Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V und Allianz pro Schiene e.V., Foto: VDV