Geschäftsklima und die Erwartungen trübe

In der deutschen Logistikwirtschaft kippte die Stimmung ins Negative, der Geschäftsklimaindex erhielt einen erneuten Dämpfer und notierte nur noch bei einem Wert von 90,9. Dies geht aus den monatlichen Erhebungen zum Logistik-Indikator hervor, die das ifo Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) im Rahmen seiner Konjunkturumfragen durchführt. Zurückzuführen war dieser Rückgang auf die erheblich pessimistischeren Geschäftserwartungen. Auch die Geschäftslage wurde weniger häufig als noch zuvor als günstig beurteilt.

Bei den Logistikdienstleistern breiteten sich Zukunftssorgen erheblich aus, wodurch der Geschäftsklimaindikator nun in den negativen Bereich rutschte. Die laufenden Geschäfte bewerteten die Unternehmen indes noch häufig positiv, denn die dynamische Nachfrage ließ den Auftragsbestand weiter ansteigen. Preispolitisch fassten die Unternehmen flächendeckend Anhebungen ins Auge.

Auch die Betriebe aus Handel und Industrie zeigten sich nun häufig besorgt mit Blick auf die Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr. Die Zufriedenheit mit den laufenden Geschäften nahm etwas ab, so dass auch der Klimaindikator erhebliche Einbußen zu verzeichnet hatte – die Kennzahl fiel in den negativen Bereich. Die bereits stark erhöhten Preise sollen im kommenden Quartal abermals angehoben werden.

Die jüngste Coronawelle hinterließ im zurückliegenden Winterhalbjahr nur geringfügige Spuren in der deutschen Konjunktur. Nachdem die Wirtschaftsleistung am Jahresende 2021 um 0,3 Prozent zurückgegangen ist, wurde zu Jahresbeginn 2022 bereits wieder ein Plus verzeichnet. Im ersten Quartal 2022 stieg das Bruttoinlandsprodukt – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 0,2% gegenüber dem vierten Quartal 2021. Die wirtschaftliche Entwicklung wurde vor allem vom Dienstleistungssektor getragen, welcher vom Abflauen der Coronawelle profitieren konnte. Auch die Bauwirtschaft startete, nicht zuletzt als Folge der günstigen Witterung, kräftig ins neue Jahr.

Seit Ende Februar wird die konjunkturelle Entwicklung allerdings zunehmend durch den Krieg in der Ukraine und den mehrwöchigen Lockdown in China belastet. Zwar hat sich in den vergangenen Monaten an der positiven Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch die deutschen Unternehmen nichts geändert. Allerdings ließen eine Verschärfung der Lieferengpässe, neue Sanktionen gegen Russland sowie sprunghafte Anstiege der Energie- und Nahrungsmittelpreise die Erwartungen der Unternehmen einbrechen und sowohl Produzenten- als auch Verbraucherpreise kräftig steigen. Während Lieferengpässe und Sanktionen die Produktion und den Absatz im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe hemmen, dämpfen die hohen Preise vor allem die Nachfrageseite. Bereits seit einigen Monaten schwächen sich die Auftragseingänge in der Industrie ab, und im Baugewerbe nehmen die Auftragsstornierungen zu. Auch die Umsätze im Einzelhandel gaben zuletzt kräftig nach, nachdem die Inflationsrate im April erstmals seit dem Jahr 1981 auf über 7% stieg. Zusätzlich dürften die hohen Kosten die Gewinne und damit die Investitionstätigkeit der Unternehmen belasten. So gaben in der Aprilbefragung des ifo Instituts die Industrieunternehmen an, nur gut 50 Prozent der gestiegenen Kosten an ihre Kunden weitergeben zu können. Bei den Bauunternehmen und den Dienstleistern liegt die Weitergabe bei gerade einmal 25 Prozent. Schließlich dürfte der pessimistische Ausblick der Unternehmen auch auf einen kräftigen Anstieg der allgemeinen Unsicherheit zurückzuführen sein. Da der weitere Verlauf des Krieges und die damit verbundenen wirtschafts- und geopolitischen Entscheidungen schwer abzuschätzen sind, fällt den Unternehmen ein Ausblick auf den weiteren Geschäftsverlauf schwer.

Insgesamt haben sich damit die konjunkturellen Aussichten eingetrübt. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum fällt in diesem Jahr zwar niedriger aus als noch zu Jahresbeginn erwartet. Allerdings dürften die Auftriebskräfte, die im Zusammenhang mit dem Abflauen der Coronawelle stehen, ein Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession verhindern. Dafür sprechen auch die bis zuletzt rückläufige Kurzarbeit und nur geringfügige Existenzängste der Unternehmen. Die Inflationsraten dürften im weiteren Jahresverlauf hoch bleiben. Eine überwiegende Mehrheit der vom ifo Institut befragten Unternehmen plant auch in den kommenden Monaten die Preise weiter anzuheben.

Ausführliche Ergebnisse des Logistik-Indikators gibt es  hier

Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstands der BVL kommentiert: „Im Netz kursiert eine Montage aus vier Fotos des genialen Mimen Jack Nicholson: von irritiert über zähnefletschend und rasend bis resigniert. Untertitel: „Supply Chain Manager 2019 bis 2022“. Wie wahr: Wirtschaftliche Folgen einer Pandemie, des Ukraine-Kriegs oder gar beider Ereignisse zusammen lassen die Geschäftserwartungen der Logistiker für die nächsten sechs Monate deutlich sinken. Doch der Blick auf die aktuelle Geschäftslage lohnt sich: sie notiert noch immer oberhalb des Normalwertes – wenn auch nur knapp.

Wie düster ist die Zukunft wirklich? Geopolitische Verschiebungen verändern die Grundlagen der Europäischen Wirtschaft. Wir erleben eine Zeitenwende, hin zu einer neuen Weltordnung und Werteordnung. Eine mögliche Blockbildung (USA, Europa, China) birgt Risiken im weltweiten Austausch von Gütern und Dienstleistungen. Eine scharfkantige Abgrenzung politischer Systeme hat ernsthafte Konsequenzen, insbesondere bei kritischen Abhängigkeiten in globalen Wertschöpfungsketten. Anhaltende Lieferengpässe werden eine Rezession herbeiführen und verstärken.

In den Wirtschaftsbereichen Einkauf, Produktion und Logistik hört man neue Leitsätze: „Flexibilität geht vor Kosten“ und „Verfügbarkeit ist die neue Währung“. Was gestern noch unökonomisch war, gilt heute als wirtschaftlich sinnvoll. In manchen Branchen muss jedes Produkt mindestens im Dual Sourcing verfügbar sein – und zwar an jedem Ort. Das ist ein starker Kostentreiber. Die Störungen in den Lieferketten scheinen zudem nicht nur vorübergehender Natur zu sein. So besteht die bestmögliche Vorbereitung auf künftige Unwägbarkeiten in den Wertschöpfungsprozessen darin, global vernetzte Lieferketten widerstandsfähiger gegenüber negativen Zukunftsszenarien zu machen.

Kurzfristig ist keine Entspannung in Sicht. Die Staus und Verzögerungen in der Containerschifffahrt haben inzwischen auch die Nordsee und die Häfen in Deutschland, Holland und Belgien erreicht. „Hier stecken gegenwärtig knapp zwei Prozent der globalen Frachtkapazität fest und können weder be- noch entladen werden“, konstatiert das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Allein in der deutschen Bucht warten demnach etwa ein Dutzend große Containerschiffe mit einer Kapazität von rund 150.000 Standardcontainern auf das Anlaufen in Hamburg oder Bremerhaven. Vor den Häfen Rotterdam und Antwerpen sei die Lage noch dramatischer.

Dies führt nicht nur zu Verspätungen, sondern auch zu einem Mangel an Containern, die derzeit ebenso rar sind wie Paletten und Kartonagen. Während Industrie und Handel auf Rohstoffe und Vorprodukte warten oder ihre fertige Ware nur schwer versenden können, können Logistik-Dienstleister ihre Kapazitäten nicht aufstocken, was auch am massiven Personalmangel liegt. Diese Missverhältnisse werden noch einige Monate anhalten – bis weit ins Jahr 2023 hinein. Hinzu kommen die Preissteigerungen in allen Bereichen, die zumeist nur teilweise an die Kunden weitergegeben werden können. Spannend wird die Antwort auf die Frage sein, ob Europa infolge hoher Energiepreise und Lohnkosten an Wettbewerbsfähigkeit verlieren wird.

Schlechte Aussichten also allerorten? Nicht unbedingt. Viele Unternehmen stellen sich jetzt für die Zukunft auf, werden resilienter und nachhaltiger. Wie so oft gibt es in der Krise Verlierer, aber auch schnellere Innovationszyklen. Hier sind die Europäer traditionell gut aufgestellt – gut möglich, dass wir daraus am Ende gestärkt hervorgehen.“

Quelle und Foto: BVL




Wasserstoffkonferenz IHK: Eine große Chance

H2 – diese Formel steht für den Stoff, aus dem die energiepolitischen Träume sind: Wasserstoff. Dieses chemische Element könnte für die Energiewende und die Dekarbonisierung der Wirtschaft eine große Rolle spielen. Zugleich ist die Wasserstofftechnologie eine Chance für zukünftige Geschäftsfelder. Damit sich regionale und überregionale Akteure, Unternehmen und Wissenschaftler, die im Bereich Wasserstofftechnologie aktiv sind, kennenlernen, vernetzen und Kooperationsmöglichkeiten ausloten, hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein zur Wasserstoffkonferenz in den Kaiserhof in Willich eingeladen.

IHK-Vizepräsident Frank Kindervatter begrüßte die rund 110 Teilnehmer: „Es handelt sich um eine enorm vielversprechende Technologie. Alle betroffenen Akteure sollten sich unbedingt mit dem Thema befassen und die Möglichkeiten prüfen.“

Wie vielfältig die Chancen sind, erläuterte Sebastian Seier von der Aachener BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH im ersten Impuls-Referat der Konferenz: „Der Energiesektor ist im Umbruch, die erneuerbaren Energien sind sehr wetterabhängig – hier kommt Wasserstoff ins Spiel. Denn dieser Energieträger hat die wunderbare Eigenschaft, dass man ihn speichern kann.“ Dekarbonisierung und die Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie gingen Hand in Hand. Seier verwies auf die ehrgeizigen Ziele der EU: „Bis 2030 soll eine funktionierende Wasserstoffwirtschaft in Europa etabliert werden.“ Es solle ein Markt für Wasserstoff als alternativer Energieträger und industrieller Grundstoff geschaffen werden. „Entlang dieser Wertschöpfungsketten gibt es vielfältige Chancen für Unternehmen“, warb Seier. „Erste Pilotanlagen sind bereits angelaufen oder werden konkret geplant.“ Vor allem in den Bereichen Prozesswärme, Rückverstromung, Energietransport sowie beim Zug- und Flugverkehr sieht Seier viel Potenzial. „Eine der spannendsten Fragen dabei ist: Wo bekomme ich überhaupt Wasserstoff her?“

Auf diese Frage ging Dr. Carsten Leder von Thyssengas im zweiten Impuls-Vortrag ein. „Wir als Fernleitungsnetzbetreiber wollen dafür sorgen, dass der Wasserstoff in die Region Mittlerer Niederrhein kommt.“ Für H2 gebe es großes Potenzial in der Industrie, der Mobilität, aber auch im Wärmebereich. „Gasförmige und feste Moleküle tragen maßgeblich zur Deckung des deutschen Energiebedarfs bei. Aus diesem Grund ist ein All-Electric-Szenario unrealistisch“, betonte Leder und erläuterte die Pläne von Thyssengas für den Ausbau eines Wasserstoffleitungsnetzes auf der Basis einer vorherigen Marktanalyse. „Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, werden wir 2030 eine Wasserstoffleitung mitten durch Ihre Region betreiben“, kündigte Leder an. „Wir prüfen gerne die Anschlussmöglichkeiten für jeden einzelnen Anwender.“

Wie breit das Einsatzspektrum von H2 ist, wurde in den anschließenden Pitch-Runden deutlich. Dabei stellte eine ganze Reihe unterschiedlicher Unternehmen und Akteure ihre Aktivitäten und Angebote im Bereich Wasserstofftechnologie vor. Unter anderem mit dabei: Sebastian Rubin (Stadtwerke Krefeld), Lukas Saars (Hochschule Niederrhein), Dirk Brügge (Wasserstoff Hub RKN / Rheinland), Thomas Schmieder (BOA Metal Solutions GmbH), Stefan Naser (LOHC Industrial Solutions NRW GmbH), Dr. Dieter Ostermann (neo hydrogen sensors GmbH), Margit Roth (Kompetenzregion Wasserstoff Düssel.Rhein.Wupper), Marco Faulhammer (pollution2power) und Janpeter Beckmann (Beratungscenter Wirtschaftsförderung, NRW.BANK).

Zum Abschluss bedankte sich Silke Hauser, Leiterin des IHK-Bereichs Industrie, Klimaschutz und Mobilität, für den spannenden Input und den regen Austausch und appellierte gleichzeitig an die Politik: „Wir haben heute erlebt, dass viele Akteure mit großer Leidenschaft und großartigen Ideen die Wasserstofftechnologie zum Erfolg führen möchten. Doch dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen. Die Wirtschaft braucht Planungs-, Investitions- und Rechtssicherheit. Das sind die Voraussetzungen dafür, dass die Energiewende mit Hilfe von Wasserstoff gelingt.“

Quelle und Foto: IHK,  Dominik Heyer (2.v.l., Referent im IHK-Bereich Industrie, Klimaschutz und Mobilität), Silke Hauser (Leiterin des IHK-Bereichs Industrie, Klimaschutz und Mobilität) und Dominik Baum (3.v.l., Sprecher des IHK-Netzwerks „Energie, Klimaschutz und Strukturwandel“) begrüßten die beiden Impuls-Redner der Wasserstoffkonferenz: Sebastian Seier (l. BET Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH) und Dr. Carsten Leder (Thyssengas GmbH). 




Bündnis fordert aktive Industriepolitik

Der größte Industriestandort in Schleswig-Holstein, der ChemCoast Park Brunsbüttel, ist in den vergangenen Monaten aufgrund des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs – den alle Partner des Industriepolitischen Bündnisses in jeder Hinsicht verurteilen – in den öffentlichen Fokus der bundesweiten Energieversorgung gerückt. Mit der energiepolitischen Entscheidung der Bundesregierung, ein landseitiges LNG Import- und Distributionsterminal in Brunsbüttel zu errichten und vor Ort als Zwischenlösung ein schwimmendes LNG-Terminal (FSRU) zu nutzen, sowie den Planungen von RWE zur Errichtung eines Ammoniak-Importterminals, positioniert sich der ChemCoast Park Brunsbüttel derzeit als führender Importstandort bzw. -hafen für LNG und Wasserstoff(-derivate) in Deutschland.

Aus Sicht des Industriepolitischen Bündnisses, das seit 2015 aus dem DGB Bezirk Nord, der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE) sowie der Werkleiterrunde des ChemCoast Park Brunsbüttel besteht, sind die aktuellen energiepolitischen Entwicklungen nicht nur für die Versorgungssicherheit privater Haushalte und Unternehmen in Deutschland von großer Bedeutung, sondern vor allem auch für die Dekarbonisierung der Industrie im ChemCoast Park Brunsbüttel und stellen somit eine wichtige Weichenstellung für den gesamten Standort dar. Frank Schnabel, Sprecher der Werkeiterrunde des ChemCoast Park Brunsbüttel, hebt hervor: „Der ChemCoast Park Brunsbüttel hat jetzt die einmalige Chance, sich als wettbewerbsfähiger Energiestandort der Zukunft zu positionieren. Unser Industrie-, Hafen- und Logistikstandort bietet unmittelbaren Zugang zu zukunftsorientierten Energiequellen wie LNG als Brückentechnologie sowie grünen Energieträgern wie Wasserstoff, Ammoniak sowie regionalem On- und Offshore Windstrom. Dies ermöglicht zukünftig die Produktion von synthetischen Kraftstoffen und e-chemicals in dekarbonisierten Prozessen. Diesen klaren Standortvorteil haben auch die Investoren erkannt, sodass wir aktuell so viele Flächenanfragen für Unternehmensansiedlungen verzeichnen wie nie zuvor. Die Verfügbarkeit unterschiedlicher Energieträger ist somit eine echte Chance für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Standortes und der zukunftsorientierten Unternehmen vor Ort. Die bereits getätigten Investitionen in hohen dreistelligen Millionenbeträgen untermauern dabei die Attraktivität des ChemCoast Park Brunsbüttels.“

Laura Pooth, Vorsitzende des DGB Bezirks Nord, unterstreicht: „Verlässliches und zukunftsgerichtetes staatliches Handeln von Land und Bund ist die Voraussetzung für die erfolgreiche Gestaltung des Wandels in eine klimagerechte industrielle Wertschöpfung. Wir müssen jetzt die Chance nutzen, die bestehenden guten und tariflich abgesicherten Arbeitsplätze und damit Kaufkraft und Steuereinnahmen langfristig zu sichern und weiter auszubauen. Die Neuansiedlungen von Unternehmen entlang der gesamten Westküste zeigen deutlich, wie groß die Strahlkraft der Energieregion Westküste aktuell ist.“

Andreas Suß, Bezirksleiter und Vorsitzender der IGBCE, ergänzt: „Die Umstellung der Prozesse in den Unternehmen bedarf erheblicher Investitionen sowie langer Vorläufe und setzt Planungs- und Investitionssicherheit voraus. Die bisherige Energieversorgung ist so lange zu weltmarktfähigen Preisen zu erhalten bis die neuen Anlagen geplant, finanziert, genehmigt und in Betrieb genommen sind. Bereits jetzt ist der Zeitdruck hoch.“

Bereits heute werden von den im ChemCoast Park Brunsbüttel ansässigen Unternehmen aus der Chemie-, Mineralöl- und Energiewirtschaft sowie aus der Logistik und Hafenwirtschaft über 12.500 Arbeitsplätze in der Region beeinflusst, mehr als 4.000 davon befinden sich direkt in Brunsbüttel. Der Standort ist somit der wichtigste industrielle Kern Schleswig-Holsteins, den es auch gemäß der Empfehlung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft politisch zu fokussieren und weiterzuentwickeln gilt. Denn Schleswig-Holstein weist aktuell einen vergleichsweise geringen Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt auf, obgleich die deutsche Energiewende im nördlichsten Bundesland seit vielen Jahren aktiv gestaltet und umgesetzt wird.

Um den ChemCoast Park Brunsbüttel weiter zu stärken und die aus der Energiewende entstehenden Chancen für einen weiteren Beschäftigungsaufbau in Verbindung mit guter Arbeit zu nutzen, festigen die drei Partner im Industriepolitischen Bündnis nun ihren Schulterschluss und fordern von der neuen Landesregierung in Schleswig-Holstein eine proaktive Unterstützung mit einer aktiven Industriepolitik mit folgenden Schwerpunkten, wobei es die fettmarkierten Forderungen mit besonderer Dringlichkeit umzusetzen gilt:

1. Energieversorgung sichern und Erneuerbare Energien konsequent ausbauen

Die energieintensiven Unternehmen wollen zukünftig fossile durch erneuerbare Energieträger ersetzen und damit nicht nur einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern auch in zukunftsträchtige grüne Märkte vorstoßen. Hierfür bietet die gesamte Region Westküste enorme Standortvorteile, für die folgende Voraussetzungen erforderlich sind:

  • Schaffung politischer und gesetzlicher Rahmenbedingungen für die Produktion und Nutzung neuer Technologien wie grünem Wasserstoff
  • Umsetzung der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in den zuständigen, technisch und personell gut aufzustellenden Ministerien und den untergeordneten Behörden, insbesondere auch für die schnelle Realisierung der LNG-Terminals
  • Zügiger Ausbau der Off- und Onshore-Wind- und PV-Erzeugungsleistung
  • Zügiger und den zukünftigen Bedarfen angepasster Ausbau der Verteilnetze in der Region

Bis zur kompletten Umstellung auf erneuerbare Energien ist die Energieversorgung auf konventionellem Wege zu weltmarktfähigen Preisen zu sichern.

2. Ausbau der Verkehrsinfrastruktur – Zügig schnelle Verbindungen schaffen

Zur Erreichung unterschiedlicher Märkte und aufgrund des wachsenden globalen Wettbewerbs sind leistungsstarke Verkehrsverbindungen für dem ChemCoast Park erforderlicher denn je. Ebenso sind pendelnde Beschäftigte auf eine zügige und zuverlässige Verkehrsanbindung angewiesen. Aus diesem Grund fordern wir:

  • Den zweigleisigen Ausbau der Bahntrasse Itzehoe/Wilster – Brunsbüttel mit durchgängiger Elektrifizierung, Verlegung der Bahntrasse um das Werk der TotalEnergies Bitumen Deutschland GmbH herum, die Sanierung des Güterbahnhofes und die Ertüchtigung der Eisenbahnhochbrücke Hochdonn zur Verlagerung der weiter steigenden Gütermengen auf die umweltfreundliche Bahn
  • Den dreispurigen Ausbau der B5 zwischen Itzehoe und Brunsbüttel über Wilster hinaus
  • Die schnellstmögliche Fortführung der A20 inklusive westlicher Elbquerung bei Glückstadt
  • Die schnellstmögliche Fertigstellung der 5. Schleusenkammer, die Sanierung der bestehenden Schleusenkammern, die zügige Begradigung der Oststrecke sowie die Vertiefung des NOK auf gesamter Länge

3. Fachkräfte sichern – attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen gestalten

Attraktive Arbeitsbedingungen werden über gute Tarifverträge und eine hohe Tarifbindung gesichert. Neben dieser Grundvoraussetzung müssen aber auch die Lebensbedingungen für Fachkräfte in strukturschwächeren Regionen attraktiv gestaltet werden. Hierzu zählen:

  • bezahlbare Wohnraumangebote
  • wohnortnahe und qualitativ hochwertige Kitas und allgemeinbildende Schulen
  • technisch und personell gut ausgestattete berufsbildende Schulen
  • gute Einrichtungen der Gesundheitsversorgung
  • ein breites Kultur-, Sport- und Freizeitangebot

Ein gutes und breites Angebot an betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten mit Perspektive setzt außerdem personell und technisch gut ausgestattete Berufsschulen in der Region voraus.

4. Die Westküste politisch noch stärker forcieren – industriellen Wandel gemeinsam erfolgreich gestalten

Die gute Beschäftigung und den Wohlstand an der Westküste zu sichern, ist elementar und muss durch die neue Landesregierung in Schleswig-Holstein noch stärker fokussiert werden. An der Westküste können die zukunftsorientierten Unternehmen der Welt zeigen, wie klimagerechte industrielle Produktion an Chemieverbundstandorten funktioniert und Wertschöpfung sowie gute Arbeit nicht nur gesichert, sondern auch neu entstehen kann. Hierfür bedarf es nicht nur der Bündelung einzelbetrieblicher Interessen und Bedarfe, z.B. bezogen auf die Bereitstellung von ausreichend Grünstrom, Speichermöglichkeiten und regionalen Strom-, Wasserstoff- und Wärmenetzen. Auch Aus- und Weiterbildungsbedarfe und neue Sicherheitsanforderungen sind aus der Umstellung der Produktion abzuleiten. Nicht zuletzt muss in diesem Transformationsprozess der Dialog mit den Menschen vor Ort gesucht und für weitere Akzeptanz geworben werden. Aus diesem Grund muss die Position des Brunsbüttel-Koordinators weiter gestärkt, erforderliche Maßnahmen ministerienübergreifend koordiniert sowie zügig umgesetzt werden und auch eine noch enge Zusammenarbeit mit dem Bund etabliert werden.

Quelle und Foto: Brunsbüttel Ports GmbH , v.l.n.r.: Laura Pooth (Vorsitzende DGB Bezirk Nord), Frank Schnabel (Sprecher der Werkleiterrunde im ChemCoast Park Brunsbüttel) und Andreas Suß (Bezirksleiter und Vorsitzender der IGBCE) 




ERSTU feiert und löst sich auf

Die 48. Präsidiumstagung und XXVI. Mitgliederversammlung der ERSTU im NH Hotel Berlin Friedrichstrasse sind in der Geschichte der ERSTU historische Tagungen. Einerseits wurde das 25. Jubiläum der Gründung des Vereins begangen, anderseits beschloss die Mitgliederversammlung die Auflösung der ERSTU nach „§ 14 Auflösung“ der Satzung.

Am 24. Juni 1977 wurde die ERSTU in Berlin auf der Spree an Bord des Fahrgastschiffes „Pannonia“ gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten damals 10 Reedereien, die sich in der Fluss-See-Schifffahrt betätigten, aus den fünf europäischen Ländern Deutschland, Niederlande, Polen, Tschechien und Russland. Heute vereint ERSTU 62 Mitglieder aus 12 europäischen Ländern.

Die Strategiegruppe des Präsidenten erarbeitete unter Heranziehung weiterer Mitglieder das Positionspapier “Entwicklung der ERSTU bis zum Jahre 2030”  auf ihrer Beratung am 25. Januar  2022 in Duisburg. Es wurden fünf Varianten mit ihrem “Für” und “Wider” auf der Basis einer Umfrage unter den Mitgliedern der ERSTU gründlich analysiert. Im Ergebnis dieser Analyse stimmte die Strategiegruppe für die Variante 5 und stellte den Antrag an das Präsidium der ERSTU zu ihrer Auflösung nach § 14 der Satzung der ERSTU.

Dieser Antrag stand im Fokus der Diskussion der Mitglieder auf der 48. Präsidiumstagung und XXVI. Mitgliederversammlung der ERSTU im NH Hotel Friedrichstrasse.

In den 25 Jahren ihres Bestehens arbeitete die ERSTU an der Umsetzung verschiedener Aufgaben:

  • Die ERSTU ist ein Zusammenschluss europäischer Unternehmen, ihrer nationalen Organisationen und Dachgesellschaften, die zum Verkehrssystem Schifffahrt gehören oder mit diesem verbunden sind.
  • Die ERSTU hat die Aufgabe der Förderung der Binnenschifffahrt, Fluss-See-Schifffahrt und des Short Sea Shipping zum Zwecke einer effektiveren Integration der verschiedenen Regionen Europas und die Sicherung eines hohen Standards des effizienten, sicheren und umweltfreundlichen Transports, von dem ein wachsender Handel abhängt.
  • Die ERSTU leistete einen Beitrag für Mobilität und Nachhaltigkeit durch Netzverbund und Intermodalität sowie systemübergreifende Kooperationen und Innovationen.
  • Die Hauptaufgabe der ERSTU bestand darin, die Interessen der Mitglieder auf allen relevanten Geschäftsfeldern in den Europäischen und Internationalen Organisationen zu vertreten sowie gegenüber den nationalen Regierungen und Behörden zu unterstützen.

Worin lag die Stärke der ERSTU und worin unterschied sie sich von anderen Verbänden und Vereinen in der Binnenschifffahrt?

Die Vorteile der ERSTU gegenüber anderen Verbänden und Vereinen lagen in der interdisziplinären, Verkehrsträger übergreifenden Struktur der Mitglieder, die Internationalität mit einer starken osteuropäischen Präsenz, die tiefe Vernetzung mit anderen Verbänden und Vereinen und ein hohes ehrenamtliches Engagement der Firmenmitglieder. Ohne dieses Engagement könnte die ERSTU bei dem extrem limitierten Budget nicht funktionieren.

Eine Schwäche der ERSTU war aber die hohe Abhängigkeit von ehrenamtlichem Engagement wegen eines sehr eingeschränkten Budgets. Dies schafft zwar viel Begeisterung für die Sache der ERSTU an sich, aber es schafft eben – vor allem wegen der begrenzten Mittel – keine schlagkräftige Organisation mit festen Arbeits- und Einflussstrukturen als Basis für eine Einflussnahme über ein nachhaltig funktionierendes Netzwerk bei den einschlägigen politischen Entscheidungsinstanzen, um Projekte größerer internationalen Dimension mit einem Win-Win-Ergebnis für die ERSTU-Mitglieder umzusetzen. Dies ist aber auch die Voraussetzung für die Gewinnung neuer schlagkräftiger europäischer Mitglieder.

Trotzdem gelang es der ERSTU in den 25 Jahren ihrer Tätigkeit in Zusammenarbeit mit der EBU, der ZKR, UNECE, des BDB, des Hamburg Hafen Marketing, des SPC, der Elbe Allianz, der Kammer Elbe Oder und den anderen Verbänden Aufgaben zur Förderung der Binnenschifffahrt, Fluss-See-Schifffahrt und des Short Sea Shipping umzusetzen. Dies wurde von den Mitgliedern in der Diskussion hervorgehoben.

Bei der Abstimmung zum Antrag der Strategiegruppe des Präsidenten stimmten 88,9 % des Quorum für den Antrag und 11,1 % der Stimmen enthielten sich. Damit wird die ERSTU ihre Tätigkeit am 31. Dezember 2022 als Verband einstellen. Die Mehrheit der Mitglieder sprach sich aber für die Organisation loser, nicht vereinsgebundener Foren für Informations- und Erfahrungsaustausche in Form von “Kapitänstischen” bzw. “Maritimen Stammtischen” interessierter ERSTU-Mitglieder bei wechselnden Moderatoren/ Organisatoren einmal im Jahr aus.

Ein reger Meinungsaustausch zu den vielen Erlebnissen bei den Beratungen und Treffen der ERSTU in den 25 Jahren des Bestehens der ERSTU wurde bei der Fahrt mit dem historischen Dampfeisbrecher „ANNA“ durch das historische und moderne Berlin und beim Gemeinsamen Abendessen im „Marinehaus“ geführt.

Quelle und Grafik: ERSTU




Plenarsitzung der Moselkommission

Die Delegierten der Moselkommission konnten sich nach langer Zeit endlich wieder in Präsenz treffen, um ihre Plenarsitzung abzuhalten und wichtige Beschlüsse für die Moselschifffahrt zu treffen. Sie tagten unter dem französischen Vorsitz von Philippe Voiry im Schloss Senningen in Luxemburg.

Die Pandemielage hat die Moselkommission dennoch weiterhin beschäftigt. Der Beschluss, der seit März 2020 gilt und besagt, dass die Moselstaaten die Fahrgast- und Sportschifffahrt einstellen können und die Binnenschiffer keinen persönlichen Kontakt mehr zum Schleusenpersonal haben müssen, um ihre Abgaben zu zahlen, wurde bis auf Weiteres verlängert. Dieser Beschluss ermöglicht es den Wasserstraßenverwaltungen adäquate und notwendige Maßnahmen ergreifen zu können, falls sich die Corona-Situation wieder verschärft.

Die Delegierten haben einer Änderung der Moselschifffahrtspolizeiverordnung (MoselSchPV) zugestimmt, um die Schifffahrt noch sicherer zu machen. Der Alkoholgrenzwert von 0,5 Promille wird nun auf die gesamte sich im Dienst befindende Mindestbesatzung erweitert. Diese neue Regelung wird am 1. Juli 2023 in Kraft treten.

Es wurde ebenfalls beschlossen, in der MoselSchPV ab Juli 2023 auf europäische Standards zu verweisen. Es handelt sich dabei um den Europäischen Standard der technischen Vorschriften für Binnenschiffe (ES-TRIN) und um den Europäischen Standard für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (ES-RIS). Der Verweis auf diese beiden Standards trägt dazu bei, die Sicherheit und Leichtigkeit der Moselschifffahrt zu fördern. Dadurch soll gleichzeitig die MoselSchPV lesbarer und verständlicher gestaltet werden, um eine Erhöhung der Rechtssicherheit zu erreichen.

Eine weitere gute Nachricht für alle Nutzer der internationalen Mosel ist, dass die Delegierten beschlossen haben, die Abgaben auf ihrer aktuellen Höhe beizubehalten.

In der Plenarsitzung wurden den Teilnehmern der Jahresbericht, der Verkehrsbericht und die Presserundschau aus dem Jahr 2021 vorgestellt. Die Delegierten haben die sehr interessanten Informationen, die einen Überblick über die Tätigkeiten der Moselkommission und zu den Verkehrszahlen geben, zur Kenntnis genommen. Alle drei Dokumente werden auf der Webseite www.moselkommission.org zur Verfügung gestellt.

In diesem Zusammenhang haben die Delegierten mehrere Pilotprojekte zum Thema automatisiertes Fahren zur Kenntnis genommen und insbesondere das Projekt „SciPPPer“, das sich mit dem automatischen Schleusen beschäftigt (siehe auch www.scippper.de).

Die nächste Plenarsitzung ist für den 30. November 2022 geplant.

Um die Interessen der Moselschifffahrt zu vertreten, wurde Ende 1962 auf Basis des Moselvertrags die Moselkommission mit Sitz in Trier gegründet. Ihre vorrangige Aufgabe ist es, günstige Rahmenbedingungen für die Moselschifffahrt zu schaffen und die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zu gewährleisten. Als Koordinationsstelle dient der Moselkommission ein ständiges Sekretariat.

Quelle und Foto: Moselkommission 




Güterbahnen und Speditionen trotzen Marktumfeld

Zum Auftakt der 18. „Siegburger Kooperationsgespräche – Gemeinsam mit Speditionen Güter auf die Schiene bringen“ attestieren der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) der neuen Bundesregierung, grundsätzlich die richtigen Schwerpunkte zu setzen: „Es ist ein gutes Zeichen, dass sich der Bund verpflichtet hat, den Masterplan Schienengüterverkehr vollumfänglich umzusetzen. Doch hier hapert es am Tempo, das rasch erhöht werden muss, wenn wir die Verlagerungsziele erreichen wollen“, betont VDV-Vizepräsident Joachim Berends (Foto).

Dringend erforderlich sei eine koordinierte Aktion aller Verantwortlichen, um die Verfügbarkeitsprobleme im Netz in den Griff zu bekommen. „Die Herausforderungen an den Gütertransport auf der Schiene sind angesichts gestörter Transportketten und zahlreicher Baustellen und Störungen im Bahnnetz so hoch wie seit langem nicht mehr“, so DSLV-Präsident Axel Plaß. „Um die Ziele der Verkehrsverlagerung zu erreichen und den Verkehrsträgeranteil der Schiene bis 2030 von 18 auf 25 Prozent zu heben, ist zudem ein Ausbau der Investitionsmittel sowohl für die bundeseigene als auch für die nicht-bundeseigene Eisenbahninfrastruktur unabdingbar“, fordern VDV und DSLV übereinstimmend. Trotz eines schwierigen Marktumfeldes, das derzeit von gestörten Transportketten und von intensivem Baugeschehen im Netz geprägt ist, bleiben Speditionen und Eisenbahnen optimistisch. Vor 160 Branchenvertreterinnen und -vertretern zeigten in Siegburg erneut zahlreiche Best-Practice-Beispiele die Leistungsfähigkeit der Schiene als entscheidendes Lieferkettenglied.

Plaß betont das anhaltende Engagement der Speditions- und Logistikbranche, nicht von den Verlagerungszielen abzukehren und Gütermengen weiter zu steigern: „Damit Speditionen und Industrieverlader ihr Vertrauen in das System Schiene behalten ist entscheidend, dass es den europäischen Infrastrukturbetreibern gelingt, in der schwierigen Zeit des umfassenden Schienenausbaus einen stabilen Fahrbetrieb zu gewährleisten und Störungen auch rechtzeitig zu kommunizieren.“ Hierzu gehöre auch ein gemeinsames Baustellenmanagement, so VDV und DSLV.

„Der Kombinierte Verkehr hat bei der Verlagerung eine große Bedeutung. Er ersetzt jährlich bis zu 4,5 Millionen Lkw-Fahrten und vermeidet dadurch 2,8 Millionen Tonnen CO2-Emissionen“, hebt VDV-Vizepräsident Berends hervor. Dies sei ein wesentlicher Beitrag für das Erreichen der für 2030 gesteckten Klimaziele und zur Senkung der Abhängigkeit von importierter Energie. Beide Verbände begrüßen die Neuausgabe der „Förderrichtlinie Kombinierter Verkehr“, die sich derzeit in der letzten Abstimmung mit dem Ministerium befindet und von der Europäischen Union notifiziert werden muss, bevor sie zum 1. Oktober 2022 in Kraft treten kann. „Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die künftige Förderung von Ersatzinvestitionen, bei langjährig in Betrieb befindlichen Anlagen“, unterstreicht Berends abschließend.

Quelle und Foto: VDV




Bundestag einigt sich auf höhere Förderung der Schiene

„Für die Schiene ist der größte Einzelzuwachs bei den Haushaltstiteln festgeschrieben worden – wir bewerten darum die Ergebnisse der Haushaltsbereinigungssitzung für den Eisenbahnbereich positiv, denn wichtige Positionen für die Modernisierung des Bahn-Systems wurden erheblich aufgestockt“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.

„Die Entscheidung des Haushaltsausschusses, die Digitalisierung der Infrastruktur und der Fahrzeuge (ERTMS) mit 31,5 Millionen Euro, die barrierefreie und attraktivere Gestaltung von Bahnhöfen mit 21,5 Millionen Euro und die Förderung des Kombinierten Verkehrs um 15 Millionen Euro zu erhöhen, weist vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele und der aktuellen Initiative für mehr Unabhängigkeit bei Energieimporten in die richtige Richtung.“ In der Bereinigungssitzung nehmen die Haushaltspolitiker traditionell letzte Änderungen am Haushaltsplan des Bundes vor, bevor er im Plenum des Deutschen Bundestages beschlossen wird.

Gleichwohl seien aus Sicht des Branchenverbandes VDV die Änderungen nicht an allen Stellen konsequent: „Das Bundesprogramm ‚Zukunft Schienengüterverkehr‘ soll um zehn Millionen Euro und die Gleisanschlussförderung sogar um 16 Millionen Euro gekürzt werden. Das ist aus unserer Sicht nicht sachgerecht – hier besteht Handlungsbedarf“, so Wortmann.

Der VDV kritisiert darüber hinaus die Entscheidungen im Bereich der Elektrifizierung – diese widersprächen dem Koalitionsvertrag der Ampel-Koalitionäre: „Anstatt Deutschlands Bahnen und Busse so schnell und so umfassend wie möglich zu elektrifizieren und damit noch klima- und ressourcenfreundlicher zu gestalten, soll die Förderung für elektrische Güterbahnen um sechs Millionen Euro gekürzt werden. Auch die geplante Absenkung der Elektrobus-Förderung wurde bei den Haushaltsberatungen nicht korrigiert, was angesichts von derzeit 5.000 E-Bus-Förderanträgen, die gegenwärtig vorliegen und nicht in Gänze bewilligt werden können, nicht nachvollziehbar ist. Der Bund vergibt hier eine Chance, konkret vor Ort auf umwelt- und klimafreundliche E-Busse umzustellen“, so Wortmann. Die Kommunen könnten diese Mehrausgaben nicht alleine schultern, mit dem Ergebnis, dass sich die Umrüstung der Flotten auf emissionslose, klimafreundliche Antriebe erheblich verzögert. Der Haushaltsentwurf wird am 3. Juni dem Plenum des Deutschen Bundestages zum Beschluss vorgelegt.

Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV), Foto: HHM/ Sabine_Zilski




Kritik an Klimaschutz bei Hapag-Lloyd

Anlässlich der Hauptversammlung von Hapag-Lloyd monierte der NABU zusammen mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre fehlende Investitionen von Hapag-Lloyd in nachhaltige Schifffahrtstechnik. Angesichts der Gewinne von mehr als 9 Milliarden Euro im Jahr 2021 sei die Entscheidung, mehr als 6 Milliarden Euro in Dividenden statt in umweltfreundliche Technologien zu investieren, nicht nachzuvollziehen.


Leif Miller, NABU Bundesgeschäftsführer: „Hapag-Lloyd fährt Rekordgewinne auf Kosten von Umwelt und Natur ein. Die schon bei der letztjährigen Hauptversammlung angemahnten notwendigen Maßnahmen für mehr Klimaschutz wurden offensichtlich ignoriert. Entscheidungen für mehr Klimaschutz müssen aber schnell getroffen werden. Wenn Hapag-Lloyd die eigenen Nachhaltigkeitsziele ernst meint, ist dieser Kurs nicht mehr hinnehmbar. Vor allem die fortgesetzte Nutzung von hochgiftigem Schweröl ist angesichts existierender Alternativen nicht akzeptabel. Sollte die EU sich zeitnah dazu durchringen, ambitionierte Klimaschutzvorgaben auf See zu machen, kann Hapag-Lloyd schnell ins Schlingern kommen.“

Die enormen Gewinne im Containergeschäft bieten eine einmalige Chance für die langfristige Weichenstellung hin zu umweltfreundlicherer Schifffahrt. Fokussiert sich die Branche aber weiterhin auf fossile Kraftstoffe, wäre ein weiteres Jahr im Kampf gegen die Klimakrise vergeudet. Wünschenswerte Entscheidungen wären ein Schwerölausstieg oder die Umstellung auf E-Fuels. Miller: „Das könnten wegweisende Signale an andere Unternehmen sein, ebenso wie an Investoren, um einen deutlichen Kurs Richtung klimafreundlicher Zukunft zu setzen.“

Markus Dufner, Geschäftsführer der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre: „Ohne Investitionen in zukunftsfähige Technik wird sich das Gewinnstreben von Hapag-Lloyd nicht lange durchhalten lassen. Eine Dividende von 68 Prozent der Gewinne sollte langfristig denkenden Aktionären zu denken geben. Sollen nachhaltige Profite erzielt werden, muss Hapag-Lloyd auch bevorstehenden politischen Vorgaben zur Nachhaltigkeit gerecht werden. Aktuell scheint dem Konzern jedoch kurzsichtiges Profitstreben und Dividenden wichtiger zu sein als Nachhaltigkeit. Hier sind auch die Eigner, etwa die Stadt Hamburg mit ehrgeizigen Klimazielen, in der Pflicht, auf eine Kurskorrektur zu drängen.“

Um den Beitrag der Schifffahrt zum weltweiten Treibhausgasausstoß zeitnah zu senken ist neben dem sofortigen Schwerölausstieg die weitere Entwicklung klimafreundlicher Antriebstechnologien und der schnelle Hochlauf emissionsfreier E-Fuels wie grünem Methanol oder Ammoniak dringend notwendig. Die Entscheidung des Europäischen Parlaments, einen ambitionierten Emissionshandel für die Schifffahrt in Europa und darüber hinaus zu unterstützen, stellt dabei ein wichtiges Signal für mehr Klimaschutz auf See dar. Weitere benötigte Maßnahmen umfassen Effizienzsteigerungen der Bestandsflotte, etwa durch Windunterstützung, ebenso wie die Besteuerung von Schiffstreibstoffen

Quelle: Nabu, Foto: Hapag-Lloyd




Ampel-Koalition beschließt mehr Fördermittel

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat letzte Festlegungen für den Bundeshaushalt des laufenden Jahres getroffen. Für die Güter- und Fahrgastschifffahrt sowie für die weitere Entwicklung des Systems Wasserstraße wurden dabei einige erfreuliche Zusagen in den Bereichen der Wasserstraßeninfrastruktur und der Gewerbeförderung getroffen.

Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) freut sich, dass das Potenzial der besonders klimaschonenden Binnenschifffahrt nicht nur anerkannt wird, sondern sich nun auch in den Beschlüssen der neuen Regierungskoalition widerspiegelt:

Das Flottenmodernisierungsprogramm des Bundesverkehrsministeriums erhält eine Aufstockung um 10 Mio. Euro. Damit stehen im Jahr 2022 insgesamt 40 Mio. Euro für das Binnenschifffahrtsgewerbe zur Verfügung. Mit diesem Programm fördert Bundesverkehrsminister Volker Wissing Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt sowie Maßnahmen zur Reduzierung der Luftschadstoffemissionen.

BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen erklärt hierzu: „Diese Aufstockung ist dringend erforderlich. Im letzten Jahr gab es deutlich mehr Förderanträge, als Haushaltsmittel zur Verfügung standen. Zahlreiche Unternehmer in der Binnenschifffahrt sind deshalb leer ausgegangen. Es freut mich, dass der Bund reagiert und das Programm finanziell aufstockt. Das Bundesverkehrsministerium wird noch im Monat Mai einen erneuten Förderaufruf starten.“ Erfreulich sei auch, dass die von der Bundesregierung vorgesehene Absenkung der Fördermittel für Umschlagsanlagen im Kombinierten Verkehr erfolgreich verhindert werden konnte.

Die Zahl der Stellen in der WSV werden um 59 Stellen für die Schwerpunktbereiche Klimaschutz und Nachhaltigkeit, prioritäre Infrastrukturvorhaben, Planungsbeschleunigung sowie Digitalisierung aufgestockt. Für die Umsetzung prioritärer Infrastrukturprojekte am Rhein und am Wesel-Datteln-Kanal wird es einen Stellenaufwuchs von 11,5 Stellen geben. „Rhein und Wesel-Datteln-Kanal sind die Wasserstraßen mit dem größten Verkehrsvolumen und u. a. für die Güterversorgung der Großindustrie von überragender Bedeutung. Es freut mich, dass die Infrastrukturmaßnahmen dort nun auch mit dem dringend benötigten Stellenaufwuchs in der WSV unterlegt werden“, erklärt Geschäftsführer Jens Schwanen. Bei dem gegebenen Fachkräftemangel in der Verwaltung – es fehlen mehrere hundert Ingenieure – könne dies aber nur ein Anfang sein, so Schwanen weiter. Er dankte den Bundestagsabgeordneten ausdrücklich für ihr Engagement in dieser Angelegenheit.

Der Etat für Erhalt und Ausbau der Flüsse und Kanäle wurde vom Haushaltsausschuss um fünf Mio. Euro angehoben. Dies ist ein kleiner Betrag und als erster Schritt zu werten, den entstehenden Mehrbedarf abzudecken: „Für 2022 sind die zur Verfügung stehenden Gelder auskömmlich. Kritisch werden aber die im Juni beginnenden Haushaltsberatungen für das Kalenderjahr 2023: Nach bisherigen Angaben werden im Etat für Erhalt und Ausbau der Flüsse und Kanäle dann rund 500 Mio. Euro fehlen. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die bereits laufenden und geplanten flussbaulichen Maßnahmen“, so Schwanen weiter.

Quelle und Foto: BDB




Erfolgreicher Einsatz der Binnenhäfen

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat in seiner Bereinigungssitzung Beschlüsse zum Etat des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr gefasst. Darunter sind auch Veränderungen, für die der BÖB in Gesprächen mit den Haushalts- und Fachpolitikerinnen und -politikern geworben hatte.

Die im Regierungsentwurf vorgesehene Kürzung des Förderprogramms für den Kombinierten Verkehr um 10 Millionen Euro von 72,7 auf 62,7 Millionen Euro haben die Parlamentarier von SPD, Grünen und FDP abgewendet. Auch das Förderprogramm für nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen erhält mehr Mittel. Und für die seit Jahren unterfinanzierte Unterhaltung der Wasserstraße gibt es fünf Millionen Euro zusätzlich.

Marcel Lohbeck, BÖB-Geschäftsführer: „Wir begrüßen das klare Bekenntnis der Ampel-Koalition zum Kombinierten Verkehr. Ursprünglich sollten hier 10 Millionen Euro gekürzt werden. Wir haben früh darauf hingewiesen, dass das im Jahr der Novellierung der Förderrichtlinie ein schlechtes Signal gewesen wäre und konkrete Vorschläge für eine Gegenfinanzierung unterbreitet. Wir freuen uns sehr, dass die Koalitionäre diese Argumentation teilen und den Titel sogar um fünf Millionen Euro auf 77,7 Millionen Euro anheben und mit ebenfalls je fünf Millionen Euro zusätzlichen Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten drei Jahre auch die nötigen Planungsperspektiven schaffen. Mit einfacherer Bewilligungspraxis und zusätzlichen Fördermöglichkeiten insbesondere für Ersatzinvestitionen wird das Förderprogramm in den kommenden Jahren eine noch wichtigere Rolle für die Fortentwicklung der Binnenhäfen als Motoren für die Verkehrsverlagerung auf den umweltfreundlichen Verbund Schiene-Wasserstraße und regionale Wertschöpfung spielen.

Dass der Haushaltsausschuss zweitens auch die Mittel für die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen um fünf Millionen Euro anhebt und in den Folgejahren Verpflichtungsermächtigungen in gleicher Höhe ausbringt, ist eine wirklich gute Nachricht. Denn hier fehlte bereits seit mehreren Jahren eine bedarfsgerechte Mittelausstattung, die nur durch Querfinanzierung aus den Investitionsmitteln für Aus- und Neubau an Wasserstraßen ausgeglichen werden konnte.

Ein dritter Erfolg ist die Anhebung der Mittel für das Förderprogramm zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen von 30 auf 40 Millionen Euro, für die wir mit unseren Partnerverbänden aus dem Schiffbau und der Binnenschifffahrt geworben haben. Das Programm war bereits 2021 deutlich überzeichnet und auch dieses Jahr gibt es große Nachfrage. Die umweltfreundliche Wasserstraße gibt es nur ganzheitlich: Mit modernen, nachhaltigen und multimodalen Häfen als Drehkreuze der Energiewende und mit Binnenschiffen, die ihre deutliche Überlegenheit in der Umweltbilanz gegenüber dem LKW noch weiter verbessern.

Mit den Ergebnissen der Bereinigungssitzung für den Bundeshaushalt 2022 können die Binnenhäfen daher sehr zufrieden sein. Deutliche Sorge hingegen bereiten uns die Signale zum Bundeshaushalt 2023: Mindestens 500 Millionen Euro fehlen für Schleusen, Wehre, Brücken und andere Investitionen in die Wasserstraße. Diese Lücke werden die Parlamentarier nicht schließen können. Das Verkehrs- und das Finanzministerium sind gefordert, dies im derzeit laufenden Haushaltsaufstellungsverfahren zu korrigieren. Andernfalls müssen essenzielle Infrastrukturvorhaben auf ungewisse Zeit verschoben oder im schlimmsten Fall sogar gestoppt werden. Dies würde das im Koalitionsvertrag verankerte Bekenntnis der Regierungsparteien zur Verkehrsverlagerung auf die Wasserstraße ad absurdum führen und wäre ein Rückschritt auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele. Zudem würde sich der Zustand vieler Bauwerke weiter massiv verschlechtern und so die Versorgungssicherheit von Schlüsselindustrien gefährden.“

Quelle und Foto: BÖB