Schneller den Engpass am Mittelrhein beseitigen

Der Rhein gehört zu den bedeutendsten Wasserstraßen Europas. Im Mittelrheinabschnitt fahren jährlich rund 50.000 Güterschiffe. Sie transportieren annähernd 60 Millionen Tonnen Ladung pro Jahr. Das ist sowohl für die Wirtschaft als auch für das Klima gut. Denn die Binnenschifffahrt transportiert schwere Güter bei geringem Energieverbrauch und hoher Umweltfreundlichkeit.

Die Engpassbeseitigung Mittelrhein zählt darum zu den wichtigsten Wasserstraßenprojekten im Binnenbereich und soll daher schnellstmöglich umgesetzt werden. Hierzu wurde eine Beschleunigungskommission, bestehend aus Vertretern der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen, von Wirtschaft, Industrie und Binnenschifffahrt sowie aus Vertretern von Naturschutzverbänden, eingerichtet. Aufgabe der Kommission ist die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für eine beschleunigte Umsetzung der Maßnahme.

Am 19. Juni fand die 3. Sitzung der Beschleunigungskommission unter der Leitung von Staatssekretärin Susanne Henckel bei der Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe statt. Die Kommissionsmitglieder besichtigten hierbei auch das gegenständliche Rhein-Modell „Jungferngrund“ in der wasserbaulichen Versuchshalle. Frau Staatssekretärin Susanne Henckel betonte die Bedeutung der Kommissionsarbeit: „Die Stärke der Beschleunigungskommission liegt in ihrer interdisziplinären Zusammensetzung. Das ermöglicht es uns, Ideen aus allen Blickwinkeln zu entwickeln, Beschleunigungsansätze einzubringen und auf ihre Wirksamkeit hin zu bewertet. Die Bundesanstalt für Wasserbau bringt sich dabei mit viel Know-How und Engagement in die Planungen zur Engpassbeseitigung Mittelrhein ein.“

Der 3. Sitzung voraus gingen eine intensive Arbeitsgruppenphase sowie Expertengespräche. Die identifizierten „Beschleunigungshebel“ wurden hier anhand sogenannter „Steckbriefe“ diskutiert und bewertet.

Nach der Übergabe der Ergebnisse durch die Kommission an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), die für September geplant ist, prüft das BMDV zusammen mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, inwiefern die Ideen für eine beschleunigte Umsetzung der Engpassbeseitigung möglichst kurzfristig umgesetzt werden können.

Für den Schiffsverkehr vom Ober- zum Niederrhein und umgekehrt bildet die Strecke zwischen Budenheim und St. Goar einen abladerelevanten Engpass, was negative Auswirkungen auf den Warenverkehr hat. Sowohl unterhalb als auch oberhalb beträgt die freigegebene Fahrrinnentiefe für die Schifffahrt 2,10 Meter unter einem bestimmten Bezugswasserstand bei Niedrigwasser. Im Projektgebiet liegt die freigegebene Fahrrinnentiefe jedoch nur bei 1,90 Meter. An vielen Tagen im Jahr wird die Transportkapazität der passierenden Schiffe somit deutlich eingeschränkt – und dies auf der gesamten Route des Schiffes bis zum Zielhafen (beispielsweise von Rotterdam bis nach Ludwigshafen).

Quelle und Foto: Bundesanstalt für Wasserbau




Großes Potential für Großraum- und Schwertransporte

Derzeit werden Großraum- und Schwertransporte (GST) in Deutschland überwiegend auf der Straße durchgeführt. Auf Einladung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) haben jetzt gemeinsam mit dem ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC) rund 100 Gäste aus der Hafenwirtschaft, der Binnenschifffahrt, der Logistikbranche und der verladenden Industrie über die Rolle der Wasserstraße für GST diskutiert. Ziel war, die Potenziale und Chancen der Wasserstraße für den Ausbau der Windenergie aufzuzeigen.

Susanne Henckel, Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr: „Es müssen mehr Großraum- und Schwertransporte auf die Wasserstraße und für geeignete Güter auch auf die Schiene verlagert werden. Im Gegensatz zur Straße haben wir auf dem Wasserweg noch freie Kapazitäten. Dieses Potential müssen wir nutzen, wenn wir beim Windenergieausbau an Land schneller vorankommen wollen. Oft wird die Leistungsfähigkeit des Verkehrsträgers Wasserstraße noch zu wenig wahrgenommen. Um hier die Prozesse nochmal zu erleichtern, haben wir nun eine Datenbank für Umschlagstellen geschaffen.“

Mit der Veröffentlichung der Datenbank der GST-fähigen Umschlagstellen der Häfen und der WSV und ihrer jeweiligen Infrastruktur setzt die Bundesregierung eine erste Maßnahme der „Wind an Land“-Strategie um.

In den nächsten Tagen wird das BMDV sukzessive qualitätsgesicherte Daten zur Veröffentlichung freigegeben. Unter www.ELWIS.de sind von heute an im GST Kartenlayer GST-Umschlagstellen, Kurzinformationen und ausführliche Informationen veröffentlicht und stehen ab Mitte Juli als open data in der Mobilithek des Bundes zur Verfügung.

Zukünftig werden diese GST-Übergabepunkte auch im Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte (VEMAGS) genutzt werden. Das BMDV wird mit den Bundesländern in einem weiteren Schritt Mikrokorridore für den Vor- und Nachlauf auf der Straße definieren.

Eine Umfrage des BMDV hat ergeben, dass von 80 befragten See- und Binnenhäfen derzeit 60 See- und Binnenhäfen ein mittleres bzw. hohes Potenzial für den Umschlag von WKA in ihrem Hafen sehen. 38 See- und Binnenhäfen schlagen bereits heute Windenergieanlagenteile wie Rotorblätter etc. und Kabeltrommeln um. Darauf aufbauend können HUBS definiert werden.

„Die Bereitstellung aktueller Daten über die Kapazitäten im Bereich der Schwergutverladung sowohl in ELWIS.de und in der Mobilithek als auch für eine Verwendung im VEMAGS-System sorgt für mehr Transparenz. Die Binnenhäfen sind heute schon in der Lage auch WKA etc. umzuschlagen, so dass bereits kurzfristig die Wasserstraße mehr genutzt werden kann“, erklärt der Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen Joachim Zimmermann.

„Die Logistiker sind bereit, mehr auf Wasserstraße im Hauptlauf zu transportieren, wenn auch die verladende Industrie dazu bereit ist. Der LKW-Fahrermangel macht uns zu schaffen, so dass die Wasserstraße schon unter diesem Gesichtspunkt mehr genutzt werden muss“, so Holger Dechant von Universal Transport/Gruber Logistics.

„Die Binnenschifffahrt steht bereit mit entsprechenden Ladekapazitäten für GST und verfügt schon jetzt über umfangreiche Expertise beim Transport von Windenergieanlagen. Zudem ist dies eine sehr umweltfreundliche Transportvariante. Für den Transport mit dem Binnenschiff wird keine Sondergenehmigung benötigt, ein weiterer Vorteil. Durch den Hauptlauf mit dem Binnenschiff können Genehmigungsprozesse vereinfacht und beschleunigt werden, da entsprechend weniger Stellen einbezogen werden müssen“, so Wolfgang Nowak von HGK Shipping.

Es wurden auch Häfen mit Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs (KV) einbezogen, die GST umschlagen können. Häfen, die noch nicht erfasst sind, können sich weiterhin unter www.gst-umschlagstellen.baw.de für die Erfassung melden.

Quelle und Foto: Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)




Keine Beschleunigung bei den Wasserstraßen?

Am Donnerstag hat die Bundesregierung ihren Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich in den Bundestag eingebracht. Der Entwurf sieht verkürzte Genehmigungsverfahren beim Ausbau des Schienen- und Straßennetzes vor, indem diesen Projekten ein sog. überragendes öffentliches Interesse analog zum LNG-Beschleunigungsgesetz attestiert wird. Dem Ausbau von Flüssen und Kanälen wird dieses überragende öffentliche Interesse nicht zugebilligt, so dass dort keine Entscheidungen schneller getroffen und keine Verfahren schneller abgeschlossen werden können.

Gründe, weshalb im Rahmen dieses Genehmigungsbeschleunigungsgesetzes das Wasserstraßenausbaugesetz nicht in gleicher Weise geändert wird wie die Ausbaugesetze für Fernstraße und Schiene, nennt die Bundesregierung nicht. Sie verweist lapidar auf den „in der Bundesregierung gefundenen politischen Kompromiss“.

Der Binnenschifffahrtsverband BDB kritisiert diese Ungleichbehandlung der Verkehrsträger und hat die Nichtbeachtung der Wasserstraßen bereits mit deutlichen Worten in Berlin kommentiert. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau von Wasserstraßen dauern mitunter Jahrzehnte. Das ist unzumutbar für die Schifffahrt und deren Kunden aus Wirtschaft und Industrie, die für ihre Logistikprozesse auf verlässliche und gut funktionierende Flüsse und Kanäle angewiesen sind, etwa in der Chemie-, Stahl- und Mineralölindustrie oder beim Transport von Baustoffen und Agrarrohstoffen. Die Binnenschifffahrt als besonders umweltfreundlicher Verkehrsträger ist zudem der Schlüssel zur Erreichung der Klimaschutzziele, wenn zukünftig noch mehr Güter auf das Wasser verlagert werden. Sämtliche Argumente, die die Bundesregierung für die Genehmigungsbeschleunigung im Verkehrsbereich nennt, treffen deshalb auch für den Gütertransport auf dem Wasser zu.

In der Plenardebatte wurde deutlich, dass auch Bundestagsabgeordnete der Regierungsfraktionen die Position des BDB teilen. So plädierte der SPD-Abgeordnete Jürgen Berghahn mit Hinweis auf den überragenden wichtigen Ausbau des Mittelrheins ausdrücklich für eine Aufnahme der Wasserstraßen im Gesetz. Er regte weiter an, bei Schleusensanierungen auf Planfeststellungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen zu verzichten – so wie dies nun für Brückensanierungen vorgesehen ist. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Bernd Reuther, betonte, dass seine Fraktion die Beschleunigung für alle drei Verkehrsträger verfolgt und das Gesetz im parlamentarischen Verfahren nachgebessert werden soll.

Der Bundesrat hat bereits in seiner ersten Stellungnahme im Mai 2023 die Position des BDB unterstützt und die Änderung des Wasserstraßenausbaugesetzes zum Zwecke der schnelleren Beschleunigung beantragt. Allen voran die drei grünen Verkehrsminister Oliver Krischer (NRW), Winfried Hermann (Baden-Württemberg) und Tarek Al-Wazir (Hessen) haben sich öffentlich deutlich für die Aufnahme der Wasserstraßen in diesem Gesetz positioniert. Die Regierung hat den Antrag des Bundesrates mit Verweis auf ihren „politischen Kompromiss“ abgelehnt. Da das Gesetz jedoch zustimmungspflichtig ist, benötigt die Regierung die Zustimmung der Länder zu diesem Gesetzentwurf.

Quelle: BDB, Foto: Bundesanstalt für Wasserbau, der Mittelrhein wird jährlich von rund 50.000 Binnenschiffen passiert. Die volkswirtschaftlich hoch sinnvolle Abladeoptimierung an diesem Rheinabschnitt muss dringend von einer Genehmigungsbeschleunigung profitieren.




„Binnenschifffahrt braucht eine Entwicklungsperspektive“

Nordrhein-Westfalen ist eines der Bundesländer mit der höchsten Zahl an Straßenkilometern. Zu den 2.260 Autobahn-Kilometern kommen noch 4.411 Kilometer Bundesstraßen und 13.061 Kilometer an Landstraßen. Dagegen wirken die Zahlen an Wasserstraßen, die Nordrhein-Westfalen durchkreuzen, relativ gering. Gerade einmal 720 Kilometer umfasst das Binnenwasserstraßennetz im einwohnerstärksten Bundesland, dennoch sind diese für den Warentransport nach Nordrhein-Westfalen und aus NRW heraus von großer Bedeutung.

„Um mehr Güter auf der Wasserstraße transportieren zu können, hat sich die Landesregierung darauf verständigt, notwendige Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Dazu müssen vor allem im Kanalnetz des Bundes Schleusenanlagen saniert und Brücken angehoben werden“, betonte Minister Oliver Krischer. „Außerdem investieren wir in diesem Bereich weiter in Forschung und Entwicklung, wie etwa von autonom fahrenden Binnenschiffen und Automatisierung zur effizienteren Nutzung der Hafeninfrastruktur. Wir wollen darüber hinaus gemeinsam mit der Binnenschifffahrt und der Wissenschaft Ansätze entwickeln, die Schiffbarkeit bei sich verändernden klimatischen Bedingungen und Umwelteinwirkungen weiter zu sichern.“ Dazu zähle nicht nur die Frage nach angepassten Schiffsmodellen, sondern auch die Beseitigung von Engpässen im Rheinverlauf bei Niedrigwasser.

Gerade die Dürre-Sommer im letzten Jahr und 2018 haben einmal mehr gezeigt, wie stark die Binnenschifffahrt die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen. Im letzten Jahr wurden die niedrigsten Pegelstände am Rhein Mitte August mit nur noch 32 Zentimeter am Pegel Düsseldorf (2018: 23) und 152 Zentimeter am Pegel Duisburg-Ruhrort (2018: 153) erreicht.

Bereits heute bewältigt die Binnenschifffahrt in NRW rund 25 Prozent des Güteraufkommens über den Rhein und die westdeutschen Kanäle. In den nordrhein-westfälischen Binnenhäfen sind im Jahr 2022 insgesamt rund 104 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen worden. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, lag der Güterumschlag der Binnenschiffe damit um 7,0 Prozent unter dem Ergebnis des Jahres 2021 und damit auf einem neuen Tiefstand. 73,3 Prozent der umgeschlagenen Güter stammen aus folgenden vier Güterabteilungen: 28,7 Millionen Tonnen waren Erze, Steine und Erden (−7,9 Prozent), 21,0 Millionen Tonnen Kokerei- und Mineralölerzeugnisse (−5,5 Prozent), 15,7 Millionen Tonnen Kohle, rohes Erdöl und Erdgas (+5,6 Prozent) und 11,0 Millionen Tonnen chemische Erzeugnisse (−14,6 Prozent).

Die bedeutendste Binnenwasserstraße in Nordrhein-Westfalen ist der Rhein. Drei Viertel (74,0 Prozent) der beförderten Güter wurden im vergangenen Jahr in den Häfen an dieser Wasserstraße umgeschlagen. Auf den Plätzen zwei und drei rangierten das Westdeutsche Kanalgebiet (24,0 Prozent) und der Mittellandkanal (1,8 Prozent). Das Schlusslicht bildet das Wesergebiet (0,2). Von den 720 Kilometer Wasserstraßen entfallen rund ein Drittel, 240 km, auf den Rhein und zwei Drittel, 480 km, auf das Kanalnetz: Dortmund-Ems-Kanal (DEK), Datteln-Hamm-Kanal (DHK), Wesel-Datteln-Kanal (WDK), Rhein-Herne-Kanal (RHK) und die Weststrecke des Mittellandkanals (MLK) und kleinere Kanäle.

Das Westdeutsche Kanalnetz, bestehend aus dem Datteln-Hamm-Kanal, dem Dortmund-Ems-Kanal, dem Rhein-Herne-Kanal, dem Wesel-Datteln-Kanal und dem Mittellandkanal verbindet die Flussgebietseinheiten von Rhein, Weser und Ems. Es verbindet den Industrieraum Rhein-Ruhr mit der Nordsee und über den Mittellandkanal mit der Elbe, der Oder und dem Großraum Berlin. Die fünf Schifffahrtskanäle weisen eine Gesamtlänge von 341 km auf. Die Schifffahrtskanäle sind künstliche Oberflächenwasserkörper im Eigentum des Bundes und unterstehen dessen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.

Um die Binnenschifffahrt und den Logistikstandort Nordrhein-Westfalen zu stärken, hat Minister Krischer mit den Verkehrsministern aus Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg eine Liste von 30 dringend erforderlichen Infrastrukturprojekten zur Stärkung des wichtigen Transportwegs zu Wasser, der Binnenhäfen und der begleitenden Infrastruktur unterzeichnet. Mit Unterzeichnung der fortgeschriebenen „Düsseldorfer Liste“ machten die Verkehrsminister deutlich: Für die Stärkung der klimaschonenden Binnenschifffahrt ist höchste Eile geboten. „Die Binnenschifffahrt braucht eine Entwicklungsperspektive 2030“, betonte Minister Krischer. „Hierzu gehört eine an zunehmende Niedrigwasser angepasste Flotte, einen umsetzungsorientierten Plan gegen den Wassermangel am Rhein und eine funktionierende Infrastruktur. Die Aktualisierung der Düsseldorfer Liste macht vor allem eines deutlich: Beinahe eine Dekade nach Verabschiedung der ursprünglichen Liste ist viel zu wenig passiert. Wir sagen: Der Rhein ist die Lebensader der deutschen Wirtschaft. Die Schiffbarkeit des Rheins ist Wohlstandserhalt und Klimaschutz zugleich. Ohne Wasser kein Schiff, ohne Schiff keine Wirtschaft, ohne Wirtschaft keine Verkehrswende.“

Quelle: Ministerium für Umwelt,  Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Foto: MUNV/ Michael Gottschalk




Preis für den besten Videoblog vom Schiff

Einen Oskar ganz eigener Art wollen der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt und der BDS-Binnenschifffahrt gemeinsam mit dem BMDV, dass den Preis sponsort, in diesem Jahr verleihen. Gesucht wird der beste Videoblog, in dem der Ausbildungs- oder Berufsalltag auf einem Binnenschiff gezeigt wird.

Die meisten Jugendlichen wissen vermutlich gar nicht, welche Möglichkeiten es gibt und wie interessant und abwechslungsreich die Tätigkeit auf einem Binnenschiff ist. Nicht nur Freiheit und Abenteuer sondern Verantwortung, moderne Technik, vielfältige Aufgaben, attraktives Schichtsystem und gute Verdienstmöglichkeiten verbunden mit den schönsten Naturansichten auf dem Wasser genauso wie mit der Industrie. Ein Beruf wie kaum ein anderer.

Was liegt also näher, als das dort zu zeigen, wo viele junge Leute unterwegs sind: Per Videoblog in den sozialen Medien.

Über den eigenen Berufsalltag bloggen und damit Geld gewinnen – diese Chance hat jetzt jeder, der zurzeit eine Ausbildung macht oder bereits als Besatzungsmitglied auf einem Binnenschiff tätig ist. Kreativität und Engagement werden belohnt. 3.000, 2.000, 1.000 Euro gibt es als ersten, zweiten und dritten Preis.

Zwischen Juni und Dezember sollte jeden Monat mindestens ein Videoblog eingestellt werden. Die Zahl der Aufrufe spielt bei der anschließenden Bewertung durch die Jury genauso eine Rolle, wie Inhalt und Darstellung.

Werdet kreativ und zeigt, wie attraktiv die Tätigkeit auf einem Binnenschiff ist! Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Wer kann teilnehmen?  Alle, die auf einem Binnenschiff arbeiten oder eine Ausbildung machen.

Wie bewirbt man sich?  Bitte bis zum 31. Juli 2023 eine Mail an wettbewerb@binnenschiff.de senden.

Die erforderlichen Unterlagen gibt es unter https://www.binnenschiff.de/der-preis-fuer-den-besten-videoblog-vom-schiff

Quelle: BDB und BDS, Foto: BDB




Modularer Schiffbau als Schlüssel

Um das Potenzial, das die Binnenschifffahrt aufweist, zu entfalten, muss die Branche auf ein „Equal level“ mit den anderen Verkehrsträgern gehoben werden. Dafür wurde durch ein Konsortium aus dem Nordwesten ein Neubau-Konzept als Musterbeispiel für die Binnenschifffahrt konzipiert und im Rahmen einer Veranstaltung im Maritimen Kompetenzzentrum in Leer vorgestellt und diskutiert. Projektpartner des Projektes MoInBiKo (Modulares Innovatives Binnenschiffskonzept) waren die Lambers Reederei aus Spelle, das Ingenieurbüro HB Hunte aus Oldenburg, die Rolf Janssen GmbH Elektrotechnische Werke aus Aurich sowie die MARIKO GmbH aus Leer.

Das Binnenschiff ist in Deutschland ein eher unterrepräsentierter Verkehrsträger, der oft im Schatten von LKW und Bahn steht. Aktuell sehen sich die Schiffbetreiber u.a. großen Anforderungen in Bezug auf Schadstoff- und Treibhausgasminimierung gegenüber. Mehrere Brennstoffe stehen zur Auswahl, deren Nutzung auf der vorhandenen Flotte aufgrund des hohen Altersdurchschnitts technologisch und finanziell wenig sinnvoll erscheint. Bei der Entwicklung neuer Schiffskonzepte besteht darüber hinaus die Herausforderung, dass die Schiffe mehrere Jahrzehnte in Betrieb sein werden und sich teilweise nur mit hohem Aufwand an den Stand der Technik anpassen lassen.

Grundlage für das erarbeitete Konzept ist ein Binnenschiff auf Plattformbasis mit hoher „Lifecycle Effizienz“, das einfach und günstig auf dem ökologischen, technischen und digitalen Stand gehalten werden kann, niedrigwassertauglich ist und daneben mit modularem Aufbau erhebliche Potenziale für den Schiffbau bietet. Das Binnenschiff, das die Lambers Reederei zur Beförderung von Massengut, Containern und Projektladung bauen und einsetzen möchte, beinhaltet zwei optionale, verschiebbare Laderaumschotte, wobei der hintere Laderaumteil zur Unterbringung der austauschbaren Energieerzeugungskomponenten dient. Das Schiff kann unterschiedliche Kraftstoffe einsetzen und nutzt elektrische Ruderpropeller, Pumpjets, Batteriespeicher im Vorschiff und Solarmodule auf den Lukendeckeln. Ein wichtiger Baustein des Binnenschiffes ist das Thema Energie: Bernd Lehmann und Michael Carstens von Rolf Janssen stellten die wesentlichen Entwicklungen rund um das Thema Energieerzeugung und -verteilung vor. Ein Hauptmerkmal des Schiffes soll ein Gleichstromnetz sein, das von methanolbetriebenen Generatorsätzen gespeist wird.

Methanol als Kraftstoff zu nutzen ist hinsichtlich der Bunkermöglichkeiten noch ein herausforderndes Thema. Prof. Dr. Jan Ninnemann von der Hanseatic Transport Consultancy gab einen Überblick über das aktuelle Versorgungsnetz mit konventionellen Kraftstoffen und die perspektivischen Möglichkeiten, Alternativen wie Methanol, Wasserstoff oder LNG innerhalb des Fahrtgebiets der Lambers Reederei zu bunkern. Wesentliche Erkenntnis ist, dass für die Nutzung von Methanol als Kraftstoff Energiepartnerschaften mit potenziellen Lieferanten geschlossen werden müssen. Methanol wird von etablierten Lieferanten nicht angeboten, sodass hier wahrscheinlich Akteure in den Markt eintreten werden, die bisher nicht das klassische Bunkergeschäft bedienen.

„Dieses Vorhaben,“ so Stefan Rühlmann, Geschäftsführer der Lambers Reederei, „bildet einen weiteren Baustein unserer Nachhaltigkeits- und Ressourceneffizienzstrategie unserer Unternehmungen. Zudem könnte der Ansatz des modularen Aufbaus neue Perspektiven für den hiesigen Schiffbau liefern.“ Diese Aussage wurde im Rahmen der Veranstaltung kontrovers diskutiert. Zwar herrschte Einigkeit über die hohe Bedeutung der Binnenschifffahrt und den akuten Investitionsstau in der Flotte und den Werften, aber ob es gelingen könnte, Neubauten in relevantem Umfang wieder in Deutschland bauen zu lassen, wurde – angesichts der starken Konkurrenz im Ausland – angezweifelt. „Dafür ist eine größere Zahl investitionsbereiter Reeder erforderlich, denen es nicht nur an einer Finanzierung, sondern vor allem an Planungssicherheit – zum Beispiel im Hinblick auf die Verwendung alternativer Kraftstoffe – fehlt“, konstatierte Martin Deymann, Geschäftsführer der Reederei Deymann. Wolfgang Franzelius vom Ingenieurbüro HB Hunte sprach sich in diesem Zusammenhang für strategische Kooperationen entlang der Kette – vom Reeder über die Werft zum Lieferanten – aus und forderte innovative Finanzierungsmodelle für die Branche ein. „Die Effizienz im Schiffbau basiert auf Standardisierung und Skaleneffekten, das kann über strategische Kooperationen erreicht werden.“ so Franzelius. Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM) sieht dabei auch den Bund in der Pflicht. Dieser sei mit rund 700 eigenen Schiffen der größte „Reeder“ der Nation und müsste ein Eigeninteresse haben, dass diese in Deutschland gebaut und gewartet würden. „Deutschland muss endlich die Bedeutung und das Potenzial der Binnenschifffahrt erkennen und den Investitionsstau anpacken. Das gilt auch für die Schiffbauindustrie. Leinen los, Kurs Wachstum“, resümierte Reinhard Lüken, Geschäftsführer des VSM.

Quelle und Grafik: MARIKO GmbH




Niedrigwasserschiff Stolt Ludwigshafen getauft

Am BASF-Standort Ludwigshafen wurde jetzt das neue Niedrigwasser-Binnenschiff Stolt Ludwigshafen getauft. Die Schiffspatin Barbara Hoyer, Vice President von BASF, die wesentlich an der Umsetzung des Projekts beteiligt war, wünschte dem Schiff und seiner Besatzung bei einer traditionellen Schiffstaufe mit einer Flasche Champagner allzeit sichere Fahrt. Das innovative Schiff ist das Ergebnis einer erfolgreichen Partnerschaft zwischen BASF, der Reederei Stolt Tankers, der Mercurius Shipping Group sowie einem Konsortium aus dem Duisburger Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme, der Technolog Services GmbH und Agnos Consulting.

„Vor vier Jahren begannen wir nach dem beispiellosen Niedrigwasser des Rheins in Folge der Dürre im Jahr 2018 mit der Entwicklung eines innovativen Tankers für chemische Produkte, der auch bei extrem niedrigem Wasserstand fahren und hohe Nutzlasten transportieren kann. Das neue Flaggschiff bildet einen wesentlichen Bestandteil unserer Klima-Resilienzmaßnahmen und sichert die Versorgung unserer Kunden und Produktionsstätten“, erklärte Uwe Liebelt, President European Verbund Site, BASF SE. „Dass wir dieses brandneue Schiff gemeinsam mit unserem Partner Stolt Tankers einweihen können, ist für uns alle ein stolzer Moment. Heute feiern wir die erfolgreiche Partnerschaft zwischen unseren beiden Unternehmen, die Unterstützung des Konsortiums aus Experten für Binnenschifffahrt und das herausragende Engagement aller Beteiligten, die zur Umsetzung dieses ambitionierten Projekts beigetragen haben.“

Lucas Vos, President Stolt Tankers: „Dieses spannende Projekt unterstreicht den Einsatz von Stolt Tankers bei der Entwicklung neuer Technologien und Designs für eine nachhaltige Schifffahrt. Ich bin stolz auf das Team, das die Vision für einen Tanker, der auch bei den niedrigsten Wasserständen des Rheins verkehren kann, umgesetzt hat. Wir freuen uns darauf, die Stolt Ludwigshafen exklusiv für BASF zu betreiben und zur Sicherung von Lieferketten in der Region beizutragen.“

Vor der Schiffstaufe gab es für die Gäste die Gelegenheit, das Schiff zu besichtigen. In Begleitung seiner Besatzung führte Kapitän Horst Schweiger die Gäste durch die Stolt Ludwigshafen, vom Deck über das Steuerhaus bis hin zum Maschinenraum, und erläuterte dabei die vielen innovativen Merkmale des Schiffs.

Der Tanker wurde von Mitte 2021 bis 2023 gebaut. Den Rumpf stellte die Mercurius Shipping Group in Yangzhou, China, im Auftrag von Stolt Tankers her. Dieser wurde anschließend nach Rotterdam transportiert, wo die Ausstattung des Schiffs fertiggestellt wurde. Nach erfolgreichen Probefahrten führte die Stolt Ludwigshafen Ende April 2023 ihre erste Fahrt für BASF durch.

Der innovative Binnentanker weist ein einzigartiges Design auf: Um eine hohe Tragfähigkeit zu erzielen, ist das neue Schiff mit einer Länge von 135 Metern und einer Breite von 17,5 Metern deutlich größer als die gängigen Tanker auf dem Rhein. Der Rumpf wurde in Leichtbauweise gestaltet, weist dabei aber eine hohe strukturelle Stabilität auf, was die Frachtkapazität weiter steigert. Außerdem ist der Schiffsrumpf hydrodynamisch optimiert und das spezielle Antriebssystem ermöglicht einen sicheren Betrieb auch bei extremem Niedrigwasser. Dank dieser Merkmale kann das Schiff die kritische Stelle des Rheins in der Nähe von Kaub mit einer Nutzlast von rund 800 Tonnen auch bei einem Pegelstand von 30 Zentimetern (entspricht einer Wassertiefe von 1,60 Meter) passieren. Bei moderatem Niedrigwasser (z. B. Pegelstand in Kaub von 100 Zentimetern) beträgt seine Nutzlast etwa 2.300 Tonnen und damit doppelt so viel wie die eines konventionellen Binnenschiffs. Insgesamt beträgt die maximale Traglast der Stolt Ludwigshafen 5.100 Tonnen.

Angetrieben wird das Schiff von drei Elektromotoren, die von der neuesten Generation hocheffizienter Stage-V-Dieselgeneratoren mit Abgasnachbehandlung gespeist werden. Diese Motoren ermöglichen einen hohen Wirkungsgrad und sorgen für einen optimierten ökologischen Fußabdruck – eine Reduzierung der CO2-Emissionen um etwa 30 Prozent sowie der Stickoxid-Emissionen um etwa 70 bis 80 Prozent. Die verbauten Dieselgeneratoren könnten in Zukunft auf den Kraftstoff Methanol umgerüstet oder durch andere Arten von Generatoren (z. B. Wasserstoff-Brennstoffzellen) ersetzt werden, sobald diese Technologien Marktreife erreichen.

Quelle: BASF SE und Stolt Tankers, das neue Niedrigwasserschiff Stolt Ludwigshafen ist seit Ende April für BASF in Betrieb.




Dr. Gunther Jaegers ist neuer ZKR-Kommissar

Dr. Gunther Jaegers (Reederei Jaegers, Duisburg) ist mit Wirkung vom 15. Mai 2023 vom Bundesverkehrsministerium zum Bevollmächtigten bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) ernannt worden. Die Ernennung erfolgte auf Basis der Revidierten Rheinschifffahrtsakte und wurde von der Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Susanne Henckel, ausgesprochen.

Der Tankschifffahrtsunternehmer Gunther Jaegers engagiert sich bereits seit vielen Jahren ehrenamtlich für die Entwicklung der Schifffahrtsbranche. 2007 wurde ihm der Deutsche Gefahrgut-Preis verliehen. Mit diesem Preis werden Personen ausgezeichnet, die auf dem Gebiet des Gefahrgutrechts, der Gefahrgutbeförderung oder des Umschlags gefährlicher Güter Außergewöhnliches geleistet und dabei gleichzeitig einen nennenswerten Beitrag zur Sicherheit der Beförderung gefährlicher Güter erbracht haben. Dr. Jaegers ist zudem bis heute ehrenamtlich in den verschiedensten nationalen und internationalen Organisationen tätig und nimmt so auf die Entwicklung der Rahmenbedingungen des Schifffahrtsgewerbes Einfluss. Von 2016 bis 2018 engagierte er sich als Präsident des europäischen Dachverbandes EBU. Von 2006 bis 2012 war er Präsident des Binnenschifffahrtsverbandes BDB; dem Präsidium und dem Vorstand des Verbandes gehört er bis heute an.

„Ich danke dem Bundesverkehrsminister für das Vertrauen, das er mir bei der Bewältigung der Aufgabe als ‚ZKR-Kommissar‘ entgegenbringt. Ich freue mich hierüber und werde mich als Bevollmächtigter bei der ZKR nun sehr gerne in die Fortentwicklung der Rahmenbedingungen des Schifffahrtsgewerbes einbringen. Die ZKR hat seit ihrer Gründung im Jahr 1868 an Bedeutung nicht verloren, im Gegenteil: Sie wird, etwa im Bereich der Schifffahrtsgesetzgebung, auch von der Europäischen Union als „Kompetenz-Center“ der Binnenschifffahrt in Europa begriffen. Die Qualität der Arbeit der ZKR spiegelt sich zum Beispiel in der Tankschifffahrt wider, wo in den vergangenen Jahrzehnten ein Sicherheitsniveau erreicht wurde, das weltweit seinesgleichen sucht“, erklärt Dr. Gunther Jaegers anlässlich seiner Ernennung.

Gunther Jaegers übernimmt die Aufgabe als Bevollmächtigter von Dr. Wolfgang Hönemann, der dieses Amt seit 1998 ausgeübt hat. Hönemann, der über viele Jahre Führungspositionen in verschiedenen Trockengut-Reedereien in Duisburg und Mannheim bekleidete und zurzeit als NRW-Repräsentant des Hafens Rotterdam tätig ist, zieht eine durchweg positive Bilanz seines 25jährigen Wirkens: „In der ZKR, die von den Binnenschifffahrtsstaaten Deutschland, Belgien, Frankreich, Niederlande und Schweiz getragen wird, bündeln sich das Know-how und der für die Branche wichtige technische Sachverstand. Durch die Mitgliedschaft der Schweiz in der ZKR ist es möglich, dass die für den deutsch-schweizerischen Waren- und Güterverkehr wichtigen Schifffahrtsregelungen auf dem Rhein harmonisiert werden; über die ZKR wird eine Regelungslücke geschlossen, die aus der fehlenden Mitgliedschaft der Schweiz in der EU resultiert. Der Binnenschifffahrtssektor weiß die Arbeit der ZKR, die den Standpunkten dieses Sektors weitestgehend Rechnung trägt, sehr zu schätzen. Die ZKR verfügt über eine eigene Gerichtsbarkeit, die den Rechtsrahmen der Schifffahrt effizient unterstützt. Auch dieses Instrument ist in seiner unmittelbaren Wirksamkeit hilfreich, um schwerfällige und zeitaufwändige Verfahren handhabbar zu halten. Der ZKR kann daher nach meiner festen Überzeugung eine gute Zukunft bescheinigt werden – und ich freue mich, das Amt als Bevollmächtigter in die Hände eines erfolgreichen Unternehmers in der Branche übergeben zu dürfen!“

Quelle und Foto: BDB




Vorfahrt für Binnenschifffahrt und Wasserstraße

Rund 200 Mio. Güter werden pro Jahr auf deutschen Flüssen und Kanälen transportiert. Ganze Industriezweige sind für ihre Logistik auf diesen Verkehrsträger angewiesen. Das spiegelt sich in der aktuellen Verkehrspolitik der Bundesregierung jedoch nur unzureichend wider. Und auch im Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft kann die umweltfreundliche Binnenschifffahrt einen wichtigen Beitrag leisten – wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen.

„Zur Stärkung der Binnenschifffahrt am Güterverkehrsmarkt brauchen wir eine hohe Verfügbarkeit leistungsfähiger Binnenwasserstraßen, eine moderne, klimaneutrale Binnenschifffahrtsflotte und eine starke Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) mit weiterhin motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – vor allem aber ein klares Bekenntnis der Politik zur Binnenschifffahrt!“

Mit diesem Statement hat sich Martin Staats (MSG, Würzburg), Präsident des Binnenschifffahrtsverbandes BDB, an die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung gewandt und auf ein aktuelles 10-Punkte-Papier hingewiesen, in dem der BDB die dringendsten Maßnahmen auflistet. Anlass hierfür war der Parlamentarische Abend der Parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt im Bundestag (PGBi) in Berlin. Das 10-Punkte-Papier steht unter der Überschrift „Vorfahrt für Binnenschifffahrt und Wasserstraße!“ und ist dieser Meldung als Anlage beigefügt.

Zu den wichtigsten Maßnahmen zählt unter anderem, dass in ausreichendem Maß Finanzmittel im Wasserstraßenhaushalt des Bundes überjährig zur Verfügung gestellt werden (2 Mio. Euro p.a.), um den Substanzverlust an den überalterten Anlagen zu stoppen und bestehende Engpässe im Wasserstraßennetz zu beseitigen. Außerdem müssen in der zuständigen WSV in ausreichender Zahl Stellen geschaffen und mit qualifizierten Fachkräften besetzt werden. Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern entschieden zu lange. Um die Ausbauprojekte an Flüssen und Kanälen so schnell wie möglich zu realisieren, müssen die wichtigsten Projekte im Genehmigungsbeschleunigungsgesetz aufgenommen und das überragende öffentliche Interesse an diesen Maßnahmen festgestellt werden.

Um das verkehrs- und umweltpolitische Ziel der Güterverkehrsverlagerung zu erzielen, müssen insbesondere schwere und große Güter (GST) verstärkt auf das Binnenschiff verlagert werden, etwa beim Transport von Windenergieanlagen. Betriebskostenzuschüsse nach niederländischem und belgischem Vorbild könnten helfen, noch mehr Containertransporte auf das Wasser zu verlagern.

Für eine CO2-neutrale, an künftig zu erwartende Güterstrukturen und klimabedingte Veränderungen angepasste Binnenschifffahrtsflotte muss ein groß angelegtes Flottenneubauprogramm aufgelegt werden.

Mit einer Imagekampagne soll einer breiten Öffentlichkeit die Bedeutung von Binnenschifffahrt, Häfen und Wasserstraße für Wirtschaft, Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie die Attraktivität und Umweltfreundlichkeit nahegebracht werden. Als Planungsgrundlage für Politik, Verwaltung und Unternehmen sollte außerdem eine Analyse zur Ermittlung und Bewertung künftiger Potenziale von Binnenschifffahrt und Wasserstraße erstellt werden.

BDB-Präsident Martin Staats: „Die Bundesregierung muss Maßnahmen ergreifen, die der Bedeutung der Güterschifffahrt für das Erreichen der Klimaziele und der politisch gewollten Verkehrsverlagerung gerecht werden. Sie muss umsteuern und sofort anfangen, die Potenziale der Schifffahrt zu heben. Das nun vorgestellte 10-Punkte-Papier des BDB kann hierbei als Leitfaden dienen.“

Quelle und Foto: BDB, große und schwere Güter wie etwa Windenergieanlagen können problemlos und ohne komplizierte Genehmigungsverfahren per Binnenschiff transportiert werden. Allerdings müssen entsprechend gut ausgebaute Flüsse und Kanäle zur Verfügung stehen, um Straße und Schiene zu entlasten. Dies fordert der BDB in seinem aktuellen 10-Punkte-Papier von der Bundesregierung.




Leistungsfähige Wasserstraßen für Klimaschutz unverzichtbar

Baden-Württemberg und drei andere Länder haben im Rahmen der Länderkonferenz Rhein 2023 mehr Tempo im Interesse einer besseren Binnenschifffahrt gefordert und die fortgeschriebene „Düsseldorfer Liste“unterzeichnet. Die Liste enthält 30 erforderliche Infrastrukturprojekte zur Stärkung der Binnenschifffahrt.

Schulterschluss für den zeitnahen Ausbau von Europas wichtigster Wasserstraße: Drei für Verkehr zuständige Landesminister und eine Landesministerin haben bei der Länderkonferenz Rhein 2023 mehr Tempo im Interesse einer besseren Binnenschifffahrt gefordert.

Welche Auswirkung große Trockenheit auf die Schiffbarkeit des Rheins hat, ist im Sommer 2022 einmal mehr drastisch zu Tage getreten. Durch den Klimawandel, aber auch durch den mangelhaften Zustand der Bundeswasserstraßen werden solche Ereignisse zunehmend die Lieferketten entlang Deutschlands wichtigster Wasserstraße gefährden, wenn nicht zeitnah mit einem maßvollen Ausbau gegengesteuert wird.

Mit Unterzeichnung der fortgeschriebenen „Düsseldorfer Liste“ (PDF)  machten die Verkehrsminister Winfried Hermann (Baden-Württemberg), Tarek Al-Wazir (Hessen), Oliver Krischer (Nordrhein-Westfalen) und Daniela Schmitt (Rheinland-Pfalz) am 4. Mai 2023 in Mannheim deutlich: Für die Stärkung der klimaschonenden Binnenschifffahrt ist höchste Eile geboten. Die ebenfalls von Minister Christian Bernreiter (Bayern) mitunterzeichnete Liste enthält 30 dringend erforderliche Infrastrukturprojekte zur Stärkung des wichtigen Transportwegs zu Wasser, der Binnenhäfen und der begleitenden Infrastruktur. Im Vergleich zur ersten Liste, die vor rund zehn Jahren unterzeichnet wurde, konnten acht Projekte gestrichen werden. 27 wichtige Projekte sind hingegen unverändert enthalten, darunter alle Wasserstraßenprojekte.

„Die Binnenschifffahrt braucht eine Entwicklungsperspektive 2030: Hierzu gehört eine an zunehmende Niedrigwasser angepasste Flotte, einen umsetzungsorientierten Plan gegen den Wassermangel am Rhein und eine funktionierende Infrastruktur“, erklärte Krischer. „Die Aktualisierung der Düsseldorfer Liste macht vor allem eines deutlich: Beinahe eine Dekade nach Verabschiedung der ursprünglichen Liste ist viel zu wenig passiert. Wir sagen: Der Rhein ist die Lebensader der deutschen Wirtschaft. Die Schiffbarkeit des Rheins ist Wohlstandserhalt und Klimaschutz zugleich. Ohne Wasser kein Schiff, ohne Schiff keine Wirtschaft, ohne Wirtschaft keine Verkehrswende.“

Hermann bekräftigte: „Nur wenn es gelingt, die Bundeswasserstraßen und die umgebende Verkehrsinfrastruktur zu stärken, werden wir die Verkehrsanteile der Binnenschifffahrt systematisch steigern können. Wie wichtig es ist, dieses Ziel zu erreichen, zeigen uns die wahrnehmbaren Folgen der Klimakrise immer deutlicher. Es muss endlich auf Bundesebene gehandelt werden, damit für den Industriestandort Deutschland auch künftig leistungsfähige und klimagerechte Bundeswasserstraßen und Binnenhäfen zur Verfügung stehen.“

„Der Rhein sichert uns eine wichtige Anbindung an den internationalen Seehandel, und die Wasserwege haben noch – anders als Schiene und Straße – offene Transportkapazitäten. Zudem verursacht das Binnenschiff pro Tonnenkilometer nur einen Bruchteil des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes eines Lastkraftwagen. Doch der Bund vernachlässigt diesen klima- und umweltfreundlichen Transportweg, obwohl Investitionen hier enormen volkswirtschaftlichen Nutzen entfalten. Das muss sich ändern“, so Al-Wazir.

 Schmitt schließlich ist überzeugt: „Es ist gut, dass der Bundesverkehrsminister die Binnenhäfen und Binnenländer fest im Blick hat und bereits im vergangenen Jahr neue Stellen für prioritäre Vorhaben an der Bundeswasserstraße Rhein bereitgestellt hat. Davon profitiert auch das für den Industriestandort Rheinland-Pfalz so wichtige Projekt der Abladeoptimierung am Mittelrhein.“ Mit der nun vorgesehenen Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung des Bundes könnten zudem zahlreiche Infrastrukturprojekte weiter Fahrt aufnehmen. „Auch für den Transport von Wasserstoff können der Rhein und die Binnenhäfen zukünftig von enormer Bedeutung sein. Zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland sind beschleunigte Verfahren, auch im Bereich der Wasserstraßen, also enorm wichtig.“ Daniela Schmitt wies darauf hin, dass auch das Bundesland Rheinland-Pfalz in die Stärkung der Binnenschifffahrt investiere, beispielsweise durch den Ausbau der Landeshäfen oder die Ausstattung der Schiffsanleger mit Landstromanlagen.

Zur Länderkonferenz Rhein 2023 sind am 4. Mai 2023 rund 120 Expertinnen, Experten und ihre Gäste im Barockschloss Mannheim zusammengekommen, um sich über künftige Herausforderungen der Binnenwasserstraßen sowie mögliche Lösungsansätze auszutauschen. Dabei schauten sie in internationalen Fachvorträgen auch auf Erfahrungen in der Schweiz und den Niederlanden.

Die Länderkonferenz Rhein wurde 2013 von den Rheinanrainer-Bundesländern ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Bedeutung und die Belange der Schifffahrt im Rheinstromgebiet als klimafreundliche und sozialverträgliche Transportalternative auf Bundesebene stärker hervorzuheben. Zudem soll die Ausrichtung der Güterverkehrsströme auf die belgischen und niederländischen Seehäfen in der Verkehrspolitik mehr Gewicht bekommen. Als Binnenländer sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für den Im- und Export von Waren und Rohstoffen auf den Zugang zum Meer über krisenfeste Wasserstraßen dringend angewiesen.

Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg, Foto: WSV