Ein eigener Hafen nur für Containerschiffe

Es war ein Projekt ohne Beispiele in der Hafenbaugeschichte: Am 14. September 1971 eröffnete  der Präsident des Senats, Bürgermeister Hans Koschnick, das „Containerkreuz Bremerhaven“ und setzte damit einen historischen Meilenstein auf dem Weg Bremerhavens zu einem führenden europäischen Häfen. Nur fünf Jahre zuvor war im Bremer Überseehafen der erste Container in Deutschland an Land gesetzt worden. Und schnell war klar: Die Zukunft eines erfolgreichen  Containerhafens liegt nicht in der Stadt Bremen, die stadtbremischen Häfen müssen sich nah an der Küste auf die anstehende Revolution im Seeverkehr vorbereiten. Also im stadtbremischen Überseehafen in Bremerhaven.

Dort waren die bestehenden Hafenanlagen im Kaiserhafen oder an der Columbuskaje für den Containerumschlag nicht geeignet. Deshalb entschied die Hafendeputation bereits 1967, den Schwerpunkt der Investitionen von Bremen nach Bremerhaven zu legen und eine 750 m lange Seekaje nördlich der Nordschleuse zu bauen, die bis zu diesem Zeitpunkt den räumlichen Schlusspunkt der Hafenanlage an der Weser setzte.

Am 10. Februar 1968 fuhr Hafensenator Dr. Georg Borttscheller nördlich der Nordschleuse mit einem Raupenbagger vor, um so symbolisch den Bau des Containerterminals Bremerhaven zu starten. „Container-Schorsch“, so der Spitzname des Hafensenators  hatte die rasante Veränderung im Seetransportwesen frühzeitig erkannt und im Senat diese für die Zukunft weitreichende Entscheidung durchgesetzt.

Ein solches Projekt am offenen Gezeitenstrom war in der Welt ohne Vorbild. Die geplante Kaje musste ganz andere Lasten verkraften können als bislang für Passagierverkehr und Stückgutumschlag gebaute Kajen. Man entschied sich für eine überbaute Böschung in der Höhe des Landschutzdeiches vor, sodass Sturmfluten das anschließende Gelände nicht überschwemmen konnten. Unter der auf mehr als 40 m langen Stelzen stehende Kajenkante waren zur Wasserseite Wellenkammern ausgebildet. Sie sollten den Wellenschlag, insbesondere bei Sturm, auffangen.

Größte Probleme bereitete beim Bau der schlickige Boden. Die Rammpfähle waren schwer im Lot zu halten und hatten häufig nicht die erforderliche Standfestigkeit. Bodenaustauschversuche brachten auch nicht den gewünschten Erfolg. Ende 1969 stand fest, dass 13 Millionen Mark buchstäblich im Schlick versackt waren, da es nicht gelang, die langen Pfähle im Untergrund festzubekommen.

Im Senat mobilisierte man zusätzliche Gelder, insgesamt 208 Millionen Mark. Die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft als Betreiberin war mit etwa 69 Millionen Mark dabei.

Und eine personelle Entscheidung trug dazu bei, das schwierige Projekt zu einem guten Ende zu bringen. Prof. Dr. Ing. Arnold Agatz, der rund 40 Jahre zuvor die Nordschleuse erbaut hatte, ließ sich mit 80 Jahren noch einmal in die Verantwortung nehmen, übernahm die Gesamtleitung und löste die bautechnischen Probleme. Nur fünf Jahre nach dem politischen Beschluss wurde der heute CT 1 fristgerecht fertiggestellt und am 14. September vor 50 Jahren feierlich zu eröffnen.

Eine Kaje macht noch keinen erfolgreichen Hafen. Dazu gehören entsprechende Umschlagseinrichtungen, eine ausreichend dimensionierte Aufstellfläche und eine gute Anbindung an das Straßen und Schienennetz. Und diese Stärken, mit denen der Überseehafen auch heute noch punktet, waren bereits damals angelegt. Eine Fläche von über 750.000 Quadratmetern bot ausreichend Platz für die stählernen Behälter, die von den inzwischen acht auf Bremerhaven fahrenden Containerdiensten angelandet wurden. Bahn- und Straßenanschlüsse standen für schnellen Weitertransport zur Verfügung, sodass die Anlage stolz als Containerkreuz bezeichnet werden konnte. Auf ihr wurden 1971 bereits 300.000 Einheiten TEU (Twenty Foot Equivalent Unit) umgeschlagen.

Mit der Entscheidung für den Bau dieses Containerterminals wurde der Grundstock für die bis heute anhaltende Erfolgsgeschichte gelegt. Nach dem ersten Bauabschnitt folgten in den folgenden Jahrzehnten fünf Erweiterungen, mit denen auch jeweils den neuesten Entwicklungen bei den Größen und dem Tiefgang der Schiffe Rechnung getragen wurde. Der CT 4 als letzte Ausbaustufe wurde im Jahr 2008 fertiggestellt.  Heute streckt sich der Containerterminal Wilhelm Kaisen auf fünf Kilometer Kajenlänge und mehr als drei Millionen Quadratmeter Aufstell- und Verkehrsfläche. Es gibt 14 Liegeplätze für Großcontainerschiffe und 90 Anschlüsse für Kühlcontainer.

Der Betrieb wird von eng kooperierenden Unternehmen durchgeführt. Im Norden arbeitet das North Sea Terminal Bremerhaven (NTB), den mittleren Teil betreibt Eurogate, im Süden, da wo der Aufstieg Bremerhavens zum führenden europäischen Containerkreuz  begann, befindet sich heute MSC Gate.
50 Jahre nach der feierlichen Eröffnung geht die Entwicklung weiter. Die in die Jahre gekommenen Abschnitte des Containerterminals entsprechen nicht mehr den Anforderungen der heutigen Schifffahrt. Größere Schiffe brauchen größere Kräne. Um die bremische Hafengeschichte erfolgreich fortzusetzen, ist die Hafengesellschaft bremenports deshalb beauftragt, Pläne für eine Ertüchtigung der in die Jahre gekommenen Umschlagsanlagen zu erarbeiten. Auch nach 50 Jahre Containerhafen ist klar: Hafenentwícklung ist nie zu Ende.

Quelle und Foto: brmenports