H2O statt CO2 – Rhein wird zukunftssicher

Bundesminister Andreas Scheuer hat einen Aktionsplan  „Niedrigwasser Rhein“ mit acht Maßnahmen vorlegt. Dieser wurde gemeinsam mit den vom Rhein abhängigen Unternehmen entwickelt, um zuverlässig kalkulierbare Transportbedingungen am Rhein zu schaffen.

Scheuer: „Wir brauchen mehr Schiff statt Stau und mehr H2O statt CO2. Die extremen Trockenperioden der vergangenen Jahre haben gezeigt: Wenn die Schiffe auf dem Rhein nicht fahren können, bleiben die Tankstellen leer und Unternehmen müssen ihre Produktion zurückfahren. Um die Versorgung  der Bevölkerung und den Wirtschaftsstandort auch für die Zukunft zu sichern, haben wir einen Aktionsplan mit acht konkreten Maßnahmen aufgestellt. Denn klar ist: Wir müssen jetzt handeln, um die Transportbedingungen auch mit Blick auf klimatische Veränderungen konstant hoch zu halten.“

Michael Heinz, BASF-Vorstandsmitglied und Standortleiter Ludwigshafen ergänzt: „Der „8-Punkte-Plan“ nimmt den Rhein in den Fokus. Das ist ein starkes Signal. Aber wir wissen: Damit ist es natürlich nicht getan: Alle Verkehrsträger – also Straße, Schiene, Binnenschiff und Seeverkehr – sind für eine solide wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes essentiell. Die Industrie braucht zuverlässig nutzbare Transportwege, um die Rohstoffversorgung sichern und Kunden beliefern zu können. Die gesamte deutsche Infrastruktur braucht neue Impulse und vor allem: neue Investitionen. Nur so werden wir die Herausforderungen der Zukunft meistern können.“

„Wir freuen uns sehr, dass der Verkehrsminister mit dem 8-Punkte-Plan die Initiative ergreift und ein detailliertes Infrastrukturkonzept für den Rhein auf den Weg bringt. 80 Prozent unserer Rohstofftransporte werden über den Rhein transportiert. Wir sind, um im Wettbewerb bestehen zu können, auf funktionierende Transportwege über den Rhein zwingend angewiesen und begrüßen alle Maßnahmen die zur Stärkung der entsprechenden Infrastruktur beitragen“, meint Premal Desai, Sprecher des Vorstands Thyssenkrupp Steel Europe AG:

Das Binnenschiff trägt den Hauptanteil des Gütertransports am Rhein – noch vor Schiene und Lkw. Der Rhein ist die bedeutendste und umweltfreundlichste Transportroute Deutschlands, das Binnenschiff selbst ein Transportgigant.

In den vier Handlungsfelder „Informationsbereitstellung“, „Transport und Logistik“, „Infrastruktur“ und „Langfristige Lösungsansätze“ sind insgesamt acht Maßnahmen aufgestellt worden, mit denen den klimawandelbedingten Herausforderungen am Rhein begegnet werden soll. Diese reichen von der Verbesserung der operationellen Vorhersagen über die Entwicklung niedrigwassergeeigneter Schiffstypen bis zur schnelleren Umsetzung infrastruktureller Maßnahmen und gesellschaftlichem Dialog. Details zu den einzelnen Punkten sind unter www.bmvi.de/aktionsplan-niedrigwasser-rhein  zu finden.

Ocke Hamann, Geschäftsführer der Niederrheinischen IHK für den Bereich Standort, Digital, Innovation, Umwelt erklärte zu dem Programm, dass das Niedrigwasser des vergangenen Jahres gezeigt habe, wie wichtig die Binnenschifffahrt für die Versorgung von Industrie und Bevölkerung ist. „Investitionen und Beschäftigung sind unmittelbar abhängig von der Verlässlichkeit des Rheins als Transportweg. Wir begrüßen daher, dass Bundesverkehrsminister Scheuer einen Maßnahmenplan zum Umgang mit Niedrigwasser-Ereignissen aufgestellt hat. Dem Plan fehlt allerdings ein wichtiger Impuls. Die für den Rhein vorgesehenen Abladeverbesserungen zwischen Duisburg und Dormagen sollten nach unserer Auffassung die gleiche Priorität erhalten, wie die für den Mittelrhein vorgesehenen Maßnahmen. Nur für den Mittelrhein sieht Scheuers 8-Punkte-Plan ein eigenes Maßnahmengesetz vor. Mit Blick auf den enormen Handlungsdruck fordern wir ein solches auch für die Maßnahmen am Niederrhein.“

Der Vizepräsident des Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V. (VBW, Niels Anspach (BP Europa SE) erläutert, dass es Ziel des 8-Punkte-Plans sei, die negativen Effekte von extremen Niedrigwasserphasen zukünftig zu minimieren. Die mehrmonatige Niedrigwasserphase in 2018 führte nach seienr Auskunft zu einem Rückgang des BIP von 0,2 Prozent (Quelle ifW, Kiel) und zu erheblichen Belastungen für die Produktion in wichtigen Schlüsselindustrien, wie der chemischen, der stahlerzeugenden oder der Mineralölindustrie. „Einige Konzerne, wie die BASF und ThyssenKrupp mussten dadurch Verluste im dreistelligen Millionenbereich verzeichnen. Da sich derartige Wassersituationen durch den Klimawandel zukünftig häufiger einstellen könnten, sind schnelle und nachhaltige Maßnahmen zur Stärkung der Robustheit des Systems Wasserstraße gegenüber diesen Ereignissen erforderlich.“

„Die Vereinbarung ist ein wichtiges Signal an die von der Binnenschifffahrt abhängigen Industrieunternehmen im Rheinkorridor. Es ist wichtig, dass die dort verankerten Maßnahmen nun schnellstmöglich umgesetzt werden, bevor derartige Klimaereignisse zu Standortfragen werden und dauerhaft Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland gefährden. Insofern ist der 8-Punkte-Plan auch ein Signal an die Bürgerinnen und Bürger. Darüber hinaus sollte der Plan als Aufschlag genutzt werden, um über weitergehende wasserbauliche Konzepte und Maßnahmen zur Stabilisierung des Rheins in Niedrigwasserphasen nachzudenken. Ich freue mich, dass auch viele im VBW engagierte Unternehmen, wie die BASF, Covestro, ThyssenKrupp Steel und auch wir als BP von vornherein an dieser Erklärung mitwirken konnten. Deswegen haben wir als VBW die Erklärung auch gern mitgezeichnet und werden die Umsetzung der Maßnahmen bestmöglich unterstützen.“

Gemeinsam mit dem Bundesverkehrsminister und Vertretern der Industrie hat auch der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) an Bord der „MS Mainz“ den vom BMVI aufgelegten Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“ unterzeichnet. „

Das Jahr 2018 mit seinem extremen Niedrigwasser und Pegeltiefständen an verschiedenen Flüssen hat den Kunden und auch den Endverbrauchern deutlich vor Augen geführt, wie wichtig der Güterverkehr per Binnenschiff für die Versorgung der Industriestandorte, gerade auch im Rheingebiet, ist. Kein anderer Verkehrsträger war in der Lage, Ladungsmengen der Binnenschifffahrt zu übernehmen, so dass sich Güter verteuert haben und teils nicht in gewohntem Umfang bereitgestellt werden konnten. Wir begrüßen daher, dass das Bundesverkehrsministerium in der Erwartung, dass derartige Niedrigwassersituation künftig wohl häufiger zu befürchten sind, einen Aktionsplan erarbeitet hat, der die Leistungsfähigkeit der Binnenschifffahrt langfristig auch bei niedrigen Wasserständen sichern soll“, betonte BDB-Präsident Martin Staats (MSG).

Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang die in dem Papier verankerte Ankündigung des Bundes, alle sinnvollen Maßnahmen zur Beschleunigung der im Bundesverkehrswegeplan 2030 verankerten Abladeoptimierungen an Mittel- und Niederrhein, zu prüfen, beispielsweise durch den Erlass von Maßnahmengesetzen. Wichtig sei außerdem, auch darüber hinausgehende wasserbauliche Lösungen zur Sicherstellung kalkulierter Transportbedingungen am Rhein in den Fokus zu nehmen: „Da eine Häufung von signifikanten Niedrigwasserereignissen künftig nicht ausgeschlossen werden kann, muss auch ganz ernsthaft über den Bau von Staustufen und Speicherlösungen am Rhein diskutiert werden. Es ist daher richtig, dass im Aktionsplan eine profunde Untersuchung derartiger Maßnahmen verankert ist“, so der BDB-Präsident.

Für eine Verbesserung der Schiffsnavigation bei Niedrigwasser sieht das Papier unter anderem optimierte Wasserstandsprognosen und eine Bereitstellung von aktuellen Tiefeninformationen in der elektronischen Binnenschifffahrtskarte (Inland ECDIS) vor. Dadurch werden langfristigere Planungsmöglichkeiten für Gütertransporte und eine verbesserte Ausnutzung der Fahrrinnentiefen für die Schiffsführung ermöglicht.

„Das Gewerbe benötigt außerdem ein mit einer attraktiven Förderkulisse unterlegtes Flottenneubauprogramm“, so Staats. Im 8-Punkte-Plan wird im Handlungsfeld „Transport und Logistik“ immerhin eine mögliche fiskalische und ordnungspolitische Unterstützung bei der Entwicklung und Verfügbarkeit von angepassten, flachgängigen Schiffstypen genannt.

Erst Mitte Mai 2019 hatte Scheuer in Berlin den auf Anregung des BDB in den Koalitionsvertrag aufgenommenen und binnen kurzer Zeit mit Inhalt gefüllten „Masterplan Binnenschifffahrt“ vorgestellt. Dieser sieht unter anderem eine konsequente Umsetzung der im Bundesverkehrswegeplan 2030 sowie im Wasserstraßenausbaugesetz festgeschriebenen Wasserstraßeninfrastrukturprojekte sowie eine deutlich verbesserte Förderkulisse für das Binnenschifffahrtsgewerbe vor, zum Beispiel hinsichtlich der Förderung von Maßnahmen zur Modernisierung der Flotte. Auf dem Parlamentarischen Abend des BDB am 15. Mai 2019 in Berlin kündigte das Ministerium an, ein solches neu aufgelegtes Modernisierungsprogramm bei der EU notifizieren lassen zu wollen, damit das Gewerbe in den Genuss höherer Fördersummen und besserer Förderquoten kommt, um beispielsweise die Herausforderungen bei der Umrüstung auf deutlich teurere Binnenschiffsmotoren, die den neuen EU-weiten Abgasvorschriften entsprechen, bewältigen zu können.

Der Masterplan enthält außerdem einen Prüfauftrag für ein umfangreiches Flottenneubauprogramm, mit dem auch ein Anreiz für angepasste, flachgängige Binnenschiffe gesetzt würde, die dann auch bei ungünstigen Wasserständen länger in Fahrt gehalten werden könnten. Daher ist es konsequent, dass in den Aktionsplan „Niedrigwasser Rhein“ explizit die Entwicklung und der Bau von solchen Schiffstypen aufgenommen wurden. Da angenommen werden muss, dass signifikante Niedrigwasserereignisse künftig vermehrt auftreten werden, ist eine derartige Förderung von hoher Bedeutung. Das „Dürre-Jahr“ 2018 hat verdeutlicht, dass die Binnenschifffahrt ein systemrelevanter und unersetzlicher Partner in der Logistikkette zur Versorgung ihrer Kunden ist. Kein anderer Verkehrsträger konnte die Ladungsmengen der Schifffahrt übernehmen – die Transportmenge der Güterbahn sank im Jahr 2018 vielmehr um rund 1 Prozent.

Pressestelle BMVI, Niederrheinische IHK, VBW, BDB, Foto: Niederrheinische IHK