ZDS setzt auf Nationales Hafenkonzept

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Nach einem insgesamt befriedigenden Jahr 2014 mit einem Wachstum im Güterumschlag von 2,2 % auf 304,1 Mio. Tonnen rechnet der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) aufgrund der derzeitigen schwierigen Rahmenbedingungen für das laufende Jahr 2015 nur noch mit einer stagnierenden Umschlagsentwicklung.

Im ersten Halbjahr ging der Umschlag im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,1 % zurück, gab Klaus-Dieter Peters, Präsident des ZDS, auf der Pressekonferenz zur jährlichen Mitgliederversammlung in Hamburg bekannt. Trotz der derzeit herausfordernden Rahmenbedingungen – den Krisen in Russland, der Ukraine sowie Griechenland, einer schwächelnden China-Konjunktur und weiteren Verzögerungen bei den Fahrwasseranpassungen von Elbe und Weser – blicken die Hafenunternehmen an Nord- und Ostsee jedoch grundsätzlich optimistisch in die Zukunft. Die Branche rechnet für die beiden Folgejahre mit einem Wachstum im unteren einstelligen Prozentbereich. „Diese Wachstumschancen müssen nun konsequent ergriffen werden. Auch die Politik hat das endlich erkannt und trägt ihren Teil hierzu bei“, sagte Peters im Hinblick auf die aus Hafensicht erfreulichen Ergebnisse der 9. Nationalen Maritimen Konferenz, die im Oktober in Bremerhaven stattgefunden hat.

Der ZDS setze auf das fortgeschriebene Nationale Hafenkonzept zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen. „Wir müssen die Bedingungen und die Effizienz der Lieferketten, die über die deutschen Seehäfen führen, verbessern. Unsere 190 Mitgliedsunternehmen agieren in einem Markt, der auch durch den Markteintritt neuer Wettbewerber im Ausland hart umkämpft ist“, sagte Peters. Das Nationale Hafenkonzept setze richtige Impulse und sei integraler Bestandteil des Aktionsplans Güterverkehr und Logistik und der neuen Maritimen Agenda 2025 der Bundesregierung. „Die Hafenwirtschaft und die maritime Logistik tragen maßgeblich zum Erfolg der maritimen Verbundwirtschaft in Deutschland bei. Die Instrumente müssen eng inhaltlich und mit Blick auf die 10. Nationale Maritime Konferenz in Hamburg zügig umgesetzt werden.“

Der ZDS-Präsident zeigte sich erfreut über den derzeitigen Investitionshochlauf der Bundesregierung für die Verkehrsinfrastruktur. Der angekündigte Ausbau der seewärtigen Zufahrten und der Hafenhinterlandanbindungen werde den Wirtschafts- und Logistikstandort Deutschland nachhaltig stärken. „Hier werden im wahrsten Sinne des Wortes gerade die richtigen Weichen gestellt“, äußerte sich Peters auch in Hinblick auf das Sofortprogramm „Seehafen-Hinterland-Verkehr II“, über das 350 Mio. € in die Engpassbeseitigung im Eisenbahnverkehr fließen sollen. Von einer leistungsfähigen Infrastruktur profitiere ganz Deutschland „von Flensburg bis nach Bad Reichenhall in Oberbayern“. Nun müssten Bund und Länder aber auch dafür sorgen, dass diese Mittel auch abgerufen werden können. „Wir brauchen mehr Personal in den Verwaltungen, um die Baumaßnahmen auch umsetzen zu können. Viele dringende Infrastrukturprojekte haben noch nicht die erforderliche Baureife“, mahnte Peters an. Hierfür müsse auch uneingeschränktes Baurecht geschaffen werden.

Im Hinblick auf das im Zusammenhang mit den geplanten Fahrrinnenanpassungen an Elbe und Weser bedeutungsvolle EUGH-Urteil fordert die Hafenwirtschaft zudem eine zügige Abarbeitung der aufgezeigten Mängel durch die Planungsbehörden. Weitere Verzögerungen würden dem Standort weiter schaden. Das europäische Umweltrecht kritisierte Peters hier als zu komplex und unübersichtlich: „Die praktische Umsetzung ist kaum noch handhabbar. Wir brauchen eine verhältnismäßige Abwägung aller beteiligten Interessen“. Eine solche Abwägung müsse man auch bei der nationalen Umsetzung der EU-Meeresstrategierahmenrichtlinie treffen: „Der Ausbau von seewärtigen Zufahrten sowie die Unterhaltung der wasserseitigen Infrastruktur müssen hier weiterhin leistbar und möglich sein“, appellierte Peters an die zuständigen Ressorts auf Bundes- und Länderebene.

Peters sprach sich für eine konkurrenzfähige Umwelt- und Energiepolitik aus. Regional beschränkte Umweltschutzmaßnahmen wie die geplante Einführung von Stickstoff-Emissions-Überwachungsgebieten (NECA) in Nord- und Ostsee lehne er deshalb ab. „Die deutsche Hafenwirtschaft ist nicht gegen Überwachungsgebiete. NECA und auch die bereits zum 1. Januar diesen Jahres eingeführten Schwefel-Emissions-Überwachungsgebieten (SECA) müssen aber auch für die Mittelmeerhäfen gelten“, forderte Peters. „Ansonsten ist das eine ungerechtfertigte Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Häfen an Nord- und Ostsee.“

Die fehlende EEG-Umlage-Befreiung für innovative umweltfreundliche Stromversorgungsalternativen von Schiffen bezeichnete Peters als „nicht nachvollziehbar“. So bleibe Landstrom oder die Versorgung über umweltfreundliche LNG-Kraftwerkschiffe (sog. „power barges“) am Markt weiterhin unattraktiv. „Die Schiffe erzeugen dann weiterhin ihren eigenen Strom, indem sie Schiffsdiesel verbrennen.

Die Ankündigung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, die LNG-Infrastruktur in den deutschen Seehäfen zu fördern, bezeichnete Peters hingegen als richtigen Schritt. „LNG ist der saubere Schiffstreibstoff der Zukunft und kann dabei helfen, die Emissionen in den Häfen erfolgreich zu senken“, so Peters. Weitere Pilotprojekte, etwa die Verwendung von Methanol als Treibstoff im Fährverkehr, werde die Hafenwirtschaft ebenfalls aufmerksam begleiten.

Peters dankte dem Bundestag, der Bundesregierung, und den zuständigen Bundesministerien dafür, das Förderprogramms „Innovative Seehafentechnologien“ (ISETEC III) weiterhin gemeinsam mit der Hafenwirtschaft zu finanzieren. „Diese Mittel wollen wir auch dafür einsetzen, um das Projekt ‚Hafen 4.0‘ weiterzuentwickeln“, kündigte Peters an. Die Bedeutung der digitalen Infrastruktur nehme in den Häfen rasant zu, „Industrie 4.0“ könne an der Kaikante bereits jetzt in Aktion erlebt werden, so Peters.

„Aber nicht nur der digitale Wandel stellt uns vor Herausforderungen, wir müssen auch den demografischen Wandel meistern“, sagte Peters. Deshalb werde die Hafenwirtschaft in die Aus- und Weiterbildung der zunehmend heterogenen Belegschaft investieren, um gemeinsam die Herausforderungen neuer Technik und Abläufe zu meistern und Potentiale voll ausschöpfen zu können. Denkbar seien hier ISETEC-Forschungsprojekte zu Mensch-Technik-Interaktion, etwa die Nutzung von Datenbrillen zur Neugestaltung logistischer Prozesse, so Peters. „Wir befinden uns noch am Anfang der technischen Möglichkeiten“.

In Hinblick auf die aktuelle Ordnungspolitik auf EU- und Bundesebene betonte Peters: „Für die deutsche Hafenwirtschaft ist hier wichtig, dass bestehende Hafenstrukturen nicht aufgebrochen werden“. Der Wettbewerb funktionierte einwandfrei und sei sehr intensiv, so Peters, und dürfe deshalb weder auf europäischer Ebene durch das sogenannte „Port Package III“, noch durch eine staatlich verordnete sog. Hafenkooperation zur Steuerung und Verlagerung von Ladung beeinträchtigt werden.

Peters forderte Bund und Länder zudem zu einer Nachbesserung bei der nationalen Umsetzung der EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie auf. „Belgien und die Niederlande gewähren bereits ein erleichtertes Erhebungsverfahren für die Einfuhrumsatzsteuer und schaffen hierdurch Wettbewerbsvorteile“, so Peters. Wenn Deutschland hier nachziehe, könne die Menge deutscher Einfuhrgüter gesteigert werden. „Das ist dann schließlich auch für den deutschen Fiskus interessant“.

Der aktuelle Jahresbericht des ZDS steht hier zum Download bereit: http://www.zds-seehaefen.de/wp-content/uploads/2015/11/ZDS_Jahresbericht-2015.FINAL_.pdf

Quelle ZDS  Foto: Luftbild des Hamburger Hafens  © HHM / Michael Lindner