Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz

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Die Verkehrswirtschaft will ihre Bemühungen für den Klimaschutz systematisch ausbauen. Von der Bundesregierung erwartet sie verlässliche Rahmenbedingungen und konsequente Investitionen zur Verbesserung des Verkehrssystems.

Bei einer Abendveranstaltung mit Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks, Abgeordneten des Deutschen Bundestages und Branchenvertretern erneuerte der Präsidiumsvorsitzende des Deutschen Verkehrsforums (DVF) Dr. Ulrich Nußbaum seine Forderung nach einem Modernisierungsbündnis: „Die Branche will ihren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten. Allerdings ist unsere Sorge, dass Ziel und Machbarkeit so einfach nicht zusammengehen werden, wie die Bundesregierung im Klimaschutzplan 2050 annimmt. Minus 40 Prozent CO2 bis 2030 ist im Verkehrssektor eine extreme Herausforderung. Wir brauchen Wettbewerbsfähigkeit genauso wie Klimaschutz. Das geht nur mit einer langfristig angelegten Modernisierungsoffensive, die Politik und Wirtschaft gemeinsam vorantreiben.“

Dr. Barbara Hendricks MdB, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, bekräftigte die Zielsetzung, den Verkehrssektor bis zur Mitte des Jahrhunderts nahezu emissionsfrei zu gestalten. Um das zu erreichen, benötige man bereits 2030 überwiegend Fahrzeuge mit neuen Antrieben auf deutschen Straßen. Die Ministerin betonte, dass aus ihrer Sicht ein beschleunigtes Umdenken in diese Richtung notwendig sei. Anderenfalls werde der Automobilstandort Deutschland seine weltweite Spitzenstellung in Zukunft nicht halten können. Wichtig sei schließlich eine hohe Priorisierung der Infrastruktur des Schienenverkehrs. Zur Absicherung der ÖPNV-Finanzierung habe die Bundesregierung langfristige, feste Zusagen gemacht. Insgesamt müsse das Miteinander der Verkehrsträger künftig noch besser organisiert werden.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Arnold Vaatz MdB äußerte die Befürchtung, dass die Ziele des Klimaschutzplans zu hochgesteckt und nicht ohne den Verlust an Wirtschaftskraft umsetzbar seien. Vor konkreten Umsetzungsschritten müsse es eine soziale und wirtschaftliche Folgenabschätzung geben. Letztendlich könne der Klimaschutz nur Erfolg haben, wenn die Innovationskraft der Unternehmen erhalten bleibe. Vaatz: „Will man regulatorische Vorgaben und Maßnahmen zur Emissionsreduktion langfristig planbar und verlässlich gestalten, muss der politische Rahmen, insbesondere bei der Festlegung von Grenzwerten, technologieoffen und innovationstreibend gesetzt werden. Wettbewerb statt Planwirtschaft muss der Leitgedanke sein. Im ursprünglichen Entwurf des Klimaschutzplans war dies nicht gegeben. Alternative Energieträger und Antriebe müssen sich ohne Subventionen am Markt durchsetzen können.“

Nach Einschätzung von Dr. Valerie Wilms MdB, Mitglied des Verkehrsausschusses und Sprecherin für Nachhaltigkeit der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Deutschen Bundestag, ist ein ambitionierter Klimaschutzplan zwingend notwendig. Dr. Wilms: „Bei den Antrieben im Straßenverkehr sind Entscheidungen nötig. Dafür müssen die nächsten Jahre genutzt werden. Es gibt Zwischenlösungen – Stichwort Power-to-X. Die Basis wird dann aber nicht der Diesel sein. Die notwendigen Schritte müssen wir in der nächsten Legislaturperiode umsetzen. Das geht über marktwirtschaftliche Instrumente. Der Preis für Kraftstoffe sollte von den Emissionen abhängen. Er muss die Wahrheit sagen.“ Dr. Wilms forderte außerdem stärkere Bemühungen, um die Attraktivität der Dienstleistungen im Kombinierten Verkehr zu steigern. Dafür sei auch der Deutschland-Takt notwendig.

Dr. Eckhard Scholz, Vorsitzender des Markenvorstands VW Nutzfahrzeuge der Volkswagen AG, schätzte den künftigen Markt für elektrifizierte Nutzfahrzeuge im innerstädtischen Verkehr positiv ein, plädierte aber dafür, den Dieselantrieb nicht negativ zu belegen. Dr. Scholz: „Momentan formt sich eine neue automobile Welt, die auch neue Kompetenzen und ein neues Denken fordert. Sie wird geprägt sein von digitaler Vernetzung, von neuen Antriebstechnologien, von einem integrierten Mobilitäts-Verständnis und noch anspruchsvolleren CO2-Zielen. Schon heute leistet der deutsche Verkehrssektor einen großen Beitrag zur CO2-Reduzierung. Der Einsatz unterschiedlicher Antriebsarten, effektiverer Kraftstoffe sowie ein modernes Verkehrssystem tragen dazu bei, dass Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz in Einklang zu bringen sind. Auch Lösungen für den Einsatz von Lang-Lkw und Platooning sowie optimierte Trailer und Lkw-Aufbauten können hier ihren Beitrag leisten.“

Nach Einschätzung von Matthias Magnor, Deutschland-CEO des Logistikunternehmens Hellmann, sind starke und langfristig angelegte Kaufanreize für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben erforderlich: „Hellmann hat schon vor 20 Jahren testweise alternative Kraftstoffe eingesetzt, seit 2012 auch LNG-Antriebe. Eine Förderung der Mehrkosten für die Anschaffung von Erdgas-Lkw ist unumgänglich, da deren Anschaffungskosten signifikant höher sind als bei vergleichbaren Diesel-Lkw. Gleiches gilt für elektrische Nutzfahrzeuge. Flankiert werden müssen diese Maßnahmen durch den Ausbau einer entsprechenden Tank-Infrastruktur. Die Effizienz ist im Straßengüterverkehr in den letzten Jahren weiter deutlich verbessert worden. Effizienzgewinne, auch der Lang-Lkw, sind wichtige und machbare Bausteine. Außerdem brauchen wir faire internationale Wettbewerbsbedingungen.“

Der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Transdev GmbH Christian Schreyer betonte, dass der Schienenverkehr auf der Kostenseite entlastet werden müsse, wenn der Klimaschutzplan Erfolg haben soll: „Die Schiene ist der umweltfreundlichste Verkehrsträger überhaupt, Elektromobilität ist hier längst Realität: Doch anstatt die Leistungen der Schiene für den Klimaschutz entsprechend zu würdigen, hat sich die EEG-Umlage in den letzten 10 Jahren fast verzehnfacht. Wer die Schiene fördern will, der muss für eine deutliche Senkung dieser Kosten sorgen. Zugleich muss die Elektrifizierung von Schienenstrecken im Sinne des Klimaschutzes weiter vorangetrieben werden. Es sollte zudem finanzielle Anreize für Aufgabenträger geben, einen niedrigen Energieverbrauch in Wettbewerbsverfahren zu implementieren.“

Quelle: DVF

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