In Bremen hat am 8. und 9. November die 5. Sustainable Shipping Conference stattgefunden. Expert*innen und rund 145 Gäste aus der maritimen Branche diskutierten Trends, Technikfragen und regulatorische Entwicklungen auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Schifffahrt. Das Maritime Cluster Norddeutschland war als Mitveranstalter an Bord.
Die Trends und Entwicklungen auf den globalen Schifffahrtsmärkten zeigte zum Auftakt Professor Dr. Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik auf. Er skizzierte damit auch den ökonomischen Rahmen, in dem die weitere Dekarbonisierung der Branche stattfinden soll. Dank der aus Sicht der Reedereien zuletzt sehr positiven Entwicklung der Frachtraten, die sich teilweise in kurzer Zeit verachtfacht hätten, und der guten Ergebnisse seien diese Unternehmen heute „in der Lage, Reserven zu bilden und in nachhaltige Technik zu investieren“, unterstrich Lemper in seiner Keynote. Allerdings hätten angesichts der Angebotslücke auch die Neubestellungen von Schiffen seit Herbst 2020 stark und seit diesem Frühjahr sogar „extrem“ angezogen. Ab 2023/24 sei daher mit einer Normalisierung zu rechnen, sogar erneute Überkapazitäten wären dann möglich, warnte Lemper.
Michael Maass von der Kühne+Nagel (AG&Co.) KG gab einen Überblick über die vielfältigen Aktivitäten der zu den weltweit führenden Transportlogistikunternehmen gehörenden Gesellschaft beim Thema Nachhaltigkeit. So könnten Seetransportkunden schon heute über die Plattform Seaexplorer leicht erkennen, „welches der jeweils umweltfreundlichste Dienst für den Transport ihrer Container von A nach B ist“, so Maass. Wegen der aktuellen Engpässe im Containerseetransport seien die Wahlmöglichkeiten aktuell allerdings mitunter eingeschränkt. In Bezug auf CO2-Emissionen setze K+N grundsätzlich auf eine langfristige Strategie und den Dreiklang von „vermeiden, reduzieren, kompensieren“. Maas gab zu Bedenken, dass es „Nachhaltigkeit im Transportwesen nicht umsonst gibt“.
Wolfram Guntermann von der Containerlinienreederei Hapag-Lloyd berichtete über ein Leuchtturmprojekt seines Unternehmens auf dem Weg zur emissionsarmen Schifffahrt, die Umrüstung der „Brussels Express“ für den Betrieb mit flüssigem Erdgas (LNG). Das Schiff mit einer Kapazität von 15.000 TEU sei „das erste Schiff dieser Größenordnung, das auf LNG-Betrieb umgerüstet wurde“. Hapag-Lloyd erwartet von derartigen Umrüstungen eine Reduktion der CO2-Emissionen in der Größenordnung von 15 bis 25 Prozent gegenüber dem Betrieb mit herkömmlichen Brennstoffen. Guntermann wies dabei auch auf die hohen Kosten (30 Mio. Euro) der technisch aufwendigen und anspruchsvollen Umrüstung hin. Die weltweit fünftgrößte Linienreederei hat mittlerweile zwölf große Neubauten bestellt, die mit LNG angetrieben werden können, 17 Schiffe der bestehenden Flotte gelten als LNG-ready, könnten also auf LNG umgerüstet werden.
Dr.-Ing. Ulrich Malchow von der Hamburger Ionada GmbH präsentierte technische Möglichkeiten und erste Pilotprojekte zur Abscheidung von CO2 aus Schiffsabgasen. „Null CO2 Emissionen bis 2050“ sei allein mit alternativen Kraftstoffen nicht zu erreichen. Gerade für die Bestandsflotte könnte die CO2-Abscheidung eine „pragmatische Lösung darstellen“, sagte Malchow. Mit der immer höheren Bepreisung von CO2-Emissionen werde die CO2-Abscheidung für die Schifffahrt künftig „auch zu einem Business Case“.
Sebastian Ebbing vom Verband Deutscher Reeder führte in das Fit-for-55-Gesetzepaket der EU („Green Deal“) ein, das auch erhebliche Folgen für die Schifffahrt impliziert. Die Ziele seien grundsätzlich zu begrüßen, die für die Schifffahrt maßgebende Verordnung zur Nutzung kohlestoffarmer Kraftstoffe im Seeverkehr müsse aber der Praxis teilweise noch angepasst werden. Als eine Herausforderung formulierte Ebbing die Bereitstellung von alternativen Kraftstoffen in ausreichender Menge. Eine andere sei die Verfügbarkeit von Landstrominfrastruktur als Voraussetzung für eine Landstrompflicht. „Hierfür kann nicht das Schiff verantwortlich sein“, betonte Ebbing.
In drei Workshops diskutierten Teilnehmer*innen und Expert*innen intensiv weitere Nachhaltigkeitsthemen, wie das Potenzial von Segeltechnologien, den künftigen Umgang mit Unterwasserschall sowie die Problematik der EU-Taxonomie.
Im Rahmen eines Empfangs des Senats der Freien Hansestadt Bremen hatte am Vorabend Tanja Dalgaard vom dänischen Thinktank Mærsk Mc-Kinney Møller Center for Zero Carbon Shipping in einem Festvortrag die großen Herausforderungen und Lösungsansätze für den Weg in eine dekarbonisierte maritime Branche skizziert.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden auch die beiden „greenports-Awards 2021“ der bremischen Häfen durch bremenports-Geschäftsführer Robert Howe verliehen. Die Preise gingen an das niederländische Feederschiff „Freya“ (Kategorie emissionsärmste Schiff) sowie an deren Reederei, die niederländische Holwerda Shipmanagement B.V. (Kategorie Reederei mit emissionsärmster Flotte).
Die 5. Sustainable Shipping Conference fand als Hybridveranstaltung im Haus der Bremischen Bürgerschaft mit rund 85 Teilnehmer*innen vor Ort, für die die 3G-Regeln galten, sowie weiteren 60 Teilnehmer*innen online statt. Veranstalter waren die Senatorin für Wissenschaft und Häfen der Freien Hansestadt Bremen, die Hochschule Bremen sowie das Maritime Cluster Norddeutschland.
Quelle und Foto: Maritimes Cluster Norddeutschland e. V., während der 5. Sustainable Shipping Conference im Haus der Bremischen Bürgschaft