Kein Klimaschutz mit der Brechstange

image_pdfimage_print

In einem ersten Treffen mit MdB Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Logistikbeauftragter der Bundesregierung, hat BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen in dieser Woche in Berlin die Schwerpunkte der Binnenschifffahrtspolitik in den kommenden vier Jahren besprochen.

Die neue Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag die weitere Steigerung des Güterverkehrs auf dem Wasser ebenso auf die Fahnen geschrieben wie die Stärkung der Hinterlandanbindungen der Seehäfen. Die Förderung von Landstrom und alternativen Kraftstoffen und Antrieben soll helfen, die schon heute besonders umweltschonende Binnenschifffahrt noch klimafreundlicher werden zu lassen. Staatssekretär Luksic und Geschäftsführer Schwanen waren sich darin einig, dass diese Eckpunkte des Koalitionsvertrages eine gute Basis für konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Schifffahrt bilden. Sie waren sich auch darin einig, dass die Güterbinnenschifffahrt einen wesentlichen Beitrag zur klimafreundlichen Bewältigung des Güterverkehrs der Zukunft leisten wird. Hierfür bedarf es gut ausgebauter Flüsse, etwa am Mittel- und Niederrhein, denn sie sind Voraussetzung für die Planbarkeit und Verlässlichkeit im Güterverkehr. Entsprechende Haushaltsmittel und ausreichend qualifiziertes Personal in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung müssen der Regierung hierfür zur Verfügung stehen.

Sorgen bereiten der Branche aktuell die Maßnahmen der Europäischen Kommission für die Erreichung der Klimaschutzziele im Rahmen des „Fit for 55“-Paketes:

Zwar wird im europäischen „Green Deal“ der Anstieg des Güterverkehrs auf dem Wasser um 50 % bis zum Jahr 2050 anvisiert, denn die Schifffahrt verfügt über erhebliches Potenzial für die erforderliche klimafreundliche Verkehrsverlagerung. Dieses Ziel wird aber konterkariert, wenn die EU-Kommission der Branche die Investitionsmöglichkeiten in Schiff, Betrieb und Personal nimmt. Insbesondere die geplante Novelle der europäischen Energiesteuerrichtlinie, die eine neue Steuer auf den in der Schifffahrt verwendeten Diesel vorsieht, wird zu einem massiven Anstieg der Betriebskosten führen und den klein- und mittelständisch strukturierten Unternehmen die Möglichkeit der Investition in Schiff, Betrieb und Personal nehmen.

„Verlagerungsziele und Klimaschutzmaßnahmen sind nicht im Einklang, mehr noch: Sie behindern einander. Die EU-Kommission muss hier dringend nacharbeiten“, so BDB-Geschäftsführer Schwanen, der sich eindeutig gegen diese neue Steuerbelastung ausspricht:

„Mit der neuen Steuer betreibt die EU-Kommission Klimaschutz mit der Brechstange. Sie erwartet von der Schifffahrt einen sofortigen Abschied von den fossilen Brennstoffen und ordnet hierfür eine allein klimapolitisch begründete Verteuerung des Schiffstreibstoffes an. Dieses Vorgehen versucht sie dadurch zu begründen, dass sie alternative Treibstoffe zeitlich befristet mit Null Euro besteuern will. Auch wir bekennen uns zum Ziel der Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Wir erwarten aber, dass die EU-Kommission begreift, dass es in der Güterschifffahrt zurzeit keine serienreifen und europaweit zur Verfügung stehenden Alternativen zum Diesel gibt. Eine Abkehr vom Diesel ist deshalb zurzeit de facto nicht möglich. Zwar gibt es mit „Elektra“ und anderen Forschungsvorhaben hoffnungsvolle Ansätze. Insbesondere in der Großschifffahrt auf dem Rhein, wo rund 80 % des Güterverkehrs auf dem Wasser stattfindet, stehen Elektro- oder Wasserstoffantriebe aber frühestens in einigen Jahren zur Verfügung. Und die flächendeckende Versorgungsinfrastruktur jenseits des Rheins und außerhalb Deutschlands, etwa in Ost- und Südosteuropa, wird sich ebenfalls nicht „mal eben“ errichten lassen. Wir verlangen, dass die EU-Kommission ihr Vorgehen an den Realitäten und dem Realisierbaren ausrichtet. Die Branche muss von solchen steuerlichen Mehrbelastungen, die ausschließlich schaden und niemandem nützen, verschont werden.“

Der BDB hat mit dem Parlamentarischen Staatssekretär und Logistikbeauftragten Oliver Luksic die Fortführung der Gespräche verabredet. Es wird dann um die konkrete Ausgestaltung der Branchenförderprogramme und um die Fortsetzung der Arbeiten am „Masterplan Binnenschifffahrt“ gehen. Der BDB hat hierzu – ebenso wie zur Entwicklung der Nationalen Hafenstrategie – bereits seine aktive Unterstützung zugesagt.

Quelle: BDB, Foto: SBKR, konstruktives Gespräch zur Binnenschifffahrtspolitik in der 20. Wahlperiode: Parl. Staatssekretär Oliver Luksic, zugleich Logistikbeauftragter der Bundesregierung (links), und BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen

Schreibe einen Kommentar