VBW und VSM bekräftigen die Notwendigkeit der nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen. Die Bemühungen der anderen Verkehrsträger, ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren, erhöhen den Druck auf die Binnenschifffahrt, mehr zu tun, um Schadstoffe und CO2 Belastungen zu reduzieren. Aufgrund der kleinteiligen Struktur der Binnenschiffsbranche können Schifffahrtsunternehmen die an sie gestellten Anforderungen ohne öffentliche Unterstützung nicht zeitgerecht umsetzen.
Vor dem Hintergrund des jüngsten extremen Niedrigwassers wurde nochmals deutlich, dass die Binnenschifffahrt für die Versorgung von Industrie und Handel in Deutschland systemrelevant und unverzichtbar ist. Für die Erreichung der Umweltziele der EU und der Bundesrepublik ist die Binnenschifffahrt essenziell ist. Darauf weist auch die EU-Kommission in ihrer Smart and Sustainable Mobility Strategy (SSMS) explizit hin.
In unserer gemeinsamen Stellungnahme vom 28. Februar 2018 haben VBW und VBW bereits verdeutlicht, dass die Binnenschifffahrt ein großes Potenzial hat, Schadstoffe und CO2 Belastungen zu reduzieren. Das Bundesverkehrsministerium hat in ihrer Förderung seit 2015 versucht, diesem Umstand Rechnung zu tragen. Insbesondere die EU notifizierte Förderrichtlinie vom 01.07.2021 und die zu ihrer Umsetzung bereitgestellten Haushaltsmittel haben eine große Marktdurchdringung erzielt.
Trotz der wirtschaftlichen Potenz der Bundesrepublik Deutschland und einer verbesserten finanziellen Ausstattung des Förderprogramms kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Förderprogramm zu einer vollständigen Transformation der Flotte in Bezug auf Klimaneutralität und Luftschadstoffreduktion führen wird. Neben der mangelnden Kapitaldecke der rund 3.000 selbstständigen Binnenschiffsbetreiber haben die letzten Jahre auch gezeigt, dass lange Liegezeiten bei Schiffsumbauten und Unsicherheiten in Bezug auf die Wartung ein Hindernis für Partikuliere darstellen, neue Antriebskonzepte in Erwägung zu ziehen. Deswegen ist es keine Überraschung, dass bei der seit Juli gültigen Förderrichtlinie bislang überwiegend Betreiber von Tagesausflugschiffen und größere Reedereien Antragsteller für größere Maßnahmen gewesen sind. Auch in Aussicht gestellte umfangreichere Förderanträge aus der Frachtschifffahrt sind bis zum Ablauf der aktuellen Förderrichtlinie Ende 2023 eher von Reedereien als von Partikulieren zu erwarten.
Die Studie der ZKR zum Greening der europäischen Binnenschifffahrt kommt zu dem Ergebnis, dass der Investitionsbedarf in der gesamten EU ca. 10 Milliarden € beträgt. Ohne einen europäischen Förderrahmen sind die Möglichkeiten der Nationalstaaten zur Flottenerneuerung begrenzt. Nur durch ein europäisches Flottenmodernisierungsprogramm könnten die ehrgeizigen Ziele der EU zur Klimaneutralität der Binnenschifffahrt tatsächlich erreicht werden. Deswegen begrüßen wir, dass die aktuelle Regierungskoalition eine solche Forderung in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hat. Aktuell ist ein europäisches Flottenmodernisierungsprogramm jedoch nicht in Sicht. Deshalb ist nationales Handeln auch weiterhin geboten. Denn auch ein mit begrenzten nationalen Mitteln ausgestattetes Förderprogramm kann einen wichtigen Baustein zur Erreichung der Klimaziele leisten, indem es „First Movern“ den Markteintritt mit alternativen Antriebskonzepten erleichtert, die Nachfrage nach derartigen Konzepten steigert und damit auch zu deren Kostensenkung beiträgt. Das schafft auch mehr Akzeptanz in moderne Antriebskonzepte bei Kleinunternehmen.
Neben den Bemühungen, insbesondere die fahrende Flotte nachhaltiger zu bekommen, steht die Binnenschifffahrt aber vor weiteren strukturellen Problemen. Nach wie vor sind nicht alle Wasserstraßen für das Großmotorgüterschiff (GMS) ausgebaut. Angesichts des erheblichen Sanierungsstaus in der Wasserstraßeninfrastruktur und einer unzureichenden Finanzausstattung für Aus- und Neubau werden daher auch in Zukunft Binnenschiffe mit einer Länge zwischen 86 bis 100 m dringend benötigt. Durch die Überalterung der Flotte, einschl. Geschäftsaufgaben, wird sich der Schiffsbestand in diesem Segment – insbesondere in der für die Industrie besonders relevanten Kanalschifffahrt – dramatisch verschlechtern und die Versorgungssicherheit gefährden. Der Krieg in der Ukraine hat diese Entwicklung zusätzlich befördert, indem wertvolle Tonnage an die südliche Donau abgewandert ist. Wir erhoffen uns ein deutliches Lagebild durch die Studie des Verkehrsministeriums zum Bedarf und zur Förderung dieses Schiffsraumes. Klar ist aber bereits seit etwa 10 Jahren, dass wir hierfür neue Instrumente brauchen, die effektiv die Modernisierung vorantreiben und die zu mehr Schiffsraum in dem Segment führen.
Unabhängig vom politischen Willen in Deutschland die Nachhaltigkeit des Verkehrsträgers zu fördern, sind die rechtlichen Möglichkeiten, dies zu tun, begrenzt. Die EU hat im Januar 2022 die neuen Leitlinien für staatliche Umwelt- und Energiebeihilfen in Kraft gesetzt, die neue, nicht branchengerechte Kriterien für das nachhaltige Schiff definieren. Insbesondere wurde der Leitsatz des ersten Delegierten Rechtsaktes zu den Regeln nachhaltiger Kriterien für die Finanzwirtschaft (Taxonomie) übernommen: Danach wird ein Schiff nur als nachhaltig bewertet, wenn es am Schornstein Null-Emissionen aufweist. Allerdings sieht der Delegierte Rechtsaktalternative Kriterien vor, die in den Leitlinien für Umwelt und Energiebeihilfen keine Befristung vorgesehen ist.
Derzeit legen die neuen State Aid Guidelines folgendermaßen fest, was ein „sauberes Fahrzeug“ ist:
- Zero-Emission am Schornstein
- Ein Binnen-Fahrgastschiff mit Hybridantrieb oder Dual-Fuel Motor, das im Normalbetrieb seine Energie zu mindestens zu 50% aus Energiequellen bezieht, die Zero-CO2 Emissionen am Schornstein aufweisen.
- Ein Binnen-Frachtschiff, das am Schornstein nach der Berechnungsmethode der IMO1 weniger als 50% CO2 pro Tonnenkilometer produziert als ein schwerer LKW im Durchschnitt aufweist (gem. Art 11 EU 2019/1242).
Darüber hinaus ist zu erwarten, dass der erste Delegierte Rechtsakt durch ein weiteres alternatives Klimaschutzkriterium für See- und Binnenschiffe ergänzt wird, das auf der Senkung der THGEmissionen auf Basis eine Lebenszyklusbetrachtung der verwendeten Treibstoffe basiert. Hierfür hat die „Sustainable Finance Plattform“ bereits Definitionen entwickelt, die es erlauben, das volle Potential alternativer Treibstoffe für den maritimen Klimaschutz zu nutzen.
Die neuen State Aid Guidelines stellen weiterhin klar:
- Hilfen haben sich an Anwender und nicht an Hersteller zu richten
- Technologien, die zur Reduktion von Schadstoffen und Klimagasen führen, sind weiterhin ebenso förderfähig, wie Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung. Hilfen für die Reduktion von nicht CO2 Emissionen werden nur gewährt, um Unionsstandards zu unterschreiten
- Hilfen können auch in Form von Steuererleichterungen oder steuerähnlichen Abgaben gewährt werden
- Förderung der Kreislaufwirtschaft
- Die Anschaffung oder das Leasen von sauberen Wasserfahrzeugen wird gefördert
- Technologien für CCS und CCU sind förderfähig – Nachrüstung im Bestand, wenn dadurch der Status eines „sauberen Schiffs“ erreicht wird – Studien und Beratungen, die sich auf Gegenstände der State Aid Guidelines beziehen, sind mit 60-80% förderfähig.
Die Hilfen werden bei Neuanschaffungen begrenzt auf 40% der förderfähigen Mehrkosten. 10% mehr gibt es für Zero-Emission Fahrzeuge und weitere 10% für mittelgroße bzw. 20% für kleine Unternehmen zusätzlich. Bei Retrofit und Nachrüstung können ggf. die kompletten Investitionskosten förderfähig sein. Förderfähige Kosten sind die Investitionskosten, um den Umwelteffekt zu erzielen. Dabei gilt eine Förderquote von 40% mit 10% bzw. 20% Zuschlag für mittlere bzw. kleine Unternehmen. Höhere Fördersätze, wie in der derzeitigen Förderrichtlinie des BMDV, sind nur durch eine Notifizierung zu erreichen.
Zunächst ist festzuhalten, dass alle Fördertatbestände, die derzeit in Artikel 3.1 der gültigen Förderrichtlinie stehen, nicht von den neuen State Aid Guidelines betroffen sind, weil sie eine andere europäische Rechtsgrundlage haben. D.h., diese Fördertatbestände sollten problemlos fortgeführt werden können.
a) Förderungen gem. Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
Wir sprechen uns für eine Fortsetzung der Fördertatbestände aus Art. 3.1 der gültigen Förderrichtlinie aus und schlagen folgende Änderung vor:
- 3.1.2 ermöglicht eine Förderung der Energieeffizienzsteigerung. Doch die zu fördernden Maßnahmen beziehen sich ausschließlich auf eine Einsparerfordernis in Höhe von 10% des gesamten Energieverbrauchs eines Schiffes, also inkl. Antrieb. Das schließt alle Energieeffizienzmaßnahmen aus, die darauf ausgerichtet sind, den Energiebedarf im Liegebetrieb zu verbessern. Hier sollte unbedingt nachgebessert werden.
- Die Umrüstung von Bestandsfrachtschiffen auf Hybridantriebe sollte fördertechnisch kein Problem sein, wenn mit der Umrüstung gleichzeitig ein Effizienzgewinn in Höhe von mindestens 10% erzielt wird. Dann greift der Fördertatbestand aus 3.1.2. Die einzige offene Frage hierbei ist, ob bei dem Hybridantrieb zur Effizienzsteigerung nur der elektrische Antriebsteil oder auch der Energiewandler gefördert werden kann, sofern er nicht den Erfordernissen eines „sauberen“ Antriebs entspricht. Förderfähig sollten hier die kompletten Investitionskosten sein.
- Die Förderung der Niedrigwasseranpassung nach 3.1.3 ist bislang beschränkt auf Frachtschiffe. Dies schließt aber die Förderung von Fähren aus, weil diese Schiffe als Fahrgastschiffe gewertet werden. Den Ausschluss von Fähren halten wir aber nicht für zielführend. Gerade Fähren nehmen eine wichtige Aufgabe in der Infrastruktur wahr und sie sollten ausdrücklich in die Förderung aufgenommen werden.
- De facto handelt es sich bei der Förderung der Niedrigwasseranpassung implizit auch um eine Förderung der Modernisierung von Frachtschiffen. Durch die Fördervoraussetzung, 15 cm bessere Operabilität bei Niedrigwasser zu erreichen, sind die Schiffe, die überwiegend in der Kanalfahrt unterwegs sind, von der Möglichkeit, so ihr Schiff zu modernisieren, ausgeschlossen. Dieses Problem sollte im Rahmen des oben angesprochenen Problems des zu erwartenden Fehlbestandes von Schiffsraum für die Kanalfahrt gelöst werden.
b) Förderungen nach Artikels 93 AEUV und den Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen von 2022
- Wir schlagen vor, die Förderung der Nachrüstung von AGN und KWE im Bestand beizubehalten.
- Die Förderung von vollelektrischen Antrieben und Brennstoffzellen zur Energieerzeugung ist weiterhin rechtlich möglich und sachlich geboten.
- Für Fahrgastschiffe ist auch bei Hybridantrieben eine Förderung weiterhin möglich, wenn neben dem Verbrennungsmotor mindestens 50% der benötigten Energie zum Betrieb des Schiffes aus einer Batterie stammt3 , oder mindestens 50% von Kraftstoffen kommt, die keine CO2 Emissionen bei der Verbrennung verursachen. Auch diese Hybridantriebe sollten sowohl im Neubau als auch in der Umrüstung weiter gefördert werden.
- Wenn eine Umrüstung eines Frachtschiffs auf einen Hybridantrieb keine Energieeffizienzsteigerung in Höhe von 10% nach sich zieht, sollte eine Förderung im Rahmen der Antriebsförderung trotzdem möglich sein, sofern der Energiewandler die Erfordernisse der State Aid Guidelines erfüllt. Allerdings sind dann nur die Mehrkosten im Vergleich zu einem regelkonformen Stufe 5 Antrieb förderfähig.
- Im Frachtschiffneubau wird nur dann eine Antriebsförderung möglich sein, wenn die Bedingungen der State Aid Guidelines in Bezug auf einen sauberen Antrieb erfüllt werden. Auch hier wären nur die Mehrkosten förderfähig im Vergleich zu einem regelkonformen Stufe 5 Motor.
Losgelöst von der Art des Fördervorhabens (3.1.1 / 3.1.2…..) muss fortgeführt werden, dass die Kosten, die hinführend auf den Förderantrag anfallen (Simulationen, Berechnungen und Ingenieurdienstleistungen), nicht förderschädlich sind, da ansonsten viele Förderanträge nicht zustanden kommen würden. Es ist derzeit bereits mit starker Überzeugungsarbeit verbunden, die Reederschaft zu einem Förderantrag zu bringen. Wenn diese nun auch die Kosten für die Dienstleistungen nicht gefördert bekämen, wäre dies das Aus für diverse Förderprojekte.
Über das eigentliche Förderprogramm hinausgehend gibt es weitere Themen, bei denen eine staatliche Unterstützung hilfreich wäre, damit die Binnenschifffahrt die ihr zugedachte Rolle im Rahmen der Transformation der Logistik und der Wirtschaft spielen kann.
a) Ladestrom
Im Zuge der Elektrifizierung einer Flotte fallen im Wesentlichen zwei Kostenarten an: Die Bau- / Umbaukosten für das Binnenschiff sowie die dafür jeweils technisch notwendige landseitige Ladeinfrastruktur, eingeschlossen die Adaptierung vorhandener oder neuer Anlegerstrukturen. Neben dem allgemeinen Anspruch, die Gesamtkosten zu minimieren,sollten energetisch effiziente Systemauslegungen in den Fokus der Förderungen gestellt werden. Bei Betrachtung von Flotten >3 Schiffen, kann eine zentrale (Gelegenheitsladen) oder dezentrale DC-Schnellladeinfrastruktur (Pulsladen) zur Minimierung der Batteriekapazität an Bord, sowie zu geringen Anforderungen an Ladegeräte an Bord und Ladeinfrastruktur an Land für das Depotladen (über Nacht) führen. Vor allem DC-Ladeinfrastrukturen mit integriertem Pufferspeicher können helfen, die einmaligen (Infrastruktur und Netzanschluss) und regelmäßigen (Leistungspreis für hohe Peak-Leistungen) Kosten zu minimieren. Angesichts dessen, dass die Auslegung zur Elektrifizierung eines Schiffes unmittelbar abhängig ist von einer zweckdienlichen Ladeinfrastruktur und angesichts dessen, dass eine reine Elektrifizierung ohne Verbesserung der Optimierung der Energieeffizienz des Schiffes auch zu Fehlinvestitionen führen kann, ist es zur Sicherstellung von volkswirtschaftlich sinnvollen Lösungen notwendig, sinnvolle Verzahnungen unterschiedlicher Förderbereiche zu prüfen. Durch die Kombination von Förderungen könnte immer die effizienteste Lösung umgesetzt werden, um gesamtheitlich Kosten und Ressourcen (und somit auch wieder CO2) einzusparen, als auch dem grundsätzlichen Anliegen zur Umgestaltung der Binnenschifffahrt eine wesentliche Grundlage zu eröffnen.
b) Standortsicherung für Werften
Die meisten deutschen Binnenschiffswerften haben in den letzten Jahren gerade ausreichend verdient, um den Betrieb aufrecht zu erhalten, doch meist nicht genug, um in die Standorte zu investieren. Das macht sich z.B. darin bemerkbar, dass in Deutschland nur zwei Werften mit einer 135 Meter Helling existiert und keine im Rhein/Ruhr Revier. Der VSM hat sich in den letzten zwei Jahren in Gesprächen mit drei Bundesländern bemüht, hierfür mit Landesförderungen eine Lösung zu finden, doch für diese ist eine Förderung nur mit Hilfe der üblichen Landesförderung möglich. D.h. z.B. im Fall von NRW, dass in Duisburg grds. eine Landesförderung machbar wäre, aber an den Standorten in Köln oder Niederkassel nicht. Außerdem zeigt sich, dass diese Landestöpfe sehr schnell leer sind.
Doch die gewaltige Zukunftsaufgaben, die deutsche und europäische Binnenschifffahrt klimaneutral umzugestalten, werden wir nur erreichen können, insbesondere mit einer nennenswerten Wertschöpfung in Deutschland, wenn wir den Werften helfen, sich für die Aufgaben fit zu machen. Meist müssen die Hellinge nicht nur erweitert (wo dies überhaupt möglich ist), sondern vor allem auch modernisiert und instandgesetzt werden.
c) Neubauprogramm
Bereits im BÖB/VBW/VSM-Strategiepapier FLUENT aus dem Jahr 2015 haben wir darauf hingewiesen, dass die Flotte im Kanalgebiet überaltert ist. Damals haben wir vor allem auf ein Neubauprogramm zum Ersetzen alten Schiffsraums gedrängt. Angesichts der Schrumpfung der Kanalflotte bedarf es inzwischen nicht mehr eines reinen „Alt für Neu Programms“, sondern eines grundlegenden Neubauprogramms. Die Struktur der Kanalschifffahrt legt nahe, dass dies ein klassisches Fahrtgebiet für Partikuliere bleiben wird. Doch gerade Partikuliere können sich die gestiegenen Preise im Schiffbau nicht mehr leisten. Dieser Umstände gefährdet inzwischen die Versorgungssicherheit der Industrie im Kanalgebiet.
Auch mit Blick auf künftig zunehmende extreme Niedrigwasserperioden besteht erheblicher Handlungsbedarf. Da notwendige wasserbauliche Maßnahmen viel Zeit in Anspruch nehmen, hat die öffentliche Hand nur begrenzte Optionen, um Niedrigwasserproblemen kurzfristig zu begegnen zu können. Deshalb werden neben den mit der Modernisierungsförderungsrichtlinie adressierten Tatbeständen zur Niedrigwasseroptimierung auch staatliche Anreize für eine vermehrte Neubautätigkeit von flachgehenden Schiffen benötigt. Dies dient vor allem der Gewährleistung der Versorgungssicherheit der Industrie am Rhein.
d) Binnenschiffs EEOI
Die State Aid Guidelines verweisen auf den EEOI der IMO, da es noch kein EU-weit abgestimmtes Vorgehen für das Energielabelling von Binnenschiffen gibt.
Wir empfehlen deshalb, den bereits vom BMDV für die Binnenschifffahrt beauftragten Vorschlag eines Index für den EEOI heranzuziehen, da hier die technischen Besonderheiten von Binnenschiffen adäquat abgedeckt werden. Hierzu gibt es erste Ansätze von Forschungsinstitutionen, wie ein EEOI für die Binnenschifffahrt angewandt werden kann.
Um eine einheitliche Basis für den Förderaufruf zu generieren und Erfahrungswerte für das Energielabelling in der Binnenschifffahrt zu erhalten, schlagen wir vor, den Ansatz aus dem über CESNI veröffentlichen Paper: „EVALUATING THE ENERGY REQUIREMENT OF INLAND VESSELS USING ENERGY EFFICIENCY INDICES“ aus dem Juni 2020 anzuwenden. Hierbei handelt es sich um anfängliche Untersuchungen zu diesem Thema.
e) Landstrom
Binnenschiffsbezogene Immissionen, vor allem Dieselgeruch und Luftschadstoffe, sorgen an Liegestellen im urbanen Raum für Konflikte mit Anwohnern und mangelnde Akzeptanz.
Die Mehrheit der Binnenschifffahrt verbringt Ruhephasen an Liegestellen im Bundeseigentum. Nur ein kleiner Teil der Schifffahrt nimmt Liegestellen in Binnenhäfen für Übernachtungen in Anspruch. Ein Grund hierfür sind die Liegeentgelte in Binnenhäfen. Die WSV begegnet diesem Problem mit einer großzügigen Landstromausstattung ihrer Liegestellen. In Binnenhäfen stößt diese Lösungsmöglichkeit vor allem bei Frachtschiffen an ihre Grenzen. Anders als in der Kabinenschifffahrt, wo aufgrund der Marktstruktur, des Strombedarfes und der Erwartungen der Kundschaft sinnvolle Landstromlösungen umgesetzt werden können, scheitern derartige Projekte für die Frachtschifffahrt an einem nach wie vor schwierigen Rechtsrahmen sowie an mangelnden positiven ökologischen und ökonomischen Nutzen-Kosten-Betrachtungen. Daran hat auch die seit Sommer 2021 bestehende Bund-Länder-Förderung nicht wesentlich etwas geändert. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Entwicklung der Batterietechnik in Bezug auf Leistung und Erschwinglichkeit in den vergangenen Jahren deutlich vorangeschritten ist. Erste Schifffahrtsbetreiber haben sich diese Entwicklung bereits zunutze gemacht und erzeugen und speichern während der Fahrt Strom, der ihnen einen emissionsfreien Liegebetrieb ermöglicht. Werden Solarpanels auf dem Steuerhaus oder der Abdeckung des Frachtraums eingesetzt, kann je nach Bedarf sogar vollständig emissionsfreier Bordstrom generiert werden. Mittelfristig ist hier sogar ein Einsatz von Minibrennstoffzellen denkbar. Diese Lösungen sind deutlich kostengünstiger als eine landgebundene Stromversorgung, die zudem für Schiffs- wie Hafenbetreiber deutlich höheren operativen Aufwand erzeugt. Wir regen daher an, die aktuelle Förderrichtlinie durch einen Punkt „Emissionsfreier Liegebetrieb“ zu ergänzen in dem die Ertüchtigung von Binnenschiffen zu diesem Zwecke gefördert wird. Sollten nach Ablauf der Landstromförderung Restmittel im Topf des Bundes verbleiben, sollte geprüft werden, ob ein Teil dieser zweckgebunden in die Binnenschiffsmodernisierungsförderrichtlinie übertragen werden kann.
Quelle: Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V., Foto: HHM / Hasenpusch