Die zuständigen Ministerinnen und der Vertreter der Europäischen Union sind auf Einladung von Cora van Nieuwenhuizen, Ministerin für Infrastruktur und Wasserwirtschaft, in Amsterdam zur 16. RheinMinisterkonferenz zusammengekommen. Sie haben eine insgesamt positive Bilanz der Umsetzung des Programms „Rhein 2020“ gezogen und das Programm „Rhein 2040“ mit neuen, ambitionierten Zielen für Artenvielfalt, Wasserqualität, Klimawandel, Hochwasservorsorge und Umgang mit Niedrigwasser beschlossen.
Umsetzung des Programms „Rhein 2020“ Seit 70 Jahren kooperieren die Staaten im Rheineinzugsgebiet in der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR). Die intensive Zusammenarbeit ist weltweit zum Vorbild für viele andere Flussgebiete geworden. 2001 hatten die Staaten das Programm „Rhein 2020“ beschlossen. Nun sind die zuständigen Ministerinnen und der Vertreter der Europäischen Union in Amsterdam zusammengekommen, haben eine unter dem Strich positive Bilanz der Umsetzung des Programms „Rhein 2020“ gezogen. Einige Erfolge sind:
- Hochwasser: Seit dem großen Hochwasser vor 25 Jahren, als im gesamten Rhein-Einzugsgebiet erhebliche Schäden entstanden und unter anderem in den Niederlanden rund 250.000 Menschen ihre Häuser verlassen mussten, konnte das Risiko von Schäden um ein Viertel reduziert werden. Die Staaten haben mehr als 14 Milliarden Euro in Maßnahmen investiert, beispielsweise in den Bau neuer Hochwasserrückhalteräume. Auch konnten die Vorhersagezeiträume verdoppelt und das Bewusstsein durch die Veröffentlichung von Hochwasserrisikokarten gesteigert werden.
- Wanderfische: Seit 2001 sind fast 600 Wanderhindernisse im Rhein und seinen Nebenflüssen beseitigt worden. Meilensteine waren der Bau der OberrheinFischpässe Iffezheim (2000), Gambsheim (2006), Straßburg (2016) und Gerstheim (2019) sowie die Teilöffnung der Haringvlietschleusen bei Rotterdam (2018). Dadurch können Wanderfische viele Laichhabitate im Gewässersystem Rhein wieder erreichen; jährlich werden mehrere hundert Lachse nachgewiesen.
- Wasserqualität: Seit der Jahrtausendwende konnte die Wasserqualität weiter verbessert werden. Durch die Modernisierung von Kläranlagen wurden die punktuellen Einträge von Stickstoff, Phosphor, Schwermetallen und weiteren Schadstoffen deutlich reduziert.
- Artenvielfalt: In den letzten 20 Jahren wurden ca. 140 km2 Flussauen wiederhergestellt und 160 Altarme wieder mit dem Rhein verbunden. Auf diese Weise sind wertvolle Lebensräume für wasserabhängige Tiere und Pflanzen entstanden und deren Schutz hat sich auch verbessert, zum Beispiel mit der Aufnahme des grenzüberschreitenden Feuchtgebiets ‚Oberrhein/Rhin supérieur‘ in die RAMSAR-Liste.
Trotz umfassender Erfolge wurden nicht alle Ziele vollumfänglich erreicht. So ist der südliche Oberrhein bis Basel noch immer nicht für Wanderfische durchgängig. Auch die Planungsverfahren für Hochwasserrückhalteräume gestalten sich aufgrund lokaler Widerstände teilweise aufwendig. Mikroverunreinigungen durch Arzneimittelrückstände, Röntgenkontrastmittel und Pflanzenschutzmittel stellen neue Bedrohungen für die Wasserqualität dar. Der heiße und trockene Sommer 2018 hat deutlich gemacht, wie sich der Klimawandel mit langanhaltenden Trockenphasen auch auf den Rhein auswirken kann. Die Ministerinnen und der Vertreter der Europäischen Union wollen daher – auf einer Linie mit dem europäischen „Green Deal“ und der ambitionierten Umweltpolitik der Schweiz und Liechtensteins – die erfolgreiche Zusammenarbeit im Rheineinzugsgebiet in den nächsten 20 Jahren mit unvermindertem Engagement fortführen. Das Programm „Rhein 2040“ soll die verschiedenen Nutzungen in Einklang mit dem Schutz des Ökosystems bringen. Es enthält neue, ambitionierte Ziele für verschiedene Handlungsfelder. Die wichtigsten Ziele sind:
- An den Klimawandel anpassen: Bis 2025 wird die Strategie der IKSR zur Klimawandelanpassung aktualisiert, um bessere Kenntnisse zu erlangen und weitere Anpassungsvorschläge zu erarbeiten.
- Niedrigwasser verkraften: Das Niedrigwasser-Monitoring wird fortgeführt und es werden gemeinsame Lösungen entwickelt, um künftig besser auf Niedrigwasser vorbereitet zu sein und dessen Auswirkungen besser bewältigen zu können.
- Fischdurchgängigkeit vollenden: Wanderfische sollen wieder zwischen der Nordsee und dem Rheinfall von Schaffhausen wandern und ihre Lebensräume besiedeln können. Dafür müssen am Oberrhein Fischpässe an den Staustufen Rhinau (2024), Marckolsheim (2026) und Vogelgrün (so bald wie möglich) betriebsbereit sein und mindestens 300 weitere Wanderhindernisse im Einzugsgebiet durchgängig gestaltet werden.
- Mikroverunreinigungen eindämmen: Um die Wasserqualität weiter zu verbessern und den Rhein als Ressource für die Trinkwassergewinnung zu erhalten, sollen die Einträge von Mikroverunreinigungen, z. B. in Form von Arzneimitteln, Röntgenkontrastmitteln oder Pflanzenschutzmitteln in den Rhein und seine Nebenflüsse bis 2040 um mindestens 30 % reduziert werden. Dieser Zielwert kann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt erhöht werden.
- Weitere Flussauen reaktivieren: Bis 2040 sollen weitere 200 km2 Überschwemmungsgebiete wiederhergestellt sowie 100 Altarme mit dem Rhein verbunden werden. Zudem soll das vielerorts stark verbaute Flussufer auf zusätzlichen 400 km Länge naturnäher gestaltet werden.
- Hochwasserrisiken reduzieren: Bis 2040 soll das Hochwasserrisiko am Rhein trotz Bevölkerungswachstum und den damit verbundenen Siedlungsentwicklungen um weitere 15 % gegenüber 2020 gesenkt werden. Das Programm „Rhein 2040“ folgt den Leitbildern des Solidaritätsprinzips und einer nachhaltigen und klimaresilienten Wasserbewirtschaftung. Die Staaten im Rheineinzugsgebiet werden ihre Anstrengungen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessengruppen sowie mit wissenschaftlichen Einrichtungen unter Hochdruck fortführen und alle sechs Jahre eine Bilanz der Umsetzung ziehen.
In der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) arbeiten seit 70 Jahren die Schweiz, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Luxemburg und die Europäische Union auf der Basis eines völkerrechtlichen Übereinkommens zusammen, um die vielfältigen Nutzungen und den Schutz des Gewässers in Einklang zu bringen. Für die Umsetzung europäischer Richtlinien wurde die grenzüberschreitende Kooperation auf die Staaten Österreich, Liechtenstein, Italien und die belgische Region Wallonien ausgeweitet. Aktuelle Präsidentin ist Veronica Manfredi von der Europäischen Kommission. Ihr und den Gremien der IKSR steht ein international besetztes Sekretariat mit Sitz in Koblenz (Deutschland) zur Seite. Für ihre erfolgreiche Arbeit seit 1950 wurde die Kommission 2013 mit dem European RiverPrize und 2014 mit dem International Thiess RiverPrize ausgezeichnet. Detaillierte Informationen zur IKSR finden Sie auf www.iksr.org.
Quelle und Foto: IKSZ