Die chinesische Suche nach neuen Absatzmärkten und wachsenden Exportzahlen dauert an. Infolgedessen hat das Land 2013 mit der Präsentation einer neuen „Seidenstraße“ begonnen. Die Überschrift lautet: One Belt, One Road (OBOR).
Am Mittwoch, dem 30. März, wurde beim Hafenbetrieb Rotterdam ein Seminar zu diesem Thema organisiert, bei dem unterschiedliche Parteien zusammenkamen, um die Potenziale zu analysieren und sich miteinander auszutauschen.
OBOR ist eine wichtige Säule der Wirtschaftsstrategie der chinesischen Regierung – sie hat nämlich für diese Pläne ca. 40 Milliarden Dollar für den „Seidenstraßen-Fonds“ zur Verfügung gestellt. Der Fonds kann diesen Betrag in den kommenden Jahren in logistische Infrastruktur zwischen China und Europa investieren. Die Kombination aus aktiver Stimulierung der Auslandsaktivitäten seitens der chinesischen Regierung und der Fokus auf die Logistik in der euroasiatischen Region werden wahrscheinlich dazu führen, dass immer mehr Logistikunternehmen aus China sich in Europa orientieren und dort noch aktiver nach Investitionsmöglichkeiten suchen werden.
Rotterdam wäre – geografisch und einrichtungstechnisch – ein logischer Anfangs- und Endpunkt der neuen Seidenstraße. Der Rotterdamer Hafen sieht dabei seine Rolle als Drehkreuz und Tor zu Großbritannien und der Ostküste der Vereinigten Staaten. Beim Seminar wurden vor allem euroasiatische Zugverbindungen besprochen. Im Juli 2015 kam bereits der erste Zug aus China im Waal-Hafen an. Mit einer Transportzeit von ungefähr 15 Tagen ist der Schienentransport ca. zwei- bis drei Wochen schneller als per Schiff. Die Ladekapazität ist im Vergleich mit der Schifffahrt bedeutend niedriger und der Preis liegt höher als beim Schiff, jedoch wiederum deutlich niedriger als bei Flugtransport. Es sind die Details, die in diesem Fall den Ausschlag geben. Hält die Zugstrecke zum Beispiel heftigen Schneefällen in Kasachstan stand? Auf welche Weise spielen die Kulturunterschiede eine Rolle? Sind die Züge gut gegen Diebstahl gesichert? Im Seminar wurde offen über die Erfahrungen der Teilnehmer geredet.
In den neuen chinesischen Plänen besteht das strategische Element Transport und Infrastruktur größtenteils aus zwei Komponenten: der Schienenverbindung zwischen China und Europa auf unterschiedlichen Routen sowie der Seeverbindung. OBOR stellt dabei noch work in progress dar, deswegen hatten die Teilnehmer noch einige große Fragen. Welche Verlademethode ist zum Beispiel am effizientesten: Schienenverkehr, Flugzeug oder Schiff? Walter Vermeer, Manager Category Procurement bei FrieslandCampina ist heute hier, um sich die Erfahrungen der anderen Teilnehmer anzuhören. „Wir möchten es gerne erfahren, wenn es Alternativen zu den Routen gibt, die wir momentan haben, oder wenn sie entstehen“, erzählt Vermeer. „Es geht uns vor allem darum, die Erfahrungen der anderen Unternehmen aus erster Hand zu hören und diese Möglichkeit haben wir heute gehabt.“
Die Verbindungen und Geschäftsbeziehungen mit China sind für die Geschäftstätigkeit des Rotterdamer Hafens wichtig. Das asiatische Land ist nämlich für ca. 25 Prozent des gesamten Containerstroms in der Stadt an der Maas verantwortlich. Der Hafenbetrieb arbeitet intensiv mit Partnern in China zusammen, um die guten Beziehungen zu verstärken. OBOR ist deswegen ein wichtiges Gesprächsthema. Im Seminar hat man sich die Zeit genommen, das Wissen miteinander zu teilen, Erfahrungen auszutauschen und sogar eventuelle Kooperationen zu organisieren. Heute ist unter anderem Fenneke Frieling, Project Manager bei HP, nach Rotterdam gekommen. Sie berichtet über die positiven Erfahrungen ihres Unternehmens mit interkontinentalem Schienentransport zwischen China und Europa. „Ich finde es schön, unsere Erfahrungen heute mit anderen zu teilen“, sagt Frieling. „Bei HP sind wir auch aktiv daran beteiligt, das Interesse von anderen Unternehmen zu wecken. Für die Verbindung ist es natürlich nur besser, wenn mehr Parteien mitmachen.“
Quelle und Foto: Hafenbetrieb Rotterdam