Der belgische Seehafen Antwerpen setzt verstärkt auf die Rhein-Main-Region. Mit gezielten Projekten soll die Zusammenarbeit mit Verladern und Logistikdienstleistern in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg vorangetrieben werden. Auf dem Hafentag in Mainz hat die Antwerp Port Authority dazu neue Möglichkeiten mit Akteuren entlang der Rheinschiene diskutiert.
Prominenter Gast des Hafentages war der rheinland-pfälzische Verkehrsstaatssekretär Andy Becht (FDP), der große Hoffnungen in die geplante Abladeoptimierung am Mittelrhein zwischen Mainz und St. Goar setzt: „Ein Binnenschiff könnte bei niedrigen Flusspegeln zukünftig dann bis zu 200 Tonnen mehr transportieren“, betonte Becht.
2015 wurden bereits rund 65 Millionen Tonnen zwischen Antwerpen und Deutschland auf Schiene, Straße und Wasserstraße befördert. Dabei kommt der Rhein-Main-Region eine Schlüsselfunktion zu.
„Für die kommenden Jahre rechnen wir mit einem weiteren signifikanten Anstieg der Güterströme entlang der Rheinschiene. Um dieses Wachstum bewältigen zu können, brauchen wir neue intermodale Lösungen“, sagt Elmar Ockenfels, Repräsentant der Antwerp Port Authority für Deutschland. Im Fokus steht daher der Ausbau der intermodalen Transportverbindungen sowie der Aufbau von regionalen Drehscheiben, in denen Waren aus dem Hinterland für effizientere Transporte zusammengeführt werden können.
Derzeit bestehen bereits regelmäßige Schienenverbindungen zwischen Antwerpen und diversen Terminals in der Rhein-Main-Region. Die Antwerp Port Authority startet am 5. Oktober eine Ausschreibung, mit der die Anzahl der Bahnverbindungen in die Regionen Rhein-Main und Rhein-Ruhr erhöht werden sollen. Gesucht sind Projektvorschläge für neue direkte intermodale Bahnverbindungen oder zur Verbesserung bestehender Bahnverbindungen, beispielsweise durch eine Frequenzsteigerung.
Vorschläge müssen den Verladern effiziente, zuverlässige und wettbewerbsfähige Alternativen für den Straßentransport bieten und nachhaltig neben den bestehenden intermodalen Verkehren umgesetzt werden können. Die offene Projektausschreibung richtet sich an alle intermodalen Operateure und endet am 7. Dezember 2016.
Wichtig ist die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit von Schienenangeboten zwischen der Rhein-Main-Region und Antwerpen. Dies kann erreicht werden, wenn Logistikdienstleister zusammenarbeiten und über Drehscheiben im Hinterland ihre Ladungen konsolidieren. Diese Drehscheibenfunktion können trimodale Container-Terminals entlang der Rheinschiene übernehmen.
Vor allem dort, wo sich tägliche Direktverkehre nicht rechnen, können über solche Hubs Waren in kürzeren Frequenzen aus den unterschiedlichsten Regionen europaweit gebündelt und per Shuttle nach Antwerpen weiterverteilt werden. Dieses Angebot wäre auch für mittelständische Unternehmen attraktiv, die oft nicht ganze Container versenden, sondern nur sogenannte Teilladungen zusammenbringen.
Bei der Entwicklung neuer Verkehrsanbindungen spielt auch die Binnenschifffahrt eine große Rolle. Jede Woche starten oder enden 915 Binnenschiffe mit Projektladung, Containern sowie trockenem und flüssigen Massengut in Europas zweitgrößtem Seehafen. Daher ist die Antwerp Port Authority bestrebt, kontinuierlich die Binnenschiffsanbindung und die Abläufe im Hafen zu verbessern.
In enger Zusammenarbeit mit Binnenschiffs-Operateuren entstand so die Instream-Kampagne. Sie umfasst sechs Projekte, die die Binnenschifffahrt von und zum Hafen Antwerpen effizienter gestalten. Dazu gehört unter anderem das BTS (Barge Traffic System), mit dem die Buchung von realistischen Zeitfenstern an den Terminals möglich ist. Dies sorgt für eine verlässlichere Planung der Be- und Entladungsvorgänge und erspart somit unnötige Wartezeiten.
Die Antwerp Port Authority investiert kontinuierlich in eine leistungsfähige und ausreichend dimensionierte Hafeninfrastruktur, um Engpässe zu vermeiden und für zusätzliche Fracht gerüstet zu sein. So verbessert die in diesem Jahr eröffnete Kieldrecht-Schleuse – die derzeit größte Seeschleuse der Welt – die Erreichbarkeit des Linken Scheldeufers auch für große Binnenschiffe. Das neue Container-Terminal am Linken Scheldeufer ist für die wachsenden Kapazitäten der kommenden Jahre gerüstet. Aber auch für die Erweiterung ist bereits vorgesorgt. Das angrenzende Saeftinghedock ist für den mehrstufigen Ausbau vorgesehen.
„Der Hafen Antwerpen und die Inland-Terminals entlang der Rheinschiene sind direkt aufeinander angewiesen. Dazu brauchen wir leistungsstarke multimodale Logistik-Hubs im Hinterland und die Terminals wiederum einen starken Seehafen-Partner. Mit effizienten Hafeninfrastrukturen vermeiden wir Kapazitätsengpässe und lange Wartezeiten im Hafen“, sagt Marc van Peel, Vorsitzender der Antwerp Port Authority.
Auch innerhalb des Hafens schafft die Antwerp Port Authority die notwendigen Voraussetzungen für eine Verbesserung der Mobilität auf der Schiene. So werden gegenwärtig über Railport Antwerpen die internen Verteilerverkehre neu strukturiert. Im September ist dazu ein Pilotprojekt zusammen mit B Logistics gestartet. Zusätzlich verbindet der Liefkenshoek-Eisenbahntunnel bereits seit 2014 die beiden Ufer der Schelde. Damit werden Fahrzeiten verkürzt und die Schienen-Hinterlandanbindungen deutlich verbessert.Mit den jetzt angestoßenen Projektdiskussionen auf dem Hafentag Rhein-Main soll dieser multimodale Ansatz weiter vorangetrieben werden.
Weitere Informationen zur Ausschreibung gibt es hier: http://www.portofantwerp.com/sites/portofantwerp/files/imce/20160922%20Offene%20projetausschreibung%20Leitfaden%20Rhein-Ruhr-%20und%20Rhein-Main-Region%20Deutsch.pdf
Quelle und Foto: Port of Antwerp, der rheinland-pfälzische Verkehrsstaatssekretär Andy Becht und Marc van Peel, Vorsitzender der Antwerp Port Authority, auf dem Hafentag Rhein-Main.