Wasserstraße Rhein 2019/20 – Bilanz und Perspektiven

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Auch 2019 und 2020 hat sich der Rhein wieder als die wichtigste deutsche Wasserstraße behauptet. Nach einer ausgeprägten Niedrigwasserphase im Jahr 2018 hat der Gütertransport auf dem Rhein wieder Fahrt aufgenommen. 2020 kam es im Vergleich zum Vorjahr jedoch teilweise zu Rückgängen. Am Niederrhein, wo 70 Prozent aller Gütertransporte bewegt werden, kam es 2019 wieder zu einem Anstieg der Gütermengen. Dort wurden 2019 141,1 Mio. Tonnen Güter transportiert, bei 103.624 Schiffsbewegungen, 2020 waren es rund 130 Mio. Tonnen und rd. 100.000 Schiffsbewegungen (2018: 131,9 Mio. t auf 106.499 Schiffe).

Am Oberrhein wurden 2019 21,3 Mio. Tonnen Güter transportiert, 2020 waren es 19,2 Mio. Tonnen (2018: 17,2 Mio. t). Die Anzahl der geschleusten Schiffe (Güter- und Personenschifffahrt) lag 2019 bei 26.785, 2020 waren es 24.117 Schiffe (2018: 25.100 Schiffe).

Besonders deutlich wirkte sich die Coronakrise auf die Personenschifffahrt aus. Dies belegen Zahlen der Rheinschleuse Iffezheim: Wurden dort 2019 noch 2.961 Fahrgastkabinenschiffe geschleust, waren es 2020 nur noch 545 Passagen.

Dr. Marcus Erdmann, Leiter der Abteilung Schifffahrt: „Nach dem Abklingen des langdauernden Niedrigwassers 2018 und einem Verkehrsaufschwung im Jahr 2019 kam es 2020 zu pandemiebedingten Einbußen in der Berufsschiff-fahrt. Wo sich dies in der Güterschifffahrt noch moderat auswirkte, traf die Pandemie die Personenschifffahrt massiv.“

Auch an den Nebenflüssen des Rheins sind die Gütermengen nach 2018 zunächst wieder angestiegen und entwickelten sich dann unterschiedlich:

Am Neckar (Schleuse Feudenheim) wurden 2019 5,4 Mio. Tonnen auf 5.753 Schiffen transportiert, 2020 waren es 5,1 Mio. Tonnen und 6.564 Schiffe. (2018: 4,5 Mio. Tonnen und 5.600 Schiffe)
Am Main (Schleuse Kostheim) zeigt sich ein durchgehender Anstieg der Gütermengen von 2018 (12,2 Mio. Tonnen) über 2019 (13,2 Mio. Tonnen) nach 2020 (13,5 Mio. Tonnen).
An der Mosel (Schleuse Koblenz) lagen die Gütermengen 2019 bei 9,4 Mio. Tonnen, 2020 waren es 8,1 Mio. Tonnen (2018: 9,0 Mio. Tonnen).
Am Wesel-Datteln-Kanal (Schleuse Friedrichsfeld), einem der verkehrsreichsten deutschen Kanäle, ist die Anzahl der Güterschiffe im Jahr 2020 sogar angestiegen. Wurden 2018 16.932 Schiffe registriert, waren es 2019 15.752 Schiffe und 2020 18.085 Schiffe.

Um den Rhein für die Schiffsverkehre der Zukunft fit zu machen, sind am Mittel- und Niederrhein große Anpassungsprojekte in Vorbereitung, die ins-besondere bei Niedrigwasser Vorteile für die Schifffahrt bringen – die Abladeoptimierung Mittelrhein und die Abladeverbesserung und Sohlstabilisierung am Niederrhein zwischen Duisburg und Stürzelberg.

Heinz-Josef Joeris, Leiter der Abteilung Wasserstraßen: „Mit den Projekten am Mittel- und Niederrhein stärken wir den Gütertransport auf Deutschlands wichtigster Binnenwasserstraße, dem Rhein. Mit den Abladeoptimierungen am Mittel- und Niederrhein wird der Rhein für die Schifffahrt verlässlicher. Das ist gut für die Umwelt und die Menschen.“

Zum Projekt Abladeoptimierung Mittelrhein wurde für den Bereich zwischen Bingen und Kaub die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung abgeschlossen. Für den Herbst ist in der Gebirgsstrecke ein Baggerversuch vorgesehen. Neben der Ermittlung der bestmöglichen Technik für das Abtragen der Felssohle sind auch begleitende Messkampagnen geplant, unter anderem hinsichtlich Erschütterungen und Lärm.

Niedrige Kohlendioxydemissionen pro transportierter Ladungsmenge macht die Binnenschifffahrt zu einem umwelt- und klimafreundlichen Verkehrsträger. Förderprogramme des Bundes zur Modernisierung von Schiffsmotoren und zur Minderung von Schadstoffausstoßen seit 2007 haben dazu beigetragen, dass die deutsche Binnenschifffahrt inzwischen um 10 Prozent weniger Kohlendioxyd und sogar um 43 Prozent weniger Stickstoff pro Jahr ausstößt.

Jährlich werden auf den Binnenwasserstraßen in Deutschland um 200 Mio. Tonnen Güter transportiert. Während sich bei Straße und Schiene Verkehrsengpässe zeigen, gibt es bei den Wasserstraßen deutliche Kapazitäten.

Prof. Dr.Ing. Hans-Heinrich Witte, Präsident der GDWS: „Selbst bei einer Verdopplung der Gütermengen wäre die Kapazitätsgrenze des Rheins noch bei weitem nicht erreicht. Um dieses Potential zukünftig optimal nutzen und einsetzen zu können, sind vor allem Lösungen der Bereiche Logistik und Industrie gefragt.“

Im Jahr 2019 gab es im Januar, März, Mai und Juni Hochwasserspitzen. Am Oberrhein wurde die Hochwassermarke 1 viermal überschritten. Für die Schifffahrt bedeutet das geringfügige Einschränkungen, z.B. Geschwindigkeitsbeschränkung, verpflichtender Sprechfunk, Fahren in der Fahrrinnenmitte. Die Hochwassermarke 2, die zum Einstellen der Schifffahrt führt, wurde 2019 am Rhein nicht erreicht.

Auch im Jahr 2020 wurde an mehreren Rheinpegeln die Hochwassermarke 1 erreicht oder überschritten. Eine hochwasserbedingte Einstellung der Schiff-fahrt gab es nur vereinzelt Anfang Februar 2020.

Niedrigwasserereignisse am Rhein waren 2020 insgesamt ausgeprägter als im Vorjahr. Während sich Niedrigwasserstände mit spürbaren Einschränkungen für die Güterschifffahrt im Jahr 2019 vor allem um Ende Juli und in der zweiten Septemberhälfte bis Anfang Oktober zeigten, gab es derartige Ereignisse im Jahr 2020 in den Zeiträumen um Ende April, Anfang Juni, Anfang und Ende August, in der zweiten Septemberhälfte und noch einmal von etwa Mitte November bis zur ersten Dezemberwoche.

Extreme Schwankungen wie im Jahr 2018, mit Hochwasser zu Jahresbeginn und lang anhaltendem Extremniedrigwasser in der zweiten Jahreshälfte, waren 2019/2020 am Rhein nicht zu verzeichnen.

Langfristig ist von längeren und intensiveren Niedrigwassersituationen, ansteigenden Hochwasserabflüssen und steigenden Wassertemperaturen auszugehen. Deshalb sind die Wasserstraßen einschließlich der Anlagen an die sich abzeichnenden klimabedingten Veränderungen anzupassen. Denn für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist das System „Schiff-Wasserstraße“ integraler Bestandteil internationaler und nationaler Logistikketten.

Katrin Schneider, Leiterin der Unterabteilung Technik: „Um den prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels adäquat zu begegnen, werden die Veränderungen systematisch in die Planungsprozesse implementiert. Aktuelle Forschungsergebnisse fließen selbstverständlich in die Umsetzung unserer Projekte ein.“

Für die umfassendere und effizientere Informationsbereitstellung wird aktuell der DAS Basisdienst „Klima und Wasser“ aufgebaut, der voraussichtlich ab dem Jahr 2022 für Planungsprozesse zur Verfügung steht.

Um auf zukünftige Klimaveränderungen vorbereitet zu sein, sind an den Bundeswasserstraßen alle Partner der Logistikketten gefragt. Das Transportgewerbe, zum Beispiel mit dem Bau und Einsatz entsprechender Schiffe, die Industrie, zum Beispiel durch die Anpassung der Lagerhaltung, die WSV mit dem Bereitstellen aktueller Wasserstanddaten und der Unterstützung der Schifffahrt.

Quelle und Foto: Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt

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