Im Zuge der Coronakrise erlebt die deutsche Automobilindustrie eine nie dagewesene Disruption. Der Verband der Automobilindustrie berichtet von einem massiven Einbruch der Auftragseingänge aus dem In- und Ausland, die im April 2020 rund 70 Prozent bzw. 47 Prozent unter dem Vorjahresniveau lagen. Mit dem Einstellen der Produktion aus Sicherheitsgründen sei auch das Exportgeschäft fast vollständig zum Erliegen gekommen (-92 Prozent). Mit der schrittweisen Wiederaufnahme der Produktion im Mai ist jedoch bereits eine Erholung zu erkennen.
Ebenso nehmen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus in Hamburgs Partnerländern Einfluss auf die Umschlagergebnisse. Sowohl Polen als auch Ungarn, Tschechien und die Russische Föderation melden signifikante Einbrüche im Automobilmarkt mit Auswirkungen auf den Binnen- und Außenhandel. „Besonders im Trade mit Russland hatten Autoteile 2019 einen besonders großen Anteil,“ erläutert Ingo Egloff, Vorstand Hafen Hamburg Marketing. Vor diesem Hintergrund ist abzusehen, dass der Produktionsstopp und die daraus resultierenden fehlenden Im- und Exporte im Automotive-Sektor für den Umschlag in diesem Bereich im Hamburger Hafen nicht spurlos bleiben wird.
Dennoch konnte der Hafen Hamburg bei weltweit wegfallenden Schiffsanläufen infolge der Corona-Pandemie mit seiner Position als Europas größter Eisenbahnhafen punkten und sogar den neuen Shangdong-Europa Express am 30. April begrüßen. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann betont: „12 Prozent des nationalen Schienengüterverkehrs haben aktuell als Ziel oder Startpunkt den Hamburger Hafen. Das ist eine gute Voraussetzung, um diese Stärken auf der Seidenstraße auch in Zukunft in nachhaltiger Weise auszuspielen.“ Bei Betrachtung der Top-Handelspartner im Automotive-Sektor ist dies besonders interessant, da sowohl Russland als auch China an der „One Belt, One Road“- Initiative beteiligt sind. Dieses gigantische Infrastruktur-Projekt soll als eine Brücke zwischen dem asiatisch-pazifischem und dem europäischen Wirtschaftsraum dienen und verbindet die Volksrepublik bereits jetzt landseitig mit dem Hamburger Hafen. Unter diesem Gesichtspunkt entstehen demnach große Erfolgsaussichten für den Hamburger Hafen, sich unter anderem als wichtige Drehscheibe für Fahrzeuge und Fahrzeugteile zu etablieren.
Seeseitig war der Fahrzeug-/ teile- Umschlag zuletzt um 6 Prozent auf 3,2 Mio. t zwischen 2018 und 2019 gewachsen. Besonders stark im Export ist der Handel mit Russland und China (inkl. Hongkong) – Fahrzeuge und andere Erzeugnisse der Automobilindustrie zählen hier zu den Top 10 Gütergruppen. Bei den Einfuhren spielen besonders Asien und die USA eine große Rolle.
Der Hafen Hamburg ist im Automotive-Bereich gut aufgestellt. Derzeit verkehren hier neun Liniendienste für Rollende Ladung (RoRo). Davon sind drei reine Fahrzeugtransporte, vier Dienste für Container und Rollende Ladung sowie zwei Mehrzweck-Dienste die auch Rollende Ladung akzeptieren. Die Dienste verkehren wöchentlich und zweiwöchentlich und in einem Fall einmal pro Monat.
Wie aus den Angaben zum Umschlag hervorgeht sind die bedeutendsten Fahrtgebiete Nordamerika, Südamerika sowie der Mittlere und Ferne Osten. Darüber hinaus spielt auch Westafrika eine Rolle beim Export gebrauchter Fahrzeuge.
Fahrzeugteile werden in der Regel containerisiert transportiert. Hier stehen den Kunden des Hamburger Hafens Container-Liniendienste in allen Fahrtgebieten weltweit zur Verfügung.
Quelle: HHM, Foto: HHM / Achim Multhaupt, Ingo Egloff, Vorstand Hafen Hamburg Marketing e.V.